VwGH 2008/16/0057

VwGH2008/16/00575.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde der S in L (Schweden), vertreten durch die Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 11, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 9. April 2008, GZ. Jv 6724 - 33/2007 - 6, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GGG 1984 §14;
GGG 1984 §15 Abs1;
GGG 1984 TP1;
GGG 1984 TP3;
VwRallg;
ZPO §500 Abs2 Z1 litb;
ZPO §502;
ZPO §508 Abs1;
GGG 1984 §14;
GGG 1984 §15 Abs1;
GGG 1984 TP1;
GGG 1984 TP3;
VwRallg;
ZPO §500 Abs2 Z1 litb;
ZPO §502;
ZPO §508 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin begehrte als klagende Partei mit einer am 1. August 2002 beim Landesgericht Salzburg eingelangten und dort zur Zl. 7 Cg 151/02w protokollierten Klage von einer beklagten Partei die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob zwei in der Klage näher bezeichneten Liegenschaftsanteilen, mit denen jeweils Wohnungseigentum an bestimmten Wohnungen verbunden war.

Dazu gab die Beschwerdeführerin in der Rubrik der Klage einen Streitwert von EUR 30.000,-- an. Hiefür wurden (wie sich aus dem auf Seite 1 der Klage befindlichen Vermerk vom 2. August 2002 ergibt) im Wege des Gebühreneinzuges EUR 551,-- entrichtet.

Gegen das der Klage stattgebende Urteil des LG Salzburg vom 4. April 2003, GZ. 7 Cg151/02w-9 erhob die beklagte Partei mit einem beim LG Salzburg am 16. Mai 2003 eingelangten Schriftsatz Berufung, wobei auch sie von einem Streitwert von "EUR 30.000,-- s. A." ausging. Hiefür wurden (wie sich aus dem auf Seite 1 der Berufung befindlichen Vermerk vom 16. Mai 2003 ergibt) im Wege des Gebühreneinzugs EUR 848,-- entrichtet.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem OLG Linz am 15. Oktober 2003 legte der Beklagtenvertreter Einheitswertbescheide betreffend die zwei verfahrensgegenständlichen Objekte vor. Dazu ist im Protokoll über die Berufungsverhandlung Folgendes festgehalten:

"Der Beklagtenvertreter legt Einheitswertbescheide betreffend die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften vor, welche als Beilagen ./1 und ./2 zum Akt genommen und verlesen werden. Der Klagevertreter anerkennt Echtheit und Richtigkeit der Beilagen ./1 und ./2, verweist aber darauf, dass das Interesse der klagenden Partei mit dem Verkehrswert der beiden maßgeblichen Liegenschaften bzw. Wohnungen anzunehmen sei, wobei dieser je Wohnung mindestens EUR 35.000,00 betrage."

Mit Urteil vom 4. Februar 2004, 2 R122/03d gab das OLG Linz als Berufungsgericht der Berufung Folge, änderte das Ersturteil dahin ab, dass das Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen wurde und sprach in den Punkten 3.) und 4.) des Spruches des Berufungsurteiles Folgendes aus:

"3) Der Wert des Entscheidungsgegenstandes des Berufungsgerichtes übersteigt EUR 4.000,--, nicht jedoch EUR 20.000,--.

4.) Die ordentliche Revision ist zulässig."

In den Entscheidungsgründen des OLG Linz finden sich dazu die folgenden Ausführungen:

"Im Hinblick auf die vorgelegten Einheitswertbescheide Beilage ./1 und ./2 war gemäß § 500 ZPO iVm § 60 Abs 2 JN (vgl etwa 6 Ob 2326/96v, EFSlg 72.808 ua) auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes des Berufungsgerichtes zwar EUR 4.000,00 nicht aber EUR 20.000,00 übersteigt. Im Hinblick darauf, dass der erkennende Senat möglicherweise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Auswirkung eines schwedischen Konkurses in Österreich abgewichen ist, war aber gemäß § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig zu erklären."

