VwGH 99/09/0145

VwGH99/09/014518.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottenring 23, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 11. Dezember 1998, Zl. 61/18-DOK/96, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §56 Abs2;
BDG 1979 §56 Abs3;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §56 Abs2;
BDG 1979 §56 Abs3;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der im Jahr 1964 geborene Beschwerdeführer stand als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war bis zu seiner Suspendierung der Sicherheitswache-Abteilung 5 (Margareten) im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien zur Dienstleistung zugeteilt.

Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das (den Parteien bekannte) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0373, verwiesen.

Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid vom 2. Oktober 1996, mit dem der Beschwerdeführer der Begehung von Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und 2, § 44 Abs. 1, § 56 Abs. 2 und § 56 Abs. 3 BDG 1979 für schuldig befunden und über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt worden war, im Umfang seines Schuld- und Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Mit dem im Instanzenzug als Ersatzbescheid ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom 11. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Disziplinarerkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch nunmehr wie folgt zu lauten hat:

RevInsp. N ist schuldig, in der Zeit von März 1994 bis einschließlich Juni 1994 eine fortgesetzte und erwerbsmäßige, im Sinne des § 56 BDG 1979 unzulässige Nebenbeschäftigung als Portier bzw. Türsteher im Club "X", W, L-Gasse 2, etabl., ausgeübt und der Dienstbehörde nicht gemeldet zu haben.

RevInsp. N hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 56 Abs. 2 und 3 BDG 1979 iVm § 91 leg. cit. begangen.

Gegen ihn wird gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 iVm § 126 Abs. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Von den Anschuldigungspunkten 3 und 4 des erstinstanzlichen Erkenntnisses wird der Beschuldigte gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 frei gesprochen.

Dem Beschuldigten aufzuerlegende Verfahrenskosten sind im Berufungsverfahren nicht erwachsen."

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Der Spruch des Disziplinarerkenntnisses vom 2. Oktober 1996, GZ 61/9-DOK/96, war insoweit abzuändern, als das dem Beschuldigten im Spruchpunkt 1. zur Last gelegte Verhalten lediglich den leges specialis des § 56 Abs. 2 und 3 BDG 1979 zu subsumieren war.

Da das im Spruchpunkt 2. dem Beschuldigten angelastete Verhalten hinsichtlich des Tatzeitraumes vom Anschuldigungspunkt 1. mit umfasst ist, war dieser Vorwurf, der Beschuldigte habe die gegenständliche Nebenbeschäftigung auch während seines Krankenstandes in der Nacht vom 24. zum 25. Juni 1994 ausgeübt, nicht als gesonderte Dienstpflichtverletzung im Spruch anzuführen, sondern im Rahmen der Strafbemessung als Erschwerungsgrund zu werten.

Was den Freispruch zu Anschuldigungspunkt 3. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses betrifft, darf auf die diesbezügliche Begründung des Erkenntnisses der Disziplinaroberkommission vom 2. Oktober 1996, GZ 61/9-DOK-96, verwiesen werden.

Hinsichtlich des Spruchpunktes 3. des Erkenntnisses GZ 61/9- DOK/96 (d.i. Spruchpunkt 4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses) gelangte der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission nunmehr zu der Auffassung, dass der Beschuldigte hinsichtlich der ihm darin angelasteten Nichtmeldung seines Aufenthaltes im Ausland (Polen) vom 5. September 1994 bis 8. September 1994 bzw. der Unterlassung der Stellung eines Urlaubsantrages für diesen Zeitraum während aufrechter Suspendierung im Hinblick darauf, dass die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes in Anbetracht des zwischenzeitigen Ablaufes von mehr als vier Jahren mit verfahrensökonomisch vertretbarem Aufwand (§ 39 Abs. 2 AVG iVm. § 105 BDG 1979) nicht zu bewerkstelligen wäre, in Zweifel (in dubio pro reo) gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freizusprechen war.

