VwGH 2007/11/0131

VwGH2007/11/013130.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des Vereins S in S, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, ARES Tower, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. Juni 2007, Zl. 20206.6529/88-2007, betreffend Feststellung des Ausschlusses der Gewährung von Fördermitteln, zu Recht erkannt:

Normen

KinderbetreuungsG Slbg 2002 §8;
KinderbetreuungsG Slbg 2002 §9 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
KinderbetreuungsG Slbg 2002 §8;
KinderbetreuungsG Slbg 2002 §9 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem beschwerdeführenden Verein Aufwendungen in Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 15. Oktober 1999 erteilte die Salzburger Landesregierung (im Folgenden: Landesregierung) dem beschwerdeführenden Verein für die Führung der Krabbelstube C. an einer näher bezeichneten Adresse in S. gemäß § 2 des Salzburger Tagesbetreuungsgesetzes die vom 18. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 2000 befristete Bewilligung für die Führung von vier Gruppen mit jeweils maximal 6 Kindern, dies ua. unter der Auflage

"6. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine dauerhafte Betreuung müssen sichergestellt sein. Überschüsse sind zurückzuzahlen. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sind einzuhalten."

Mit Bescheid der Landesregierung vom 21. Dezember 2000 wurde die Bewilligung bis zum 31. Dezember 2001, mit Bescheid vom 11. Februar 2002 bis zum 31. Dezember 2002 verlängert, und zwar jeweils unter Beibehaltung der genannten Auflage.

Mit Bescheid der Landesregierung vom 31. Juli 2002 wurde schließlich gemäß § 3 des Salzburger Kinderbetreuungsgesetzes (2002) ab 1. August 2002 eine unbefristete Bewilligung für vier Krabbelgruppen mit jeweils maximal 8 Kindern erteilt, dies ua. unter der Auflage

"6. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine dauerhafte Betreuung müssen sichergestellt sein. Überschüsse sind zurückzuzahlen. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sind einzuhalten."

Mit Bescheid der Landesregierung vom 1. Februar 2006 wurde dem beschwerdeführenden Verein eine vorläufige Förderung für das Kalenderjahr 2006 in Höhe von EUR 163.003,68 zugesprochen und auch ausbezahlt.

Nach Inspektionen der Krabbelstube im Jahr 2006 und einem umfangreichen Ermittlungsverfahren stellte die Landesregierung mit Bescheid vom 6. Juni 2007 fest, dass die Gewährung von Fördermitteln ausgeschlossen sei, weil die Aufwände für Miete, Gehälter, Verwaltung usw. den allgemein üblichen Rahmen überstiegen (Spruchpunkt I.). Über eine Rückzahlung bereits ausbezahlter Förderungen werde gesondert entschieden (Spruchpunkt II.). Als Rechtsgrundlage war § 8 Abs. 2 Z. 2 des Salzburger Kinderbetreuungsgesetzes angegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

2. Nach Erlassung des angefochtenen Bescheides widerrief die Landesregierung sodann mit Bescheid vom 1. Oktober 2007 die dem beschwerdeführenden Verein erteilte Bewilligung für die Führung der Krabbelstube C. mit Wirkung vom 1. Oktober 2007. Die dagegen gerichtete Beschwerde, der der Verwaltungsgerichtshof keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte, wurde mit hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2011, Zl. 2007/11/0239, als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 wies die Landesregierung den Antrag des beschwerdeführenden Vereins auf Gewährung einer vorläufigen Förderung für das Kalenderjahr 2007 ab (dieser Bescheid blieb unbekämpft).

Mit Bescheid vom 11. März 2008 wies die Landesregierung schließlich den Antrag des beschwerdeführenden Vereins vom 4. Jänner 2007 auf Gewährung einer Förderung der Kindertagesbetreuung für das Kalenderjahr 2006 ab. Unter einem wurde die bereits ausbezahlte vorläufige Förderung für das Jahr 2006 in Höhe von EUR 163.003,68 zurückgefordert. Der beschwerdeführende Verein habe diesen Betrag zurückzuerstatten. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 29. März 2011, Zl. 2008/11/0082, als unbegründet abgewiesen.

