Normen
DO Wr 1994 §76 Abs1 Z4 idF 2003/037;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z1;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z2;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z3;
DO Wr 1994 §77 Abs1;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
StGB §35;
VwGG §42 Abs2 Z1;
DO Wr 1994 §76 Abs1 Z4 idF 2003/037;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z1;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z2;
DO Wr 1994 §77 Abs1 Z3;
DO Wr 1994 §77 Abs1;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
StGB §35;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand als Oberbrandmeister der Magistratsabteilung 68 - Feuerwehr und Katastrophenschutz - in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Seine letzte Dienststelle war die Gruppenwache X, der er als Wachkommandant vorstand.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission der Stadt Wien - Senat 3, vom 9. März 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es unterlassen zu haben, gegenüber seinen Vorgesetzten und seinen Mitarbeitern ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen und im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er als Oberbrandmeister der Magistratsabteilung 68 - Feuerwehr und Katastrophenschutz und als Wachkommandant der Gruppenwache X im Zeitraum von Ende November 2003 bis zum 23. Jänner 2004 in der Gruppenwache X in Wien, C-Gasse, während seiner 24 Stunden-Dienste in mehreren Angriffen Gelddiebstähle aus der Handkassa der Dienstgruppe A in einem Gesamtwert von insgesamt EUR 532,-- begangen habe. Dadurch habe er die in § 18 Abs. 2 DO 1994 normierten Dienstpflichten verletzt, weshalb er mit der Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe des siebenfachen Monatsbezuges gemäß § 76 Abs. 1 Z. 3 DO 1994 zu bestrafen gewesen sei.
Im Rahmen der Strafbemessung erachtete die Behörde erster Instanz die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, die vollständige Schadensgutmachung sowie sein reumütiges Geständnis als strafmildernd. Es könne darüber hinaus nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die festgestellten depressiven Krankheitszustände einen schuldmildernden Einfluss gehabt hätten. Als erschwerend sei anzulasten, dass es sich um einen Kameradendiebstahl gehandelt habe und der Beschwerdeführer Vorgesetzter der Bestohlenen gewesen sei.
Die Behörde begründete in der Folge eingehend das von ihr angenommene Vorliegen eines disziplinären Überhangs.
Zur Strafbemessung führte die Behörde erster Instanz aus, im Ermittlungsverfahren sei auch die subjektive Tatseite beleuchtet und versucht worden, zu klären, warum es zu den angelasteten Verfehlungen gekommen sei, für die der Beschwerdeführer selbst keine Erklärung habe angeben können. Der Einfluss eines depressiven Zustandsbildes im Tatzeitpunkt könnte "Zweifel an einer gewissen Einschränkung der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit" begründen, weshalb dieser Umstand neben den bereits angeführten Milderungsgründen bei der Schuldangemessenheit der Strafe Berücksichtigung gefunden habe und daher von der Verhängung der Höchststrafe Abstand genommen worden sei.
Gegen die Verhängung lediglich der Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe des siebenfachen Monatsbezuges (Strafart) erhob die Disziplinaranwältin Berufung.
Wegen derselben Tathandlungen war durch die Bundespolizeidirektion Wien, Kriminalkommissariat West, gegen den Beschwerdeführer auch polizeiliche Strafanzeige erstattet worden. Nach Mitteilung der Möglichkeit zur Diversion (vom 13. April 2004) und Zahlung eines Betrages von EUR 2.000,-- (am 22. April 2004) war die Staatsanwaltschaft Wien gemäß § 90c Abs. 5 StPO von der Verfolgung des Beschwerdeführers zurückgetreten und hatte das strafgerichtliche Verfahren gegen ihn per 5. Mai 2004 eingestellt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 7. September 2005 wurde der Berufung der Disziplinaranwältin nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Folge gegeben und das bekämpfte erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis dahingehend abgeändert, dass über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 76 Abs. 1 Z. 4 DO 1994 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 37/2003 verhängt wurde.
