Normen
11997E043 EG Art43;
11997E048 EG Art48;
62007CJ0169 Hartlauer VORAB;
EURallg;
KAG OÖ 1997 §5 Abs1 Z1;
KAG OÖ 1997 §5 Abs2;
KAG Wr 1987 §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
11997E043 EG Art43;
11997E048 EG Art48;
62007CJ0169 Hartlauer VORAB;
EURallg;
KAG OÖ 1997 §5 Abs1 Z1;
KAG OÖ 1997 §5 Abs2;
KAG Wr 1987 §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien und das Land Oberösterreich haben der Beschwerdeführerin jeweils Aufwendungen in Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1.1. Mit Bescheid vom 29. August 2001 wies die Wiener Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin, die nach dem Beschwerdevorbringen ihren Sitz in Deutschland hat und dort seit 1988 registriert ist, auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde an einer näher bezeichneten Adresse im 21. Wiener Gemeindebezirk ab. Als Rechtsgrundlage für die Abweisung war § 4 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 (Wr. KAG) angegeben. Begründend führte die Wiener Landesregierung aus, ausgehend von den Feststellungen des Amtssachverständigengutachtens sei rechtlich davon auszugehen, dass durch die geplante Krankenanstalt die ärztliche Versorgung im Bereich der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde für den in Wien zu versorgenden Personenkreis nicht wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in sonstiger Weise wesentlich gefördert werde, weshalb der Bedarf an dem geplanten Zahnambulatorium zu verneinen sei.
Dagegen richtet sich, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. November 2001, Zl. B 1352/01-3, die zur hg. Zl. 2009/11/0036 (früher: 2002/11/0021), protokollierte Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, dass eine Bewilligung für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde erteilt und ein gesetzmäßiges Verfahren unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften durchgeführt werde.
1.2. Mit Bescheid vom 20. September 2006 wies die Oberösterreichische (Oö) Landesregierung - nach Aufhebung ihres Bescheides vom 23. Mai 2002 durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2002/11/0133 -, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Errichtungsbewilligung für eine private Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an einer näher bezeichneten Adresse in Wels ab. Als Rechtsgrundlagen waren §§ 4 und 5 des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1997 (Oö. KAG 1997) angegeben. In der Begründung führte die Oö. Landesregierung nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, ein Bedarf im Sinne des § 5 Abs. 2 Oö. KAG 1997 am beantragten Ambulatorium sei mangels Vorliegens unzumutbarer Wartezeiten bzw. auf Grund ausreichender Versorgung potenzieller Patienten im Einzugsgebiet zu verneinen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2009/11/0037 (früher: 2006/11/0160) protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven öffentlichen Recht auf Erteilung einer Bewilligung für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde verletzt.
2. Die belangten Behörden legten jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstatteten jeweils eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund ihres rechtlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Da der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der bei ihm angefochtenen Bescheide anhand der bei ihrer Erlassung maßgebenden Fassung zu beurteilen hat, sind in den beiden Beschwerdefällen unterschiedliche Rechtslagen von Bedeutung:
1.1. Die maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Wiener Landesregierung vom 29. August 2001:
1.1.1. Das Ärztegesetz 1998 idF der Novelle BGBl. I Nr. 110/2001 lautete (auszugsweise):
"§ 3. (1) Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten. Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist auch als Gruppenpraxis in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft zulässig.
...
§ 17. (1) Die selbständige Ausübung des zahnärztlichen Berufes ist ausschließlich Zahnärzten und Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde vorbehalten. Die selbständige Ausübung des zahnärztlichen Berufes ist auch als Gruppenpraxis in der
Rechtsform der eingetragenen Erwerbsgesellschaft zulässig. ... .
...
Gruppenpraxen
§ 52a. (1) Die Zusammenarbeit von Ärzten kann weiters auch als selbständig berufsbefugte (§ 3 Abs. 1 bzw. § 17 Abs. 1) Gruppenpraxis erfolgen. Eine Gruppenpraxis kann auch mit einem Dentisten errichtet werden; in diesem Fall richtet sich die Frage der Berufsbefugnis auch nach dem Dentistengesetz, BGBl. Nr. 90/1949.
(2) Die Berufsbefugnis einer Gruppenpraxis ergibt sich aus der Berufsbefugnis der an der Gruppenpraxis als persönlich haftende Gesellschafter beteiligten Ärzte und Dentisten. Unter den Gesellschaftern mit gleicher Fachrichtung ist die freie Arztwahl des Patienten zu gewährleisten.
(3) Die Zusammenarbeit als Gruppenpraxis hat in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft im Sinne des § 1 Erwerbsgesellschaftengesetz (EGG), BGBl. Nr. 257/1990, zu erfolgen.
(4) Der Gruppenpraxis dürfen nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte sowie Dentisten als persönlich haftende Gesellschafter angehören. Andere Personen dürfen der Gruppenpraxis nicht als Gesellschafter angehören und daher am Umsatz oder Gewinn nicht beteiligt sein.
(5) Jeder Gesellschafter ist allein zur Geschäftsführung und Vertretung befugt. Die vorübergehende Einstellung oder Untersagung der Berufsausübung bis zur Dauer von sechs Monaten hindert Ärzte nicht an der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, wohl aber an der Vertretung und an der Geschäftsführung.
(6) Über Fragen der Ausübung eines bestimmten Berufes (Abs. 2) entscheiden ausschließlich die entsprechend berufsbefugten Gesellschafter. Gegen den Willen jener Gesellschafter, die über die den Gegenstand einer Entscheidung überwiegend betreffende Berufsberechtigung verfügen, darf keine Entscheidung getroffen werden. Alle Gesellschafter müssen ihre Rechte in eigenem Namen und für eigene Rechnung innehaben. Die treuhändige Übertragung und Ausübung von Gesellschaftsrechten ist unzulässig. Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.
(7) Die Tätigkeit der Gesellschaft muss auf die Ausübung des ärztlichen bzw. Dentistenberufes einschließlich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und die Verwaltung des Gesellschaftervermögens beschränkt sein.
(8) Eine Gruppenpraxis kann nur einen Berufssitz im Bundesgebiet haben. Jeder Sitz einer Gruppenpraxis ist auch gleichzeitig Berufssitz der an ihr beteiligten Ärzte.
(9) In der Firma der Gruppenpraxis sind jedenfalls der Name eines Gesellschafters und die in der Gruppenpraxis vertretenen Fachrichtungen anzuführen.
(10) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Ärzte bzw. Ärzte für Allgemeinmedizin, approbierte Ärzte, Fachärzte, Fachärzte für Zahn- , Mund- und Kieferheilkunde bzw. Zahnärzte abgestellt wird, sind die jeweiligen Bestimmungen auf Gruppenpraxen gegebenenfalls sinngemäß anzuwenden.
§ 52b. (1) Jeder einer Gruppenpraxis angehörende persönlich haftende Gesellschafter hat, insbesondere durch eine entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrages, für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der Anmeldungspflicht nach § 29 Abs. 1 Z. 7 zu sorgen.
(2) Er ist für die Erfüllung seiner Berufs- und Standespflicht persönlich verantwortlich, diese Verantwortung kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch Beschlüsse der Gesellschafter oder Geschäftsführungsmaßnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden."
1.1.2. Die Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes (Wr. KAG) idF der Novelle LGBl Nr. 48/2001 lauteten (auszugsweise):
"A. Begriffsbestimmungen
§ 1.
...
(3) Krankenanstalten im Sinne der Abs. 1 und 2 sind:
...
7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.
...
B. Errichtung und Betrieb von Krankenanstalten
§ 4. (1) Krankenanstalten bedürfen sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt haben den Anstaltszweck (§ 1 Abs. 3) und das vorgesehene Leistungsangebot genau zu bezeichnen.
(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn
a) nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, ein Bedarf gegeben ist;
...
(6) Im Bewilligungsverfahren nach Abs. 2 haben die gesetzliche Interessensvertretung privater Krankenanstalten und betroffene Sozialversicherungsträger, bei selbständigen Ambulatorien auch die Ärztekammer für Wien sowie bei Zahnambulatorien die Österreichische Dentistenkammer hinsichtlich des nach Abs. 2 lit. a zu prüfenden Bedarfs Parteistellung nach § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG.
..."
1.2. Die maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Oö. Landesregierung vom 28. September 2006:
1.2.1.1. Das Ärztegesetz 1998 idF der Novelle BGBl. I Nr. 122/2006 lautete (auszugsweise):
"§ 3. (1) Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten. Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist auch als Gruppenpraxis in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft zulässig.
...
Gruppenpraxen
§ 52a. (1) Die Zusammenarbeit von Ärzten kann weiters auch als selbständig berufsbefugte (§ 3 Abs. 1) Gruppenpraxis erfolgen. Eine Gruppenpraxis kann auch mit einem Angehörigen des zahnärztlichen Berufs oder Dentistenberufs errichtet werden; in diesem Fall richtet sich die Frage der Berufsberechtigung auch nach dem Zahnärztegesetz.
