VwGH 2006/05/0150

VwGH2006/05/015016.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des DDr. F S in Wien, vertreten durch Spohn/Richter & Partner Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Salztorgasse 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. September 2005, Zl. BOB- 357/04, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;
EisenbahnG 1957 §10;
EisenbahnG 1957 §35;
EisenbahnG 1957 §36;
VwRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;
EisenbahnG 1957 §10;
EisenbahnG 1957 §35;
EisenbahnG 1957 §36;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 37/21, vom 16. Juni 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 8 AVG und § 134 der Bauordnung für Wien (BO) abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch lautet wie folgt:

"Gemäß § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) wird der an den Magistrat der Stadt Wien gerichtete Antrag des Herrn DDr. F S vom 13. April 2004 auf Zuerkennung der Parteistellung und Zustellung eines Bescheides im Zusammenhang mit durchgeführten Bauarbeiten im Bereich der Verkaufshalle auf der im Betreff angeführten Liegenschaft als unzulässig zurückgewiesen."

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Mit Schreiben vom 13. April 2004 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung und Zustellung eines Bescheides im Zusammenhang mit durchgeführten Bauarbeiten zu der auf der Liegenschaft in Wien 21, Wagramer Straße 193, EZ 4308 der KG Leopoldau bestehenden Halle (Merkur-Markt) gestellt, weil gemäß § 63 BO Bauarbeiten der Zustimmung des Grundeigentümers bedürften und diese nicht vorliege bzw. nicht um Erteilung einer Baubewilligung angesucht worden sei.

Die bezughabende Bauführung stelle einen Teilabbruch einer bestehenden Verkaufshalle und die Errichtung einer Stützmauer für dieses Gebäude im Zug des Ausbaus der U-Bahnlinie U 1 dar. Der Teilabbruch der Halle sei zur Ausführung der festgelegten Trassenführung der U-Bahnlinie erforderlich und stehe gemeinsam mit der Errichtung der Stützmauer in unlösbarem Zusammenhang mit der Bauführung zur Errichtung der U-Bahntrasse.

Für das bezughabende Teilstück der U-Bahntrasse sei mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 24. September 2001, Zl. MA64-OB 19/2001, die eisenbahnrechtliche Baubewilligung erteilt worden. In dem einen Bestandteil dieses Eisenbahnbescheides bildenden Plan sei insbesondere auch die Errichtung der bezughabenden Stützmauer dargestellt, welche einschließlich des Teilabbruchs des Gebäudes (Merkur-Markt) somit von der eisenbahnrechtlichen Bewilligung zweifelsfrei erfasst sei.

Es seien somit keine Bauarbeiten, die gemäß der BO zu bewilligen wären, ausgeführt worden. Auf der Grundlage der BO sei weder ein Verfahren, in dem gemäß § 134 Abs. 3 BO dem Beschwerdeführer Parteistellung zugekommen wäre, durchgeführt noch ein Bescheid erlassen worden. Aus diesen Gründen liege eine Zuständigkeit des Magistrats der Stadt Wien als Baubehörde erster Instanz nicht vor. Der Antrag des Beschwerdeführers stelle sich daher als unzulässig dar.

Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 1. Juni 2006, B 3441/05-5).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 15 Abs. 1 B-VG verbleibt eine Angelegenheit, die nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, im selbständigen Wirkungsbereich der Länder. Dieser Kompetenztatbestand umfasst insbesondere Regelungen über die Errichtung von Gebäuden und die Baupolizei. Gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG ist das Verkehrswesen bzgl. der Eisenbahnen Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Unter diesen Kompetenztatbestand fällt auch das baubehördliche Verfahren hinsichtlich der Eisenbahnanlagen, woraus gefolgert werden kann, dass für Eisenbahnanlagen eine gesonderte Baubewilligung (nach Landesgesetz) nicht in Betracht kommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, Zl. 94/03/0314, mwH). Gemäß Art. I Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) hat dieses Gesetz insoweit keine Geltung, als eine Angelegenheit in die Zuständigkeit des Bundes fällt.

Gemäß § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 (in seiner maßgeblichen Fassung vor BGBl. I Nr. 38/2004) sind Eisenbahnanlagen Bauten, ortsfeste eisenbahntechnische Einrichtungen und Grundstücke einer Eisenbahn, die ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder Sicherung des Eisenbahnbetriebes oder Eisenbahnverkehrs dienen. Ein räumlicher Zusammenhang mit der Fahrbahn ist nicht erforderlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu ausgesprochen, dass Eisenbahnanlagen Einrichtungen sind, die mit dem Eisenbahnbetrieb oder dem Eisenbahnverkehr in einem solchen Zusammenhang stehen, dass ohne sie ein geordneter Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr nicht möglich ist (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 94/03/0314, mwH). Die Qualifikation einer Anlage als Eisenbahnanlage ergibt sich demnach aus ihrer Zweckbestimmung. Die primär entscheidende eigentliche Zweckbestimmung kann sich schon aus der technischen Eigenart oder der speziellen Funktion ergeben, letztlich entscheidet aber die Zweckwidmung "zur Abwicklung oder Sicherung des Eisenbahnbetriebes oder -verkehrs" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2009, Zl. 2008/03/0108 mwH).

2. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten erteilte der Landeshauptmann von Wien mit dem im angefochtenen Bescheid genannten Bescheid vom 24. September 2001 der Wiener Linien GmbH & Co KG gemäß § 35 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 und 2 des Eisenbahngesetzes 1957 unter der Voraussetzung der Erwerbung der erforderlichen Rechte und unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den bautechnischen Ausbau inklusive Bauhilfsmaßnahmen (sowohl für die Kunstbauten, tiefbaumäßigen Maßnahmen, Hochbauten, bautechnische Anordnungen der maschinentechnischen und elektrotechnischen Anlagen wie z.B. Lifte, Aufzüge, Betriebsräume und dgl.) und gemäß §§ 35 und 36 Abs. 1 leg. cit. für den Oberbau der U-Bahnlinie U 1- Nord im dritten Bauabschnitt "Aderklaaer Straße" mit den Streckenabschnitten vom Bauabschnitts-Anfang (Martin-Gaunersdorfer-Gasse) über die Station "Aderklaaer Straße" bis zum Bauabschnitt-Ende (Julius-Ficker-Straße), nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehene Plänen und der technischen Berichte (Entwurfsgleichstücke 1 bis 45).

Aus dem diesem Bescheid des Landeshauptmanns beigelegten, mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Plan betreffend den Streckenabschnitt "U 1/3 'Aderklaaer Straße'" ergibt sich, dass über den Teil der Liegenschaft des Beschwerdeführers, wo eine Halle eines Merkur-Markts errichtet wurde, die U-Bahntrasse - und damit die Gleise - führen sollen. Zudem ergibt sich aus der eisenbahnrechtlichen Bewilligung aus dem Jahr 2001, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch (als dinglicher berechtigter Bestandnehmer) die Merkurwarenhandels-Aktiengesellschaft Parteien des eisenbahnrechtlichen Verfahrens waren und deren Einwendungen nicht gefolgt wurde (vgl. Spruchpunkt I.b.2 und I.b.3). Sowohl der besagte Teilabbruch als auch die Errichtung der Stützmauer waren Gegenstand des eisenbahnrechtlichen Verfahrens.

Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei der Trasse um eine Eisenbahnanlage handelt. Dies gilt auch für die aus dem Plan ersichtliche Stützmauer bzw. Stahlbetonwand, welche die Trasse zu dem nicht von ihr tangierten Gebäudeteil des Merkur-Markts abgrenzt und absichert. Die Errichtung dieser Stützmauer für den verbleibenden Teil des Gebäudes des Merkur-Markts steht in unlösbarem Zusammenhang mit der Bauführung zur Errichtung der Eisenbahntrasse. Dies vor dem Hintergrund, dass (offensichtlich) der Teilabbruch des Gebäudes ohne die Errichtung der Stützmauer nicht möglich wäre und damit dieser Teilabbruch und die Stützmauererrichtung bautechnisch eine Einheit darstellen. Es ist offensichtlich, dass ohne die Stützmauer ein sicherer Betrieb der U-Bahn nicht möglich wäre.

Damit erweist sich - anders als die Beschwerde meint - die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass der Teilabbruch des besagten Gebäudes zur Errichtung der U-Bahn sowie die Errichtung der Stützmauer unter den Begriff der Eisenbahnanlage fallen, als rechtskonform. Entgegen der Beschwerde war daher diesbezüglich eine Bewilligung nach der BO nicht erforderlich. Damit versagt auch der Beschwerdehinweis, dass das Aufstellen einer Mauer nach der BO allein schon genehmigungspflichtig sei.

Für die Beschwerde ist zudem nichts gewonnen, wenn sie ausführt, dass in den nach der Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 24. September 2001 enthaltenen "Hinweisen" darauf aufmerksam gemacht wird, dass dann, wenn an Objekten Änderungen erforderlich sind, die durch den U-Bahnbau verursacht werden und nicht Gegenstand des eisenbahnrechtlichen Verfahrens sind, eine baubehördliche Bewilligung vom Magistrat der Stadt Wien zu erwirken sei. Angesichts der eisenbahnrechtlichen Genehmigung des Landeshauptmanns von Wien vom 24. September 2001 kann auch nicht gesagt werden, dass die besagte Stahlbetonwand über keine eisenbahnrechtliche Genehmigung verfügen würde.

Die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob nach dem Teilabbruch der verbleibende Teil der Halle ein anderes Gebäude darstelle als das zuvor bestehende, ist für die Beurteilung, dass es sich bei der Stützmauer um einen Teil der Eisenbahnanlage handelt, nicht einschlägig.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 16. September 2009

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