Normen
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 TP1 Anm1;
VwRallg;
ZPO §226 Abs1;
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 TP1 Anm1;
VwRallg;
ZPO §226 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem von der belangten Behörde dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Klage einer Bank u.a. gegen den Beschwerdeführer wegen S 2.665.503,-- s.A. wurde ihm durch Hinterlegung beim Postamt Fohnsdorf am 23. Juni 1995 zugestellt. Wegen Nichterscheinens bei der ersten Tagsatzung erließ das Bezirksgericht Judenburg am 30. Juni 1995 ein Versäumungsurteil, welches dem Beschwerdeführer am 4. Juli 1995 zugestellt wurde. Ein beim Bezirksgericht Judenburg am 11. Juli 1995 eingelangter Schriftsatz des Beschwerdeführers an das Bezirksgericht, in welchem auf das Versäumungsurteil durch Anführung der Geschäftszahl Bezug genommen wurde, hatte folgenden Inhalt:
"Bezugnehmend auf oben angeführtes Versäumungsurteil vom 30.06.1996 möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich die Ladung zu dieser Verhandlung erst am 30.06.1995 (innerhalb der Postzustellfrist und an eine falsche Adresse) verspätet erhalten habe, und daher mir nicht möglich war an der Verhandlung teil zu nehmen. Daher erhebe ich gegen oben angeführtes Urteil Berufung und bitte um ordentliche Verhandlung. Falls für oben erhobenes Rechtsmittel obligat ein Anwalt erforderlich ist, bitte ich Sie mir ein Formblatt für eine Verfahrenshilfe zuzusenden."
In dieser Eingabe gab der Beschwerdeführer nicht die Adresse, an der ihm die Klage und das Versäumungsurteil zugestellt worden war, sondern eine Wiener Adresse an. Spätere Erhebungen des Gerichtes ergaben, dass sich der Beschwerdeführer im Jänner 1995 von Fohnsdorf nach Wien abgemeldet hat.
Nach Vorlage eines Vermögensbekenntnisses durch den Beschwerdeführer wies das Bezirksgericht Judenburg mit Beschluss vom 16. November 1995 seinen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Erhebung der Berufung gegen das genannte Versäumungsurteil zurück. Gleichzeitig wurde ihm die Verbesserung der Berufung durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes und Stellung einer Anfechtungserklärung sowie von Berufungsanträgen aufgetragen. Da die Frist ungenützt blieb, legte das Erstgericht die Berufung vor; mit Beschluss vom 15. Jänner 1996 wies das Landesgericht Leoben die Berufung als unzulässig zurück, weil sie nicht von einem Rechtsanwalt unterschrieben wurde und ein diesbezüglicher Verbesserungsauftrag erfolglos geblieben war.
Mit Zahlungsauftrag vom 7. Dezember 1998 schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Judenburg für diese Berufung die Pauschalgebühr nach Tarifpost 2 GGG in Höhe von S 59.660,-- sowie S 100,-- Einhebungsgebühr vor. In seinem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Berufung in Wahrheit einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebildet hätte. Ein derartiger Antrag sei aber gebührenfrei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Berichtigungsantrag keine Folge. Die Gerichtsgebührenpflicht knüpfe an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Konkret sei im vorliegenden Fall eine Berufung erhoben worden, die der zweiten Instanz zur Entscheidung vorgelegt worden sei, weshalb die Pauschalgebühr nach TP 2 GGG beizubringen war.
Die dagegen erhobene Beschwerde war zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtet, der mit Beschluss vom 13. Oktober 1999 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Erkennbar erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Pauschalgebühren für ein Berufungsverfahren verletzt; er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Z. 1 lit. c GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter und dritter Instanz mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift. Nach § 3 GGG ist im zivilgerichtlichen Verfahren oder Exekutionsverfahren die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten; wird eine gebührenpflichtige Klage oder ein Antrag der Partei zur Verbesserung zurückgestellt und neuerlich überreicht, so ist hiefür keine weitere Gebühr zu entrichten. Nach § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG ist der Rechtsmittelwerber gebührenpflichtig.
Die Tarifpost 2 bestimmt die Pauschalkosten für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz. Nach deren Anmerkung 1 unterliegt der Pauschalgebühr u.a. das Berufungsverfahren; nach Anmerkung 3 erlischt die Gebührenpflicht selbst dann nicht, wenn nur über das Rechtsmittel nicht entschieden wird.
Der Beschwerdeführer meint nun in seiner Beschwerde, es sei allgemein bekannt, dass rechtsunkundigen Personen der Begriff der Wiedereinsetzung nicht, sondern nur der Begriff der Berufung geläufig sei. Aus dem Inhalt seines Schriftsatzes vom 9. Juli 1995 sei klar ersichtlich, dass er eine Wiedereinsetzung wollte; es gehe aus dem Schriftsatz hervor, dass eine ordnungsgemäße Zustellung nicht erfolgt sei, weshalb grundsätzlich ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben sei. Für die Qualifikation dieses Schreibens als Berufung fehlten sämtliche Inhalts- und Formerfordernisse.
Damit verkennt der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Gebührenpflicht in mehrfacher Weise. Abgesehen davon, dass sein Schriftsatz, mit dem eine gesetzwidrige Zustellung geltend gemacht wurde, völlig zu Recht als "Berufung" bezeichnet war, weil dann, wenn die Partei durch einen gesetzwidrigen Vorgang an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert wurde, das trotzdem ergangene Versäumungsurteil gemäß § 477 Abs. 1 Z. 4 ZPO nichtig ist, was nur mit Berufung geltend gemacht werden kann (Fasching, Lehrbuch2, RZ. 576), enthielt dieser Schriftsatz keinen Wiedereinsetzungsgrund. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr behauptet, mit diesem Schriftsatz seien sämtliche Erfordernisse eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt gewesen, so genügt ein Hinweis auf die Bestimmung des § 149 ZPO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Insbesondere sind die das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (siehe die unter E Nr. 8 und 9 wiedergegebenen Beispiele aus der hg. Judikatur bei Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren6, zu § 1 GGG). So etwa bindet auch die Entscheidung des Gerichtes, ob es sich um ein "mittels Klage einzuleitendes gerichtliches Verfahren" handelt oder nicht (hg. Erkenntnis vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0126). Der hier gegenständliche Schriftsatz wurde vom Gericht als Berufung behandelt, einem Verbesserungsverfahren zugeführt und schließlich mit Beschluss des Berufungsgerichtes zurückgewiesen. In Bindung daran war daher auch im Verwaltungsverfahren zur Bestimmung der Gerichtsgebühr vom Vorliegen einer Berufung auszugehen.
Dass die Berufung den für sie geltenden Formvorschriften nicht entsprochen hat, ist hinsichtlich der Gebührenpflicht schon wegen der Bestimmung des § 3 Abs. 2 GGG ohne Belang.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Da die anstehenden Rechtsfragen durch Gesetz und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig geklärt waren, konnte die Entscheidung durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Mit Rücksicht auf diese Entscheidung erübrigt sich auch ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Wien, am 16. Dezember 1999
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