Dieser Umstand vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass der Beschuldigte bereits durch die Tatsache seiner vier Monate lang ausgeübten, nicht gemeldeten, fortgesetzten und erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung als Portier bzw. Türsteher in einem der Rotlichtszene zuzuordnenden Lokal eine Nebenbeschäftigung ausgeübt hat, die die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet. Für die Verwirklichung einer Dienstpflichtverletzung nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 ist es nicht erforderlich, dass ein Fall von Befangenheit des Beamten oder eine Verletzung wesentlicher dienstlicher Interessen tatsächlich eingetreten ist; es genügt das Hervorrufen der Vermutung einer Befangenheit oder eine Gefährdung sonstiger wesentlicher Interessen durch die Ausübung der Nebenbeschäftigung durch den Beamten. Dass aber eine Beschäftigung eines Exekutivbeamten in einem der Rotlichtszene zuzuordnenden Lokal die genannte Gefährdung nach sich zieht, bedarf - im Hinblick auf das unbestreitbare Naheverhältnis dieser Szene zur Kriminalität - keiner weiteren Erörterung.

Gleichzeitig hat es der Beschuldigte - im Bewusstsein, dass die Dienstbehörde diese Nebenbeschäftigung nicht genehmigen würde -

unterlassen, davon unverzüglich Meldung zu machen. Er hat damit auch gegen die Bestimmung des § 56 Abs. 3 BDG 1979 verstoßen.

Bei der gemäß § 93 BDG 1979 vorzunehmenden Strafbemessung war erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte diese Nebenbeschäftigung auch während seines Krankenstandes, nämlich in der Nacht vom 24. zum 25. Juni 1994, ausübte. Auch wenn der Beschuldigte angab, er habe in dieser Nacht lediglich Tätigkeiten ausgeübt, welche er während des Krankenstandes auch zu Hause hätte durchführen können, wie das Öffnen und Schließen einer Türe oder das Öffnen von Flaschen, so ist ihm doch zu entgegnen, dass die Ausübung einer (entgeltlichen) Nebenbeschäftigung während eines Krankenstandes - unabhängig von der Art der Nebenbeschäftigung und der Tatsache der Nichtmeldung - jedenfalls nicht dazu beiträgt, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erhalten. Gerade in Zeiten, in denen die Beamtenschaft einer kritischen Betrachtung durch die Öffentlichkeit unterzogen wird, hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten alles zu vermeiden, was das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben schmälern könnte.

Der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission hält daher auf Grund der Art der vier Monate lang ausgeübten Nebenbeschäftigung und der Tatsache deren Nichtmeldung insgesamt das für eine weitere Dienstausübung notwendige Vertrauensverhältnis zwischen der Dienstbehörde und dem Beschuldigten für zerstört und den Beschuldigten dadurch für den öffentlichen Dienst untragbar, sodass eine andere Disziplinarstrafe als jene der Entlassung nicht in Betracht kommen konnte.

Daran vermag auch der zu Spruchpunkt 3. erfolgte Freispruch "in dubio pro reo" nichts zu ändern, weil der Vorwurf der Nichtmeldung eines Auslandsaufenthaltes bzw. der Nichtbeantragung eines Urlaubes während aufrechter Suspendierung jedenfalls nicht entscheidungsrelevant gewesen wäre."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 8. Juni 1999, B 440/99-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie entsprechend dem in der Beschwerde gestellten Eventualantrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf "Nichtbestrafung bzw. geringfügiger Bestrafung entgegen den Normen der §§ 56 Abs. 2 und Abs. 3 iVm 91 und 92 Abs. 1 Zif. 4 iVm 126 Abs. 2 BDG sowie auf Dienstausübung als Beamter der Bundespolizeidirektion Wien und fehlerfreie Ermessensausübung gemäß § 93 BDG verletzt." Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, es sei ihm - nunmehr als Erschwerungsgrund - neuerlich eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 vorgeworfen worden, er bekämpft nach dem gesamten Inhalt seiner Beschwerde aber nicht, dass er wegen der nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides umschriebenen Dienstpflichtverletzungen gemäß § 56 Abs. 2 und § 56 Abs. 3 BDG 1979 zu Recht schuldig erkannt wurde. Zu der Behauptung, der als Erschwerungsgrund gewertete frühere Anschuldigungspunkt 2 (betreffend die Ausübung der Nebenbeschäftigung während des Krankenstandes) sei "im Spruch nicht aufgenommen", ist unter Hinweis auf § 63 Abs. 1 VwGG und das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0373, zu erwidern, dass der Anschuldigungspunkt 2 in zeitlicher Hinsicht vom Anschuldigungspunkt 1 umfasst wird und daher keinen selbständigen Pflichtenverstoß darstellen konnte. Ob die belangte Behörde dieses Verhalten - wie dies in der Beschwerde behauptet wird - rechtswidrig beurteilte, ist nicht als ein gegen den (im angefochtenen Bescheid umschriebenen) Schuldspruch gerichtetes Vorbringen anzusehen, sondern vielmehr als Bekämpfung der erfolgten disziplinären Bestrafung zu werten und daher im Rahmen der Strafbemessung zu prüfen. Es ist somit allein strittig, ob die von der belangten Behörde im zweiten Rechtsgang vorgenommene Strafbemessung, über den Beschwerdeführer nach der gegenüber dem ersten Rechtsgang erfolgten Abänderung des Schuldspruches unverändert die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen, gesetzmäßig erfolgte. Auch die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Beschwerdeausführungen beziehen sich (ausschließlich) auf die Strafbemessung.

