VwGH 2005/05/0129

VwGH2005/05/012920.12.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Projektinvest Bauträger GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 23. Februar 2005, Zl. BOB- 26 und 27/05, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: SÜBA Bau- und Baubetreuung AG in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §134a;
BauO Wr §81 Abs2;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §134a;
BauO Wr §81 Abs2;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 6. Mai 2004 beantragte die mitbeteiligte Bauwerberin die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 Bauordnung für Wien (BO) für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses auf näher bezeichneten Grundstücken in der KG Untersievering, Bellevuestraße.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines südwestlich des Baugrundstückes gelegenen Grundstückes. An beide Grundstücke grenzt im Westen die Bellevuestraße.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 18. Dezember 2003 wurden für das Baugrundstück antragsgemäß nach § 9 BO folgende Bebauungsbestimmungen bekannt gegeben:

"Die Baulinie ist durch die Linie a-b für die 7,0 m breite Bellevuestraße gegeben.

Die durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufluchtlinien sowie die Grenzlinie sind im beiliegenden Plan festgehalten.

Aus dem Bebauungsplan ergibt sich für die Liegenschaft an der Bellevuestraße:

Wohngebiet, Bauklasse I (eins) und die offene Bauweise.

Es bestehen folgende Bebauungsbeschränkungen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 134a Abs. 1 Bauordnung für Wien (BO) werden subjektivöffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

  1. b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
  2. c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

    d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

    e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

    f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

    Somit werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3 BO) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, durch taxativ aufgezählte Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet. Dies bedeutet, dass trotz eines (allfälligen) Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift auf die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht zu erkennen ist, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2005, Zl. 2003/05/0063, mwN).

    Die Beschwerdeführerin macht mit ihrem Beschwerdevorbringen Verletzungen der Bestimmungen über die Gebäudehöhe im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. b BO geltend. Auch bezüglich dieses geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn kommt es nach dem Vorhergesagten darauf an, ob die Einhaltung dieser Bestimmung seinem Schutze dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2002/05/1507). In ständiger Rechtsprechung hat daher der Verwaltungsgerichtshof hiezu ausgeführt, dass der Nachbar auf die Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe nur in Bezug auf die ihm zugewandten Seiten der Außenflächen des Gebäudes einen Rechtsanspruch hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2004, Zl. 2003/05/0143, mwN); die Beschwerdeführerin kann daher Einwendungen zu den anderen Gebäudefronten nicht zielführend vorbringen. Der Umstand, dass die "Fassadenabwicklung" eine rechnerische Einheit darstellt, ändert daran nichts, weil jeder Nachbar nur eine Verletzung der ihm zukommenden subjektivöffentlichen Rechte geltend machen kann, wovon bei einer von seinem Grundstück abgekehrten Front nicht die Rede sein kann. Sind an der der Liegenschaft des Nachbarn zugewandten Front die gesetzlichen und die sich aus dem Bebauungsplan ergebenden Anordnungen über die Gebäudehöhe eingehalten, kann er daher in dem in § 134a Abs. 1 lit. b BauO für Wien genannten Recht nicht verletzt sein.

    Die Baubehörden gingen zutreffend davon aus, dass im Beschwerdefall bei Berechnung der Gebäudehöhe § 81 Abs. 2 BO zur Anwendung kommt, weil das eingereichte Bauvorhaben nicht an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie errichtet werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2000, Zl. 96/05/0121). Diese Bestimmung lautet:

"(2) Bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden darf die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein; hiebei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von 3 m von derselben überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden. Bei dieser Ermittlung sind die Feuermauern ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben jedoch bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht und der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt."

Bei der Berechnung der Gebäudehöhe nach § 81 Abs. 2 BO ist von einer Höhe des anschließenden Geländes auszugehen wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2004, Zl. 2003/05/0143). Die Baubehörden, die ausgehend von dieser Rechtsansicht die Gebäudehöhe berechnet und nachvollziehbar begründet dem Gesetz entsprechend beurteilt haben, waren daher nicht verpflichtet, Feststellungen betreffend die Gebäudehöhe ausgehend vom gewachsenen ("natürlichen") Gelände zu treffen. Die Baubehörden haben aber zutreffend geprüft, ob die mit der Errichtung des beschwerdegegenständlichen Bauvorhabens verbundene Geländeveränderung in Bezug auf die Gebäudehöhe von Einfluss auf die benachbarte Grundfläche der Beschwerdeführerin oder deren widmungsgemäße Verwendung ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2005, Zl. 2003/05/0192), und kamen in nachvollziehbarer Weise zum Ergebnis, dass durch die geplanten Geländeveränderungen keine Erhöhung der Baulichkeit derart eintreten würde, dass die bisher mögliche Bebau- und Ausnützbarkeit der Liegenschaft der Beschwerdeführerin dadurch maßgeblich vermindert und eingeschränkt würde. Durch die vorgesehene Anpassung der Höhenlage des Geländes werden weder bestehende bauliche Anlagen auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin noch die widmungsgemäße Verwendung der Liegenschaft der Beschwerdeführerin beeinträchtigt. Außerdem bewegen sich die Geländeveränderungen angesichts der Neigung der Liegenschaft in einem Ausmaß, das den hier maßgebenden Bebauungsbestimmungen nicht widerspricht (vgl. hingegen das hg. Erkenntnis vom 20. September 2005, Zl. 2003/05/0192). Die Änderung der Höhenlage ist daher zulässig (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1067, und vom 16. Dezember 2003, Zl. 2002/05/1466). Fragen des Stadt- und Landschaftsbildes betreffen ebenso keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführerin im Sinne des § 134a BO wie solche der Bauphysik.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides in rechtlich unbedenklicher Weise nachgewiesen, dass die in den Bebauungsbestimmungen festgelegte maximale Firsthöhe durch das bewilligte Bauvorhaben nicht überschritten wird.

Warum bei der Fassadenlängenermittlung an der Süd- und Nordfassade des Bauvorhabens der mitbeteiligten Partei eine Länge von jeweils 1,5 m hinzuzurechnen sein soll und bei der Firsthöhe der Terrassenaufbau mit zu berücksichtigen sei, ist mangels näherer Ausführung in den Beschwerdegründen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.

Die Erker und Terrassen bzw. Balkone sind - entgegen dem Beschwerdevorbringen - in den Bauplänen sehr wohl ausreichend dargestellt. Insoweit diese Gebäudeteile über die Baufluchtlinien ragen, wurden sie von der belangten Behörde infolge ihrer Ausgestaltung zutreffend auf Grund des § 80 Abs. 2 BO für zulässig beurteilt. Nach dieser Gesetzesstelle bleiben nämlich vor die Gebäudefront ragende Gebäudeteile der in § 84 Abs. 1 und 2 genannten Art (hiezu zählen Erker und Balkone, sofern die Ausladung höchstens 1,50 m beträgt und sie von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m einhalten) und in dem dort bezeichneten Ausmaß bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht, sofern eine freie Durchgangshöhe von mindestens 2,10 m gewährleistet ist. Die Erfüllung dieser gesetzlichen Voraussetzungen wird von der Beschwerdeführerin auch nicht angezweifelt.

Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Dezember 2005

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