Gegen das Berufungsurteil erhob die Beschwerdeführerin mit einem am 26. März 2004 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz Revision an den OGH, wobei sie ein Revisionsinteresse von EUR 30.000,-- angab. Dafür wurde (wie sich aus dem auf Seite 1 der Revision befindlichen Vermerk ergibt) am 16. Dezember 2004 Pauschalgebühr gem TP3 GGG in der Höhe von EUR 1.061,-- eingezogen.

Die Revision hatte Erfolg. Mit Urteil des OGH vom 23. September 2004, 6 Ob116/04h, wurde das Ersturteil wieder hergestellt.

Auf Grund einer am 6. Dezember 2007 unter Hinweis auf § 15 GGG erfolgten Beanstandung der Gebührenberechnung durch den Revisor schrieb die Kostenbeamtin des LG Salzburg der Beschwerdeführerin mit Zahlungsauftrag vom 7. Dezember 2007 restliche Pauschalgebühr gem TP1, TP2 und TP3 im Gesamtbetrag von EUR 2.337,-- vor und setzte gem § 6 Abs. 1 GEG Einhebungsgebühr in der Höhe von EUR 8,-- fest.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin einen Berichtigungsantrag, in dem sie sich unter anderem gegen die Vorschreibung einer Pauschalgebühr gem. TP2 GGG für die Berufung ihr gegenüber wandte und insbesondere geltend machte, dass das OLG Linz ausgesprochen habe, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- nicht übersteige. Daran seien die Justizverwaltungsorgane bei der Vollziehung des GGG gebunden.

Die belangte Behörde berichtigte mit dem angefochtenen Bescheid den erstinstanzlichen Zahlungsauftrag dahin, dass (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 43.273,--) für das erstinstanzliche Verfahren gem. TP1 GGG eine restliche Pauschalgebühr von EUR 531,-- und für das Revisionsverfahren gem. TP3 GGG eine restliche Pauschalgebühr von EUR 1.062,-- vorgeschrieben sowie eine Einhebungsgebühr gem. § 6 Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,-- festgesetzt wurde. Im Übrigen wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab.

In der Begründung ihres Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass laut Auskunft des Finanzamtes Salzburg Land der (seit 1. Jänner 1983 erhöhte) Einheitswert der beiden klagsgegenständlichen Objekte zum 1. Jänner 1988 EUR 7.656,30 bzw. EUR 6.768,02 betrage, woraus sich ein gesamter dreifacher Einheitswert von EUR 43.273,-- errechne. Daraus ergebe sich in Anwendung des § 15 Abs. 1 GGG iVm TP1 und TP3 leg. cit. der restlich vorgeschriebene Betrag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass ihr keine weitere Pauschalgebühr und keine Einhebungsgebühr vorgeschrieben wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des gerichtlichen und des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Einziges Beschwerdeargument ist der Hinweis darauf, dass nach den in der Beschwerde zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes die Justizverwaltungsbehörden bei der Vollziehung des Gerichtsgebührengesetzes an gerichtliche Entscheidungen gebunden seien und dass demnach zurfolge des Ausspruches des Berufungsgerichtes von einer EUR 20.000,-- nicht übersteigenden Bemessungsgrundlage auszugehen sei.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

§ 15 Abs. 1 GGG lautet:

"(1) Als Wert einer unbeweglichen Sache ist das Dreifache des Einheitswerts anzusehen. Wird vom Zahlungspflichtigen nachgewiesen, dass der Verkehrswert der Sache geringer ist als das Dreifache des Einheitswerts, so ist der Verkehrswert maßgebend; Gleiches gilt, wenn für die Sache kein Einheitswert festgestellt ist."

§ 60 Abs. 2 JN lautet:

"(2) Als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache ist jener Betrag anzusehen, welcher als Steuerwert für die Gebührenbemessung in Betracht kommt."