Gemäß § 93 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung das Maß für die Höhe der Strafe. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Gemäß § 92 Abs. 1 BDG 1979 sind Disziplinarstrafen

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulagen,

    4. die Entlassung.

    Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine Strafe, die sich wesentlich als eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes darstellt. Im Vordergrund steht die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine solche Unvereinbarkeit lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessenserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis (vgl. zu diesen Ausführungen und insbesondere zum so genannten "Untragbarkeitsgrundsatz" das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1991, Zl. 90/09/0191, mit zahlreichen Beispielen aus der Vorjudikatur).

    Auch wenn die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder der Vergeltung dient, so handelt es sich dabei doch um eine Strafe. Die Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ist auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu beurteilen. Auch hier hat die Disziplinarbehörde gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 zunächst am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung gemäß § 92 Abs. 1 leg. cit. zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 geboten ist. Hiebei hat sie sich gemäß § 92 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 an den nach dem StGB für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 Abs. 1 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen, wobei sie vor allem zu berücksichtigen hat, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und auf äußere Umstände und Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch eine mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte.

    Erst wenn eine an diesem - an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten orientierten - Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beamten ergibt, dass ein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, fehlt es im Sinn der angeführten Rechtsgrundlage an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt für spezialpräventive Erwägungen kein Raum (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2001/09/0040, und die darin angegebene Judikatur).

    In diesem Sinne erweist sich die im Beschwerdefall (auch im zweiten Rechtsgang) verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung nach der im angefochtenen Bescheid gegebenen Begründung nicht als gesetzmäßig. Die belangte Behörde beurteilte - wenn dies auch nicht ausdrücklich im angefochtenen Bescheid dargetan wurde, aber nach dem gesamten Inhalt der Ausführungen zur Strafbemessung doch erkennbar - die Dienstpflichtverletzung betreffend die Ausübung einer unzulässigen Nebenbeschäftigung gemäß § 56 Abs. 2 BDG 1979 als die schwerste Dienstpflichtverletzung (vgl. § 93 Abs. 2 leg. cit.). Die weitere Dienstpflichtverletzung, nämlich betreffend die Verletzung der Meldepflicht gemäß § 56 Abs. 3 BDG 1979, ist demnach als ein Erschwerungsgrund zu werten. Die belangte Behörde berücksichtigte ferner als erschwerend, dass der Beschwerdeführer die (unter Anschuldigung 1 umschriebene) unzulässige Nebenbeschäftigung in der Nacht vom 24. zum 25. Juni 1994 (und damit auch) während seines Krankenstandes ausgeübt habe.

    Zur vollständigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses - der Untragbarkeit des Beschwerdeführers für den öffentlichen Dienst - führte die belangte Behörde lediglich aus, "auf Grund der Art der vier Monate lang ausgeübten Nebenbeschäftigung und der Tatsache der Nichtmeldung" sei das Vertrauensverhältnis zerstört, sodass "eine andere Disziplinarstrafe als jene der Entlassung nicht in Betracht kommen konnte".