Die belangte Behörde führte - nach expliziter Wiedergabe des erstinstanzlichen Verfahrens und des diesem zu Grunde liegenden Akteninhaltes - begründend aus, insoweit ein Bescheid der ersten Instanz nur in einem trennbaren Teil angefochten werde, habe sich die Entscheidung der Berufungsbehörde auf diesen Teil zu beschränken, wobei insbesondere der Ausspruch über Schuld und Strafe trennbar sei. Habe ein Berufungswerber nur den Strafausspruch bekämpft, so sei Gegenstand der Berufungsentscheidung lediglich die Frage der Strafbemessung, nicht jene der Schuld. Hinsichtlich der übrigen Spruchteile sei in diesem Fall Teilrechtskraft eingetreten. Die Disziplinaranwaltschaft habe sich in ihrer Berufung nur gegen die Strafart gewendet, sodass nur diese den Gegenstand des Berufungsverfahrens bilde. Bei der Beurteilung der Schwere der Tat und ihren Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis sei daher von dem rechtskräftig festgestellten Tatverhalten auszugehen gewesen. Die belangte Behörde setzte nach Zitierung der in Anwendung gebrachten Bestimmung des § 76 DO 1994 fort wie folgt:
"Die Entlassung ist gemäß dem Strafenkatalog des § 76 Abs. 1 DO 1994 die schwerste Disziplinarstrafe, die gegen einen Beamten ausgesprochen werden kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Entlassung aber keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Wird der Beamte danach nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben (VwGH vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0107). Es handelt sich also vielmehr, um eine 'Maßnahme', deren Zweck ausschließlich darin besteht, 'dass sich die Dienstbehörde von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht hat, unter Auflösung des Beamtenverhältnisses trennen kann' (VwSlg 13.431 A/1991). Nur diese im Fehlverhalten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es der Dienstbehörde unzumutbar macht, mit dem Beamten weiterhin das Dienstverhältnis fortzusetzen, darf Grund für die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3 S. 67).
Nicht notwendig sind mehrfache oder wiederholte Dienstpflichtverletzungen, vielmehr kann auch eine einmalige schwerwiegende Pflichtverletzung gegen den Kernbereich der Dienstpflicht verstoßen und eine Entlassung rechtfertigen (VwGH vom 18. April 2002, Zl. 2000/09/0176). Ausdrücklich festgehalten hat der Verwaltungsgerichtshof, dass die Disziplinarstrafe der Entlassung keine Bereicherungsabsicht des handelnden Beamten voraussetzt (VwGH vom 24. November 1997, Zl. 95/09/0348). Auch eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe des Strafgerichtes schließt eine Entlassung nicht aus (VwGH vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0107).
Eine Strafe ist gemäß § 43 Abs. 1 StGB dann bedingt nachzusehen, wenn ein Rechtsbrecher zu einer zwei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe verurteilt wird, wenn anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Dabei sind insbesondere die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall wurde jedoch keine bedingte Strafe ausgesprochen, sondern das Strafverfahren durch Diversion beendet. Nach § 90a Abs. 1 StPO hat der Staatsanwalt von der Verfolgung einer strafbaren Handlung zurückzutreten, wenn auf Grund hinreichend geklärten Sachverhalts feststeht, dass ein Zurücklegen der Anzeige nach § 90 nicht in Betracht kommt, eine Bestrafung jedoch im Hinblick auf
- 1. die Zahlung eines Geldbetrages (§ 90c) oder,
- 2. die Erbringung gemeinnütziger Leistungen (§ 90d) oder
- 3. die Bestimmung einer Probezeit, allenfalls in Verbindung mit Bewährungshilfe und der Erfüllung von Pflichten (§ 90f), oder
4. einen außergerichtlichen Tatausgleich (§ 90g) nicht geboten erscheint, um den Verdächtigen von, strafbaren
Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Abs. 2 des § 90a StPO ergänzt, dass ein derartiges Vorgehen jedoch nur zulässig ist, wenn
1. die strafbare Handlung nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fällt,
2. die Schuld des Verdächtigen nicht als schwer anzusehen wäre und
3. die Tat nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt hat.