Darunter ist das Dreifache des Einheitswertes zu verstehen (siehe zB Mayr in Rechberger, ZPO - Kommentar3 Rz 2 zu § 60 JN).

Der Beschwerde ist zwar zuzugeben, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Meinung vertritt, dass die das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden sind (siehe dazu zB die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2006, 2006/16/0109; 23. November 2005, 2005/16/0128 und vom 27. Jänner 2005, 2004/16/0207 sowie zahlreiche andere).

Dabei ging es aber in allen entschiedenen Fällen jeweils darum, dass dort konkrete Absprüche der Gerichte über jeweils bestimmte, die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren darstellende Beträge vorlagen oder aber dass es um die Frage der rechtlichen Qualifikation einer Eingabe dahin ging, ob überhaupt eine Klage (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1992, 91/16/0108) oder eine Berufung (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, 99/16/0406) vorlag oder ob mehrere Klagen oder nur eine eingebracht wurden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 30. September 2004, 2004/16/0124) bzw. ob neben einer (zurückgewiesenen) Wiederaufnahmsklage noch eine (an sich unzulässige) Eventualklage erhoben worden war (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 26. September 2006, 2006/16/0109). In all diesen Fällen gebietet es schon das Ziel einer möglichst einfachen Handhabung des Gerichtsgebührenrechtes durch den Kostenbeamten, die Justizverwaltungsorgane an bereits vorliegende gerichtliche Entscheidungen zu binden (vgl. dazu insbesondere die bei Stabenteiner, Gerichtsgebühren8 in E 8 zu § 1 GGG angeführte zahlreiche hg. Rechtsprechung).

Der vorliegende Fall ist aber anders gelagert:

Zum einen existiert in Gestalt des § 15 Abs. 1 GGG eine spezielle und durchaus einfach anzuwendende Vorschrift über die Bewertung einer unbeweglichen Sache, die nach der ausdrücklichen Anordnung des § 14 leg. cit. der Anwendung der §§ 54 bis 60 JN vorzugehen hat und an die sich die das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane daher primär zu halten haben.

Zum anderen vermag ein vom Berufungsgericht in Anwendung des § 500 Abs. 2 lit.b ZPO vorgenommener Ausspruch gegenüber den das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorganen schon deshalb keine Bindungswirkung zu entfalten, weil gerade innerhalb der von dieser Gesetzesstelle abgesteckten Bandbreite, nämlich zwischen einer EUR 4.000,-- übersteigenden, jedoch EUR 20.000,-- nicht übersteigenden Summe sowohl nach TP1 GGG als auch nach der für die Vergebührung einer Revision maßgebenden TP3 GGG ein relevanter Tarifsprung (ab einer Summe von über EUR 7.270,--) gelegen ist. Der gem. § 500 Abs. 2 lit.b ZPO vom Berufungsgericht vorzunehmende Ausspruch hat vielmehr ausschließlich Bedeutung für die mit der Zulässigkeit der Erhebung einer Revision gegen das Berufungsurteil und mit dem diesbezüglichen Procedere zusammenhängenden Fragen, insbesondere für die Frage einer Antragsstellung gem. § 508 Abs. 1 ZPO auf Abänderung des Ausspruches über die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision; zudem stellt die Festlegung einer Bandbreite keine taugliche Grundlage für die Bildung einer Bemessungsgrundlage dar.

Nicht einmal dort aber wäre ein entsprechender Ausspruch des Berufungsgerichtes bindend, wenn er zwingenden Bewertungsvorschriften widersprechen sollte (vgl. dazu E. Kodek in Rechberger aaO Rz 3 zu § 500 ZPO bzw. Zechner in Fasching, Kommentar2 Rz 155 zu § 502 ZPO, je mwN); § 15 Abs. 1 GGG ist aber eine solche zwingende Bewertungsvorschrift.

Da sich somit der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 5. November 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte