VwGH 2009/05/0036

VwGH2009/05/003611.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der A in X, vertreten durch Spohn Richter & Partner Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Große Neugasse 38, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 3. Dezember 2008, Zl. BOB-315/08, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: B in X, vertreten durch Dr. Eva Maria Hausmann, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Ameisgasse 10), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §13 Abs2;
KlGG Wr 1996 §15 Abs1;
KlGG Wr 1996 §16 Abs2;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §13 Abs2;
KlGG Wr 1996 §15 Abs1;
KlGG Wr 1996 §16 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit damit die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. April 2008, Zl. MA 37/16-Klg. Kulturfreunde 16/QB/P2/12682-1/2007, abgewiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 541/2 der Liegenschaft EZ. Y, KG O.

An dieses Grundstück grenzt im Osten die als Eklw (Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen) gewidmete Liegenschaft EZ Q KG O, auf welcher sich die Kleingartenanlage der Kulturfreunde 16 befindet. Die mitbeteiligte Partei ist Nutzungsberechtigte der an das Grundstück der Beschwerdeführerin angrenzenden Los 2 der Gruppe B dieser Liegenschaft.

Über Antrag der mitbeteiligten Bauwerberin vom 25. Jänner 2006 wurde auf Grund des Einreichplanes vom 21. Dezember 2005 der Neubau eines Kleingartenwohnhauses auf der genannten Kleingartenparzelle am 6. Juli 2006 vom Magistrat der Stadt Wien, MA 37, "im Umfang der Bestimmungen des § 8 Abs. 5 des Wiener Kleingartengesetzes" für bewilligt erklärt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 19. April 2006 wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Errichtung dieses Kleingartenwohnhauses als nicht begründet abgewiesen.

Mit Ansuchen vom 30. März 2007 beantragte die mitbeteiligte Partei unter Vorlage eines Einreichplanes vom 22. Februar 2007 die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für die Errichtung eines Kleingartenwohnhauses gemäß § 8 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 (WrKlGG) auf diesem Los.

Gegen dieses Bauvorhaben wurden von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Mai 2007 Einwendungen u. a. gegen die Gebäudehöhe, die Gesamtkubatur und den Seitenabstand des Bauvorhabens sowie die projektierten Geländeveränderungen erhoben.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. April 2008 wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin gemäß § 8 WrKlGG als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen diesen Bescheid

sowie "gegen die ... als Bescheid zu wertende Bewilligung des

Magistrats der Stadt Wien vom 06.07.2006 (Stempel auf dem Einreichplan vom 25. 01. 2006)" und "sicherheitshalber" gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 19. April 2006.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden

die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. April 2008 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.),

der Spruch des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 19. April 2006 dahingehend abgeändert, "dass die Einwendungen der angeführten Nachbarn nunmehr mangels Vorliegen einer entsprechenden Einreichung im Sinne des § 8 Wiener Kleingartengesetz 1996 (WKlG 1996) zurückgewiesen werden" (Spruchpunkt II.), und

die Berufung gegen die "als Bescheid zu wertende Bewilligung des Magistrats der Stadt Wien vom 6. Juli 2006 (= Stempel auf dem Einreichplan vom 25. Jänner 2006)" als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt III.).

