VwGH 2008/18/0137

VwGH2008/18/013712.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der S Ö in W, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Jänner 2008, Zl. E1/518.997/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public;
AVG §37;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public;
AVG §37;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 sowie § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 15. April 2004 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" bei der österreichischen Botschaft in Ankara eingebracht habe; bei dem Antrag habe sie sich auf die Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger M.J., welche am 3. März 2004 in der T geschlossen worden sei, berufen. Der Beschwerdeführerin sei eine quotenfreie Erstniederlassung vom 11. Oktober 2004 bis 6. März 2005 erteilt worden. In der Folge sei sie nach Österreich gereist. Bei ihrem am 4. März 2005 eingebrachten Verlängerungsantrag habe sich die Beschwerdeführerin wiederum auf die aufrechte Ehe- und Lebensgemeinschaft mit M.J. berufen. Am 28. Februar 2005 sei der Beschwerdeführerin erneut eine Niederlassungsbewilligung mit Gültigkeit bis 28. Februar 2006 erteilt worden.

Die Beschwerdeführerin habe sich am 16. März 2006 von M.J. scheiden lassen und am 17. April 2006 ihren früheren Ehemann neuerlich geheiratet.

Bei einer Vernehmung am 7. Oktober 2004 vor Erteilung der Erstniederlassungsbewilligung habe M.J. angegeben, dass die Ehe nicht vermittelt worden und der Zweck der Ehe Liebe gewesen sei. Für die Eheschließung sei weder etwas gezahlt noch ein sonstiger Vermögensvorteil geleistet worden. Die Hochzeit habe am 3. März 2004 in S. stattgefunden. Ein gemeinsamer Wohnsitz habe damals noch nicht bestanden; dieser werde begründet, sobald die Beschwerdeführerin in W sei. Die Ehepartner verständigten sich mit "Händen und Füßen, aber man verstehe sich". Die Beschwerdeführerin sei bereits einmal verheiratet gewesen und habe zwei Kinder. Für M.J. sei es die erste Ehe.

Bei einer neuerlichen Vernehmung am 18. September 2007 habe M.J. angegeben, dass er die Beschwerdeführerin - auf Ersuchen ihres Bruders M.B. - geheiratet habe, um M.B. einen Gefallen zu tun. M.B. habe vorgeschlagen, dass M.J. die Beschwerdeführerin heirate, damit diese die österreichische Staatsbürgerschaft bzw. einen Aufenthaltstitel für Österreich erhalte. M.J. habe zugestimmt und die Beschwerdeführerin am 3. März 2004 in der T geheiratet. Ihm seien für die Eheschließung EUR 4.000,-- angeboten worden, welche er aber abgelehnt habe. M.J. habe M.B. erklärt, dass er "dies aus Freundschaft machen werde". M.J. habe mit der Beschwerdeführerin niemals zusammen gewohnt. Die Beschwerdeführerin habe einige Kleider bei ihm in der Wohnung gehabt, "damit bei einer eventuellen Kontrolle nichts auffalle". Es habe keine Ehe- und Wohngemeinschaft gegeben.

In einer Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin angegeben, es sei richtig, dass sie M.J. am 3. März 2004 in der T geheiratet habe. Sie hätten eine Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft - jedoch nur über drei Monate - geführt; dann sei M.J. weggezogen und habe sie allein gelassen. Da die Ehe keinen Sinn mehr gehabt habe, hätten sie sich am 16. März 2006 scheiden lassen. Daraufhin habe sie ihren früheren Ehemann wieder geheiratet, weil sie gemeinsame Kinder hätten. Die beiden Kinder der Beschwerdeführerin seien mit ihr im November 2004 nach Österreich eingereist und gingen nunmehr hier zur Schule. Alle drei hätten eine "ordnungsgemäße Niederlassungsbewilligung" und seien sozial sowie wirtschaftlich in Österreich integriert. Darüber hinaus lebten mehrere Onkel und Tanten, die die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen, drei Neffen und drei Brüder der Beschwerdeführerin in Österreich. Die Beschwerdeführerin verfüge über einen Befreiungsschein, arbeite und sei krankenversichert. Sie habe keinen Kontakt zu ihrem Heimatland. Die gesamte Familie der Beschwerdeführerin lebe in Österreich.

