VwGH 2009/21/0046

VwGH2009/21/004629.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant,in Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Dezember 2008, Zl. Senat-FR-07-3049, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AVG §38;
AVG §66 Abs4;
AVG §67b;
AVG §8;
FrPolG 2005 §1 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs7;
FrPolG 2005 §76;
FrPolG 2005 §82;
FrPolG 2005 §83 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
FrPolG 2005 §83;
FrPolG 2005 §9 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AVG §38;
AVG §66 Abs4;
AVG §67b;
AVG §8;
FrPolG 2005 §1 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs7;
FrPolG 2005 §76;
FrPolG 2005 §82;
FrPolG 2005 §83 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
FrPolG 2005 §83;
FrPolG 2005 §9 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, hatte am 30. Juli 2007 nach seiner Einreise einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gestellt, der mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. November 2007 wegen Unzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen wurde; unter einem wurde der Beschwerdeführer nach Bulgarien ausgewiesen.

Der in Graz wohnhafte Beschwerdeführer wurde nach einer Verkehrskontrolle in Schwechat am 2. Dezember 2007 um 18.45 Uhr gemäß § 39 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG festgenommen, weil dem Asylwerberinformationssystem (AIS) zu entnehmen war, dass das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz rechtskräftig beendet sei und gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung bestehe, was auch vom Journaldienstbeamten des Bundesasylamtes (EASt Ost) über telefonische Anfrage bestätigt worden sei.

Am 3. Dezember 2007 wurde sodann von der Bundespolizeidirektion Schwechat gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Schubhaft wurde ab 13.00 Uhr dieses Tages vollzogen und dauerte bis zur Entlassung des Beschwerdeführers am 10. Dezember 2007. In der Begründung dieses Bescheides wurde davon ausgegangen, dass sich der Beschwerdeführer seit 29. November 2007 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weil sein Asylantrag an diesem Tag zurückgewiesen und vom Bundesasylamt eine Ausweisung erlassen worden sei. Der Beschwerdeführer habe seiner Ausreiseverpflichtung nicht entsprochen, weshalb zu befürchten sei, dass er sich weiteren fremdenrechtlichen Maßnahmen zu entziehen trachten werde. Die Verhängung der Schubhaft sei im Hinblick auf das zu erreichende Ziel - die "dauerhafte Außerlandesschaffung" - angemessen und verhältnismäßig. Die Anordnung gelinderer Mittel komme nicht in Betracht, weil aufgrund der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte, davon auszugehen sei, er werde sich "bei Belassung auf freiem Fuß" dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden entziehen und seinen illegalen Aufenthalt fortsetzen.

Die gegen die Schubhaftverhängung und die Anhaltung - am 7. Dezember 2007 per Telefax - erhobene Schubhaftbeschwerde machte neben der ausführlichen Bestreitung eines Sicherungsbedarfs auch geltend, der Berufung im Asylverfahren sei vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 8. November 2007 insoweit die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden, als der Beschwerdeführer bis zum 30. November 2007 nicht zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden dürfe. Der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. November 2007 sei - nach einem (wegen Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers) am 30. November 2007 erfolglos gebliebenen Zustellversuch - beim Postamt hinterlegt worden. Die Behörde habe daher übertriebene Eile an den Tag gelegt, weil der Beschwerdeführer bis zum 30. November 2007 - das war ein Freitag - ohnehin zum Aufenthalt berechtigt und im Zeitpunkt der Festnahme (am Sonntag, dem 2. Dezember 2007) noch gar nicht in Kenntnis der Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates, somit vor der Schubhaftverhängung gar nicht in die Lage versetzt gewesen sei, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Da der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich über die Schubhaftbeschwerde bis dahin nicht entschieden hatte, erhob der Beschwerdeführer am 17. Juni 2008 an den Verwaltungsgerichtshof eine zur Zl. 2008/21/0401 protokollierte Säumnisbeschwerde. Hierauf wurde die belangte Behörde aufgefordert, die Entscheidung über die Schubhaftbeschwerde zu erlassen, und zwar (nach Fristverlängerung) bis spätestens 20. Dezember 2008.

