VwGH 2007/11/0103

VwGH2007/11/010325.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, in der Verfahrenshilfesache des D in W, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Februar 2007, Zl. 264.432/3- III/7/07, betreffend Ansprüche nach dem Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Der obgenannte Bescheid vom 27. Februar 2007 wurde dem Antragsteller unstrittig am 5. März 2007 durch Hinterlegung am Postamt 1220 zugestellt. Mit dem am 5. Juli 2007 zur Post gegebenen und an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz beantragt er, ihm zur Bekämpfung dieses Bescheides die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Verfahrenhilfe zu gewähren.

Zur Begründung bringt der Antragsteller vor, er habe aus ihm unerfindlichen Gründen nie eine Verständigung über die Hinterlegung des genannten Bescheides erhalten. Erst auf seine Anfrage vom 20. Juni 2007, wann er mit einem Bescheid über das "Zivildiener-Verpflegungsgeld" rechnen könne, sei ihm am 21. Juni 2007 von der belangten Behörde mitgeteilt worden, dass dieser Bescheid bereits am 5. März 2007 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt worden sei. Aus Anlass der Akteneinsicht habe der Antragsteller den Bescheid sodann erhalten. Den Grund, weshalb er keine Verständigung über die Hinterlegung vom 5. März 2007 vorgefunden habe - sei es, weil sie nie an der Abgabestelle hinterlassen worden sei, sei es, weil sie durch die Einwirkung Dritter abhanden gekommen sei -, kenne er nicht. Der Antragsteller sei allerdings bei der Entleerung seines Hausbriefkastens stets gewissenhaft vorgegangen und habe - bis auf den angefochtenen Bescheid - alle bisherigen von der belangten Behörde nachweislich zugestellten Schriftstücke zügig, meist noch am selben Werktag, behoben und beantwortet. Dass er die Verständigung von der Hinterlegung des angefochtenen Bescheides nicht erhalten habe, könne er naturgemäß nicht nachweisen. Der Antragsteller könne den geschilderten Sachverhalt abgesehen von der mit dem Antrag gleichzeitig vorgelegten eidesstättigen Erklärung nur insoweit glaubhaft machen, als sich schon aus dem angefochtenen Bescheid ergebe, dass er keinerlei Interesse an der Verzögerung des Verfahrens habe, zumal ihm dieser Bescheid keine Pflichten auferlege. Dass der Antragsteller nicht an der Verschleppung des Verfahrens interessiert sei, ergebe sich auch daraus, dass er im Verwaltungsverfahren einen Devolutionsantrag gestellt habe.

Im Beschwerdefall ist, was auch vom Antragsteller nicht bestritten wird, von der rechtswirksamen Zustellung des in Rede stehenden Bescheides am 5. März 2007 und damit von der Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auszugehen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach § 46 Abs. 3 VwGG ist in den Fällen des Abs. 1 der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Gemäß § 46 Abs. 4 VwGG ist über den Antrag in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden.

Der Antragsteller hat gegenständlich innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und die versäumte Handlung (Antrag auf Verfahrenshilfe; vgl. § 26 Abs. 3 VwGG) gleichzeitig nachgeholt. Als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, durch welches er von der Zustellung des obgenannten Bescheides ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt habe, macht der Antragsteller geltend, dass er eine Verständigung über die Hinterlegung dieses Bescheides in seinem Hausbriefkasten, den er gewissenhaft kontrolliere, nicht vorgefunden habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 6. Mai 1997, Zl. 97/08/0022, zu einem vergleichbaren Fall darauf hingewiesen, dass es demjenigen, der von einem Zustellvorgang gar keine Kenntnis erlangte, in der Regel nicht bekannt sein wird, auf welche Weise eine solche Hinterlegungsanzeige verschwunden ist. Das Vorbringen einer Partei, sie habe während des gesamten Hinterlegungszeitraumes eine Hinterlegungsanzeige nicht vorgefunden, würde daher, sofern dieses Vorbringen als erwiesen anzusehen und anzunehmen sei, dass die Entleerung des Hausbrieffaches täglich mit der entsprechenden Sorgfalt erfolgt sei, einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen.

Gegenständlich hat der Beschwerdeführer in seinem eingangs wiedergegebenen Antrag dargetan, dass diese Voraussetzungen bei ihm vorliegen, sodass dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben war.

Wien, am 25. Juli 2007

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