VwGH 2009/09/0062

VwGH2009/09/006225.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des FF in B, vertreten durch Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wallnerstraße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 31. Oktober 2008, Zl. BMSK-240704/0001-IV/5/2008, betreffend Anerkennung als Opfer gemäß § 1 Abs. 2 lit. c OFG und Ausstellung einer Amtsbescheinigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
OFG §1 Abs2 idF 2005/I/ 086;
OFG §1 Abs2 idF 2005/I/086;
OFG §1 Abs2 litc idF 2005/I/086;
OFG §16 Abs1;
OFG §3 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
OFG §1 Abs2 idF 2005/I/ 086;
OFG §1 Abs2 idF 2005/I/086;
OFG §1 Abs2 litc idF 2005/I/086;
OFG §16 Abs1;
OFG §3 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Der im Jahr 1923 geborene Beschwerdeführer musste aus Abstammungsgründen sein Mittelschulstudium im Jahr 1938 abbrechen und im April 1939 mit seiner Familie Österreich verlassen. Im Jahr 1967 wurde ihm die Anspruchsberechtigung gemäß § 1 Abs. 2 lit. e OFG auf Grund des Abbruches dieser Schulausbildung zuerkannt, hiefür eine Entschädigung geleistet und ihm ein Opferausweis gemäß § 4 Abs. 3 OFG ausgestellt.

Der Beschwerdeführer beantragte am 4. Juni 2007 (mit ergänzendem Schreiben vom 11. September 2007) eine Opferrente und Ausstellung einer Amtsbescheinigung.

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2008 wies der Landeshauptmann von Wien (in der Folge: LHvW) den (als Begehren auf Anerkennung als Opfer und Ausstellung einer Amtsbescheinigung gewerteten) Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Juni 2006 mangels Erfüllung der Kriterien des § 1 Abs. 2 lit. c OFG ab.

In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer, ein österreichischer Staatsbürger, habe angegeben, dass ihm aus Abstammungsgründen der Schulbesuch verwehrt und das Geschäft seines Vaters arisiert worden sei. Der Beschwerdeführer sei Schikanen (Reinigung des Gehsteigs und der Straße, Pöbeleien und Beschimpfungen) in Österreich ausgesetzt gewesen, sein Vater habe kurz im Verborgenen leben müssen und seine Familie sei gezwungen gewesen, die Wohnung zu verlassen. Im April 1939 sei dem Beschwerdeführer und seiner Familie die Ausreise aus Österreich und die Emigration über Chile nach Bolivien gelungen. Auf Grund der (näher dargelegten) Situation in der Emigration mache er eine Gesundheitsschädigung geltend.

Der LHvW setzte neben Zitierung der maßgebenden Bestimmungen des OFG im Wesentlichen fort, dass die Verfolgung (im Sinne von § 1 Abs. 2 OFG ) in einer schädigenden Maßnahme eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde oder in einem schädigenden Eingriff der NSDAP einschließlich ihrer Gliederung bestanden haben müsse und eine konkrete Angriffshandlung voraussetze. Angstzustände, die durch die allgemeine politische Situation in der nationalsozialistischen Zeit entstanden seien, würden nicht als Auswirkung politischer Verfolgung im Sinne des OFG angesehen werden können, da es in diesen Fällen an dem erforderlichen konkreten Angriffstatbestand einer Verfolgung fehlen würde. Der Abbruch der Schulausbildung und die Delogierung in Wien könne auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nicht als Schädigung angesehen werden, die einen Gesundheitsschaden verursacht. Für die behaupteten Schikanen und das kurze Leben des Vaters im Verborgenen seien keine Nachweise vorgelegt worden. Eine entsprechende Schädigung im Zeitraum 13. März 1938 bis zur Emigration im April 1939 habe der Beschwerdeführer nicht nachweisen können, somit fehle die Voraussetzung für die Prüfung einer erlittenen Gesundheitsschädigung in der Zeit bis zur Emigration.