Unter den Voraussetzungen des § 90a StPO kann der Staatsanwalt von der Verfolgung einer strafbaren Handlung zurücktreten, wenn der Verdächtige einen Geldbetrag zugunsten des Bundes entrichtet (§ 90c Abs. 1 StPO).
§ 42 StGB normiert, dass dann, wenn die von Amts wegen zu verfolgende Tat nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedroht ist, die Tat nicht strafbar ist, wenn
- 1. die Schuld des Täters gering ist,
- 2. die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat oder, sofern sich der Täter zumindest ernstlich darum bemüht hat, die Folgen der Tat im Wesentlichen beseitigt, gutgemacht oder sonst ausgeglichen worden sind und
3. eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Während somit § 42 StGB für seine Anwendung die (gerichtliche) Strafunwürdigkeit der (an sich verpönten) Handlung voraussetzt, liegt der Diversion ein an sich strafwürdiges Verhalten zu Grunde, dessen (gerichtliche) Bestrafung jedoch aus bestimmten in § 90a Abs. 1 StPO genannten Gründen nicht als geboten erachtet wird. In Bezug auf einen begangenen Diebstahl und dessen Strafwürdigkeit bzw. Strafunwürdigkeit im Sinn des § 42 StGB hat das Oberlandesgericht Wien in seinem Urteil vom 27. Oktober 2004, 7 Ra 148/04t (ARD 5577/2/2005) ausgesprochen, dass es für den Entlassungstatbestand des § 82 lit. d Gewerbeordnung 1859, RGBl. Nr. 227 in der Fassung BGBl. Nr. 399/1974, ohne Bedeutung ist, ob der vom Arbeitnehmer begangene Diebstahl gemäß § 42 StGB strafwürdig ist oder nicht. Selbst der Umstand, dass nicht einmal eine Strafanzeige erstattet wurde, schließt die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber nicht aus (OLG Wien aaO). Ist jedoch bereits im Fall der (gerichtlichen) Strafunwürdigkeit eines Diebstahls die Entlassung des Dienstnehmers zulässig, muss dies auch für die Fälle der Diversion gelten. Aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschuldigten lässt sich daher für ihn nichts gewinnen, insbesondere vermag er mit seinem Vorbringen die (generelle) Unzulässigkeit der Entlassung in Fällen der Diversion nicht darzutun.
§ 82 lit. d Gewerbeordnung 1859, RGBl. Nr. 227 in der Fassung BGBl. Nr. 399/1974 normiert, dass vor Ablauf der ausdrücklich oder stillschweigend bedungenen Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Hilfsarbeiter ohne Kündigung sofort entlassen werden kann, wenn er sich eines Diebstahls, einer Veruntreuung oder einer sonstigen strafbaren Handlung schuldig macht, welche ihn des Vertrauens des Gewerbsinhabers unwürdig erscheinen lässt.
§ 27 Angestelltengesetz, BGBl. Nr. 292/1921 in der Fassung BGBl. Nr. 418/1975, sieht als wichtigen Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt insbesondere an, wenn der Angestellte im Dienste untreu ist, sich in seiner Tätigkeit ohne Wissen oder Willen des Dienstgebers von dritten Personen unberechtigte Vorteile zuwenden lässt, insbesondere entgegen der Bestimmung des § 13 eine Provision oder eine sonstige Belohnung annimmt, oder wenn er sich einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt.
Für den Bereich der bei der Stadt Wien tätigen Vertragsbediensteten regelt § 45 der Vertragsbedienstetenordnung 1995 - VBO 1995, LGBl. für Wien Nr. 50 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 50/2002, die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses (Entlassung) durch die Gemeinde Wien. Ein wichtiger Grund, der die Gemeinde zur Entlassung berechtigt, liegt insbesondere nach dessen Abs. 2 Z 2 vor, wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens der Gemeinde unwürdig erscheinen lässt, insbesondere wenn er sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte, Mitarbeiter, Parteien oder Kunden zuschulden kommen lässt oder wenn er gegen das Verbot gemäß § 4 Abs. 5 VBO 1995 verstößt.
