VwGH 2008/21/0608

VwGH2008/21/060827.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Ardaggerstraße 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16. September 2008, Zl. St 120/08, betreffend Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §25 Abs1;
NAG 2005 §42 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §25 Abs1;
NAG 2005 §42 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem am 12. Mai 2004 rechtmäßig eingereisten Beschwerdeführer, einem pakistanischen Staatsangehörigen, wurde in der Folge - noch unter dem Regime des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - eine bis 22. März 2007 befristete Niederlassungsbewilligung "Privat - quotenpflichtig" erteilt. Über rechtzeitigen Antrag erhielt der Beschwerdeführer sodann eine "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" gemäß § 42 Abs. 1 des (am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen) Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) mit einer Befristung bis 22. März 2008. Mit Eingabe vom 20. März 2008 stellte er einen Verlängerungsantrag.

Mit Schreiben vom 8. April 2008 teilte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Beschwerdeführer mit, dass im Hinblick auf den (trotz entsprechender Verbesserungsaufträge) nicht erbrachten Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel beabsichtigt sei, den Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung "zurückzuweisen" und den Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet auszuweisen.

In der mit dem Beschwerdeführer am 16. April 2008 aufgenommenen Niederschrift gab er an, nicht beschäftigt zu sein und kein Einkommen zu haben. Er wohne bei seinen Eltern, die für ihn den Unterhalt leisteten. Nunmehr seien sowohl sein Vater als auch seine Mutter beschäftigt. Dem Auftrag zur Vorlage diesbezüglicher Lohnzettel kam der Beschwerdeführer in der Folge nach.

Mit dem von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Fremdenpolizeibehörde erster Instanz erlassenen Bescheid vom 15. Mai 2008 wurde der Beschwerdeführer sodann gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes - FPG in Verbindung mit § 11 Abs. 5 und § 42 Abs. 1 NAG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass das Verfahren über den Verlängerungsantrag betreffend die "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" bis zur rechtskräftigen "Finalisierung" des gegenständlichen Ausweisungsverfahrens ausgesetzt werde.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. September 2008 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Ausweisung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde erkennbar auf die Z 2 des § 54 Abs. 1 FPG gestützt, wonach (u.a.) Fremde, die sich während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht. Das Vorliegen eines Versagungsgrundes für die Verlängerung des dem Beschwerdeführer zuletzt erteilten Aufenthaltstitels begründete die belangte Behörde - wie auch schon die Erstbehörde - im Wesentlichen damit, dass die noch für die minderjährigen Brüder des Beschwerdeführers sorgepflichtigen Eltern nach Abzug der monatlichen Mietbelastung über ein gesamtes Familieneinkommen im Monatsdurchschnitt von nur EUR 1.234,53 verfügten. "Nach § 293 ASVG" benötige der Beschwerdeführer aber für sich selbst ein "regelmäßiges Einkommen bzw. Vermögen" in der Höhe von mindestens EUR 1.494,--. Aus diesem Grund erfüllten "weder der Beschwerdeführer noch seine Eltern" die Voraussetzungen nach § 42 Abs. 1 NAG.

Die genannte Bestimmung des NAG lautet samt Überschrift:

"Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit

§ 42. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine 'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit' erteilt werden, wenn

  1. 1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;
  2. 2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
  3. 3. deren feste und regelmäßige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprechen."

    Mit den wiedergegebenen Ausführungen im bekämpften Bescheid bezieht sich die belangte Behörde offensichtlich auf die zitierte besondere Erteilungsvoraussetzung nach der Z 3 des § 42 Abs. 1 NAG, zumal der einfache Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG (in der damals geltenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2007) EUR 747,-- betragen hat. Gründet sich aber die Versagung der Verlängerung eines Aufenthaltstitels auf das Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung, so ist der Verlängerungsantrag von der Niederlassungsbehörde abzuweisen und nicht die Vorgangsweise nach § 25 Abs. 1 NAG (Verständigung der Fremdenpolizeibehörde zur allfälligen Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) einzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. August 2009, Zlen. 2009/22/0119, 0120, mit dem Hinweis auf die Erkenntnisse vom 27. Jänner 2009, Zl. 2008/22/0926, und vom 13. November 2007, Zl. 2006/18/0301; siehe auch das Erkenntnis vom 10. November 2009, Zl. 2008/22/0784, das sich auch auf das Erkenntnis vom 31. März 2008, Zlen. 2006/21/00308, 0309, bezieht).

    Demzufolge hätten die Niederlassungsbehörden im vorliegenden Fall über den Verlängerungsantrag absprechen müssen; davor hätte die Fremdenpolizeibehörde keine Ausweisung erlassen dürfen. Das wird auch in der Beschwerde im Ergebnis zu Recht geltend gemacht.

    Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

    Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

    Wien, am 27. Mai 2010

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