VwGH 2009/21/0352

VwGH2009/21/035227.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des K, vertreten durch die Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5b, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 2007, Zl. 316.425/2- III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §24;
AVG §45;
NAG 2005 §41 Abs3;
NAG 2005 §41;
AuslBG §24;
AVG §45;
NAG 2005 §41 Abs3;
NAG 2005 §41;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde einen vom Beschwerdeführer, einem serbischen Staatsangehörigen, am 7. Juli 2006 im Weg der Österreichischen Botschaft Skopje gestellten Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 41 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) iVm § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab.

Nach Darstellung der Rechtslage verwies die belangte Behörde auf ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Burgenland (im Folgenden kurz: AMS), wonach die beabsichtigte selbständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers (laut einem im August 2006 vorgelegten Unternehmenskonzept beabsichtigte er den Handel, die Verlegung und Montage aus Serbien importierter Granitsteine sowie die Durchführung von Trockenbau- und Tiefbauarbeiten als Subunternehmer für die Firma STRABAG) nicht als die einer selbständigen Schlüsselkraft anzusehen sei. Der beabsichtigten Arbeitsleistung sei ausschließlich ein persönliches Interesse zuzumessen, eine ökonomische Gesamtbedeutung sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer sei zu 50 % an der A. HandelsgmbH beteiligt und deren handelsrechtlicher Geschäftsführer. Gegenstand des Unternehmens sei der Handel mit Waren aller Art, Außenhandel, Durchfuhrhandel, Betrieb einer Handelsagentur und die Beteiligung an anderen Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Betriebsgegenstand, ausgenommen Bankgeschäfte. Es sei eine Stammeinlage von EUR 17.500,-- getätigt worden. Dabei handle es sich jedoch um ein gesetzliches Mindesterfordernis, um eine Gründung einer Gesellschaft bzw. eine Aufnahme in das Firmenbuch vornehmen zu können. Die "angegebenen getätigten Investitionen" seien nicht groß genug, um daraus einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen ableiten zu können. Da es sich bei der Gesellschaft um einen Kleinbetrieb handle, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen iSd § 24 AuslBG erfüllt würden. Auch ein mit der Erwerbstätigkeit verbundener größerer Transfer von Investitionskapital liege nicht vor. Damit könne von einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit gemäß § 24 AuslBG nicht gesprochen werden. Die beantragte Erstniederlassungsbewilligung könne daher nicht erteilt werden.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier relevante Bestimmung des § 41 NAG in der Stammfassung lautet - unter der Überschrift "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" - auszugsweise wie folgt:

"§ 41. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft' erteilt werden, wenn

  1. 1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;
  2. 2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
  3. 3. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG vorliegt.

(2) Entscheidungen über die Erteilung einer 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft' sind überdies von der zuständigen Behörde gemäß §§ 12 oder 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages, zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag

  1. 1. wegen eines Formmangels (§§ 21 bis 24) zurückzuweisen ist;
  2. 2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist oder

    3. mangels eines Quotenplatzes zurückzuweisen ist.

(3) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als unselbständige Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft negativ (§ 24 AuslBG), ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen."

§ 24 AuslBG hat (nach der Überschrift "Erstellung von Gutachten für selbständige Schlüsselkräfte") folgenden Wortlaut:

"§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

§ 41 Abs. 3 zweiter Satz NAG normiert zwar, dass bei Vorliegen eines negativen Gutachtens im Sinn des § 24 AuslBG der Antrag auf Erteilung der "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" (als selbständige Schlüsselkraft) abzuweisen ist, dies bedeutet allerdings - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen des § 41 Abs. 3 NAG und des § 24 AuslBG - nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann oder dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die in § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. Mai 2009, Zl. 2008/22/0129, und vom 6. August 2009, Zl. 2008/22/0833, jeweils mwN).

Die Beschwerde richtet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer würde die Kriterien einer selbständigen Schlüsselkraft nicht erfüllen.

Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als Schlüsselkraft führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. dazu ebenfalls die bereits erwähnten hg. Erkenntnisse vom 14. Mai 2009 und vom 6. August 2009).

Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, weshalb die Beurteilung der belangten Behörde, er erfülle diese Kriterien nicht, unrichtig wäre. Er bringt vor, als geschäftsführender Gesellschafter der A. GmbH maßgeblichen Einfluss auf die Führung ihres Betriebes auszuüben. Dem ist zu entgegnen, dass dies von der belangten Behörde nicht bezweifelt wurde. Es gibt aber keinen Hinweis dafür, dass in solchen Fällen immer schon allein deswegen ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten wäre und der Gesetzgeber allein deshalb die Voraussetzungen nach § 24 AuslBG als erfüllt ansehen wollte (vgl. neuerlich das zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2009).

Weiters verweist der Beschwerdeführer inhaltlich auf sein im August 2006 vorgelegtes Unternehmenskonzept. Darin hatte er ausgeführt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer werde Baumeister K. seit 1. Juli 2006 beschäftigt. Wenn "die gewerblichen Genehmigungen" vorhanden seien, würden fünf Mitarbeiter beschäftigt werden; im Frühjahr 2007 werde "mit einer Aufstockung der Mitarbeiter gerechnet". Die zuletzt dargestellten -

vage umschriebenen - Expansionspläne geben jedoch, zumal die faktische Erbringung konkreter Arbeitsleistungen durch die A. GmbH im Verwaltungsverfahren nicht einmal behauptet wurde, lediglich Spekulationen des Beschwerdeführers wieder. Die bloße - dem zeitlichen Umfang nach nicht konkretisierte - Beschäftigung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers kann jedenfalls das Erfordernis einer Schaffung von Arbeitsplätzen nicht erfüllen.

Soweit der Beschwerdeführer auf Werkverträge "vom 18.09. und 16.10.2006" verweist, übersieht er zunächst, dass die bereits mit Fax vom 7. September 2006 übermittelten Verträge (laut seinem an die belangte Behörde gerichteten Berufungsvorbringen) für die Tage 18. September und 16. Oktober 2006 lediglich einen Beginn von Bauarbeiten an zwei Wiener Adressen in Aussicht nehmen, die faktische Aufnahme von Arbeiten durch Mitarbeiter der A. GmbH allerdings nicht aktenkundig geworden ist. Auch kann aus den zwei vorgelegten Verträgen betreffend inhaltlich nicht näher konkretisierte Leistungen an zwei Häusern in Wien weder ein Impuls für die Wirtschaft insgesamt noch - wie in der Beschwerde behauptet - zumindest regional im Bereich des Sitzes der A. GmbH (also Mattersburg) abgeleitet werden, die durch ein persönliches Tätigwerden des Beschwerdeführers gefördert würde.

Weiters verweist die Beschwerde auf die (festgestellte) Einzahlung der Stammeinlage sowie darauf, dass das Konto der A. GmbH zum 7. September 2006 einen Stand von EUR 30.173,90 aufgewiesen habe.

Dem ist jedoch zu entgegnen, dass der Zweck der Zahlungen auf das Konto dieser Gesellschaft weder aus dem Vorbringen noch aus der vorgelegten Buchungsbestätigung vom 7. September 2006 hervorgeht. Als derartiger Zweck kommt - neben der Finanzierung geplanter Investitionen - etwa auch die Abdeckung von Verlusten, von Personalaufwand oder von anderen Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Betracht. Das Vorbringen reicht daher nicht aus, um die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, ein Transfer von Kapital zu Investitionszwecken sei nicht erkennbar, iSd § 41 Abs. 1 VwGG in Zweifel zu ziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. August 2009, Zl. 2008/22/0833, mwN).

Soweit der Beschwerdeführer auf die Absolvierung eines Hochschulstudiums verweist, ist ihm einzuräumen, dass er dies im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat. Jedoch hat er weder dort noch in der vorliegenden Beschwerde konkretisiert, welchen Studienzweig er erfolgreich abgeschlossen hat. Der Erwerb einer besonderen Qualifikation für die Führung des in Aussicht genommenen Unternehmens kann hieraus somit nicht schlüssig abgeleitet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. April 2009, Zl. 2008/22/0110).

Schließlich rügt die Beschwerde als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde "auf die Beweisanträge in keinster Weise eingegangen" sei und insbesondere den von ihm namhaft gemachten Zeugen B. nicht einvernommen habe. Zu diesem Vorbringen wird jedoch nicht dargetan, welche ergänzenden Feststellungen die vermissten Beweisaufnahmen konkret ermöglicht hätten. Es fehlt daher eine Darstellung der Relevanz für den Ausgang des Verfahrens.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 27. Jänner 2011

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