In der Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 19. August 2008 wurde vor allem darauf verwiesen, dass der rechtskräftige negative Abschluss des Asylverfahrens und die Durchsetzbarkeit der Ausweisung bei der telefonischen Rücksprache mit dem Bundesasylamt (EASt Ost) bestätigt worden seien. Am 4. Dezember 2007 sei vom Bundesasylamt (EASt West) zwar mitgeteilt worden, dass "die Bescheidzustellung" (gemeint die Zustellung des Berufungsbescheides des unabhängigen Bundesasylsenates an den Beschwerdeführer) "nicht erfolgt", die Ausweisung nach Bulgarien jedoch "durchführbar" sei. Nachdem der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im Asylverfahren am 10. Dezember 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, sei der Beschwerdeführer sofort aus der Schubhaft entlassen worden. Es könne somit keine Rechtswidrigkeit der Anhaltung erkannt werden. Aus der Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Meldeadresse habe sich "der Umstand der Unzustellbarkeit des UBAS-Bescheides" ergeben. Aufgrund der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers von seiner Meldeadresse und der "Unzustellbarkeit des Bescheides" sei ein Sicherungsbedarf anzunehmen gewesen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 2. Dezember 2008 wurde die Schubhaftbeschwerde unter Kostenzuspruch an den Bund als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde gab den bisherigen Verfahrensgang zusammengefasst wieder, wobei sie einleitend ausführte, die Bundespolizeidirektion Schwechat habe mit Bescheid vom 3. Dezember 2007 über den Beschwerdeführer "gemäß § 76 FPG 2005 die Schubhaft zur Sicherung der dort genannten sowie im Bescheid bezeichneten Verfahren und Verfahrensschritte" verhängt. In der weiteren Bescheidbegründung traf sie nachstehende Sachverhaltsfeststellungen:

"T. A. (der Beschwerdeführer) ist am 2.12.2007 gegen

18.45 Uhr im Gemeindegebiet von Schwechat im Zuge einer Verkehrskontrolle angehalten worden. Bei einer Überprüfung in fremdenpolizeilicher Hinsicht ergab sich, dass ein Asylverfahren hinsichtlich des BF negativ abgeschlossen worden war. Das BAA teilte mit, dass eine Ausweisung nach Bulgarien durchsetzbar sei. Der BF ist in der Folge unter Berufung auf das FPG festgenommen worden. Über ihn verhängte die BPD Schwechat mit 3.12.2007 bescheidmäßig die Schubhaft sowie ein Aufenthaltsverbot. Am 4.12.2007 erreichte die belangte Behörde eine Nachricht des BAA, EAST West, dass zwar eine Bescheidzustellung nicht erfolgt sei, die Ausweisung nach Bulgarien jedoch durchführbar sei. Wie festgestellt werden konnte, war T. A. von der polizeilichen Meldeadresse abwesend, sodass die Berufungsentscheidung im Asylverfahren nicht zugestellt werden konnte. Mit 4.12.2007 hat der rechtsfreundliche Vertreter des BF eine Beschwerde gegen die Asylentscheidung beim VwGH eingebracht. Aufgrund einer seitens des VwGH zuerkannten aufschiebenden Wirkung ist T. A. am 10.12.2007 aus der Schubhaft entlassen worden."

Danach zitierte die belangte Behörde § 76 Abs. 1 bis 3 FPG und knüpfte daran folgenden allgemein gehaltenen Text:

"Im Hinblick auf die in § 76 (1 und 2) FPG 2005 umschriebenen Schubhaftzwecke im Zeitpunkt der Haftverhängung durch die Behörde nicht abschließend zu beurteilen ist, ob die im Gesetz durch die Haft zu sichernden Maßnahmen wie Aufenthaltsverbot, Ausweisung oder Abschiebung auch tatsächlich erlassen oder verhängt werden. Es genügt vielmehr, wenn die Behörde aufgrund der ihr bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände miteinander logisch verknüpften Sachverhaltselementen berechtigten Grund zur Annahme haben kann, dass die oben angeführten Maßnahmen, Verfahrensschritte oder Vollzugshandlungen möglich sein werden."

