Normen
MRK Art6;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;
StVO 1960 §5a Abs4;
MRK Art6;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;
StVO 1960 §5a Abs4;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird, soweit sie die Übertretung der StVO betrifft (Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses vom 27. November 2008), als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 305,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie die Übertretung nach dem FSG betrifft (Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses vom 27. November 2008), abgelehnt.
Ein Aufwandersatz findet insoweit nicht statt.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erachtet, er habe am 9. Oktober 2008 um 21.35 Uhr im Gemeindegebiet K. die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl er das Fahrzeug gelenkt habe und vermutet habe werden können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Spruchpunkt 1.) und er habe als Lenker des Kraftfahrzeuges den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein auf der Fahrt nicht mitgeführt (Spruchpunkt 2.). Zu 1. habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.162,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt wurde; zu 2. habe er § 14 Abs. 1 Z 1 FSG übertreten, wofür eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 30,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde.
In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder, insbesondere den Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers sowie des von ihm vorgelegten fachmedizinisch psychiatrischen Befundes vom 23. Juli 2009, weiter die Angaben des Beschwerdeführers und jene der im Verwaltungsverfahren vernommenen Zeugen. Als erwiesen nahm die belangte Behörde entscheidend an, dass der Beschwerdeführer am angeführten Tag ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe und es zu einem Verkehrsunfall gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe auf die Aufforderung zur Vornahme der Alkomatmessung orientierte und klare Antworten gegeben. Zur seiner Tätigkeit vor dem Verkehrsunfall habe er angegeben, dienstlich in Suchtgiftangelegenheiten unterwegs gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer (ein Polizeibeamter) habe gewusst, wo er am Vortag in W sein Fahrzeug abgestellt habe, er habe seine Adresse gewusst und habe im Zuge der Verbringung mit dem Dienstkraftfahrzeug der Exekutive zum F-Bahnhof kein auffälliges Verhalten an den Tag gelegt. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er könne sich an den Unfallhergang nicht erinnern und die allfällige Verweigerung der Untersuchung der Atemluft sei auf den unfallkausalen Schock zurückzuführen, sei der amtsärztlichen Stellungnahme zufolge aus medizinischer Sicht nicht nachvollziehbar. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Befund vom 23. Juli 2009 zeige keinerlei Hinweise auf eine medizinische Unmöglichkeit zur Vornahme der Alkomatmessung im Zeitpunkt der Amtshandlung, sondern verweise lediglich zusammenfassend darauf, dass es als Folge des posttraumatischen hypnoiden Ausnahmezustandes mit wesentlicher Einschränkung der Dispositionsfähigkeit zur Verweigerung des Alkotests gekommen sei. Hinweise auf eine Gehirnerschütterung oder auf eine schwere Kopfverletzung hätten gefehlt. Aus der amtsärztlichen Stellungnahme ergebe sich, dass die im Zusammenhang mit dem Unfall stehende seelische Erschütterung (sogenannter Unfallschock) das Verhalten des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verweigerung nicht erkläre. Da keinerlei Verletzungsfolgen aus dem Unfall festzustellen gewesen seien, die eine Beeinträchtigung der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Beschwerdeführers nur ansatzweise hätten erkennen lassen, sei die Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens nicht erforderlich gewesen.
In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde zu I. von der Verwirklichung einer Verweigerung gemäß § 5 Abs. 2 StVO aus; zu 2. habe er § 14 Abs. 1 Z 1 FSG übertreten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu I.: Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde läuft darauf hinaus, er sei im Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemluftalkoholuntersuchung nicht dispositionsfähig gewesen. In diesem Zusammenhang behauptet er das Vorliegen eines Unfallschocks und einer damit verbundenen schweren Einschränkung seiner kognitiven Fähigkeiten.
Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben (Z 1), oder bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen (Z 2). Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
War eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich, sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen (§ 5 Abs. 5 Z 2 StVO).
Demnach müssen die Organe der Straßenaufsicht bei Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Automat aus medizinischen Gründen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der Vorrausetzungen nach § 5 Abs. 5 Z 2 StVO zu prüfen, bejahendenfalls von der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft Abstand nehmen und den Aufgeforderten zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder zu einem bei der Bundespolizeidirektion tätigen Arzt zu bringen. Wird auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung aus medizinischen Gründen nicht hingewiesen, muss der behauptete Zustand für Dritte sofort klar erkennbar sein (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 2010, Zl. 2010/02/0084, mwN). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass es auf Grund eines als erwiesen angenommenen situationsbezogenen Verhaltens eines Probanden (im Zusammenhang mit der Verweigerung der Atemluftprobe auf Alkoholgehalt) entbehrlich ist, ein ärztliches Sachverständigengutachten über dessen Zurechnungsfähigkeit einzuholen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Juni 2006, Zl. 2005/02/0245, mwN).
Nach den Feststellungen und den unwidersprochen gebliebenen Angaben der vernommenen Polizeibeamten hat der Beschwerdeführer auf die Aufforderung zur Vornahme der Alkomatmessung gesagt "Nein, sicher nicht", hat über Befragen den Führerschein nicht vorweisen können, hat auf die Frage nach dem Verbleib seiner Dienstwaffe sowie auf die Frage nach seiner Tätigkeit vor dem Verkehrsunfall geantwortet; Fragen nach Medikamenteneinnahme oder Erkrankungen hat der Beschwerdeführer verneint. Zudem hat es für die Polizeibeamten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Schockzustandes gegeben.
In Anwendung der dargestellten Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt erübrigt es sich auf die weiteren mit der nachträglich behaupteten Unmöglichkeit der Ablegung eines Alkomattests vorgebrachten Verfahrensrügen näher einzugehen, zumal der Beschwerdeführer den in schlüssiger Beweiswürdigung getroffenen, entscheidungswesentlichen Feststellungen der belangten Behörde, wonach er sich situationsbezogen verhalten hat, nichts entgegen gestellt hat.
Die Beschwerde erweist sich damit zu I. als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, da der Anforderung des Art. 6 EMRK durch die Durchführung einer öffentlichen-mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan wurde.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
zu II.:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Es wurde keine EUR 750,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Gemäß § 58 Abs. 1 VwGG hat - da nach §§ 47 - 56 leg. cit. für den Fall der Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde gemäß § 33a leg. cit. nicht anderes bestimmt ist - jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen. Ein Kostenzuspruch findet daher - ungeachtet des entsprechenden Antrages der belangten Behörde - nicht statt.
Wien, am 26. November 2010
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