Im Weiteren wurde ausgeführt, dass eine Kausalität im Sinne des § 1 Abs. 2 OFG nur dann anzunehmen sei, wenn der eingetretene Schaden direkt beabsichtigt oder zumindest eine adäquate Folge der Verfolgung gewesen sei. Bei der Prüfung der Frage, ob und inwieweit bei dem Beschwerdeführer verfolgungsbedingte Gesundheitsschädigungen bestünden, seien die Umstände des Lebens ab dem Verlassen des Einflussbereiches der verfolgenden Stellen außer Betracht zu lassen. Der in der Emigration erworbene Gesundheitsschaden (anderes Klima, unterschiedliche Kultur, schwierige wirtschaftliche und politische Lage im Fluchtland, etc.) sei daher nicht als kausal gemäß den Bestimmungen des KOVG zu werten.

Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 2008 "keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aus seinen zutreffenden und durch die Berufungseinwendungen nicht widerlegten Gründen bestätigt".

Über diesen Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis auf die Anfechtungsmöglichkeiten vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts hinaus hat der angefochtene Bescheid folgenden Wortlaut:

"Bemerkt wird, dass das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 lit. c OFG (eine verfolgungsbedingte Gesundheitsschädigung, durch die die Erwerbsfähigkeit nach den Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 um mindestens 50 v.H. gemindert ist) vom BW" (das ist der Beschwerdeführer) "nicht nachgewiesen wurde.

Rechtsgrundlagen der Entscheidung:

§§ 1 Abs. 2 lit. c, 3 Abs. 1 letzter Satz und 16 Abs. 1 OFG."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Darin erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Anerkennung als Opfer gemäß § 1 Abs. 2 lit. c OFG und Ausstellung einer Amtsbescheinigung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.1. § 1 Abs. 2 Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947 (OFG) in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 86/2005, lautet auszugsweise wie folgt:

"(2) Als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen anzusehen, die in der Zeit vom 6. März 1933 bis zum 9. Mai 1945 aus politischen Gründen, als Opfer der NS-Militärjustiz, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität oder im Rahmen typisch nationalsozialistischer Verfolgung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung, der sexuellen Orientierung, des Vorwurfes der so genannten Asozialität oder medizinischer Versuche durch Maßnahmen eines Gerichtes, einer Verwaltungs- (im besonderen einer Staatspolizei-) Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen in erheblichem Ausmaß zu Schaden gekommen sind. Als solche Schädigungen in erheblichem Ausmaße sind anzusehen:

...

c) eine Gesundheitsschädigung, durch die die Erwerbsfähigkeit nach den Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 um mindestens 50 v.H. gemindert ist,

...

e) der Abbruch oder eine mindestens dreieinhalbjährige

Unterbrechung des Studiums oder einer Berufsausbildung, ... ."

Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Kausalzusammenhang zwischen der Verfolgungsmaßnahme und der Gesundheitsschädigung auf Grund der angeführten gesetzlichen Regelung dann anzunehmen, wenn zwischen der Bedingung (Verfolgung) und dem Erfolg (Gesundheitsschädigung) eine adäquate Kausalität gegeben ist, d. h. dass ein Kausalzusammenhang dann vorliegt, wenn die Bedingung (Verfolgung) typischerweise den Erfolg (Gesundheitsschädigung) nach sich zieht, also generell geeignet ist, den Erfolg (Gesundheitsschädigung) herbeizuführen. Hiebei ist jedoch, soweit die aus Gründen der jüdischen Abstammung verfolgten Personen ausgewandert sind - wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (siehe insbesondere das hg. Erkenntnis vom 15. November 1970, Zl. 11/70) zum Ausdruck gebracht hat -, zu beachten, dass die Auswanderung als solche nicht eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des § 1 Abs. 2 OFG darstellt, sondern als derartige Verfolgungsmaßnahmen die vom nationalsozialistischen Regime gegen Personen jüdischer Abstammung getroffenen Maßnahmen angesehen werden müssen. Die adäquate Kausalität von Verfolgungsmaßnahmen kann für eine Gesundheitsschädigung, die nach einer Auswanderung durch die hiedurch herbeigeführten besonderen Verhältnisse zustande gekommen ist, nicht angenommen werden.