Die Beleuchtung der Rechtslage in Bezug auf die vorzeitige Beendigung eines Dienstverhältnisses für Personen, die in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, ist insofern bedeutsam, als das pragmatische Dienstverhältnis seinem Zweck nach nicht dazu dient, vor gerechtfertigter Entlassung bei Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung zu schützen. Gleiches gilt, wenn sich der Beamte einer so schweren Dienstpflichtverletzung oder einer solchen Handlung schuldig gemacht hat, die ihn des Vertrauens der Gemeinde unwürdig erscheinen lässt. Das öffentlich-rechtliche (pragmatische) Dienstverhältnis dient generell nicht dazu, das Dienstverhältnis in seinem Bestand auch dann zu schützen, wenn ein Verhalten durch einen Beamten gesetzt worden ist, das objektiv betrachtet auch in der 'allgemeinen' Arbeitswelt zu einer gerechtfertigten Entlassung geführt hätte.
Da die Entlassung eine Strafe ist, ist sie auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu bemessen. Bei ihrer Verhängung ist daher vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen. Diese ist am Maßstab einer 'Modellfigur' des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten zu beurteilen. Ergibt sich daraus die Untragbarkeit des Beschuldigten, ist mit Entlassung vorzugehen (VwGH vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0145, und vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0107), wobei die Untragbarkeit nicht als Untragbarkeit schlechthin, sondern als solche in seiner bisherigen Verwendung gesehen wird (VwGH vom 23. Februar 2000, Zl. 97/09/0082).
Als Folge der Untragbarkeitsthese wird vom Verwaltungsgerichtshof vertreten, dass bei festgestellter Untragbarkeit spezialpräventive Erwägungen keine Rolle mehr spielen und beispielsweise eine günstige Zukunftsprognose unbeachtlich ist (VwGH vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0107). Eine weitere Konsequenz besteht darin, dass von der Rechtsprechung regelmäßig eine Entlassung für gerechtfertigt gehalten wird, wenn gerichtlich strafbare Handlungen begangen wurden, die keinen Amtsverlust zur Folge hatten, aber wegen des disziplinären Überhangs zu bestrafen sind.
Laut Kucsko-Stadlmayer (Das Disziplinarrecht der Beamten3 S. 68) haben der Verwaltungsgerichtshof bzw. die Disziplinaroberkommission des Bundes in folgenden Fällen nach einer gerichtlichen Verurteilung die Zulässigkeit einer Entlassung angenommen:
1. bei Diebstahl bzw. Einbruchsdiebstahl zum Nachteil der Dienstbehörde unter Ausnutzung dienstlicher Möglichkeiten (§§ 127f, 302 StGB)
2. bei Diebstahl während des Dienstes an Kollegen (§ 127 StGB).
Hinsichtlich der verletzten Dienstpflichten ist überwiegend festzustellen, dass Entlassungen bei schweren Verstößen gegen § 43 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG (Bedachtnahme des Beamten in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben; entspricht den Intentionen des § 18 Abs. 2 zweiter Satz DO 1994) für zulässig erachtet werden; der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bedingung ausdrücklich so formuliert, dass im konkreten Fall die Verletzung der Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG als so schwer zu werten ist, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten nicht mehr gegeben ist. Es ging dabei um die Verletzung gerade jener Rechtsgüter, zu deren Schutz der Beamte berufen war (VwGH vom 29. September 1992, Zl. 91/09/0186, und vom 23. März 1994, Zl. 93/09/0391).
Im vorliegenden Fall liegt dem Beschuldigten, der die Funktion eines Oberbrandmeisters bei der Stadt Wien bekleidet, wiederholter Diebstahl von Geld von Kollegen aus einer verschlossenen Handkasse mit einer Gesamtschadenssumme von 532 Euro zur Last.
