VwGH 2009/18/0103

VwGH2009/18/010311.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des Y A in W, geboren am 20. November 1979, vertreten durch Dr. Markus Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Jänner 2009, Zl. E1/12.418/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Jänner 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 15. März 2004 unter Umgehung der Grenzkontrolle in einem Taxi versteckt nach Österreich gelangt sei und am selben Tag einen Asylantrag gestellt habe, der mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. April 2008 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 abgelehnt.

Seit dem damit verbundenen Widerruf der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal er auch über keinen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel verfüge.

Der Beschwerdeführer sei ledig, weise keine Sorgepflichten auf und habe zu Österreich keine familiären Bindungen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.

Der Beschwerdeführer mache in der Berufung geltend, dass er enge freundschaftliche Kontakte pflege, die blutsverwandtschaftliche Bindungen ersetzen würden. Er habe im Zuge des Ausweisungsverfahrens angegeben, "offiziell und regulär" bei den Firmen M.P. und C.M. mit Werkvertrag beschäftigt und dadurch selbsterhaltungsfähig zu sein.

Vor dem Hintergrund des fast fünfjährigen - davon wegen der Erteilung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz fast viereinhalbjährigen rechtmäßigen - inländischen Aufenthaltes sowie der privaten Situation des Beschwerdeführers sei trotz des Fehlens von familiären Bindungen zweifelsfrei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in dessen Privatleben auszugehen. Dieser erweise sich jedoch zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - selbst unter Beachtung der Kriterien, welche in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entwickelt und auch vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigt worden seien, als dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu.

Gegen dieses Interesse verstoße der nicht nur bloß kurzfristige unrechtmäßige Aufenthalt im Anschluss an den Widerruf der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz jedoch gravierend. Im Übrigen stütze sich der - wenngleich langjährige - Aufenthalt des Beschwerdeführers, der keinerlei familiäre Bindungen im Bundesgebiet aufweise und auch nicht behauptet habe, mit irgendwelchen Angehörigen im gemeinsamen Haushalt zu wohnen, auf einen Asylantrag, der sich in der Folge als unbegründet erwiesen habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer zum aktuellen Zeitpunkt einen Krankenversicherungsschutz aufweise und die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit zumindest aus arbeitsmarktrechtlicher Sicht, jedoch keinesfalls aus fremdenrechtlicher Sicht - weil ein diesbezüglicher Aufenthaltstitel fehle - als rechtmäßig anzusehen sei, so sei der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen rechtens auch nicht in der Lage, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet vom Inland aus zu legalisieren.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. März 2009, B 231/09, abgelehnt und die Beschwerde mit Beschluss vom 23. März 2009 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am 15. März 2004 gestellten Asylantrag rechtskräftig negativ beendet, die ihm erteilte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz widerrufen wurde und dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt. In Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bendenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu vor, dass dieser ein "unzulässiger Zirkelschluss" zugrunde liege, weil zunächst "noch zu Recht ausgeführt" werde, dass mit der Ausweisung zweifelsfrei ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sei, der aber - was "unerfindlich" sei - für im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässig erachtet werde. Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit fast fünf Jahren und darauf hin, dass dieser - soweit es ihm möglich gewesen sei - "ausreichend sozial integriert" sei.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG den fast fünfjährigen (überwiegend aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßigen) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie - ausgehend von dem Vorbringen des Beschwerdeführers - dessen private Situation und die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angenommen.

Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt bis zum 1. Oktober 2008 nur aufgrund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt und seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig war. Da der Beschwerdeführer lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt hat, kommt auch den von ihm ausgeübten Beschäftigungen keine wesentliche Bedeutung zu.

Diesen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit der Ablehnung seiner das Asylverfahren betreffenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt. In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

2.3. Soweit die Beschwerde in ihrer Verfahrensrüge geltend macht, die belangte Behörde habe es entgegen § 37 AVG unterlassen, weitergehende detaillierte Feststellungen zu treffen, so ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde - wie oben unter I.1. wiedergegeben - der von ihr gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessenabwägung ohnehin - was die Beschwerde nicht bestreitet - das vom Beschwerdeführer im Administrativverfahren erstattete Vorbringen zugrunde legte.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 11. Mai 2009

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