Zum Berufungsvorbringen, die projektierten Geländeveränderungen widersprächen § 15 WrKlGG, führte die belangte Behörde aus, die Baubehörde erster Instanz habe auf Grund der Einreichung der mitbeteiligten Partei vom 25. Jänner 2006 gemäß § 8 Abs. 10 WrKlGG die Errichtung eines Kleingartenwohnhauses und die Vornahme von Anschüttungen im Anschluss an das Gebäude bis zu einer Höhe von insgesamt 50 cm bewilligt. Der ursprüngliche Geländeverlauf lasse sich nicht mehr eindeutig nachvollziehen. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei von Seiten der Bauwerberin auf diese ursprünglich beantragte Baubewilligung, zumal diese als obsolet anzusehen sei, verzichtet worden. Im Einreichplan der gegenständlichen Neueinreichung vom 30. März 2007 seien Anschüttungen von bis zu 80 cm an der Nordwestsowie an Teilen der Nordost- und Südwest-Front ausgewiesen. Demgegenüber sollen an der Südost- und an Teilen der Südwest- und Nordostfront Abgrabungen bis zu 60 cm vorgenommen werden. Wenngleich ohne die vorgesehenen Geländeveränderungen das Kleingartenwohnhaus die vorgeschriebenen Gebäudegrößen, nämlich die höchste zulässige Kubatur und den zulässigen obersten Abschluss des Kleingartenwohnhauses, überschreiten würde, sei festzuhalten, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des Bauvorhabens von dem anschließenden Gelände, somit von dem im Einreichplan ausgewiesenen veränderten Gelände auszugehen sei. Das eingereichte Kleingartenwohnaus entspräche bei Heranziehung der beantragten Geländeveränderungen den gesetzlichen Anordnungen bezüglich der zulässigen bebauten Flächen, der einzuhaltenden Abstände, des obersten Abschlusses des Gebäudes sowie der Kubatur. Bezogen auf die gesamten, aus dem Einreichplan ersichtlichen Geländeveränderungen ergäben sich Geländeanschüttungen bis zu einer Höhe von 80 cm, welchen aber Abgrabungen des Geländes gegenüberstünden. Anschüttungen und Abgrabungen hielten sich in etwa die Waage, "sodass annähernd ein zulässiger Geländeausgleich (Anschüttungen = Abgrabungen) stattfindet". Aus diesem Grunde könne auch nicht davon gesprochen werden, dass eine der Intention des WrKlGG widersprechende unzulässige Geländeveränderung und damit eine unzulässige Bauführung im Sinne des § 8 Abs. 6 WrKlGG vorliege. Im Hinblick auf den annähernden Ausgleich der geplanten Geländeanschüttungen mit den Geländeabgrabungen trete das geplante Gebäude keinesfalls derart erhöht in Erscheinung, dass dies von Einfluss auf die Bebaubarkeit oder auf die widmungsgemäße Verwendung der Nachbarliegenschaft der Beschwerdeführerin wäre. Durch die dargelegten Geländeveränderungen könne daher die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt werden. Da auch der aus dem Einreichplan ersichtliche Abstand des geplanten Kleingartenwohnhauses von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 2 m § 14 WrKlGG entspreche und das im Einreichplan ausgewiesene Bauvorhaben - soweit es der Bewilligungspflicht gemäß § 8 WrKlGG unterliege - mit dem WrKlGG im Einklang stehe, würden durch die Bauführung keine subjektiven-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin verletzt.

Mit Einreichung vom 25. Jänner 2006 habe die mitbeteiligte Bauwerberin um Erteilung der Baubewilligung gemäß § 8 Abs. 10 WrKlGG für die Errichtung eines Kleingartenwohnhauses verbunden mit der Vornahme von Anschüttungen im Anschluss an das Gebäude bis zu einer Höhe von insgesamt 50 cm angesucht. Die dagegen erhobenen Einwendungen seien mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 19. April 2006 als unbegründet abgewiesen worden. In weiterer Folge sei der mitbeteiligten Bauwerberin von der Behörde der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehene Plan A rückübermittelt worden. Gegen den erwähnten Bescheid vom 19. April 2006 und gegen die Anbringung des Sichtvermerks auf dem Einreichplan habe die Beschwerdeführerin ebenfalls Berufung erhoben. Im Zuge des Berufungsverfahrens habe die mitbeteiligte Bauwerberin auf die in diesem Verfahren ergangene ursprüngliche Baubewilligung, zumal diese als obsolet anzusehen sei, und "damit auch auf das diesbezügliche Bauansuchen verzichtet". Dies erkläre sich auch daraus, dass die auf Grund des Ansuchens der mitbeteiligten Bauwerberin vom 30. März 2007 ergangene Baubewilligung (gemeint offenbar der Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 2008) zwischenzeitlich konsumiert und von Seiten der Bauwerberin eine diesbezügliche Fertigstellungsanzeige erstattet worden sei. Die ursprüngliche Baubewilligung samt Bauansuchen sei daher schon aus diesem Grunde obsolet geworden. Infolge der Zurückziehung dieses Bauansuchens fehle es somit an der Grundlage für eine Prüfung dieses Bauvorhabens und der dagegen erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerin. Diese Einwendungen der Beschwerdeführerin seien daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Der amtliche Sichtvermerk auf dem Einreichplan sei kein Bescheid; mit diesem sei auch keine Bewilligung im Sinne des § 8 WrKlGG erteilt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Nichtüberschreitung der höchstens zulässigen Kubatur und des zulässigen obersten Abschlusses der Kleingartenwohnhauses der mitbeteiligten Bauwerberin sowie der Nichtunterschreitung des 3-m-Abstandes des bewilligten Bauvorhabens zu ihrem Grundstück verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird ausgeführt, die unzulässigen Geländeveränderungen auf dem Baugrundstück der mitbeteiligten Partei bewirkten, dass das bewilligte Kleingartenwohnhaus wesentlich höher hinaufrage als dies bei einer gesetzeskonformen Errichtung des Gebäudes der Fall wäre. Die zulässige Gebäudehöhe von maximal 5,5 m über dem verglichenen Gelände werde um 1,43 m überschritten. Auch die zulässige Gesamtkubatur des Hauses von 250 m3 werde um 86,36 m3 überschritten. Dadurch werde die Beschwerdeführerin in ihrem subjektiven Recht gemäß § 134a Abs. 1 lit. b Bauordnung für Wien verletzt.

