VwGH 2010/02/0084

VwGH2010/02/008425.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der ES in S, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Vogelweiderstraße 55, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 3. November 2009, Zl. UVS-3/18724/8-2009, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

EMRK Art6;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §39 Abs2 Z6;
EMRK Art6;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. November 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 13. Februar 2009 um 01.55 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug in S. gelenkt und sich "bei der anschließenden Beanstandung" um 02.21 Uhr auf der Polizeiinspektion G. in S. geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der öffentlichen Aufsicht untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Sie habe eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 2 letzter Satz iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen) verhängt.

In der Begründung des nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, dass dem vorliegenden Verfahren nach insoweit unstrittiger und allseits übereinstimmender Aussagen ein Sachverhalt zugrunde liege, bei dem die Beschwerdeführerin im Zuge der Alkomattestdurchführung insgesamt fünf Testversuche in Form der Beatmung des Alkomatgerätes unternommen und dabei kein verwertbares Ergebnis zustande gebracht habe. In diesem Zusammenhang habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sie bereits im Rahmen der Amtshandlung "auf ein diesbezügliches Unvermögen aus gesundheitlichen Gründen" hingewiesen habe. Dem stünden die eindeutigen und widerspruchsfreien Aussagen der amtshandelnden Polizeiorgane entgegen. Konkret sei vom Meldungsleger eine derartige Äußerung der Beschwerdeführerin im Rahmen der Testdurchführung dezidiert in Abrede gestellt worden. Auch habe sich das weitere bei der Amtshandlung anwesende Polizeiorgan an keine derartige Angabe der Beschwerdeführerin erinnern können. Dieses habe vielmehr lediglich die allgemeine Beteuerung der Beschwerdeführerin im Rahmen der damaligen Amtshandlung wiedergegeben, wonach sich diese in einer schwierigen privaten Situation infolge eines Scheidungsverfahrens befunden hätte. Auch sei den Polizeiorganen aus dem übrigen Verhalten der Beschwerdeführerin keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigung im Zusammenhang mit einer damit verbundenen "Verunmöglichung der Testablegung" - abgesehen von der in einer derartigen Situation üblichen und insoweit auch verständlichen "Aufregung" - aufgefallen.

Nach Angaben des Meldungslegers - so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus - habe die Beschwerdeführerin damals die Alkomatbeatmung so vorgenommen, dass "sie tief Luft geholt habe, die sie dann angehalten und eben nichts (oder zumindest zu wenig) in den Alkomat geblasen habe". Hinsichtlich krankheitsbedingter Ursachen habe die Beschwerdeführerin nach den Zeugenaussagen keinerlei Angaben gemacht. Auch seien solche Ursachen für die Polizeiorgane nicht zu erkennen gewesen. In diesem Zusammenhang sei auch festzuhalten, dass die Alkomattestablegung in Form der notwendigen Beatmung dieses Gerätes keiner besonderen Leistung in Bezug auf Lungenvolumen und Beatmungsstärke bedürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt unter Verweis auf ein psychiatrisches Attest vom 5. Oktober 2009 vor, dass sie an Angstzuständen mit Panikattacken leide, die mit einer vegetativen Begleitsymptomatik wie Herzrasen und Atemnot verbunden seien. Auch sei bei ihr gemäß einem ärztlichen Attest vom 17. Februar 2009 eine Sinustachykardie verbunden mit einer signifikanten Neigung zu Panikattacken diagnostiziert worden, die typischerweise mit Herzrasen, Beklemmungszuständen und Atemnot bis hin zu Erstickungsängsten verbunden seien. Nach Ansicht der belangten Behörde wäre eine Unmöglichkeit der Alkomattestdurchführung aus gesundheitlichen Gründen bereits anlässlich der Amtshandlung darzutun gewesen. Damit würde aber der Beschwerdeführerin "eine Sachkenntnis und Fachkunde im Bereich der Psychiatrie" aufgebürdet, gleichsam als "Sachverständiger" schlüssig und begründet die beschriebenen Symptome anlässlich der Amtshandlung darzutun. Es sei wohl kaum nachvollziehbar eine derartig hohe fachliche Qualität psychologischer und medizinischer Ausführungen von einem "einfachen Fahrzeuglenker anlässlich einer polizeilichen Kontrolle" zu fordern.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat derjenige, der gemäß § 5 Abs. 2 StVO zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, umgehend (d.h. bei diesem Anlass) auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat aus medizinischen Gründen hinzuweisen, sodass die Organe der Straßenaufsicht in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO zu prüfen, bejahendenfalls von der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft Abstand zu nehmen und den Aufgeforderten zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder zu einem bei der Bundespolizeidirektion tätigen Arzt zu bringen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 2008, Zl. 2007/02/0240, mwN).

In der Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin nicht vor, dass sie umgehend anlässlich der Aufforderung zur Untersuchung ihrer Atemluft auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung aus medizinischen Gründen hingewiesen hätte. Auch wird in der Beschwerde nicht dargetan, dass der von der Beschwerdeführerin behauptete Zustand für Dritte sofort klar erkennbar gewesen wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2009, Zl. 2008/02/0084, mwN).

Damit werden die in schlüssiger Beweiswürdigung getroffenen, entscheidungswesentlichen Feststellungen der belangten Behörde nicht bekämpft. Im Zusammenhang mit dem erforderlichen Hinweis auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat bedarf es auch - entgegen den Beschwerdeausführungen - keiner psychologischen und medizinischen Ausführungen von hoher fachlicher Qualität. Es erübrigt sich daher auf die weiteren im Zusammenhang mit der nachträglich - unter Vorlage eines psychiatrischen und ärztlichen Attestes über die Symptome der Beschwerdeführerin - behaupteten Unmöglichkeit der Ablegung eines Alkomattests vorgebrachten Verfahrensrügen näher einzugehen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da der Anforderung des Art. 6 EMRK durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. Juni 2010

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