VwGH 2008/22/0500

VwGH2008/22/05003.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Oktober 2007, Zl. 149.816/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 31. Oktober 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines chinesischen Staatsangehörigen, vom 2. Mai 2002 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehefrau gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe sich zumindest seit 28. März 2002 und daher auch seit dem Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 und zum Zeitpunkt seiner Antragstellung nicht rechtmäßig im Inland aufgehalten. Am 28. März 2002 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet.

Auf Grund der mit 1. Jänner 2006 geänderten Rechtslage sei die Erstantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland vorzunehmen; die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten. § 21 Abs. 1 NAG stehe somit einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegen. Ein längerer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertige in jedem Fall die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Die Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen allein stelle "noch kein Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht dar". Eine Inlandsantragstellung bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland werde gemäß § 74 NAG von Amts wegen nicht zugelassen. Der Beschwerdeführer erfülle auch nicht die in der Richtlinie 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen und könne daher kein Recht auf Freizügigkeit gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 5. März 2008, B 2406/07-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe seinen Erstantrag nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG) rechtmäßig im Inland gestellt, die neue Rechtslage ab dem 1. Jänner 2006 ohne gesonderte Übergangsbestimmungen widerspreche dem Gemeinschaftsrecht, ist ihm mit der ständigen hg. Rechtsprechung zu erwidern, dass dem NAG weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen ist, der zufolge auf vor dessen Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte etwa Bestimmungen des FrG anzuwenden wären. Der Gerichtshof hat auch ausgesprochen, dass die Übergangsbestimmungen des § 81 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 1 NAG verfassungsrechtlich unbedenklich sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, 2008/22/0420, mwN). Zu dem Beschwerdevorbringen, die Ehegatten von Österreichern würden gegenüber Ehegatten von sonstigen Unionsbürgern schlechter gestellt, was dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 16. Dezember 2009, G 244/09 u.a., zu verweisen, in dem dieser den gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht gefolgt ist. Die belangte Behörde hat somit den gegenständlichen Fall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zutreffend nach der Rechtslage des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2006 beurteilt.

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt hat und es sich bei dem gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag handelt, der im Inland gestellt und dessen Erledigung im Inland abgewartet wurde. Die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer jedenfalls die Entscheidung über den Antrag - dem Grundsatz der Auslandsantragstellung im § 21 Abs. 1 NAG folgend - im Ausland abwarten hätte müssen, begegnet somit keinen Bedenken.

Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltes und der persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0455, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die in diesem Erkenntnis enthaltene Begründung verwiesen.

Aus diesen Erwägungen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 3. März 2011

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