Normen
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art10;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art11;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art12;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art38 Abs1;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art12 Abs3;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art12;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art13;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art16;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art17;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art23;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art7;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art8;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
61983CJ0267 Aissatou Diatta VORAB;
61999CJ0413 Baumbast VORAB;
62008CJ0310 Ibrahim VORAB;
62008CJ0480 Teixeira VORAB;
AuslBG §3 Abs8 idF 2005/I/101;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
EURallg;
EMRK Art8;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art10;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art11;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art12;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art38 Abs1;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art12 Abs3;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art12;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art13;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art16;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art17;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art23;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art7;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art8;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
61983CJ0267 Aissatou Diatta VORAB;
61999CJ0413 Baumbast VORAB;
62008CJ0310 Ibrahim VORAB;
62008CJ0480 Teixeira VORAB;
AuslBG §3 Abs8 idF 2005/I/101;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
EURallg;
EMRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 22. August 2006 (bei der Behörde eingelangt am 25. August 2006) den Antrag, ihm eine Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG auszustellen. Im Anhang legte er die Kopie einer Heiratsurkunde bei, wonach er am 8. September 2005 die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen eingegangen ist. Diese Ehe war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zwar noch aufrecht, die eheliche Gemeinschaft wurde durch Rückkehr der Ehegattin nach Deutschland am 21. Januar 2006 allerdings aufgelöst. Eine Daueraufenthaltskarte nach § 54 NAG oder ein anderer Aufenthaltstitel wurden dem Beschwerdeführer nicht ausgestellt.
Mit dem Antrag wurde auch der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) vom 2. August 2006 vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass der vom Beschwerdeführer am 27. Mai 2005 gestellte Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. Februar 2006 - unbekämpft - abgewiesen worden war (Gegenstand der Berufungsentscheidung des UBAS war lediglich die Refoulement- und Ausweisungsentscheidung).
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 30. August 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 22. August 2006 auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG mit der Begründung abgewiesen, der Beschwerdeführer verfüge als Asylwerber lediglich über ein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz, jedoch über keinen aufrechten Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), welcher Voraussetzung für die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung unter Verweis auf sein direkt aus Gemeinschaftsrecht erfließendes Aufenthaltsrecht (§ 54 NAG), welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. November 2006 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 lit. m und § 3 Abs. 8 AuslBG keine Folge gegeben wurde.
Begründend führte die belangte Behörde sachverhaltsbezogen aus, der Beschwerdeführer sei seit dem 8. September 2005 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, diese sei aber am 21. Januar 2006 nach Deutschland zurückgekehrt. Für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei ihr um eine freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürgerin handle, sei nämlich nicht die EWR-Bürgerschaft allein von Bedeutung, sondern die tatsächliche Inanspruchnahme und die Ausübung der Prinzipien der Freizügigkeit. Ein EWR-Bürger nehme sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch, wenn er nicht beabsichtige, sich in Österreich niederzulassen. Demnach erfülle der Ehegatte eines EWR-Bürgers, der sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehme, nicht die Voraussetzungen für ein von der Bezugsperson abgeleitetes Niederlassungsrecht nach dem NAG mangels Niederlassung der Bezugsperson. Im Übrigen verwies die belangte Behörde unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0070, auf die grundsätzlich konstitutive Wirkung von Aufenthaltstiteln.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 6. September 2007, B 6/07-9, abgetretene und für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2005, ist Familienangehörigen gemäß § 1 Abs. 2 lit. l und m auf deren Antrag von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Bestätigung auszustellen, dass sie vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind.
Gemäß § 1 Abs. 2 AuslBG in der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 157/2005 sind die Bestimmungen des AuslBG nicht anzuwenden auf
l) freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder), die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sowie drittstaatsangehörige Eltern des EWR-Bürgers und seines Ehegatten, denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sofern sie zur Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, berechtigt sind.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, gilt dieses Bundesgesetz nicht für Fremde, die nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, und nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt.
Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Angehörige von freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51), die nicht EWR-Bürger sind und die die in § 52 Z. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, zur Niederlassung berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Daueraufenthaltskarte für die Dauer von zehn Jahren auszustellen. Dieser Antrag ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten ab ihrer Niederlassung zu stellen.