Folgende Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes 1996 (WrKlGG) in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 13/2006 sind im Beschwerdefall von Bedeutung (auszugsweise):

"Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Gesetz ist auf Flächen mit der Widmung "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet" und "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzte Flächen anzuwenden.

(2) Soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, gilt die Bauordnung für Wien.

...

Zulässige Bauführungen

§ 7. (1) In Kleingärten und auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen ist die Errichtung von Kleingartenhäusern und Nebengebäuden, in Kleingärten im "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" darüber hinaus auch die Errichtung von Kleingartenwohnhäusern zulässig. ...

...

Baubewilligungen

§ 8. (1) Im "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet" und "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen ist für Neu-, Zu- und Umbauten von Kleingartenhäusern und Kleingartenwohnhäusern sowie für die Umwidmung eines Kleingartenhauses in ein Kleingartenwohnhaus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Baubewilligung erforderlich. Alle anderen Bauführungen in Kleingärten und auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen bedürfen weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige; das Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers nach Maßgabe zivilrechtlicher Bestimmungen bleibt unberührt. Für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen gelten ausschließlich die Bestimmungen der Bauordnung für Wien.

(2) Bei Neu-, Zu- oder Umbauten von Kleingartenwohnhäusern sowie von Kleingartenhäusern im "Grünland - Erholungsgebiet" und im "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sind der Behörde nur vorzulegen:

1. Baupläne in zweifacher Ausfertigung; die Baupläne sind von einem nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften hiezu Berechtigen zu verfassen und von diesem, vom Bauwerber, vom Bauführer sowie vom Grundeigentümer zu unterfertigen;

...

...

(3) Die Baupläne haben folgende Angaben zu enthalten:

1. die Lage und Größe des Kleingartens innerhalb des Widmungsgebietes; ferner die Lage der benachbarten Liegenschaften, deren Einlagezahlen sowie die Namen und Anschriften aller ihrer Eigentümer;

2. die Lage und Größe des Gebäudes unter Angabe der Abmessungen und der Abstände zu den Kleingartengrenzen sowie der Nebengebäude, der Dachvorsprünge, der Balkone, der überdachten Kellerabgänge und der anderen baulichen Anlage, die der bebauten Fläche des Kleingartens zugerechnet werden;

3. den Nachweis der Einhaltung der zulässigen Gesamtkubatur unter Darstellung der Gebäudehöhen im Wege der Fassadenabwicklung und der Dachform sowie der Höhenlage des anschließenden Geländes einschließlich allfälliger Geländeveränderungen;

...

(6) Ergibt die Prüfung der Angaben in den Bauplänen gemäß Abs. 3, dass die Bauführung unzulässig ist, hat die Behörde binnen drei Monaten ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss einer Ausfertigung der Unterlagen zu untersagen. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen.

...

(8) Nachbarn (§ 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien) können ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde Akteneinsicht (§ 17 AVG) nehmen und bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn (Abs. 4) Einwendungen im Sinne des § 134a der Bauordnung für Wien vorbringen und damit beantragen, dass die Baubewilligung versagt wird. Vom Zeitpunkt der Erhebung solcher Einwendungen an sind die Nachbarn Parteien. Eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 4 der Bauordnung für Wien) ist ausgeschlossen. Bei nachträglichen Baubewilligungen hat der Bauwerber die Nachbarn von der Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde nachweislich in Kenntnis zu setzen; dieser Nachweis ist den Einreichunterlagen anzuschließen. Der Lauf der Frist für die Einwendungen beginnt in diesem Fall mit der Verlautbarung der Einreichung im Amtsblatt der Stadt Wien (§ 131a der Bauordnung für Wien).

(9) Die Versagung der Baubewilligung hat mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss einer Ausfertigung der Unterlagen zu erfolgen. Wird die Baubewilligung versagt, ist die Bauführung einzustellen.

(10) Erfolgt keine rechtskräftige Untersagung der Bauführung oder Versagung der Baubewilligung oder erlangen die Nachbarn keine Parteistellung gemäß Abs. 8, gilt das Bauvorhaben hinsichtlich der Angaben in den Bauplänen gemäß Abs. 3 als gemäß § 70 der Bauordnung für Wien bewilligt; § 70a Abs. 11 der Bauordnung für Wien gilt sinngemäß. Maßgebend für die Beurteilung des Bauvorhabens ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen.