(2) Die Berufsbefugnis einer Gruppenpraxis ergibt sich aus der Berufsbefugnis der an der Gruppenpraxis als persönlich haftende Gesellschafter beteiligten Ärzte, Zahnärzte und Dentisten. Unter den Gesellschaftern mit gleicher Fachrichtung ist die freie Arztwahl des Patienten zu gewährleisten.
(3) Die Zusammenarbeit als Gruppenpraxis hat in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft im Sinne des § 1 Erwerbsgesellschaftengesetz (EGG), BGBl. Nr. 257/1990, zu erfolgen.
(4) Der Gruppenpraxis dürfen nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte, Zahnärzte und Dentisten als persönlich haftende Gesellschafter angehören. Andere Personen dürfen der Gruppenpraxis nicht als Gesellschafter angehören und daher am Umsatz oder Gewinn nicht beteiligt sein.
(5) Jeder Gesellschafter ist allein zur Geschäftsführung und Vertretung befugt. Die vorübergehende Einstellung oder Untersagung der Berufsausübung bis zur Dauer von sechs Monaten hindert Ärzte nicht an der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, wohl aber an der Vertretung und an der Geschäftsführung.
(6) Über Fragen der Ausübung eines bestimmten Berufes (Abs. 2) entscheiden ausschließlich die entsprechend berufsbefugten Gesellschafter. Gegen den Willen jener Gesellschafter, die über die den Gegenstand einer Entscheidung überwiegend betreffende Berufsberechtigung verfügen, darf keine Entscheidung getroffen werden. Alle Gesellschafter müssen ihre Rechte in eigenem Namen und für eigene Rechnung innehaben. Die treuhändige Übertragung und Ausübung von Gesellschaftsrechten ist unzulässig. Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.
(7) Die Tätigkeit der Gesellschaft muss auf die Ausübung des ärztlichen, zahnärztlichen oder Dentistenberufes einschließlich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und die Verwaltung des Gesellschaftervermögens beschränkt sein.
(8) Eine Gruppenpraxis kann nur einen Berufssitz im Bundesgebiet haben. Jeder Sitz einer Gruppenpraxis ist auch gleichzeitig Berufssitz der an ihr beteiligten Ärzte.
(9) In der Firma der Gruppenpraxis sind jedenfalls der Name eines Gesellschafters und die in der Gruppenpraxis vertretenen Fachrichtungen anzuführen.
(10) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Ärzte bzw. Ärzte für Allgemeinmedizin, approbierte Ärzte bzw. Fachärzte abgestellt wird, sind die jeweiligen Bestimmungen auf Gruppenpraxen gegebenenfalls sinngemäß anzuwenden.
§ 52b. (1) Jeder einer Gruppenpraxis angehörende persönlich haftende Gesellschafter hat, insbesondere durch eine entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrages, für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der Anmeldungspflicht nach § 29 Abs. 1 Z. 7 zu sorgen.
(2) Er ist für die Erfüllung seiner Berufs- und Standespflicht persönlich verantwortlich, diese Verantwortung kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch Beschlüsse der Gesellschafter oder Geschäftsführungsmaßnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden."
1.2.1.2. Das mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretene neue Zahnärztegesetz BGBl. I Nr. 126/2005 idF der Novelle BGBl. I Nr. 80/2006 lautete (auszugsweise):
"Gruppenpraxen
§ 26. (1) Die Zusammenarbeit von freiberuflich tätigen Angehörigen des zahnärztlichen Berufs im Sinne des § 24 Abs. 1 kann auch als selbständig berufsbefugte Gruppenpraxis erfolgen, die in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft im Sinne des § 1 Erwerbsgesellschaftengesetz (EGG), BGBl. Nr. 257/1990, zu errichten ist. Einer Gruppenpraxis dürfen nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Angehörige des zahnärztlichen Berufs sowie Ärzte/Ärztinnen als persönlich haftende Gesellschafter/Gesellschafterinnen angehören. Andere Personen dürfen der Gruppenpraxis nicht als Gesellschafter/Gesellschafterinnen angehören und daher am Umsatz oder Gewinn nicht beteiligt sein.
(2) Die Berufsbefugnis einer Gruppenpraxis ergibt sich aus der Berufsbefugnis der an der Gruppenpraxis als persönlich haftende Gesellschafter/Gesellschafterinnen beteiligten Berufsangehörigen. Sofern eine Gruppenpraxis auch mit Ärzten/Ärztinnen errichtet wird, richtet sich die Frage der Berufsbefugnis auch nach dem Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169.