In der Berufung gegen das erstinstanzlich erlassene Aufenthaltsverbot habe die Beschwerdeführerin das Eingehen einer Scheinehe ausdrücklich bestritten. Die Gründe, weshalb M.J. die Beschwerdeführerin geheiratet habe, seien nicht relevant. Die Ehe sei vollzogen worden und sie hätten tatsächlich zusammen gewohnt; "dieser Zustand habe drei Monate lang gedauert". Es sei für die Beschwerdeführerin unverständlich, weshalb M.J. angegeben habe, dass sie nie zusammen gewohnt hätten.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, M.J. habe - entgegen seinen ersten Ausführungen - gestanden, dass er eine Aufenthaltsehe mit der Beschwerdeführerin eingegangen sei und weder eine aufrechte Ehe noch eine Wohngemeinschaft bestanden hätten. Im Gegensatz dazu bestreite die Beschwerdeführerin aus "nachvollziehbaren Gründen" das Eingehen einer Aufenthaltsehe und versuche glaubhaft zu machen, dass es drei Monate lang eine Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft gegeben habe. Bei seiner ersten Vernehmung - bei der er noch behauptet habe, dass er die Beschwerdeführerin aus Liebe geheiratet habe - habe M.J. angegeben, dass er mit der Beschwerdeführerin vor dem (ersten) Treffen am 10. Februar 2004 etwa sechs Monate lang schriftlichen Kontakt "via Internet" gehabt habe. Überdies habe M.B. - welcher M.J. Geld für die Eheschließung angeboten habe - eine Webcam gehabt, sodass M.J. die Beschwerdeführerin auch gesehen und "sich in ihr Bild verliebt" habe. Unverständlich sei, wie eine Verständigung zwischen M.J. und der Beschwerdeführerin sowie deren Kindern möglich gewesen sei, zumal M.J. bereits bei seiner ersten Vernehmung eingeräumt habe, dass "man sich mit Händen und Füssen verständige, aber man verstehe sich". Unglaubwürdig sei auch, dass eine türkische Ehefrau und Mutter von zwei kleinen Kindern, welche im Haushalt ihres (früheren) Ehemannes in der T lebe, "mit einem Ausländer in einer ihr fremden Sprache eine so etwas wie amouröse Beziehung via Internet" beginne. Nachdem die Ehe mit M.J. wieder geschieden worden sei, habe die Beschwerdeführerin wieder ihren früheren Ehemann geheiratet. Diesem Geschehensablauf stünden die Angaben von M.J. in seiner Vernehmung entgegen, wonach er eine Scheinehe eingegangen sei. Nunmehr sei der "vormals undurchsichtige Geschehensablauf" nachvollziehbar. Der Beschwerdeführerin sei es lediglich darauf angekommen, legal nach Österreich zu gelangen und mit ihrem früheren Ehemann ein gemeinsames Familienleben in Österreich zu führen. Den Aussagen von M.J. werde daher Glauben geschenkt, weil diese im Kontext betrachtet glaubwürdig, schlüssig und schlussendlich widerspruchsfrei gewesen seien. Es sei auch kein Grund ersichtlich, weshalb M.J. die Beschwerdeführerin wahrheitswidrig belasten solle.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 60 Abs. 1 und 2 Z. 9 FPG - im Wesentlichen aus, das Verhalten der Beschwerdeführerin, die eine Scheinehe zwecks Erlangung aufenthalts- und beschäftigungsrechtlicher Vorteile eingegangen sei, laufe unzweifelhaft den öffentlichen Interessen zuwider und stelle eine grobe Verletzung der öffentlichen Ordnung, insbesondere auf dem Gebiet eines geordneten Ehe- und Fremdenwesens, dar, sodass die Erlassung des "Rückkehrverbotes" nicht nur zulässig, sondern dringend geboten sei. Das im Eingehen einer Aufenthaltsehe liegende Verhalten, welches mit der Täuschung staatlicher Organe über den wahren Ehewillen beginne und sich bis zum dadurch bewirkten Erschleichen staatlicher Berechtigungen und Befugnisse fortsetze, begründe zweifellos auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die das Grundinteresse der Gesellschaft an einer gesetzlich gesteuerten Zuwanderung, an der Einhaltung der hiefür maßgeblichen Rechtsvorschriften und am Recht auf wahrheitsgetreue Angaben gegenüber Staatsorganen berühre.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG fielen der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet seit November 2004, der inländische Aufenthalt ihrer Kinder, die hier auch zur Schule gingen, die Bindungen zu in Österreich lebenden Verwandten sowie die Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin ins Gewicht. Eine von diesem Aufenthalt ableitbare allfällige Integration in Österreich werde in ihrer Relevanz dadurch gemindert, dass die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt und auch den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt nur durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe und die Berufung auf diese im Aufenthaltstitelverfahren habe begründen können. Die Beschwerdeführerin sei erst durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe nach Österreich gelangt und habe so überhaupt erst ihre Kinder ins Bundesgebiet bringen können. Das Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung der behaupteten Bindungen zu anderen Verwandten in Österreich sei - schon im Hinblick auf die Beispielswirkung - geringer zu beurteilen als das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Mögen die Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrer Heimat lose und emotional erschüttert sein, habe sie dennoch den größten Teil ihres Lebens dort - oder zumindest nicht in Österreich - verbracht.