...

(12) § 69 der Bauordnung für Wien ist nicht anzuwenden.

(13) Die Einreichung von Unterlagen wird unwirksam, wenn binnen zwei Jahren ab vollständiger Vorlage bei der Behörde mit der Bauführung nicht begonnen oder der Bau nicht innerhalb zweier Jahre nach Baubeginn vollendet wird.

...

Gebäudegröße

§ 13. ...

(2) Kleingartenwohnhäuser dürfen eine Gesamtkubatur von höchstens 250 m3 über dem anschließenden Gelände haben, wobei der oberste Abschluss des Kleingartenwohnhauses nicht mehr als 5,50 m über dem verglichenen Gelände liegen darf.

...

Abstände

§ 14. (1) Kleingartenhäuser und Kleingartenwohnhäuser haben, soweit im Bebauungsplan durch Baufluchtlinien nicht anderes festgesetzt ist, von öffentlichen Verkehrsflächen einen Abstand von mindestens 2 m einzuhalten.

...

(3) Gebäude dürfen nur an eine Nachbargrenze angebaut werden. Wird das Gebäude nicht unmittelbar an eine Nachbargrenze angebaut, muss es von dieser einen Abstand von mindestens 2 m einhalten. Für das Anbauen eines Gebäudes an eine Nachbargrenze bedarf es nicht der Zustimmung des Nachbarn, wenn das Gebäude bis zu einem Abstand von 2 m von der Nachbargrenze eine Höhe von 3 m nicht überschreitet. Für den Nachbarn ergibt sich daraus keine Verpflichtung zum Anbauen. Beträgt die Breite eines Kleingartens oder einer vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Fläche weniger als 10 m, darf das Gebäude unbeschadet des § 13 Abs. 1 bis 3 auch ohne Zustimmung des Nachbarn in der vollen Gebäudehöhe entweder unmittelbar an eine Nachbargrenze angebaut werden oder muss einen Abstand von mindestens 1 m einhalten. Nebengebäude dürfen auf dem Kleingarten frei angeordnet werden.

Gestaltung der Baulichkeiten

§ 15. (1) ... Darüber hinaus sind Baulichkeiten der bestehenden Höhenlage möglichst anzupassen.

...

(6) Keller von Kleingartenhäusern und Kleingartenwohnhäusern dürfen sich über das Kleingartenhaus und das Kleingartenwohnhaus hinaus auch unter die mit diesem verbundene Terrasse erstrecken. Sofern sie im Bereich der Terrasse geländebedingt über das anschließende Gelände ragen und die Terrasse beim Anschluss an das Kleingartenhaus oder Kleingartenwohnhaus an keiner Stelle mehr als 10 cm über dem anschließenden Gelände liegt, sind sie nicht auf die bebaute Fläche und die Gesamtkubatur anzurechnen.

...

Gestaltung des Kleingartens

§ 16. (1) Mindestens zwei Drittel des Kleingartens müssen gärtnerisch ausgestaltet sein.

(2) Stützmauern, Lichtschächte, Geländeveränderungen, Stufenanlagen, Rampen, Wege, Traufenpflaster und andere befestigte Flächen sind nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig. Terrassen dürfen bis zu einer Größe von zwei Dritteln des Ausmaßes der bebauten Fläche des Kleingartenhauses oder Kleingartenwohnhauses und Wasserbecken bis zu einer Gesamtfläche von 25 m2 je Kleingarten errichtet werden. Überdachungen von Terrassen dürfen das Gesamtausmaß von einem Viertel des Ausmaßes der bebauten Fläche des Kleingartenhauses oder Kleingartenwohnhauses nicht überschreiten. Diese Flächen werden den bebauten Flächen des Kleingartens nicht zugerechnet.

(3) Haupteinfriedungen sind so herzustellen, dass sie das örtliche Stadtbild und die Gestaltung des Erholungsgebietes nicht beeinträchtigen; die Höhe einer baulichen Haupteinfriedung muss mindestens 1 m und darf höchstens 2 m, bei Anbringen von Spanndrähten jedoch höchstens 2,10 m, betragen.

(4) Bauliche Nebeneinfriedungen dürfen höchstens 1,50 m hoch sein."

Gemäß § 8 Abs. 8 WrKlGG entspricht der Begriff des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach diesem Paragraphen dem des § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO). Gemäß § 134 Abs. 3 dritter Satz BO sind die Eigentümer benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren nur dann und insoweit Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Recht berührt und sie rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 134a erheben.