(3) Jeder/Jede Gesellschafter/Gesellschafterin ist allein zur Geschäftsführung und Vertretung befugt. Eine Untersagung der Berufsausübung (§§ 46f) bis zur Dauer von sechs Monaten hindert die Berufsangehörigen nicht an der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, wohl aber an der Vertretung und an der Geschäftsführung.
(4) Über Fragen der Ausübung eines bestimmten Berufs (Abs. 2) entscheiden ausschließlich die entsprechend berufsbefugten Gesellschafter/Gesellschafterinnen. Gegen den Willen jener Gesellschafter/Gesellschafterinnen, die über die den Gegenstand einer Entscheidung überwiegend betreffende Berufsberechtigung verfügen, darf keine Entscheidung getroffen werden. Alle Gesellschafter/Gesellschafterinnen müssen ihre Rechte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung innehaben. Die treuhändige Übertragung und Ausübung von Gesellschaftsrechten ist unzulässig. Die selbständige Ausübung des zahnärztlichen Berufs darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter/Gesellschafterinnen (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.
(5) Die Tätigkeit der Gesellschaft muss auf die Ausübung des zahnärztlichen bzw. ärztlichen Berufs einschließlich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und die Verwaltung des Gesellschaftervermögens beschränkt sein.
(6) Eine Gruppenpraxis kann nur einen Berufssitz im Bundesgebiet haben. Jeder Sitz einer Gruppenpraxis ist auch gleichzeitig Berufssitz der an ihr beteiligten Berufsangehörigen.
(7) In der Firma der Gruppenpraxis sind jedenfalls der Name eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin und die in der Gruppenpraxis vertretenen Berufs- bzw. Fachrichtungen anzuführen.
(8) Jeder/Jede einer Gruppenpraxis als persönlich haftender/haftende Gesellschafter/Gesellschafterin angehörende Angehörige des zahnärztlichen Berufs hat, insbesondere durch eine entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrags, für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der Meldepflicht gemäß § 14 Abs. 1 Z. 4, zu sorgen. Er/Sie ist für die Erfüllung seiner/ihrer Berufs- und Standespflichten persönlich verantwortlich, diese Verantwortung kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch Beschlüsse der Gesellschafter/Gesellschafterinnen oder Geschäftsführungsmaßnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden."
1.2.2. Die Bestimmungen des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1997 (Oö. KAG 1997) idF der Novelle LGBl. Nr. 99/2005 lauteten (auszugsweise):
"§ 2
Einteilung
Krankenanstalten im Sinn des § 1 Abs. 1 und 2 sind:
...
7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.
...
§ 4
Errichtungsbewilligung
(1) Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf einer Bewilligung der Landesregierung.
(2) Der Antrag auf Erteilung der Errichtungsbewilligung hat den Anstaltszweck (§ 2), die Bezeichnung der Anstalt und das in Aussicht genommene Leistungsangebot sowie allenfalls vorgesehene
Leistungsschwerpunkte genau anzugeben. ... .
...
(6) Im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung für die Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums durch einen Krankenversicherungsträger hat die Ärztekammer für Oberösterreich, bei Zahnambulatorien auch die Österreichische Dentistenkammer, Parteistellung im Sinn des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde nach Art. 131 Abs. 2 B-VG, wenn
1. über das Vorhaben des Krankenversicherungsträgers kein Einvernehmen im Sinn des § 339 ASVG zustande gekommen ist oder
2. der Antrag des Krankenversicherungsträgers nicht mit einem nach § 339 ASVG erzielten Einvernehmen übereinstimmt oder
3. die Entscheidung der Behörde über den Inhalt des nach § 339 ASVG erzielten Einvernehmens hinausgeht.
§ 5
Bewilligungsvoraussetzungen
(1) Die Errichtungsbewilligung ist, soweit im Abs. 4 nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn
1. ein Bedarf im Sinn des Abs. 2 gegeben ist,
...
(2) Der Bedarf nach einer Krankenanstalt mit dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot ist unter Beachtung der Höchstzahl der systemisierten Betten nach dem Oö. Krankenanstaltenplan (§ 39 Abs. 4) im Hinblick auf das in angemessener Entfernung bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, zu beurteilen. ..."
1.3. Die maßgebenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes:
1.3.1. Die Art. 43 und 48 EG lauten:
"Artikel 43 (ex-Artikel 52)
Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.
Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine Angehörigen.
...