3.1. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

3.2. Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vertrat der beschwerdeführende Verein in einer Stellungnahme vom 4. Mai 2011 die Auffassung, angesichts des Umstands, dass der am 14. Jänner 2008 bei der belangten Behörde gestellte Antrag auf "Endabrechnung" der Förderung für das Kalenderjahr 2007 noch unerledigt sei, entfalte der angefochtene Bescheid ungeachtet des mittlerweile erfolgten Widerrufs der Bewilligung zur Führung der Krabbelstube als auch der Abweisung des Antrags auf vorläufige Förderung für das Kalenderjahr 2007 noch Rechtswirkungen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Das im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebende Salzburger Kinderbetreuungsgesetz, LGBl. Nr. 47/2002, lautete (auszugsweise):

"Förderung der Kindertagesbetreuung; Voraussetzungen § 8 (1) Auf Antrag des Rechtsträgers, der Tageseltern

beschäftigt oder Kinderbetreuungseinrichtungen, die allgemein zugänglich sind, führt, sind dafür vom Land und von der Gemeinde Fördermittel (§ 9) zu gewähren, wenn

  1. 1. nach der jeweiligen Kindertagesbetreuung ein Bedarf besteht,
  2. 2. diese nicht zur Erzielung eines Gewinnes erfolgt und
  3. 3. der Rechtsträger die in den gemäß § 4 erlassenen Richtlinien festgelegten Verpflichtungen erfüllt.

(2) Die Gewährung von Fördermitteln ist ausgeschlossen, wenn

1. der Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtung ohne die nach § 3 Abs 1 erforderliche Bewilligung aufgenommen worden ist;

2. die Aufwände für Miete, Gehälter, Verwaltung usw den allgemein üblichen Rahmen übersteigen; oder

3. vom Rechtsträger für die Kindertagesbetreuung von den Erziehungsberechtigten für die Kinder nicht Beiträge zumindest in der Höhe eingehoben werden, die durch Verordnung der Landesregierung unter Bedachtnahme auf die jeweilige Kostenentwicklung sowie auf das Einkommen der Sorgepflichtigen und die Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen festzusetzen ist.

(3) Der Anspruch auf Förderung erlischt, wenn

1. der Rechtsträger unrichtige Angaben, insbesondere betreffend die Kinderzahlen und die Betreuungszeiten, macht; oder

2. der Rechtsträger trotz Aufforderung durch die Aufsichtsbehörde innerhalb der gesetzten Frist nicht den durch Gesetz oder Verordnung geforderten Zustand herstellt.

Höhe, Tragung und Auszahlung der Fördermittel

§ 9

...

(5) Die Förderung ist zu 60 % vom Land und zu 40 % von der Gemeinde zu tragen.

(6) Über die Gewährung der Förderung durch das Land entscheidet die Landesregierung, über die Förderung durch die Gemeinde der Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde jeweils durch Bescheid. … .

(8) Für die Berechnung und Auszahlung der Förderung gilt:

2. Bei Kinderbetreuungseinrichtungen:

Die gebührenden Förderungsbeträge sind nach der Zahl der Kinder in der Einrichtung, für die am 1. Jänner ein Betreuungsvertrag besteht, vorläufig zu berechnen. Die Auszahlung der vorläufigen Förderung an den Rechtsträger erfolgt in zwei gleichen Teilbeträgen spätestens zum 1. März und zum 1. Juli. Die endgültige Höhe der Förderung für jedes Kalenderjahr ist auf Grund der Zahl jener zum Ende eines jeden Monats gezählten Kinder, für die mindestens für den Zeitraum gemäß Abs 4 ein Betreuungsvertrag besteht, zu berechnen. Differenzbeträge sind im darauf folgenden Jahr mit dem 2. Teilbetrag auszugleichen. Für Tagesbetreuungseinrichtungen, die während des Jahres, für das die Förderung gewährt wird, ihren Betrieb aufnehmen, ist für die vorläufige Berechnung der Förderung die Zahl der auf Grund eines Betreuungsvertrages betreuten Kinder zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme maßgebend. Nach Beendigung der gesamten Kindertagesbetreuung sind zu viel geleistete Förderungsbeträge zurückzuzahlen.

…"

1.2. Die Kindertagesbetreuungs-Verordnung, LGBl. Nr. 66/2002, lautete (auszugsweise):

"§ 20

Die Rechtsträger von Kinderbetreuungseinrichtungen haben zur Sicherung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine dauerhafte Kindertagesbetreuung nachzuweisen, dass sich ihre Ausgaben insbesondere für Miete und Verwaltung usw an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientieren und im allgemein üblichen Rahmen halten. Die Gehälter für fachlich ausgebildete Betreuungspersonen haben sich am Mindestlohntarif oder am Entlohnungsschema gemäß § 22 Abs 2 des Gesetzes zu orientieren.