Die Stellung eines Oberbrandmeisters, wie es der Beschuldigte ist, noch dazu mit Vorgesetztenfunktion, setzt zweifellos eine besondere Integrität und Verlässlichkeit voraus. Dies auch deshalb, weil es ua. gerade Aufgabe der Feuerwehr ist, fremdes Eigentum zu schützen und Bedienstete der Feuerwehr bei ihrer Tätigkeit immer wieder in Situationen geraten können, in denen sie mit mehr oder weniger bedeutsamen Vermögenswerten (Geld, Schmuck etc.) alleine konfrontiert sind, weshalb das Vertrauen der Dienstgeberin aber auch der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung, dh im speziellen Fall, dass zB auf Grund von Unglücksfällen nicht mehr in der unmittelbaren Verfügungsgewalt des Eigentümers befindliche Vermögenswerte durch Bedienstete der Feuerwehr nicht entwendet werden, ungebrochen bestehen muss.
Da der Beschuldigte wiederholt (über einen Zeitraum von fast zwei Monaten) in Ausnutzung der sich ihm bietenden günstigen Gelegenheiten Eigentum anderer entwendet und diese Taten auch wohl überlegt begangen hat, zumal es nicht anderes zu erklären ist, dass er Schlüssel für Schlüssel so lange ausprobiert hat, bis einer das Behältnis, in dem sich das Geld befand, öffnete (Blatt 57 des Aktes), kommt der angerufene Senat zu dem Schluss, dass objektiv betrachtet das festgestellte Verhalten des Beschuldigten dessen Vertrauensunwürdigkeit nach sich zieht. Dies gilt trotz der bisher durchaus als sehr gut beschriebenen langjährigen Dienstzeit. Dass selbst bei Vorliegen einer solchen im Falle des Vertrauensverlustes auf Grund des 'Untragbarkeitsgrundsatzes' eine Entlassung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus der bereits oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl. 99/09/0145), aber auch aus jener des Obersten Gerichtshofes, der in seinem Urteil vom 20. Dezember 2000, 9 ObA 227/00y, ausgesprochen hat, dass ein Vertrauensbruch im Sinn des § 45 Abs. 2 Z 2 VBO 1995 eine Entlassung selbst dann rechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mehrere Jahre unbeanstandet beim Arbeitgeber beschäftigt war.
Schließlich kann selbst unter der Annahme eines Burn-out-Syndroms das vom Beschuldigten gesetzte Verhalten nicht in einem für ihn günstigeren Licht erscheinen. So ist darauf hinzuweisen, dass andere Bedienstete der Stadt Wien, insbesondere jene, welche als Ärzte, in diversen Pflegeberufen oder als Sanitäter tätig sind, ebenso wie der Beschuldigte, vielfach sogar weit mehr mit dem Tod von Menschen konfrontiert sind und auch bei ihnen die Bewältigung der dadurch hervorgerufenen psychischen Belastung durch Begehung von Diebstählen nicht hingenommen werden kann. Selbst wenn man dem Beschuldigten das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation in Form eines depressiven Zustandsbildes attestiert, in der er sich bei Begehung der Taten befunden hat, vermag diese den gravierenden Charakter der begangenen Übergriffe nicht aufzuwiegen.