Schließlich begründete die belangte Behörde die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft wie folgt:

"Wie bereits oben dargelegt, war T. A. von der polizeilichen Meldeadresse dauerhaft ortsabwesend, sodass eine Zustellung der Berufungsentscheidung im Asylverfahren nicht erfolgen konnte. Die Tatsache, dass sich der BF nicht nur vorübergehend von seiner Meldeadresse entfernt hat, mithin im Bundesgebiet untergetaucht ist und lediglich durch eine zufällige Polizeikontrolle angetroffen werden konnte, indiziert, dass es dem BF bei Setzung seines Verhaltens darauf ankam, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen und dadurch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet auf illegale Weise zu erhalten. Es war daher ein erheblicher Sicherungsbedarf gegeben und die Verhängung der Schubhaft das einzig taugliche Sicherungsmittel, um einem (weiteren) Untertauchen im Bundesgebiet entgegenzuwirken.

Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 83 (2) Z. 1 FPG 2005 abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde ausreichend geklärt erschien."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

In der Beschwerde wird zunächst die Unzuständigkeit der belangten Behörde mit dem Hinweis geltend gemacht, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sei der angefochtene Bescheid erst am 29. Dezember 2008, somit nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren zur Bescheidnachholung gesetzten Frist zugestellt worden. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zur Erlassung des Bescheides gegenüber der (säumnis)beschwerdeführenden Partei sei die Zuständigkeit zur Entscheidung von der belangten Behörde auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Bei dieser Schlussfolgerung übersieht der Beschwerdeführer, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 2008 der Bundespolizeidirektion Schwechat, der im Schubhaftbeschwerdeverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Parteistellung zukam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/21/0358), nach Ausweis der Verwaltungsakten am 16. Dezember 2008 zugestellt wurde. Im Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid aber bereits rechtlich existent, wenn er wenigstens gegenüber einer der Parteien ordnungsgemäß erlassen wurde (siehe zum Ganzen zuletzt den hg. Beschluss vom 27. Mai 2009, Zl. 2009/21/0001, mwN). Die fristgerechte Bescheiderlassung gegenüber der Bundespolizeidirektion Schwechat verhinderte im vorliegenden Fall somit den Zuständigkeitsübergang auf den Verwaltungsgerichtshof. Das setzte nämlich nicht voraus, dass der Bescheid jener Partei des Verwaltungsverfahrens, welche die Säumnisbeschwerde erhoben hatte, innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof für die Bescheiderlassung gesetzten Frist wirksam zugestellt wurde (vgl. idS zur Beseitigung einer Säumnis mit der Entscheidungspflicht etwa den hg. Beschluss vom 14. Dezember 2007, Zl. 2007/10/0198).

In den weiteren Beschwerdeausführungen wird gerügt, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung noch Asylwerber gewesen sei und diese daher nicht auf § 76 Abs. 1 FPG hätte gestützt werden dürfen. Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid nur über den Schubhaftbescheid vom 3. Dezember 2007 und die darauf gegründete Anhaltung des Beschwerdeführers bis 10. Dezember 2007 feststellend abzusprechen hatte. Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher - im Rahmen der in der Schubhaftbeschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 83 Abs. 4 letzter Satz FPG) - zu prüfen, ob die Anhaltung nach dem Inhalt des Schubhaftbescheides gerechtfertigt war. In diesen Fällen können Begründungs- und Ermittlungsmängel vom unabhängigen Verwaltungssenat grundsätzlich nicht mehr saniert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0407).

Nach dem somit maßgeblichen Inhalt des die Schubhaft anordnenden Bescheides der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 3. Dezember 2007 wurde die gegen den Beschwerdeführer ab diesem Tag vollzogene Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt.

Gemäß § 1 Abs. 2 FPG ist auf Asylwerber § 76 Abs. 1 FPG nicht anzuwenden. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 ist "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens. Für die Zulässigkeit der gegen den Beschwerdeführer nach § 76 Abs. 1 FPG verhängten Schubhaft wäre daher als Vorfrage maßgeblich gewesen, ob das Verfahren über seinen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 3. Dezember 2007 bereits rechtskräftig beendet war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0348).