In der Beschwerde wird (u.a.) geltend gemacht, die belangte Behörde habe zu Unrecht unbeachtet gelassen, dass die im Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Februar 2006 angeordnete Ausweisung des Beschwerdeführers mit Bescheid des UBAS vom 2. August 2006 mit der Begründung aufgehoben worden sei, ihm komme als Ehegatte einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin bereits auf Grund der Art. 18 und 43 EG in Verbindung mit § 54 NAG ein unmittelbares Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu. Diese Entscheidung sei auch für die mit Angelegenheiten des AuslBG befassten Behörden bindend. Die auszustellende Daueraufenthaltskarte habe lediglich deklaratorischen Charakter. Die Rechte als Ehegatte einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin gingen nicht dadurch verloren, dass diese wieder in ihren Herkunftsstaat zurückgewandert sei. Die begehrte Bestätigung sei grundsätzlich allen (aufgezählten) Familienangehörigen auszustellen, es komme allein auf die Angehörigeneigenschaft an.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
1. Da sich bereits aus den dem Antrag vom 22. August 2006 beigelegten Urkunden ergibt, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Antragstellung kein "Asylwerber" mehr war, ist - insoweit auch unstrittig - davon auszugehen, dass ihm in diesem Zeitpunkt kein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mehr zukam.
2. Zur behaupteten Bindungswirkung der Refoulement-Entscheidung des UBAS vom 2. August 2006 ist auszuführen, dass gemäß § 38 AVG eine Behörde berechtigt ist, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zu Grunde zu legen. In Ausübung dieser Befugnis hat der UBAS die (Vor-)Frage des aufenthaltsrechtlichen Status des Beschwerdeführers im Zeitpunkt ihrer Entscheidung (und dem damaligen Wissensstand dieser Behörde) selbst gelöst. Daher findet sich der in der Beschwerde angezogene Verweis auf ein unmittelbar aus Gemeinschaftsrecht (Art. 18 und 48 EG) erfließendes Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers als Ehegatte einer EWR-Bürgerin (im Sinne des § 54 NAG) lediglich in der Begründung der die Aufhebung betreffenden Teile des Bescheides des UBAS vom 2. August 2006 gemäß § 8 Abs. 1 und 2 AsylG, nicht jedoch in dessen Spruch. Eine Vorfragenbeurteilung ist aber der Rechtskraft nicht fähig; sie steht vielmehr der instanzenmäßigen Austragung der Hauptfrage nicht im Weg und entfaltet - abgesehen von der Bindung der Unterinstanz an die die Aufhebung tragenden Teile der Begründung - keine Bindungswirkung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, 2005, 2. Teilband, Rz 34 zu § 38, und die dort referierte hg. Rechtsprechung). Die im Übrigen in diesem Zusammenhang gerügte "Aktenwidrigkeit" liegt nicht vor, weil eine solche nur dann anzunehmen ist, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde, nicht aber, wenn Feststellungen getroffen werden, die auf Grund der Beweiswürdigung oder einer anders lautenden rechtlichen Beurteilung - wie hier - mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/09/0129, u.a.).
3. Der Beschwerdeführer stützt seine Argumentation aber schwerpunktmäßig darauf, sein einmal erlangter Status als Ehegatte einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin gehe auch durch Beendigung des Freizügigkeitssachverhaltes infolge Rückkehr der "Ankerperson" in deren Herkunftsstaat nicht verloren, es komme ausschließlich auf den familienrechtlichen Status, nicht auf die faktische gemeinsame Lebensführung an.
Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen der bis zum 30. August 2006 umzusetzenden Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Unionsbürger-Richtlinie), lauten:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
...
2. 'Familienangehöriger'
- a) den Ehegatten;
- b) ...
...
Artikel 3
Berechtigte
(1) Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.
...
Artikel 7
Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er
a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder
b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder
c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und
- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder
d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.
(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.
...
Artikel 12
Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechtes der Familienangehörigen bei Tod oder Wegzug des Unionsbürgers
(1) ...
(2) ...
(3) Der Wegzug des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder sein Tod führt weder für seine Kinder noch für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, bis zum Abschluss der Ausbildung zum Verlust des Aufenthaltsrechtes, wenn sich die Kinder im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten und in einer Bildungseinrichtung zu Ausbildungszwecken eingeschrieben sind.
