Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. Juni 2005 wies der Bundesminister für Landesverteidigung den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. April 2004 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb, Besitz und Führen eines Maschinengewehrs Type 34 (im Folgenden: MG 34) und der zugehörigen Lafette gemäß § 18 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) in Verbindung mit § 1 Abschnitt I. Z. 1 lit. a und c der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977 betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624, ab. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mit Schreiben vom 5. April 2004 habe der Beschwerdeführer die Erteilung einer Bewilligung zur Anbringung einer "MP Type 34" auf einer Lafette an seiner BMW Wehrmachtsmaschine R75, Baujahr 1943, beantragt. Am 4. Mai 2004 habe der Beschwerdeführer ein Schreiben der Firma Interordnance Waffenhandel GmbH übermittelt, wonach am MG 34 die nachfolgend genannten Änderungen durchgeführt worden seien: Der Lauf sei im Bereich des Patronenlagers und Übergangskonus ausgefräst oder durchgebohrt worden. Im Patronenlager sei ein Stahlstift eingeschweißt, der ein Laden einer Patrone verhindere. Im vorderen Drittel des Laufes sei ein Stahlstift in Kalibergröße normal zur Laufseelenachse eingeschweißt worden. Zwischen Patronenlager und eingeschweißtem Stift befänden sich noch sechs kalibergroße Bohrungen normal zur Laufseelenachse. Der Verschluss sei vom Zündkanal ausgehend in einem Winkel von 45 Grad abgeschliffen worden. Die Schlagbolzenbohrung sei verschweißt. Der Patronenzieher sei auf Höhe des Stoßbodens abgeschliffen. Die Lafette werde fixiert. Laut Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 12. August 2004 würden über den Beschwerdeführer keine Vormerkungen gemäß § 8 Abs. 3 und 5 des WaffG aufscheinen. Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz eines waffenrechtlichen Dokuments. Mit Schreiben vom 21. November 2004 habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen erklärt, dass er Mitglied des Oldtimerclubs ÖAMTC Tirol sei und seine BMW das einzige derart gut erhaltene Motorrad sei. "Auf ein solches Motorrad gehöre - wie beim Original - ein MG dazu". Auf Grund seiner Nachforschungen im Zusammenhang mit der Fahrgestellnummer habe sich ergeben, dass das Motorrad ursprünglich mit einem MG ausgestattet gewesen sei. Ferner sei seitens des Obmann-Stellvertreters des Oldtimerclubs ÖAMTC Tirol bestätigt worden, dass der Beschwerdeführer Mitglied dieses Vereins sei. Sein Wunsch, sein Motorrad im Originalzustand, d.h. samt Bestückung mit einem MG 34 samt Lafette zu zeigen, könne von dieser Seite nur unterstützt werden. Bei Ausfahrten bzw. Veranstaltungen des Clubs gebe es immer wieder Nachfragen von Kennern der Veteranenszene nach dieser Originalbestückung. Der Oldtimerclub ersuche daher, seinem Antrag stattzugeben, da "es eine Rarität bzw. eine einmalige Sache sei, wenn ein Club im Besitz eines so seltenen Wehrmachtsmotorrades" sei.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, nach § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. a und c der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977 betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624, seien Maschinengewehre sowie die dazugehörigen Lafetten als Kriegsmaterial anzusehen. Selbst die Funktionsunfähigkeit von als Kriegsmaterial anzusehenden Schusswaffen stehe der Einstufung als Kriegsmaterial nicht entgegen. Trotz der Änderungen werde daher das MG 34 als Kriegsmaterial eingestuft. