Normen
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1.1. Mit dem erstangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Februar 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein moldawischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 22. August 2003 illegal in das Bundesgebiet gelangt sei und am 25. August 2003 einen Asylantrag gestellt habe, der im Instanzenzug abgewiesen worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde abgelehnt. Der Beschwerdeführer verfüge über keinen Aufenthaltstitel.
Der Beschwerdeführer mache unter anderem geltend, dass er einen "Antrag auf humanitären Aufenthalt" eingebracht habe; in Österreich lebten außer seiner Frau und seinem am 18. Februar 2006 in Österreich geborenen Sohn keine weiteren Familienangehörigen. Der Beschwerdeführer werde von Bekannten und Freunden unterstützt und erhalte Unterstützung von der Caritas. Er besuche einen Deutschkurs. Er sei Zeuge Jehovas und könne nicht in sein Heimatland zurückkehren. Er habe zwar Familienangehörige in Moldawien, jedoch kaum Kontakt zu diesen. Er besitze keine Krankenversicherung.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.
Vor dem Hintergrund der persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in dessen Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser erweise sich jedoch zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - als dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der nicht bloß kurzfristige unrechtmäßige Weiterverbleib im Bundesgebiet im Anschluss an die vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers nach dem Asylgesetz jedoch gravierend. Unter den gegebenen Umständen sei der Beschwerdeführer auch nicht in der Lage, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet vom Inland aus zu legalisieren. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei daher von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Es könne daher kein Zweifel daran bestehen, dass die Erlassung der Ausweisung dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 FPG sei.
Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
1.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom 13. Jänner 2009 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers vom 16. September 2008 auf Feststellung, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass er in Moldawien gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 FPG bedroht sei, gemäß § 51 Abs. 1 letzter Satz FPG als unzulässig zurückgewiesen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 2009 wurde der dagegen gerichteten Berufung keine Folge gegeben und der Erstbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zugrunde, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylsenates vom 25. Mai 2005 abgewiesen und festgestellt worden sei, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Moldau zulässig sei. Eine dagegen erhobene Berufung sei im Instanzenzug abgewiesen, die Behandlung einer dagegen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde von diesem abgelehnt worden.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmung des § 51 FPG und Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 - im Wesentlichen aus, dass nur hinsichtlich eines Bescheides der Fremdenpolizeibehörde gemäß § 51 Abs. 1 FPG eine Abänderung gemäß § 51 Abs. 5 FPG in Frage komme; da ein "solcher der Änderung zugänglicher Bescheid nach § 51 Abs. 1 leg.cit. von der Fremdenpolizeibehörde niemals erlassen" worden sei, sei der belangten Behörde eine inhaltliche Entscheidung "ausdrücklich verwehrt", sodass der Berufung keine Folge zu geben sei.
2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diese wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerden beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
A) Zur Ausweisung gemäß § 53 FPG:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im erstangefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am 25. August 2003 gestellten Asylantrag rechtskräftig negativ beendet, die Behandlung einer gegen den Berufungsbescheid im Asylverfahren an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde durch diesen abgelehnt wurde und der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt.
In Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessensabwägung.
Die belangte Behörde hat allerdings bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG - ausgehend von dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung - dessen etwa fünfeinhalbjährigen (überwiegend aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßigen) Aufenthalt im Bundesgebiet, seine familiären Bindungen zu seiner Ehefrau und seinem dreijährigen Sohn und sein Bemühen, die deutsche Sprache zu erlernen, berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers angenommen. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt nur aufgrund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unrechtmäßig herausgestellt hat, erlaubt und nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages unrechtmäßig war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2009, Zl. 2009/18/0103).
Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 FPG ausführt, dass die in W von der Caritas koordinierte Grundversorgung "im Regelfall auch eine Krankenversicherung" beinhalte, ist dem zu entgegnen, dass - angesichts des ausdrücklichen Berufungsvorbringens, dass der Beschwerdeführer "derzeit leider noch nicht" eine Krankenversicherung besitze - dies schon in Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) nicht berücksichtigt werden kann.
Den dennoch verbleibenden persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht allerdings gegenüber, dass er sich seit der Ablehnung seiner das Asylverfahren betreffenden Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof (im Jahr 2008) unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt. Angesichts dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.
2.2. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung führt auch der Umstand, dass ein Verfahren über einen vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen anhängig sei, zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0636, mwN).
3. Da die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid somit unbegründet ist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008; allerdings gebührt der belangten Behörde, die die Verwaltungsakten gesammelt zu beiden Beschwerden vorlegte, nur die Hälfte des Vorlageaufwandes nach § 1 Z. 2 lit. a der Verordnung.
B) Zur Zurückweisung des Antrags auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung:
1. Zur Bekämpfung des zweitangefochtenen Bescheides bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, dass es für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags des Beschwerdeführers vom 16. September 2008 unerheblich sei, ob über die Frage des Bestehens eines Refoulement-Verbots eine Entscheidung der Fremdenpolizeibehörde oder der Asylbehörde vorliege; wesentlich sei vielmehr ausschließlich die Frage, welcher Sachverhalt der Vorentscheidung als maßgeblich zugrunde gelegt worden sei und inwiefern sich dieser Sachverhalt mit dem im Antrag gemäß § 51 Abs. 5 FPG relevierten Sachverhalt decke.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
2. Nach ständiger hg. Rechtsprechung steht den Fremdenpolizeibehörden die Kompetenz zur Abänderung eines "negativen" Ausspruchs der Asylbehörden darüber, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig sei, zu, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, sodass die Entscheidung hinsichtlich des im Bescheid genannten Staates anders zu lauten hat. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, an den die für eine neuerliche Entscheidung positive Prognose anknüpfen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 2007, Zl. 2006/18/0377, sowie vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/18/0197, dieses zu der mit § 51 Abs. 5 FPG gleichlautenden Bestimmung des § 75 Abs. 5 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75).
3. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem sein Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG zurückgewiesen worden war, eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit der Berufungsentscheidung des Bundesasylamtes behauptet und vorgebracht, dass sich gegenüber den von den Asylbehörden zugrunde gelegten Länderberichten bis 2006 die Lage der religiösen Minderheiten und insbesondere der Zeugen Jehovas, zu denen der Beschwerdeführer zähle, in Moldawien bedeutend verschlechtert habe; nach einem Bericht des U.S. Department of State würden die Zeugen Jehovas dort verfolgt, ohne dass der Staat einen faktischen Schutz biete.
4. Dadurch, dass sich die belangte Behörde mit diesen im Feststellungsantrag des Beschwerdeführers behaupteten Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts nicht befasst und den Antrag - in Hinblick auf die Vorentscheidung durch die Asylbehörden - fälschlicherweise als unzulässig zurückgewiesen hat, hat sie den zweitangefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008; in Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer mit hg. Beschluss vom 16. April 2009, Zl. 2009/18/0136-3, die Verfahrenshilfe u.a. im Umfang der Eingabengebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG bewilligt wurde, kommt allerdings deren Ersatz nicht in Betracht.
Wien, am 25. September 2009
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