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gesundheitsschädigungen ist weiters auf die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelte Theorie der wesentlichen Bedingung zu verweisen. Nach der diesbezüglichen Rechtsprechung des Gerichtshofes ist als Ursache einer eingetretenen Wirkung die Gesamtheit derjenigen Bedingungen zu werten, die an dem Erfolg wesentlich mitgewirkt haben; wirken mehrere Bedingungen für einen Erfolg zusammen, so kann nur jene Bedingung als wesentlich gewertet werden, die in ihrer Wirkung den anderen Bedingungen nach Bedeutung und Tragweite annähernd gleichwertig ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1965, Zl. 1072/64, Slg. N.F. Nr. 6825/A).

Nach § 3 Abs. 1 letzter Satz OFG hat der Antragsteller die Voraussetzungen nach § 1 leg. cit. nachzuweisen. Auf das Verfahren finden nach § 16 Abs. 1 OFG - soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt - die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) Anwendung.

Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere auch eine mündliche Verhandlung nach den §§ 40 bis 44 AVG von Amts wegen oder auf Antrag durchführen. Gegen die Ablehnung eines solchen Antrages ist kein Rechtsmittel zulässig. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen gemäß § 45 Abs. 1 AVG keines Beweises. Im Übrigen hat die Behörde nach § 45 Abs. 2 AVG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Als Beweismittel kommt gemäß § 46 AVG alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen und Anträge von Parteien abgesprochen wird.

§ 3 Abs. 1 letzter Satz OFG enthält eine Beweislastregel. Diese spiegelt die Tatsache wider, dass diese Beweisführung zum Verantwortungsbereich desjenigen zählt, der Begünstigungen, Fürsorge und Entschädigungsmaßnahmen nach dem Opferfürsorgegesetz beantragt. Denn diese Person hat einen weitaus stärkeren Bezug zu den anspruchsbegründenden Sachverhaltselementen als die Behörde. Sie ist also am ehesten in der Lage, Beweismittel für ihren Anspruch beizubringen. Wenn daher der Nachweis der Voraussetzungen dem Antragsteller auferlegt ist, dann muss der von dieser formellen Beweislast Betroffene eindeutig nachweisen, dass er die anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt. Dieser Nachweis kann durch Urkunden oder auf andere Weise, etwa durch Zeugenaussagen, erbracht werden. "Nachweisen" heißt, ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungsrelevanten Tatsache (eben die "Überzeugung" hievon) herbeizuführen. Es ist demnach Aufgabe des Antragstellers, alle Beweismittel, die sich in seiner Hand befinden, der Behörde vorzulegen und im Übrigen die zur Nachweisung seines Vorbringens erforderlichen Beweisanträge zu stellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Juni 1991, Zl. 91/09/0057, vom 16. Jänner 1992, Zl. 91/09/0179, und vom 20. April 1995, Zl. 93/09/0408).

II.2. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 4. Juni 2007 im Zusammenhang mit der Darlegung seiner aktuellen gesundheitlichen Situation auch behauptet, seit Jahren in psychiatrischer Behandlung zu sein. Darüber hinaus waren dem Antrag neben einer Kopie seines Opferausweises fremdsprachige medizinische (darunter auch psychologische) Gutachten und Medikamentenauflistungen angeschlossen.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2007 hat das Amt der Wiener Landesregierung - Referat Opferfürsorge (in der Folge: erstinstanzliche Behörde) dem Beschwerdeführer in Beantwortung seiner Eingabe die Voraussetzungen für die Gewährung einer Opferrente dargelegt und insbesondere ausgeführt:

"Erst wenn eine Schädigung nachgewiesen ist, aufgrund der ein Gesundheitsschaden entstanden sein kann (z. B. Haft, Misshandlung, etc.), kann ein Verfahren betr. den Gesundheitsschaden eingeleitet werden. Die Erlebnisse in der Emigration können dabei nicht berücksichtigt werden.

Eine Opferrente wird nur für Leiden gewährt, die durch die direkte Verfolgung entstanden sind und an denen Sie heute noch leiden. Für alters- oder schicksalsbedingte Krankheiten wird keine Opferrente geleistet."

Auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten (fremdsprachigen) Unterlagen wurde darin überhaupt nicht eingegangen.

Mit (am 1. September 2007 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangten) Schreiben hat der Beschwerdeführer seinen früheren Antrag aufrechterhalten und unter anderem ergänzend vorgebracht:

"in der Nazizeit ... kaum sichtbaren physischen Schaden

erlitten (zu haben), doch Opfer von schweren lebensbedrohlichen Ereignissen gewesen zu sein und leide heute noch unter posttraumatischen Belastungsstörungen."

In seiner im Weiteren gegen den abschlägigen Bescheid des LHvW vom 14. Jänner 2008 erhobenen Berufung präzisierte der Beschwerdeführer die von ihm als Auslöser seiner (psychischen) Langzeitschäden gesehenen Ereignisse zwischen März 1938 und April 1939 in Wien mit konkret gegen ihn als Jugendlichen gerichteten demütigenden Schikanen (Gehsteigsäuberungen an einer näher bezeichneten Stelle), wozu er zur Verdeutlichung der von ihm beschriebenen Situation zwei Kopien von Fotos über vergleichbare Gehsteigsäuberungen aus der damaligen Zeit anschloss.

Damit hat der Beschwerdeführer aber eine Behauptung über konkrete Geschehnisabläufe zu einer ihm widerfahrenden Maßnahme im Sinn des § 1 Abs. 2 OFG, welcher die Eignung als Auslöser eines Verfolgungstraumas mit für das Begehren des Beschwerdeführers relevanten gesundheitlichen Langzeitfolgen nicht grundsätzlich abgesprochen werden kann, aufgestellt und erkennbar diese seine Angaben als Beweismittel angeboten und deshalb hiezu der ihm im Rahmen von § 3 OFG treffenden Mitwirkungspflicht ausreichend entsprochen.

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, E 84 zu § 39 AVG).

Im konkreten Fall ist es als Verletzung von Verfahrensvorschriften zu werten, wenn die belangte Behörde ihrer daraus resultierenden Verpflichtung, auf das (insbesondere im Berufungsverfahren präzisierend zu den Schädigungshandlungen) erstattete Vorbringen in ihrer Begründung allenfalls nach Durchführung weiterer Ermittlungen beweiswürdigend einzugehen und den Sachverhalt hinsichtlich des Vorliegens der behaupteten (konkreten) Schikanen zu klären, überhaupt nicht nachgekommen ist, sondern bloß lapidar festgestellt hat, dass das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 lit. c OFG nicht nachgewiesen werden konnte (insoweit die belangte Behörde mit Totalverweis der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides gefolgt ist, ist festzuhalten, dass es im bisherigen Verwaltungsverfahren auch zu keinerlei inhaltlicher Auseinandersetzung mit der Behauptung der durch die Vorkommnisse in Österreich ausgelösten posttraumatischen Belastungsstörungen in der Emigration, woraus der Beschwerdeführer erkennbar seinen heutigen Gesundheitszustand ableitet, und der dazu von ihm vorgelegten fremdsprachigen Unterlagen gekommen ist).

Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei entsprechender Auseinandersetzung (insbesondere) mit dem Berufungsvorbringen und einer ausreichenden Beweiswürdigung unter Einbeziehung desselben, allenfalls nach weiteren Ermittlungen, zu einem anderen Ergebnis - nämlich einer im Sinne des OFG relevanten Maßnahme - gekommen wäre, sodass der Beschwerde Berechtigung zukommt, soweit sie eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes rügt. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde außerdem im Fall der Bejahung der behaupteten Vorkommnisse nach Durchführung entsprechender Ermittlungen zu prüfen haben, ob daraus als adäquate posttraumatische Folge allenfalls eine Gesundheitsbeeinträchtigung resultiert, der im Sinne einer Anspruchsbegründung nach den zitierten Bestimmungen des OFG Relevanz zukommt. Dazu wird in der Regel ein ärztlicher Sachverständiger beizuziehen sein, der die wissenschaftlichen Grundlagen für eine diesbezügliche rechtliche Beurteilung zu liefern haben wird.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. März 2010

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