...
Artikel 14
Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts
(1) ...
(2) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach den Artikeln 7, 12 und 13 zu, solange sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen.
In bestimmten Fällen, in denen begründete Zweifel bestehen, ob der Unionsbürger oder seine Familienangehörigen die Voraussetzungen der Artikel 7, 12 und 13 erfüllen, können die Mitgliedstaaten prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Prüfung wird nicht systematisch durchgeführt.
...
Artikel 16
Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen
(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.
(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.
...
Artikel 23
Verbundene Rechte
Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat genießen, sind ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit berechtigt, dort eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger aufzunehmen."
Vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG in der vom EuGH in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2008 in der Rechtssache C-551/07 (Sahin) im Anschluss an sein Urteil vom 25. Juli 2008, C-127/08 (Metock), vertretenen Rechtsansicht, der zufolge (u.a.) diese Bestimmung so auszulegen ist, dass sie auch die Familienangehörigen (eines Unionsbürgers) erfassen, die unabhängig von diesem in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben, wobei es keine Rolle spielt, dass sich der Familienangehörige zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Eigenschaft oder der Begründung des Familienlebens nach den asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats vorläufig in diesem Staat aufhält, kam dem Beschwerdeführer als Ehegatten einer deutschen Staatsangehörigen, die (infolge ihres Wohnsitzes im Bundesgebiet) von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG bis zum Rückzug seiner Ehegattin in ihren Herkunftsstaat und Auflösung der ehelichen Gemeinschaft jedenfalls zu (vgl. schon die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2009, Zl. 2007/09/0121, und vom 25. Februar 2010, Zl. 2007/09/0311, jeweils mwN). Auf die Ausstellung einer Aufenthaltskarte kam es nicht an (vgl. zur bloß deklarativen Wirkung der Daueraufenthaltskarte schon das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0070).
Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt aber darin, dass die deutsche Ehegattin des Beschwerdeführers unter Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des rechtlichen Ehebandes, das unbestritten ist, in ihren Herkunftsstaat zurückgezogen ist, womit sich die Frage erhebt, ob das von ihr als "Ankerperson" abgeleitete unmittelbar aus Gemeinschaftsrecht erfließende Aufenthaltsrecht ihres drittstaatsangehörigen Ehegatten weiterhin aufrecht bestehen bleibt.
Der Beschwerdeführer kann jedoch aus den gemeinschaftsrechtlichen (nunmehr unionsrechtlichen) Vorschriften, insbesondere aus der ins Treffen geführten Richtlinie 2004/38/EG , ein Recht zur Niederlassung nicht ableiten: Diese Richtlinie unterscheidet zwischen einem Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten (Kapitel III; Art 7 ff) und einem Recht auf Daueraufenthalt (Kapitel IV; Art 16 ff), und zwar sowohl für die Unionsbürger wie auch für ihre drittstaatszugehörigen Familienangehörigen. Nach Art 7 hat jeder Unionsbürger (und seine Familienangehörigen) unter den darin näher umschriebenen Voraussetzungen das Recht auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat für die Dauer von über drei Monaten. Ein Recht auf Daueraufenthalt kommt dem Unionsbürger oder seinen Familienangehörigen nach Art. 16 ff hingegen erst - von einzelnen Ausnahmen abgesehen - nach einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren zu.
Dass der Beschwerdeführer sich rechtmäßig fünf Jahre in Österreich aufgehalten hat oder dass eine der Ausnahmebestimmungen der folgenden Artikel vorläge, hat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht vorgebracht und ist auch dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Für ihn gelten daher die Vorschriften des Kapitels III dieser Richtlinie.