Der Beschwerdeführerin, einer türkischen Staatsangehörigen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten habe, komme die Begünstigung nach dem Beschluss des durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom 18. August 1980, Nr. 1/80 (ARB) nicht zugute, weil sie diesen Zugang rechtsmissbräuchlich im Wege einer Aufenthaltsehe erlangt habe.

Den vorhandenen persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin am weiteren Aufenthalt in Österreich stehe vor allem gegenüber, dass sie durch das rechtsmissbräuchliche Eingehen der Ehe und die Berufung darauf im Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung maßgebliche öffentliche Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK (Wahrung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) erheblich beeinträchtigt habe. Daher könne die Ansicht der Behörde erster Instanz, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 FPG), durchaus nachvollzogen und übernommen werden.

Ein Sachverhalt gemäß § 61 FPG sei nicht gegeben.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt (Z. 1) die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder (Z. 2) anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG (u.a.) zu gelten, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt hat.

2.1. Die Beschwerde wendet sich erkennbar gegen die der Annahme einer Aufenthaltsehe zugrunde liegende Beweiswürdigung der belangten Behörde und bringt dazu im Wesentlichen vor, die Behörde erster Instanz habe, obwohl M.J. bei seiner Vernehmung am 7. Oktober 2004 unmissverständlich dargestellt habe, dass keine Scheinehe vorgelegen sei, Gegenteiliges unterstellt. Gestützt werde diese abweichende Beurteilung auf die Behauptung von M.J. bei seiner Vernehmung vom 18. September 2007 - zu diesem Zeitpunkt seien die Ehepartner bereits geschieden gewesen -, dass er nie mit der Beschwerdeführerin zusammengelebt und es keine aufrechte Ehe- und Wohngemeinschaft gegeben habe. Es lägen somit zum Vorliegen einer Aufenthaltsehe widersprüchliche Aussagen von M.J. vor. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme Gegenteiliges vorgebracht und auch begründet, weshalb sie sich am 16. März 2006 habe scheiden lassen müssen. Allein die Tatsache, dass nur drei Monate lang eine Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft geführt worden sei, lasse noch keinen Schluss auf eine Aufenthaltsehe zu.

2.2. Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat ihrer Beweiswürdigung die beiden Aussagen von M.J. einer kritischen Beurteilung unterzogen sowie nachvollziehbar und plausibel dargelegt, weshalb sie seinen Angaben vom 7. Oktober 2004 keine Glaubwürdigkeit beigemessen hat und seiner Darstellung bei seiner Vernehmung vom 18. September 2007 gefolgt ist, wonach M.J. die Beschwerdeführerin - auf Ersuchen von M.B. - geheiratet habe, damit sie die österreichische Staatsbürgerschaft bzw. einen Aufenthaltstitel für Österreich erhalte, ihm für die Eheschließung EUR 4.000,-- angeboten worden sei und keine Ehe- und Wohngemeinschaft bestanden habe.

Im Übrigen hat sich die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung nicht nur mit den Aussagen von M.J., insbesondere jener vom 18. September 2007, in der er das Vorliegen einer Aufenthaltsehe zugestanden hat, sondern auch mit den Angaben der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt. Die Beschwerdeführerin bestreitet lediglich allgemein das Vorliegen einer Scheinehe, ohne jedoch auf die Erwägungen der belangten Behörde einzugehen.