Die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes ist im Falle von Rechtsmitteln einer Partei mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf die Beschwerdeführerin als Nachbarin gemäß § 134 Abs. 3 BO zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer das Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung besteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 2003, Zl. 2003/05/0009, und vom 24. Juni 2009, Zl. 2007/05/0018).

§ 134a Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) hat folgenden

Wortlaut:

"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

  1. b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
  2. c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

    d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

    e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

    f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen."

    Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass im gegenständlichen Fall zwei Kleingärten vorliegen.

    Mit dem Einwand, das hier gegenständliche Kleingartenwohnhaus der mitbeteiligten Bauwerberin übersteige auf Grund der unzulässigen Geländeveränderungen die im § 13 WrKlGG festgelegte Gesamtkubatur und die vorgeschriebene Gebäudehöhe, macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres durch § 134a Abs. 1 lit. b BO gewährleisteten subjektiven-öffentlichen Rechtes geltend.

    Gemäß § 13 Abs. 2 WrKlGG ist die höchstzulässige Gesamtkubatur eines Kleingartenwohnhauses vom anschließenden Gelände, wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2005/05/0129), zu bemessen. Der oberste Abschluss dieses Gebäudes ist vom verglichenen Gelände aus zu berechnen.

    Da somit sowohl die Bemessung der Gesamtkubatur als auch die Berechnung des obersten Abschlusses des Kleingartenwohnhauses von der - allenfalls erst zu schaffenden - Geländehöhe abhängen, kann eine Verletzung des Nachbarrechtes im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. b BO auch dann vorliegen, wenn unzulässige Geländeveränderungen vorgenommen worden bzw. geplant sind.

    § 15 Abs. 1 WrKlGG sieht in diesem Zusammenhang vor, dass Baulichkeiten der bestehenden Höhenlage möglichst anzupassen sind. Gemäß § 16 Abs. 2 leg. cit. sind Geländeveränderungen "nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig".

    Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die von der Bauwerberin geplanten Geländeanschüttungen bis zu einer Höhe von 80 cm den entsprechenden, bis zu einer Höhe von 60 cm vorgesehenen Abgrabungen gegenübergestellt und ausgeführt, dass sich diese Geländeveränderungen in etwa die Waage halten, "sodass annähernd ein zulässiger Geländeausgleich (Anschüttungen = Abgrabungen) stattfindet". Ausführungen darüber, ob diese Geländeveränderungen unbedingt erforderlich sind, fehlen jedoch im angefochtenen Bescheid. Auch im Verfahren vor den Baubehörden wurde diese Frage nicht erörtert.

    Ob die Beschwerdeführerin durch das gegenständliche Kleingartenwohnhaus in dem von ihr geltend gemachten subjektivenöffentlichen Recht gemäß § 134 Abs. 1 lit. b BO verletzt wird, kann abschließend jedoch nur beurteilt werden, wenn feststeht, dass die projektierten Geländeveränderungen nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß geplant sind.

    Eine Verletzung des Nachbarrechtes auf Einhaltung der Gebäudehöhe läge auch bei einer Überschreitung von zulässigen Geländeveränderungen nur dann nicht vor, wenn auf den dem Grundstück der Beschwerdeführerin zugewandten Seiten die Geländeanschüttungen nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß vorgenommen werden sollen und der oberste Abschluss des Kleingartenwohnhauses nicht mehr als 5,50 m über dem - an diesen Seiten - verglichenen Gelände liegen sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2009, Zl. 2007/05/0148).

    Gegen die im § 14 Abs. 3 WrKlGG normierte Abstandsregelung bestehen seitens des Verwaltungsgerichtshofes die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Normbedenken schon im Hinblick auf die im Vergleich zu anderen Widmungsgebieten geltenden Sonderbestimmungen über die Bebaubarkeit der diesem Gesetz unterliegenden Grundstücke nicht. Der Verwaltungsgerichtshof sieht daher keinen Anlass zur Anfechtung dieser Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof wie von der Beschwerdeführerin angeregt. Auch die von der Beschwerdeführerin gegen die Sonderverfahrensvorschrift des § 8 Abs. 8 WrKlGG, welche § 70a BO nachgebildet ist, geäußerten Bedenken werden vom Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 2000, VfSlg 16.049, nicht geteilt (vgl. hiezu auch den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22. September 2008, B 1164, 1165/08-3).

    Da die belangte Behörde - wie oben aufgezeigt - die Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid, insoweit damit die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. April 2008 abgewiesen wurde, mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    In der Beschwerde werden keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides vorgetragen.

    Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere § 50 VwGG.

    Wien, am 11. Mai 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte