Normen
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
AVG §71;
EMRK Art6;
VStG §24;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
AVG §71;
EMRK Art6;
VStG §24;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Juli 2008 wurde der Beschwerdeführer wegen zweier Übertretungen des § 9 Abs. 1 Z. 1 Artenhandelsgesetz für schuldig erkannt und bestraft. Es wurden zwei Geldstrafen in Höhe von je EUR 1.450,00 verhängt. Dieser Bescheid wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 18. Juli 2008 beim Zustellpostamt hinterlegt und ab dem 21. Juli 2008 zur Abholung bereitgehalten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit am 18. September 2008 zur Post gegebenem Schreiben vom 17. September 2008 Berufung und stellte - neben weiteren Anträgen -
auch einen Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. In dieser Eingabe führte der Beschwerdeführer aus, dass er am 21. und 22. Juli 2008 bettlägerig gewesen sei und sich sohin den ganzen Tag in seiner Wohnung an der Anschrift 1140 Wien, H.-Straße 227, aufgehalten habe. Dennoch habe er vom Zustellvorgang keine Kenntnis erlangt. Am 23. Juli 2008 hätte seine im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegattin den Postkasten entleert, dabei aber keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden. Er und seine Frau würden als äußert zuverlässig gelten. Obwohl sie in privaten wie in behördlichen Angelegenheiten äußerst sorgfältig agierten, könnte nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass eine Hinterlegungsanzeige zwar unter anderen Poststücken und
Werbematerial vorhanden gewesen, jedoch irrtümlich durch ein
Versehen "untergegangen" sei. Das Werbematerial werde nämlich in aller Regel in den Papierkorb geworfen. Ebenso sei nicht ausgeschlossen, dass eine dritte Person die Verständigung vom Zustellversuch entfernt habe. Zudem sei es wahrscheinlich, dass bedingt durch die Zustellung im Sommer ein Ferialpraktikant der Post den Zustellvorgang nicht korrekt, d.h. dem Zustellgesetz widersprechend, durchgeführt habe.
Die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 15. Juli 2008 wurde durch die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. Dezember 2008 als verspätet zurückgewiesen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Jänner 2009 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen das Straferkenntnis vom 15. Juli 2008 abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass das Straferkenntnis vom 15. Juli 2008 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis geltend gemacht, wodurch er verhindert gewesen sei, die Berufungsfrist einzuhalten. Vielmehr habe er einen Zustellmangel geltend gemacht. Es würden keine Gründe für eine Wiedereinsetzung vorliegen.
Gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Diese wies die Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. März 2009 ab.
Begründend führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass sich der Umfang der von einer Behörde anlässlich eines Wiedereinsetzungsantrages zu prüfenden Gründe auf die innerhalb der in § 71 Abs. 2 AVG normierten Frist vorgebrachten und glaubhaft gemachten Umstände beschränke. Gerade aus der Befristung des Wiedereinsetzungsantrages folge, dass es nicht Sache der Behörde sei, im Rahmen einer amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könnten.
Zwar beschränke sich der Wiedereinsetzungsantrag nicht ausschließlich auf die Behauptung eines Zustellmangels. Es würden grundsätzlich anerkannte Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht, doch reiche die bloße Behauptung des Vorliegens denkbarer Wiedereinsetzungsgründe nicht. Vielmehr treffe den Wiedereinsetzungswerber die Obliegenheit, im Antrag konkret das unvorhersehbare oder unabwendbare und ihn hindernde Ereignis zu beschreiben und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen. Dies setze ein entsprechend begründetes Antragsvorbringen voraus. Das Begehren sei daher entsprechend zu substantiieren; allgemeine Behauptungen würden nicht genügen. Ein solches Vorbringen habe der Beschwerdeführer jedoch nicht erstattet. Gleiches gelte für die Verschuldenskomponente, die ein in gleicher Weise substantiiertes Vorbringen erfordere. Ein über die pauschale Behauptung der Zuverlässigkeit hinausgehendes Vorbringen dazu, welche Vorgangsweise praktiziert werde, um den Verlust einer Hinterlegungsanzeige zu vermeiden, sei nicht erbracht worden. Ein entsprechendes Vorbringen müsse bereits im Antrag erstattet werden, sodass auf eine spätere Zeugenaussage nicht Bedacht zu nehmen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer erklärt, in seinen gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten auf Beseitigung der Rechtsfolgen einer unverschuldeten Säumnis, auf Parteiengehör, auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und Erforschung der materiellen Wahrheit verletzt zu sein. Es wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 71 AVG, dass der Wiedereinsetzungsantrag ein Vorbringen über seine Rechtzeitigkeit zu enthalten hat und dass anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller den Tatbestand des § 71 Abs. 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft den Antragsteller die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechend begründetes Antragsvorbringen voraussetzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/11/0233, mwN).
Im Falle eines mit Werbematerial angefüllten Postkastens hat die Durchsicht des Inhaltes des Postkastens besonders genau zu erfolgen, um nichts zu übersehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, Zl. 2000/05/0054). Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Wiedereinsetzungsantrag ergibt sich nun nicht, dass dessen Ehegattin bei der Entleerung des Briefkastens den Inhalt des Postkastens besonders genau durchgesehen hätte. Vielmehr wird nicht ausgeschlossen, dass eine Hinterlegungsanzeige mit Werbematerial "in den Papierkorb" geworfen worden sei. Im Beschwerdefall wäre somit, um vom Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes ausgehen zu können, unter anderem die Annahme erforderlich, dass die Entleerung des Hausbrieffaches täglich mit der entsprechenden Sorgfalt erfolgt ist (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 25. Juli 2007, Zl. 2007/11/0103, mwN). In diesem Zusammenhang genügt jedenfalls der allgemeine Verweis, wonach der Beschwerdeführer und dessen Ehegattin "in privaten und insbesondere behördlichen Angelegenheiten äußerst sorgfältig" agieren würden, nicht.
Auch das weitere Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag, wonach es nicht ausgeschlossen sei, dass die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch eine dritte Person erfolgt sei, erweist sich angesichts der Tatsache, dass nicht von der täglichen Entleerung des Hausbrieffaches mit der entsprechenden Sorgfalt auszugehen ist, als zu vage und nicht ausreichend konkretisiert. Ebensolches hat für das Vorbringen zu gelten, wonach es "auf Grund der Zustellung im Sommer wahrscheinlich" sei, dass der Zustellvorgang durch einen Ferialpraktikanten der Post nicht korrekt durchgeführt worden sei.
Die Beschwerde verweist auf das Berufungsvorbringen an die belangte Behörde, in dem geschildert wurde, wie die Ehegattin des Beschwerdeführers gewöhnlich dessen Post erledigt. Ergänzend wurde in der Berufung an die belangte Behörde noch näher dargelegt, dass der Verlust der Hinterlegungsanzeige auch durch den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers verursacht worden sein könnte.
In Anbetracht der in § 71 Abs. 2 AVG normierten Befristung des Wiedereinsetzungsantrages ist es jedenfalls unzulässig, die nach § 71 AVG erforderlichen Angaben erst nach Ablauf dieser Frist nachzutragen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1994, Zl. 94/03/0096). Erstmals im Berufungsverfahren vorgebrachte Behauptungen vermögen somit einen Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr zu begründen (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG (2009) § 71 Rz 117 zitierte hg. Judikatur). Die belangte Behörde ist daher zu Recht auf dieses Vorbringen im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen.
Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt habe.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von einer Berufungsverhandlung absehen kann, wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Bei einem Bescheid wie jenem des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Jänner 2009, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2003, Zl. 2001/03/0378).
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid vom 12. Jänner 2009 hat der bereits durch die nunmehrigen Beschwerdeführervertreter vertretene Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung vor der belangten Behörde nicht beantragt. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter diesen Voraussetzungen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von einer Berufungsverhandlung abgesehen hat. Anderes hätte jedoch bei einem nicht rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerber zu gelten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2007, Zl. 2006/02/0264, mit Hinweis auf die in solchen Fallkonstellationen vorgenommene verfassungskonforme Interpretation des § 51e VStG durch den Verfassungsgerichtshof).
Zudem zählen Verfahren über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu den Angelegenheiten, auf die Art. 6 EMRK anwendbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2007, Zl. 2006/05/0089, mwN).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 17. Februar 2011
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