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 18 Abs. 2 WaffG liege im Ermessen der Behörde und könne gemäß § 18 Abs. 3 leg. cit. an Auflagen gebunden werden. Die vom Gesetzgeber getroffene Formulierung des § 18 Abs. 2 WaffG als Ausnahmebestimmung und die damit verbundene Zielsetzung habe zur Folge, dass lediglich in völlig unbedenklichen Einzelfällen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 18 Abs. 2 WaffG zulässig sei. Im Verfahren nach § 18 Abs. 2 WaffG obliege es dem Antragsteller, im Hinblick auf die Glaubhaftmachung seines Interesses, darzutun, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spreche bzw. woraus er für seine Person das berechtigte Interesse am Erwerb, Besitz und Führen des gegenständlichen Kriegsmaterials ableiten wolle. Der Beschwerdeführer habe sohin von sich aus darzulegen, welche Umstände seiner Meinung nach für seinen Standpunkt sprechen. Im Vordergrund seiner Ausführungen stehe der Wunsch, mit dem Wehrmachtsmotorrad samt darauf montierter Lafette und "aufgepflanztem" MG 34 Ausfahrten durchzuführen. Sein dahingehender Wunsch könne jedoch, zumal dieser nicht durch nähere Ausführungen untermauert sei, nicht eine Glaubhaftmachung seines berechtigten Interesses bewirken. Obwohl es in diesem Verfahren dem Beschwerdeführer zukomme, das Vorliegen der Umstände, die sein berechtigtes Interesse begründen könnten, darzutun und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, eingeräumt worden sei, habe die vom Beschwerdeführer vorgenommene Ergänzung zu keiner Präzisierung seines Vorbringens geführt. Mangels näherer Ausführungen seien die Äußerungen jedenfalls nicht geeignet, um von der Glaubhaftmachung seines Interesses ausgehen zu können. Da im Gegenstand die Glaubhaftmachung seines Interesses am Erwerb und Besitz des gegenständlichen Kriegsmaterials nicht erfolgt sei und das Fehlen einer Glaubhaftmachung einen zwingenden Versagungsgrund gemäß § 18 Abs. 2 WaffG darstelle, sei sein Antrag abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996 - WaffG
lauten:
"Kriegsmaterial
§ 5. Kriegsmaterial sind die auf Grund des § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, durch Verordnung bestimmten Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände.
...
Ermessen
§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.
...
Kriegsmaterial
§ 18. (1) Der Erwerb, der Besitz und das Führen von Kriegsmaterial sind verboten.
(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung kann verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein berechtigtes Interesse für den Erwerb, Besitz oder das Führen von Kriegsmaterial glaubhaft machen, Ausnahmen von den Verboten des Abs. 1 bewilligen. Solche Ausnahmebewilligungen bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Inneres. Sie sind zu versagen, wenn gegen ihre Erteilung gewichtige Interessen, insbesondere militärischer oder sicherheitspolizeilicher Art sprechen.
..."
Die Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, lautet (auszugsweise):
"§ 1. Als Kriegsmaterial sind anzusehen:
I. Waffen, Munition und Geräte
1.a) Halbautomatische Karabiner und Gewehre, ausgenommen Jagd- und Sportgewehre; vollautomatische Gewehre, Maschinenpistolen, Maschinenkarabiner und Maschinengewehre.
...
c) Läufe, Verschlüsse und Lafetten für Kriegsmaterial der lit. a und b.
..."
Nicht zu beanstanden ist im Beschwerdefall zunächst die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, bei dem in Rede stehenden Maschinengewehr und der dazu gehörigen Lafette handle es sich nach § 1 Abschnitt I Z. 1 lit. a und lit. c der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial um Kriegsmaterial. Die Kriegsmaterialeigenschaft wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen.
Im Vordergrund steht, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine (negative) Ermessensentscheidung getroffen hat. Sie hat vielmehr die Auffassung vertreten, der Antrag sei schon deshalb abzuweisen, weil es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 18 Abs. 2 WaffG glaubhaft zu machen.