Nun ist nicht nur die Bundespolizeidirektion Schwechat in ihrer Stellungnahme im Schubhaftbeschwerdeverfahren - offenbar der Mitteilung des im Verfahren zur Gewährung von internationalem Schutz in erster Instanz zuständig gewesenen Bundesasylamtes folgend - davon ausgegangen, die Zustellung des Berufungsbescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. November 2007 an den Beschwerdeführer sei nicht wirksam vorgenommen worden, sondern es hat auch die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung - mehrfach - damit argumentiert, dass die Berufungsentscheidung im Asylverfahren an den (von seiner Meldeadresse "dauerhaft" ortsabwesenden) Beschwerdeführer nicht zugestellt werden konnte.

Davon ausgehend hätte die belangte Behörde den Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung aber schon deshalb für rechtswidrig erklären müssen, weil - wie oben dargelegt - gegen den Beschwerdeführer als Asylwerber Schubhaft nicht nach § 76 Abs. 1 FPG, sondern nur bei Vorliegen einer der besonderen Tatbestände des § 76 Abs. 2 FPG hätte verhängt werden dürfen. Das hat die belangte Behörde nicht erkannt, zumal in der Bescheidbegründung - wie sich aus den oben wörtlich wiedergegebenen Passagen ergibt - überhaupt nicht fallbezogen auf die Frage eingegangen wurde, ob die Schubhaft nach § 76 Abs. 1 FPG oder nach § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde und ob sie zur Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und/oder zur Sicherung der Abschiebung dienen sollte. Demzufolge wurde auch nicht geprüft, ob die vom Gesetz für den jeweiligen Fall verlangten Voraussetzungen hier vorlagen. Die fallbezogenen Ausführungen der belangten Behörde beschränkten sich vielmehr auf das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs, wobei sich die belangte Behörde jedoch insoweit auf neue, dem Schubhaftbescheid noch nicht zugrundegelegte und dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auch nicht vorgehaltene Sachverhaltsannahmen - der Beschwerdeführer sei in der Absicht, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen und seinen Aufenthalt auf illegale Weise zu erhalten, "untergetaucht" und habe lediglich durch eine zufällige Polizeikontrolle angetroffen werden können - stützte. Auf die diesbezügliche Kritik in der Beschwerde braucht aber nicht weiter eingegangen werden, weil sich der angefochtene Bescheid schon aus den oben dargestellten Gründen im Hinblick auf die Heranziehung einer nicht tauglichen Rechtsgrundlage (§ 76 Abs. 1 FPG) im Schubhaftbescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist.

Soweit sich die Bundespolizeidirektion Schwechat in diesem Zusammenhang auf den Inhalt des AIS beruft, der durch einen Journalbeamten des (allerdings nicht verfahrensführenden) Bundesasylamtes (EASt Ost) bestätigt worden sei, ist zunächst klarzustellen, dass es diesbezüglich nicht auf die Frage eines Verschuldens der schubhaftanordnenden Behörde ankommt. Im Übrigen ist dem vorgelegten Akt aber auch zu entnehmen (vgl. die Meldung vom 2. Dezember 2007), dass die an derselben Adresse in Graz wohnhafte "Freundin" des Beschwerdeführers noch vor der Schubhaftverhängung mitgeteilt hatte, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers ihrer Meinung nach noch nicht abgeschlossen sei. Das hätte es aber erfordert, vor der Erlassung des Schubhaftbescheides diese Frage mit dem Beschwerdeführer in seiner Vernehmung konkret zu erörtern und ihn zur Zustellung des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates zu befragen sowie allenfalls ergänzende Erhebungen bei den Asylbehörden zur maßgeblichen Vorfrage des Standes des Verfahrens auf Gewährung von internationalem Schutz anzustellen.

Da die belangte Behörde nach dem Gesagten (auch) die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 29. September 2009

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