    Mit der Schwere der konkreten Dienstpflichtverletzung (vgl. § 93 Abs. 1 BDG 1979) und den im Beschwerdefall vorliegenden Tatumständen, die dieser Dienstpflichtverletzung zugrunde liegen, hat sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt. Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde zutreffend darauf, dass die belangte Behörde vor dem Hintergrund konkreter Tatumstände, wie sie anderen "Entlassungsfällen" zugrunde lagen, den Untragbarkeitsgrundsatz im Beschwerdefall nicht hinreichend begründet angewendet habe.

    Die Ausübung einer unzulässigen Nebenbeschäftigung ist sicherlich nicht als unbedeutende Verletzung dienstlicher Interessen zu werten, ist die Wahrung der Dienstpflichten betreffend die Nebenbeschäftigung durch Beamte des Exekutivdienstes doch für die Funktionsfähigkeit des Dienstbetriebes hoch einzuschätzen. Allerdings folgt daraus, dass der Beschwerdeführer eine unzulässige Nebenbeschäftigung ausübte und diese Nebenbeschäftigung nicht unverzüglich meldete, und vor dem Hintergrund der Tatumstände des Beschwerdefalles nicht ohne Weiteres als einzige "in Betracht kommende Disziplinarstrafe" die Verhängung der Entlassung (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 28. Juli 2000, Zl. 97/09/0377, betreffend die Disziplinarstrafe des Verweises, vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0208, betreffend die Disziplinarstrafe der Geldstrafe, sowie die hg. Erkenntnisse jeweils betreffend die Disziplinarstrafe der Entlassung vom 29. November 2000, Zl. 2000/09/0079, vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0233, und jeweils vom 18. Dezember 2001, Zl. 99/09/0056, sowie Zl. 2001/09/0142). Gerade vor dem Hintergrund der Sachverhalte der Dienstpflichtverletzungen, die zur Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung in anderen Fällen führten, vermag die belangte Behörde nämlich nicht begründet darzulegen, warum die dem Beschwerdeführer nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfene Dienstpflichtverletzung (angesichts der bisherigen "Entlassungsfälle" betreffend die Ausübung einer unzulässigen Nebenbeschäftigung) als derart schwer wiegend angesehen werden muss, dass daraus eine vollständige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses resultiert. Der belangten Behörde ist wohl einzuräumen, dass die Erfüllung einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 56 Abs. 2 BDG 1979 das Vorliegen von tatsächlicher Befangenheit oder die konkrete Gefährdung des Dienstbetriebes durch die ausgeübte Nebenbeschäftigung nicht erfordert. Anders als bei der Beurteilung des Schuldspruches hat die belangte Behörde im Rahmen der Strafbemessung allerdings unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Dienstpflichtverletzung die konkreten Tatumstände sehr wohl zu berücksichtigen, also etwa ob die Gefahr tatsächlicher Befangenheit oder konkreter Interessensgefährdung des Dienstbetriebes als wahrscheinlich, hoch oder gering einzuschätzen ist, oder ob etwa die ausgeübte Nebenbeschäftigung konkrete Interessensverletzungen des Dienstbetriebes bzw. eine tatsächliche Befangenheit bewirkte oder nicht. In diesem Sinne hätte die belangte Behörde Feststellungen treffen und insbesondere die Aussage des Beschwerdeführers (in der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 1996) würdigen müssen, wonach in dem Lokal - in dem der Beschwerdeführer die unzulässige Nebenbeschäftigung ausübte - "Rechtsanwälte, Polizeijuristen und bekannte Leute von uns, sowie Spitzensportler " verkehrten und ein "Einschreiten" nicht notwendig war. Der (im Rahmen der Begründung zum Schuldspruch) von der belangten Behörde nur abstrakt dargestellte Vorwurf, der Beschwerdeführer habe seine Nebenbeschäftigung "in einem der Rotlichtszene zuzuordnenden Lokal" ausgeübt, wäre im Rahmen der Strafbemessung durch die Feststellung näherer Umstände über dieses Lokales zu ergänzen und zu konkretisieren gewesen, ist doch auch nicht festgestellt (erwiesen), dass Straftaten in dem Lokal verübt wurden, oder auf welche Beweisergebnisse sich die Behauptung der belangten Behörde zu stützen vermag, es habe in dem Lokal eine "Szene mit Naheverhältnis zur Kriminalität" bestanden. Der Beschwerdeführer hat - soweit der Aktenlage entnehmbar unwiderlegt - ausgesagt, dass mit seiner dienstlichen Tätigkeit als Sicherheitswachebeamter in einem anderen örtlichen Zuständigkeitsbereich tatsächlich keine Interessenkollision auftrat, und dass er im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit keine Gäste des Lokales wieder gesehen habe. Der Beschwerdeführer hat - nach seiner Aussage - die Unvereinbarkeit der Nebenbeschäftigung letztlich (selbst) erkannt und daraufhin beendet. Insgesamt betrachtet hat der Beschwerdeführer die unzulässige Nebenbeschäftigung während eines "relativ kurzen" Zeitraumes ausgeübt; es kann vorliegend nicht davon die Rede sein, dass der Zeitraum der Ausübung der Nebenbeschäftigung ein als schwer wiegend zu beurteilendes zeitliches Ausmaß erreichte. Die insgesamt erreichte Gesamtanzahl der im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung vom Beschwerdeführer ausgeübten Einsätze - deren Anzahl und Dauer die belangte Behörde nicht feststellte - ist, folgt man der Darstellung des Beschwerdeführers, nicht sehr bedeutend gewesen. Dass der disziplinarrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer im Rahmen seiner unzulässigen Nebenbeschäftigung gerichtlich strafbare Taten beging - wie dies in den genannten "Entlassungsfällen" allerdings geschehen ist - wurde im Beschwerdefall nicht festgestellt.