Dass es sich bei den strafbaren Handlungen um Affekthandlungen bzw. um Handlungen mit Impulscharakter gehandelt hat, ist für den erkennenden Senat auf Grund der Art und Weise der Tatbegehung(en) nicht nachvollziehbar (wiederholter Diebstahl, Ausprobieren von Schlüsseln). Es kann daher auch den diesbezüglichen Ausführungen Dris. C in deren Schreiben vom 4. März 2005 nicht gefolgt werden (zur Irrelevanz eines psychischen Ausnahmezustandes vgl. auch OLG Wien vom 25. Mai 2004, 9 Ra 26/045 - ARD 5577/1/2005). Schlüssig hingegen erscheinen dem erkennenden Senat die Ausführungen Dris. B in seinem Gutachten vom 29. November 2004, der darin nachvollziehbar darlegt, dass für den Tatzeitraum die Einsichtsfähigkeit und die Steuerungsfähigkeit uneingeschränkt gegeben gewesen sind. Auch aus den Aussagen der vom erkennenden Senat vernommenen Zeugen lassen sich keine anderen Schlüsse ableiten. So hat der Zeuge R davon berichtet, dass er den Eindruck habe, dass der Beschuldigte, in den letzten Jahren ruhiger geworden sei (hat sich an Gesprächen nicht beteiligt, sondern nachdenklich aus dem Fenster geblickt, hat sinniert). Der Zeuge G sprach davon, dass den Beschuldigten seine eigenen Erlebnisse (im Feuerwehrdienst) belastet hätten (dass ihm der Dienst hin und wieder zu viel wurde). Diese Aussagen vermögen beim erkennenden Senat jedoch keine Zweifel an der Richtigkeit der Schlussfolgerung im Gutachten Dris. B hervorzurufen, der sowohl die Einsichtsfähigkeit als auch die Steuerungsfähigkeiten des Beschuldigten im Tatzeitraum als uneingeschränkt gegeben erachtet. Dafür sprechen auch jene Aussagen, die dem Beschuldigten besonnene Entscheidungen und sinnvolle Anordnungen (Zeuge R) attestieren.
Für den erkennenden Senat steht weiters auf Grund des festgestellten Sachverhaltes fest, dass der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat, wobei dieses Handeln zweifellos nicht in der mildesten Form des Vorsatzes, dem dolus eventualis, erfolgt ist. Der Grad des Verschuldens muss daher im Hinblick auf die begangene Dienstpflichtverletzung als schwer eingestuft werden. Die Umstände der Tat(en) lassen auf eine vorgefasste Absicht schließen, die Tat(en) selbst erscheint (erscheinen) als überlegt und vorbereitet. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem Diebstahl von insgesamt 532 Euro keinesfalls um den Diebstahl einer nahezu wertlosen Sache handelt, die zu weiteren Überlegungen Anlass gäbe, ob eine Weiterbeschäftigung nicht doch noch als zumutbar anzusehen wäre (vgl. auch OGH vom 20. Dezember 2000, 9 ObA 227/00y).
Dass der Beschuldigte die Tat (letztlich) gestanden und den Schaden wieder gut gemacht hat, vermag den eingetretenen Vertrauensverlust nicht zu beseitigen, wobei anzumerken ist, dass das Geständnis erst nach anfänglichem Leugnen zu einem Zeitpunkt erfolgte, als auf Grund der Untersuchungsergebnisse nur mehr der Beschuldigte als Täter in Frage kommen konnte (siehe den Untersuchungsbericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. Jänner 2004, Blatt 59 bis 62 des Aktes).
Der angerufene Senat erachtet daher die Berufung der Disziplinaranwaltschaft als berechtigt, weshalb in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides die Entlassung des Beschuldigten auszusprechen war."
Gegen dieses Disziplinarerkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten insofern verletzt, als die belangte Behörde zu Unrecht seine Entlassung verfügt habe.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl. Nr. 56/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 37/2003, ist ein Beamter, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem
8. Abschnitt (Disziplinarrecht) zur Verantwortung zu ziehen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn eine Belehrung oder Ermahnung (§ 34 Abs. 1) ausreicht, weil die Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 Z. 4 vorliegen.
Gemäß § 76 Abs. 1 DO 1994 sind Disziplinarstrafen:
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zum 1,5fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zum 7fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist in den Fällen des Abs. 1 Z. 2 und 3 die verhängte Strafe in einem Vielfachen des Monatsbezuges (auf Zehntel genau) nach den in § 77 festgelegten Grundsätzen zu bemessen. Bei der Berechnung der betragsmäßigen Höhe der Geldbuße oder Geldstrafe ist von dem Monatsbezug auszugehen, der der besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, die der Beamte im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses, im Fall einer Disziplinarverfügung im Zeitpunkt der Ausfertigung derselben, erreicht hat.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung (insoweit in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/2004) kann die Disziplinarbehörde dann, wenn dem Beamten bis zum Erreichen des Mindestpensionsalters (§ 2a PO 1995) nicht mehr als 60 Monate fehlen und er eine Dienstzeit von mindestens 15 Jahren zur Stadt Wien aufweist, statt einer Entlassung die Versetzung des Beamten in den Ruhestand mit bis zu 25 % geminderten Ruhebezügen - unter Ausschluss der Kinderzulage - aussprechen, wenn dies mit Rücksicht auf seine erbrachten Dienstleistungen und sein bisheriges Verhalten während der gesamten Dienstzeit zur Stadt Wien gerechtfertigt ist und ihn die Entlassung unverhältnismäßig hart treffen würde.
Gemäß § 77 Abs. 1 DO 1994 ist für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgebend. Dabei ist insbesondere Rücksicht zu nehmen
1. inwieweit das Vertrauen des Dienstgebers in die Person des Beamten durch die Dienstpflichtverletzung beeinträchtigt wurde,
2. inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten,
3. sinngemäß auf die gemäß §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974, für die Strafbemessung maßgebenden Gründe.
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist, wenn ein Beamter durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen. Diese Strafe ist nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere der einer Aktenwidrigkeit, macht der Beschwerdeführer geltend, die Behörde erster Instanz habe eine leichte bis mittelgradige Depression festgestellt, die zwar nicht so gravierend gewesen sei, dass deshalb ein Schuldausschließungsgrund gegeben gewesen wäre, die aber doch zu einer Herabsetzung der Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit geführt habe. Demgegenüber sei die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid offenbar davon ausgegangen, dass eine psychische Ausnahmesituation nicht vorgelegen sei, da sie das Vorliegen eines depressiven Zustandsbildes im Tatzeitpunkt lediglich hypothetisch behandelt habe. Sie habe ohne entsprechende Beweise aufzunehmen die Ansicht vertreten, dass selbst die Annahme eines psychischen Ausnahmezustandes in Form eines depressiven Zustandsbildes den gravierenden Charakter der begangenen Übergriffe nicht aufwiegen könne. Insbesondere hätte sie bei Vorliegen widersprechender Gutachten ein "Kontrollgutachten" einholen müssen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die Entlassung jedenfalls auch als Strafe angesehen werden müsse, die auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu bemessen sei, daher bei Verhängung auch dieser Strafe vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung derselben auszugehen gewesen wäre. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass auf Grund des festgestellten psychischen Defektes die Hemmschwelle im Tatzeitpunkt herabgesetzt gewesen sei und sohin nicht derselbe strenge Maßstab angesetzt hätte werden dürfen, wie in Fällen, in denen dies nicht der Fall gewesen sei. Dadurch erscheine auch der Vertrauensverlust nicht dermaßen gravierend, dass mit der Disziplinarstrafe der Entlassung hätte vorgegangen werden müssen. Dies habe ja schon die Behörde erster Instanz erkannt. Zu Unrecht habe auch die belangte Behörde der Tatsache der Diversion keine Beachtung geschenkt, könne diese doch grundsätzlich bei Vorliegen eines strafwürdigen Verhaltens nur dann stattfinden, wenn die gerichtliche Bestrafung des Täters aus bestimmten Gründen, nämlich unter anderem auch einer nicht als schwer anzusehenden Schuld des Täters, als nicht notwendig erachtet werde. In diesem Sinne liege Bindungswirkung vor, weshalb die belangte Behörde davon hätte ausgehen müssen, dass seine Schuld als nicht schwer anzusehen gewesen wäre. Insgesamt erscheine der von der belangten Behörde herangezogene Untragbarkeitsgrundsatz als überspannt. Die von der belangten Behörde in diesem Sinne zitierten Entscheidungen seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, weil eine verminderte Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit des Beschuldigten dort nicht zur Diskussion gestanden sei.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis berechtigt:
Die Behörde erster Instanz hatte sich entsprechend der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Z. 3 DO 1994 insofern mit der Behauptung des Beschwerdeführers, seine Taten seien unter dem Einfluss seines depressiven Zustandsbildes begangen worden, auseinander gesetzt, als sie auf Grund der Ergebnisse der von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis kam, dass zwar im Zuge des Beweisverfahrens keine Hinweise auf eine Einschränkung der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Beschwerdeführers hätten gefunden werden können, dass aber die als glaubwürdig "beschriebenen depressiven Zustandsbilder"..."somit lediglich bei der Bemessung der Strafhöhe Berücksichtigung finden" könnten. Sie ging davon aus, dass "die depressiven Krankheitszustände"..."nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden" könnten und strafmindernden Einfluss hätten.