…"

2. Im Lichte der oben wiedergegebenen Angaben des beschwerdeführenden Vereins in seiner Stellungnahme vom 4. Mai 2011 zu dem noch offenen Antrag auf "Endabrechnung" der Förderung für das Kalenderjahr 2007 ist es nicht ausgeschlossen, dass der beschwerdeführende Verein durch den Fortbestand des angefochtenen Bescheides weiterhin in Rechten verletzt ist.

Die Beschwerde ist auch begründet.

2.1. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen auf jene Feststellung von Mängeln bei der Gebarung und Führung der Kinderbetreuungseinrichtung, die auch dem zur hg. Zl. 2008/11/0082 angefochtenen Bescheid vom 11. März 2008 zugrunde liegen, mit dem die Gewährung der Förderung für das Kalenderjahr 2006 abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde, wie bereits dargelegt, mit dem hg. Erkenntnis vom 29. März 2011 abgewiesen. Für den vorliegenden Zusammenhang genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung dieses Erkenntnisses hinzuweisen.

2.2.1. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass das Salzburger Kinderbetreuungsgesetz keine ausdrückliche Ermächtigung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, dass die Gewährung von Fördermitteln (gemeint offenbar: bis auf weiteres) ausgeschlossen sei, enthält.

Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung wäre die (örtlich und sachlich zuständige) Verwaltungsbehörde nur dann zur Erlassung eines Feststellungsbescheids befugt, wenn hiefür ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Ein im öffentlichen Interesse (oder im rechtlichen Interesse einer Partei) begründeter Anlass zur Erlassung eines Feststellungsbescheids liegt dann nicht vor, wenn die für die Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist. Wegen der grundsätzlichen Subsidiarität von Feststellungsbegehren und Feststellungsbescheiden wäre die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheids zu verneinen, wenn die für die Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen eines anderen Verfahrens zu entscheiden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2005, Zl. 2005/11/0037, vom 15. Dezember 2009, Zl. 2006/11/0170, vom 18. Mai 2010, Zl. 2006/11/0098 und vom 23. November 2010, Zl. 2010/11/0198, jeweils mwN.).

2.2.2. Der angefochtene Bescheid enthält keine Ausführungen dazu, aus welchen Gründen die belangte Behörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides für zulässig hält. Auch in der Gegenschrift bringt die belangte Behörde im Wesentlichen nur vor, dass die Erlassung des Feststellungsbescheides sehr wohl im öffentlichen Interesse gelegen gewesen sei.

2.2.3. Gemäß § 9 Abs. 6 erster Satz des Salzburger Kinderbetreuungsgesetzes entscheidet die Landesregierung über die Gewährung der Förderung der Kindertagesbetreuung durch das Land, und zwar durch Bescheid. Während § 8 leg.cit., ua. die von der belangten Behörde als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides genannte Z. 2 des Abs. 2, die materiellen Voraussetzungen für die Förderung regelt, normiert § 9 leg.cit., insbesondere dessen Abs. 8, die Abwicklung der Förderung. Dabei wird zwischen der vorläufig zu berechnenden Förderung und der (abschließenden) Berechnung der endgültigen Höhe der Förderung für jedes Kalenderjahr unterschieden (§ 9 Abs. 8 Z. 2 leg.cit.).

Dass gemäß § 9 Abs. 6 erster Satz des Salzburger Kinderbetreuungsgesetzes über die vom Land zu leistende Förderung durch Bescheid zu erkennen ist, impliziert jedenfalls, dass über die endgültige Förderung der Höhe der Förderung für ein bestimmtes Kalenderjahr ein (Leistungs)Bescheid zu ergehen hat. Das Salzburger Kinderbetreuungsgesetz sieht demnach ein eigenes Verfahren vor, das es - auch für das in Rede stehende Kalenderjahr 2007 - ermöglicht, im Einzelnen zu überprüfen, ob und inwieweit eine Förderung einer Tagesbetreuungseinrichtung nach den Vorgaben des § 8 leg.cit. in Betracht kommt oder eine solche, etwa gemäß Abs. 2, ausgeschlossen ist (dieses Verständnis liegt auch erkennbar dem erwähnten Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 2008 zugrunde, mit dem die Gewährung der Förderung für das Kalenderjahr 2006 abgewiesen wurde). Damit liegen aber die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Erlassung eines abgesonderten Feststellungsbescheides wie des angefochtenen Bescheides nicht vor.

2.2.4. Auch für einen mit dem Feststellungsteil verbundenen bescheidförmigen Abspruch darüber, dass über allfällige Rückforderungen bereits vorläufig geleisteter Förderungen ein gesonderter Bescheid ergehen werde, gibt es nach den bisherigen Ausführungen keine gesetzliche Grundlage.

2.3. Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 30. September 2011

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