    Der Verwaltungsgerichtshof vermag der nach den Tatumständen des Beschwerdefalles nicht hinreichend begründeten Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer für den öffentlichen Dienst untragbar und das Vertrauensverhältnis gänzlich zerstört sei, nicht zu folgen.

    Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu Recht, dass die belangte Behörde - anders als im ersten Rechtsgang - im zweiten Rechtsgang keine mündliche Verhandlung durchgeführt und statt dessen in nichtöffentlicher Sitzung entschieden hat. In der Gegenschrift bringt die belangte Behörde dazu vor, dass durch das zwischenzeitige Ausscheiden eines Mitgliedes aus dem für den Beschwerdeführer zuständigen Senat ein Wechsel in der Senatszusammensetzung bedingt war. Die belangte Behörde räumt damit allerdings ein, dass sie die Bestimmung des § 125 zweiter Satz BDG 1979 verletzt hat, ist nach dieser Bestimmung die Verhandlung doch zu wiederholen, wenn sich die Zusammensetzung des Senates geändert hat oder seit der Vertagung mehr als sechs Monate verstrichen sind. Beide dieser genannten Voraussetzungen (nämlich der Wechsel der Senatszusammensetzung und der Zeitablauf), die eine Wiederholung der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 1996 erforderlich machten, sind im Beschwerdefall vorgelegen. Dass der Sachverhalt (insbesondere hinsichtlich der Strafbemessung) nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und deshalb im zweiten Rechtsgang überhaupt von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hätte Abstand genommen werden können, ist nach Lage des Beschwerdefalles nicht zu erkennen. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der für eine gesetzmäßige Strafbemessung maßgebende Sachverhalt - wie bereits dargelegt wurde - nicht vollständig ermittelt und festgestellt wurde. Die Ergebnisse der im ersten Rechtsgang am 2. Oktober 1996 durchgeführten mündlichen Verhandlung durfte die belangte Behörde (in der geänderten Senatszusammensetzung und nach eingetretenen Zeitablauf) aber ohne Wiederholung dieser mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang nicht berücksichtigen.

    Der angefochtene Bescheid war im Hinblick auf die prävalierende inhaltliche Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere auch § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Der zuerkannte Betrag setzt sich aus dem Schriftsatzaufwand (EUR 908,--) und der Pauschalgebühr in tatsächlich entrichteter Höhe von S 2.500,-- (das sind nunmehr EUR 181,68) zusammen. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die begehrte Umsatzsteuer, die neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden kann.

    Wien, am 18. Juli 2002

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