Die belangte Behörde hat im Weiteren die Ergebnisse des Beweisverfahrens einer eingehenden Beweiswürdigung unterzogen und plausibel dargelegt, weshalb sie den Angaben der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die ausführlichen Angaben des M.J. keine Glaubwürdigkeit zugemessen habe.

2.3. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

2.4. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang vorbringt, nach § 37 AVG sei das Ermittlungsverfahren so zu führen, dass der maßgebliche Sachverhalt erschöpfend festgestellt werde, weshalb weitere Vernehmungen vorzunehmen gewesen wären, ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde nicht dazu verpflichtet war, M.J. - zusätzlich zu seinen Vernehmungen vom 7. Oktober 2004 und 18. September 2007 - persönlich zu befragen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2010, Zl. 2007/18/0161, mwN). Auch die Beschwerdeführerin hatte ausreichend Gelegenheit, sich in ihrer Stellungnahme und Berufung Parteiengehör zu verschaffen. Überdies besteht im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion kein Recht auf eine Berufungsverhandlung und auch kein Recht darauf, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2010, 2010/18/0385, mwN). Welche darüber hinausgehenden Vernehmungen die belangte Behörde hätte durchführen sollen, bleibt die Beschwerdeführerin darzustellen schuldig und sind auch im Rahmen einer amtswegigen Prüfung des verfahrensrechtlich richtigen Zustandekommens der Sachverhaltsannahmen nicht ersichtlich.

2.5. Auf Basis der getroffenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die Ehe geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, aber mit M.J. ein gemeinsames Familienleben nie geführt hat. Daher begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG verwirklicht und die in § 60 Abs. 1 FPG ausgedrückte Gefährdung gegeben sei, keinem Einwand.

3.1. Gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung führt die Beschwerde ins Treffen, dass die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet und die durch den Aufenthalt erreichte Integration nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Ohne Begründung sei die Auffassung der Behörde erster Instanz übernommen worden, dass die Auswirkungen der getroffenen Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Die familiären Bindungen zu Österreich seien herabgemindert worden. Die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie seien außer Acht gelassen worden.

3.2. Dem ist zu erwidern, dass die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG den inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführerin seit November 2004, die familiären Bindungen zu ihren Kindern, die im Bundesgebiet die Schule besuchten, und zu ihren in Österreich lebenden Verwandten sowie die Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin berücksichtigt hat. Das Gewicht der privaten Interessen der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder aufgrund ihres bisherigen Aufenthaltes und der Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin wird dadurch entscheidend gemindert, dass sowohl ihr Aufenthalt im Bundesgebiet als auch die Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe zurückzuführen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 2010, Zl. 2009/18/0505) .

Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe zugestanden, dass die Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrer Heimat "lose und emotional erschüttert" seien, ist - schon weil es (auch in Hinsicht auf den erst wenige Jahre dauernden Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland) nicht weiter substantiiert wird - nicht geeignet, das Gewicht ihrer persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich zu verstärken (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2010, 2007/18/0161, und das hg. Erkenntnis vom 3. November 2010, Zl. 2010/18/0349, jeweils mwN).

Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin (und ihrer Kinder) steht - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser gegenläufigen Interessen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und somit zulässig im Sinne des § 66 FPG sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3.3. Aufgrund des Gesagten gehen auch die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen, die belangte Behörde hätte die gebotene Interessenabwägung mit Blick auf die vom EGMR in seiner Rechtsprechung entwickelten Kriterien ausreichend zu begründen gehabt, und die Begründung "zur Abwägung der Interessenslagen" bestehe im Wesentlichen aus Floskeln und Gesetzestexten, ins Leere.

3.4. Der Beschwerdehinweis auf die Richtlinie 64/221/EWG ist bereits deshalb nicht zielführend, weil diese Richtlinie mit Wirkung vom 30. April 2006 aufgehoben wurde und somit bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr in Geltung war (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 2010, Zl. 2007/18/0627, und vom 15. September 2010, Zl. 2007/18/0908).

3.5. Soweit die Beschwerde auf die "Kann-Bestimmung" des § 60 Abs. 1 FPG hinweist und damit die Ermessensübung durch die belangte Behörde beanstandet, kann der Verwaltungsgerichtshof auch diesen Ausführungen nicht folgen, weil keine besonderen Umstände erkennbar sind, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 12. April 2011

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