Artikel 48 (ex-Artikel 58)
Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.
Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen."
1.3.2.1. Mit Beschluss vom 22. Februar 2007, Zlen. EU 2007/11/0001, EU 2007/11/0002-1, legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
"1.) Steht Art. 43 (iVm Art. 48) EG der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, nach der für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde (Zahnambulatorium) eine Errichtungsbewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung zu versagen ist, wenn nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen sowie niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag kein Bedarf an dem geplanten Zahnambulatorium besteht?
2.) Ändert sich etwas an der Beantwortung von Frage 1.), wenn in die Prüfung des Bedarfs zusätzlich auch das bestehende Versorgungsangebot der Ambulanzen von öffentlichen, privaten gemeinnützigen und sonstigen Krankenanstalten mit Kassenvertrag einzubeziehen ist?"
1.3.2.2. Mit Urteil vom 10. März 2009, C-169/07 , erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hiezu Folgendes:
"Nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde eine Bewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Krankenanstalt rechtfertigender Bedarf besteht, zu versagen ist, steht Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG entgegen, sofern sie nicht auch Gruppenpraxen einem solchen System unterwerfen und sofern sie nicht auf einer Bedingung beruhen, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden Grenzen zu setzen."
In der Begründung wurde ausgeführt, eine Beantwortung der zweiten Vorlagefrage erübrige sich im Hinblick auf die Antwort auf die erste Frage (Rz 73).
2. Die Beschwerden sind begründet.
2.1. Die belangten Behörden legen den angefochtenen Bescheiden jeweils die Annahme zugrunde, dass die Beschwerdeführerin ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland habe. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Hinblick auf die diesbezüglichen Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass sich die Beschwerdeführerin "missverständlich" auf die Niederlassungsfreiheit gestützt hätte (vgl. Rz 23 f des zitierten Urteils des Gerichtshofes). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher davon auszugehen, dass sie durch Errichtung der geplanten Zahnambulatorien von ihrer Niederlassungsfreiheit im Sinne des Art. 43 (iVm. Art. 48) EG Gebrauch machen will.
2.2.1. Die angefochtenen Bescheide stützen sich darauf, dass nach den maßgebenden, oben wiedergegebenen Bestimmungen des Wr. KAG (im zur hg. Zl. 2009/11/0036 protokollierten Beschwerdefall) bzw. des Oö. KAG 1997 (im zur hg. Zl. 2009/11/0037 protokollierten Beschwerdefall) die Erteilung der von der Beschwerdeführerin beantragten Errichtungsbewilligung ausgeschlossen sei, wenn ein Bedarf für die geplanten Zahnambulatorien nicht gegeben sei. Die von den belangten Behörden durchgeführten Bedarfsprüfungen hätten ergeben, dass ein Bedarf nicht bestehe.
2.2.2. Die einschlägige Rechtslage (§§ 52a ff ÄrzteG 1998 in dem zur hg. Zl. 2009/11/0036 protokollierten Beschwerdefall bzw. §§ 52a ff ÄrzteG 1998 sowie § 26 des Zahnärztegesetzes in dem zur hg. Zl. 2009/11/0037 protokollierten Beschwerdefall) sieht für Gruppenpraxen keine Bedarfsprüfung vor.
Aus der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist daher für die Beschwerdefälle zu folgern, dass die Anwendung der Art. 43 (iVm. Art. 48) EG widersprechenden Bestimmungen des nationalen Rechts, welche die Erteilung einer Errichtungsbewilligung von einem Bedarf nach den beantragten Zahnambulatorien abhängig machen, zu unterbleiben hat. In dem zur hg. Zl. 2009/11/0036 protokollierten Beschwerdefall handelt es sich dabei um § 4 Abs. 2 Wr. KAG, in dem zur hg. Zl. 2009/11/0037 protokollierten Beschwerdefall um § 5 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Oö. KAG 1997. Da die angefochtenen Bescheide ausschließlich in diesen Bestimmungen ihre Deckung finden könnten, sind sie, weil diese wegen des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts außer Betracht zu bleiben haben, mit Rechtswidrigkeit behaftet.
2.3. Die angefochtenen Bescheide waren aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Das Mehrbegehren an Verhandlungsaufwand vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften war aus den im hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2002/10/0182, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, abzuweisen. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 übersieht, dass darin Kostenzusprüche für Verhandlungsaufwand nur für Verhandlungen vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgesehen ist (vgl. § 1 Z. 1 lit. b und Z. 3 lit. b).
Wien, am 16. April 2009
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