Diese vermitteln aber kein vom Fortbestand des Angehörigkeitsverhältnisses und vom Aufenthalt des Unionsbürgers unabhängiges Aufenthaltsrecht: Vielmehr regeln die Art. 12 und 13, unter welchen Voraussetzungen ein Familienangehöriger nach Wegfall des Angehörigkeitsverhältnisses oder des Aufenthalts des Unionsbürgers weiterhin ein Aufenthaltsrecht hat. In dem bereits oben wiedergegebenen Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG wird lediglich eine Bleibe-Regelung für jenen drittstaatsangehörigen Ehegatten des wegziehenden Unionsbürgers getroffen, der die elterliche Obsorge über die im Aufnahmestaat verbleibenden, in Ausbildung befindlichen gemeinsamen Kinder tatsächlich wahrnimmt. Ein darüber hinausgehendes Recht auf Aufenthalt des drittstaatsangehörigen Ehegatten nach Wegzug des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat ist in der Unionsbürger-Richtlinie nicht vorgesehen.
Auch der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft kann kein weiterreichendes Aufenthaltsrecht der drittstaatszugehörigen Familienangehörigen eines Wanderarbeitnehmers entnommen werden: Die Art 10 und 11 dieser Verordnung wurden durch Art. 38 Abs. 1 der Unionsbürger-Richtlinie mit Wirkung vom 30. April 2006 aufgehoben und standen daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr in Geltung. Art. 12 dieser Verordnung räumte den Kindern eines Wanderarbeitnehmers das Recht auf Ausbildung im Aufenthaltsstaat des Wanderarbeitnehmers ein. Der EuGH hat dazu wiederholt judiziert, dass dieses Aufenthaltsrecht auch dann andauert, wenn der Wanderarbeitnehmer den Beschäftigungsstaat wieder verlässt (oder die Voraussetzungen für ein selbständiges Aufenthaltsrecht nicht mehr aufweist). Ferner hat der EuGH judiziert, dass im Hinblick auf die Effektivität dieses Rechtes auf Ausbildung und das Grundrecht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK im Falle des Wegzuges des Unionsbürgers (bzw. seines Verlustes eines selbständigen Aufenthaltsrechtes) jener Elternteil, der das in Ausbildung befindliche Kind betreut, ebenfalls ein in diesem Fall vom Aufenthaltsrecht des betreuten Kindes abhängiges Aufenthaltsrecht aufweist (vgl. insbesondere die Urteile des EuGH vom 17. September 2002, Rs C-413/99 , Baumbast, Slg I 2002-7091; vom 23. Februar 2010, Rs C-310/08 , Ibrahim, und vom 23. Februar 2010, Rs C-480/08 , Teixeira).
Dass der Beschwerdeführer des vorliegenden Falles aber die Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG bzw. der dargestellten Rechtsprechung des EuGH zu Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 erfülle, wurde von ihm in keinem Verfahrensstadium behauptet und lässt sich auch den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht nach anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gehabt haben könnte.
Soweit sich der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof auf das Urteil des EuGH vom 13. Februar 1985 in der Rechtssache 267/83 (Diatta), Slg. 1985, S. 00567, bezieht, ist ihm zu entgegnen, dass der aufrechte Bestand eines Ehebandes im vorliegenden Fall nicht in Zweifel gezogen wurde. Im Übrigen bezieht sich dieses Urteil auf einen Aufenthalt des Familienangehörigen im selben Aufnahmestaat wie die Bezugsperson (vgl. Rz. 21ff).
Dem Beschwerdeführer kam daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach den genannten gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften infolge des Wegzugs seiner Ehegattin kein gemeinschaftsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht (mehr) zu. Daher kann er sich auch nicht auf das aus Art. 23 der Unionsbürger-Richtlinie erfließende, an das Aufenthaltsrecht anknüpfende Recht auf Beschäftigung berufen.
Dass dem Beschwerdeführer auf Grund des NAG ein über die dargestellten gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften hinausgehendes sonstiges Aufenthaltsrecht zuerkannt worden wäre, wurde von ihm nicht vorgebracht und ist aus dem Verwaltungsakt auch nicht ersichtlich.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Insoweit der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof die Erlassung eines Versäumungsurteiles im Hinblick auf das Nichterscheinen eines Vertreters der belangten Behörde beantragte, ist er darauf zu verweisen, dass die Erlassung eines Versäumungsurteiles in den vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Verfahrensbestimmungen nicht vorgesehen ist. Mit der Abweisung der Beschwerde ist das Begehren des Beschwerdeführers zur Gänze erledigt.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Wien, am 2. Juli 2010
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)