Der Beschwerdeführer bringt dazu in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, er habe sein berechtigtes Interesse dahin geltend gemacht, dass er als Mitglied eines Vereins und Sammler sein Wehrmachtsmotorrad mit der Originalausrüstung durch ein unbrauchbar gemachtes Maschinengewehr ausstatten möchte. Er sei kein Waffensammler, sondern ein Sammler von Oldtimern, also Fahrzeugen, welche über 25 Jahre alt seien, und Mitglied des Oldtimerclubs ÖAMTC. Sein Interesse bestehe in der Möglichkeit zum Sammeln von Raritäten von Fahrzeugen im Originalzustand. Sein berechtigtes Interesse sei bereits durch die Mitgliedschaft beim Oldtimerclub ÖAMTC Tirol dargelegt. Sinn und Zweck seiner Mitgliedschaft bei einem Oldtimerclub sei das Sammeln von Oldtimern mit Originalausrüstung sowie die Zurschaustellung dieser Fahrzeugraritäten bei Veranstaltungen und Ausfahrten des Clubs. Dies habe sich auch aus dem Schreiben des Oldtimerclubs ÖAMTC Tirol ergeben. In diesem Schreiben werde bestätigt, dass er Mitglied des Clubs sei und ein seltenes Wehrmachtsmotorrad besitze und es bei Ausfahrten und Veranstaltungen immer wieder Nachfrage nach der Originalbestückung gebe. Er habe keineswegs die Absicht, mit dem Motorrad "kriegerisch" vor Mitbürgern, welche die Seltenheit des Motorrades und der Ausrüstung nicht beurteilen könnten, herumzufahren. Vorgeführt würden die Sammlerstücke im Rahmen von Clubveranstaltungen und Clubausfahrten, bei welchen fachkundige Oldtimerfans sein seltenes Motorrad mit Originalausrüstung entsprechend beurteilen könnten.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in der Vergangenheit zu § 18 Abs. 2 WaffG auch das Sammeln historischer Waffen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0116, hinsichtlich einer Ordonanzwaffensammlung) als relevantes Interesse für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung anerkannt. Die Behörde meint allerdings, dass beim Beschwerdeführer im Vordergrund stehe, "mit dem o.a. Wehrmachtsmotorrad samt darauf montierter Lafette und aufgepflanztem MG 34 Ausfahrten durchzuführen" und er ein berücksichtigungswürdiges Interesse nicht glaubhaft gemacht habe.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag vom 5. April 2004 den Begriff "Sammeln" zwar nicht verwendet, sondern darin unter dem Betreff "Bewilligung zur Anbringung einer 'MP' Type 34 auf einer Lafette an meiner BMW Wehrmachtsmaschine R 75, BJ. 1943
Oldtimer" lediglich ausgeführt " ... Wie bereits tel. besprochen
bitte ich wie oben angeführt um Bewilligung zur Anbringung der MP an meiner Maschine. Ich bin Mitglied des ÖAMTC Oldtimerclubs Tirol. ..." In der Zusammenschau mit seiner Ergänzung in der Stellungnahme vom 21. November 2004, wo er nochmals darauf verweist, Mitglied beim Oldtimerclub ÖAMTC Tirol zu sein und sein Motorrad das einzige derart gut erhaltene Motorrad sei, bei welchem wie im Originalzustand eine MG angebracht sein sollte, zumal er anhand der Fahrgestellnummer erforscht habe, dass auf dem Motorrad in der Vergangenheit ein MG angebracht gewesen sei, kann sein Antrag bei verständiger Würdigung nur dahin verstanden werden, dass sein wesentliches Interesse dahin gerichtet ist, als Mitglied eines Oldtimerclubs in seine Sammlung einen Oldtimer im Originalzustand aufzunehmen. Dass ein Sammler daneben auch ein Interesse haben kann, seine Sammelstücke Dritten zu präsentieren, bei Sammlern von Kraftfahrzeugen insbesondere auch etwa mit im Originalzustand erhaltenen Objekten im Rahmen von Veranstaltungen eine Ausfahrt zu unternehmen, spricht nicht gegen das hier zum Ausdruck kommende Sammlerinteresse. Dies wird auch durch die Stellungnahme des in Rede stehenden Oldtimerclubs vom 23. November 2004 gestützt.
Die Wortfolge "glaubhaft machen" ist dahin zu verstehen, dass der Antragsteller die Behörde von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache bzw. von einer bestimmten Voraussetzung zu überzeugen hat. Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2006, Zl. 2005/04/0120).
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde begründet das vom Beschwerdeführer Vorgebrachte ein - nach der wiedergegebenen Rechtsprechung relevantes - berechtigtes Interesse im Sinne des § 18 Abs. 2 WaffG. In Verkennung dieses Umstandes hat die belangte Behörde die Ermessensentscheidung unterlassen.
Es war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Dezember 2008
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