Dem auch im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers, sein disziplinäres Verhalten müsse auch unter dem Blickwinkel seiner depressiven Verstimmungen und aller dazu gehörenden Symptome (Schlafstörungen) beurteilt werden, so dass es nicht des Ausspruches der strengsten Disziplinarstrafe bedürfe, hielt die belangte Behörde unter lediglich hypothetischer Annahme einer depressiven Verstimmung des Beschwerdeführers lediglich die Schwere der Dienstpflichtverletzung entgegen, deren allein ausschlaggebende Bedeutung sie u.a. durch Vergleich mit Bestimmungen der Gewerbeordnung, des Angestelltengesetzes und der Wiener Vertragsbedienstetenordnung zu untermauern suchte. Die Ansicht der belangten Behörde, der Maßstab des § 77 DO 1994 sei derselbe wie jener der von ihr herangezogenen Normen, ist bereits im Ansatz verfehlt, weil dem durch die DO 1994 geschützten Beamten ein höherer Schutz zukommt als nicht beamteten Dienstnehmern. Daher kann eine Strafbemessung auf Grund der Norm des § 77 Abs. 1 DO 1994 nicht durch Übernahme arbeitsrechtlicher Judikatur verwirklicht werden.
Die belangte Behörde ließ unbeachtet, dass der § 77 Abs. 1 DO 1994 bei Bemessung der Strafe die Berücksichtigung aller in den Ziffern 1 bis 3 genannten Kriterien in gleichem Maße fordert (eine ungleiche Gewichtung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen). Daher kommt es bei Festsetzung der Disziplinarstrafe nicht nur auf die (von der Behörde allein zur Begründung der Entlassung herangezogene) Verletzung des Vertrauens des Dienstgebers in die Person des Beamten (Z. 1) an, sondern auch auf spezialpräventive Überlegungen (Z. 2) und auf die Strafbemessungsgründe gemäß §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (Z. 3). Die belangte Behörde hat sich aber bei Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung lediglich mit dem Gesichtspunkt des Vertrauensverlustes im Sinne des § 77 Abs. 1 Z. 1 DO 1994 auseinander gesetzt und in diesem Zusammenhang (abgesehen von der Bezugnahme auf hier nicht relevante arbeitsrechtliche Entscheidungen) auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, die zu entsprechenden, aber nicht gleich lautenden Vorschriften des BDG 1979 bzw. LDG 1984 ergangen ist und die - was den Grundsatz der "Untragbarkeit" anbelangt - mit hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, einer grundlegenden Änderung unterzogen wurde. Mit der hier anzuwendenden spezifischen Norm des § 77 Abs. 1 DO 1994 hingegen hat sich die belangte Behörde - abgesehen von den Ausführungen zum Vertrauensverlust - erkennbar nicht auseinander gesetzt. Insbesondere fehlen ausdrückliche Ausführungen dazu, inwiefern die nunmehr verhängte Strafe der Entlassung erforderlich war, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Die belangte Behörde hätte sich auch mit der zuletzt erwähnten Frage auseinander zu setzen und unter Einbeziehung der in dieser Hinsicht dem Gesetz zufolge anzustellenden Überlegungen in eine - nicht an arbeitsrechtlichen Maßstäben orientierte - Gesamtabwägung der im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Strafbemessungsgründe die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu verhängenden Strafe zu begründen gehabt. Da sie dies infolge einer unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hat, belastete die den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 13. Dezember 2007
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