Normen
BDG 1979 §115 impl;
BDG 1979 §118 Abs1 impl;
BDG 1979 §126 Abs2;
BDG 1979 §43 Abs1 impl;
BDG 1979 §91 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3 impl;
DGO Graz 1957 §107;
DGO Graz 1957 §108;
DGO Graz 1957 §111;
DGO Graz 1957 §119 Abs2;
DGO Graz 1957 §19 Abs1;
DGO Graz 1957 §24 Abs1;
DGO Graz 1957 §78;
DGO Graz 1957 §79 Abs1 Z1;
DGO Graz 1957 §79 Abs1 Z2;
DGO Graz 1957 §79 Abs1 Z3;
BDG 1979 §115 impl;
BDG 1979 §118 Abs1 impl;
BDG 1979 §126 Abs2;
BDG 1979 §43 Abs1 impl;
BDG 1979 §91 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3 impl;
DGO Graz 1957 §107;
DGO Graz 1957 §108;
DGO Graz 1957 §111;
DGO Graz 1957 §119 Abs2;
DGO Graz 1957 §19 Abs1;
DGO Graz 1957 §24 Abs1;
DGO Graz 1957 §78;
DGO Graz 1957 §79 Abs1 Z1;
DGO Graz 1957 §79 Abs1 Z2;
DGO Graz 1957 §79 Abs1 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1945 geborene Beschwerdeführer steht als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz, er ist der Magistratsabteilung 5, Geriatrisches Krankenhaus, als Chefarzt zur Dienstleistung zugeteilt.
Mit Disziplinarerkenntnis vom 27. Januar 1999 wurde der Beschwerdeführer von der Disziplinarkommission für Beamte der Landeshauptstadt Graz (Senat A) für schuldig befunden,
"1. gegen die Bestimmung des § 19 Abs. 1 der Dienst- und Gehaltsordnung der Bediensteten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, idgF (DO), wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch zu besorgen, und gegen § 27 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Magistrat, wonach der Genuss alkoholischer Getränke während der Dienstzeit verboten ist, schuldhaft verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 78 DO begangen zu haben, indem er in Monaten vor dem 22.4.1997 Alkohol während des Dienstes konsumiert hat,
2. gegen die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 DO, wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch zu besorgen, iVm § 24 Abs. 1 DO und § 10 Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung für den Magistrat, wonach die Dienstzeiten einzuhalten sind und die Dienststelle während der Dienstzeit nur aus dienstlichen oder ganz besonderen Anlässen verlassen werden darf, verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 78 DO begangen zu haben, indem er während des Überprüfungszeitraumes vom 15.1.1997 bis 15.4.1997 zumindest in einigen Fällen die Blockzeit nicht eingehalten und die Dienststelle widerrechtlich verlassen hat, sowie
3. gegen die Bestimmungen des § 23 DO, wonach jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung dem Bürgermeister schriftlich zu melden ist, schuldhaft verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 78 DO begangen zu haben, indem er die Ausübung einer Nebenbeschäftigung beim Ärztenotdienst nicht rechtzeitig meldete."
Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen verhängte die Disziplinarkommission über den Beschwerdeführer gemäß § 79 Abs. 1 Z. 3 DO die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug unter Ausschluss der Kinderzulage.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis keine Folge.
In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung zwar das Faktum des Alkoholkonsums im Dienste eingeräumt, jedoch darauf verwiesen, ein solcher sei lediglich "sozusagen aus therapeutischen Gründen mit Patienten und deren Angehörigen gelegentlich" vorgekommen und auf Grund seiner Stellung als Senatsrat in den Ermessungsspielraum als Arzt gefallen; eine derart strenge Auslegung des § 27 Abs. 1 der GO stelle eine vollkommen unbillige Interpretation dar. Die Behörde komme jedoch auf Grund der Zeugenaussagen, insbesondere in der Verhandlung vom 21. Juli 1999 zur Ansicht, dass die Dienstpflichtverletzung zweifellos vorgelegen sei und die vom Beschwerdeführer verwendeten Argumente nichts daran änderten, dass Konsumation von Alkohol im Dienst nach § 27 der Geschäftsordnung für den Magistrat verboten sei. Auch stünden die Aussagen der beiden Ärzte Prim. Dr. V. und Prim. Dr. S. im Widerspruch zu den Argumenten des Beschwerdeführers, wonach die Konsumation von Alkohol mit Patienten und Angehörigen grundsätzlich nicht üblich gewesen sei und wenn überhaupt, allenfalls einmal im Monat vertretbar gewesen wäre. Insbesondere die vom Beschwerdeführer selbst zugestandene Anzahl der monatlichen Alkoholkonsumation von mehr als fünfmal im Monat im Durchschnitt widerspreche seinem eigenen Vorbringen. Die Geschäftsordnung sehe diesbezüglich auch keinerlei Ausnahmen oder Toleranzgrenzen vor. Diese Dienstpflichtverletzung stelle auch die schwerste der drei vorgeworfenen dar, die Nichteinhaltung der Blockzeit bzw. die nicht rechtzeitige Meldung der Nebenbeschäftigung würden lediglich als erschwerend angesehen. Zum Vorwurf der Nichteinhaltung der Dienstzeiten sei festzuhalten, dass verkehrsbedingte Verspätungen nichts am Vorliegen der Dienstpflichtverletzungen ändere, zumal auch hier keinerlei Toleranzgrenzen vorgesehen seien und dem Beschwerdeführer auf Grund seiner langen Dienstzeit die Kenntnis der Verkehrslage und somit auch ein anderes Verhalten bzw. die Einhaltung der Blockzeit zumutbar gewesen sei. Hinsichtlich der Nichtmeldung bzw. nicht rechtzeitigen Meldung der Nebenbeschäftigung sei eine Dienstpflichtverletzung unbestritten geblieben. Diese sei aber dennoch als erschwerend zu werten gewesen, weil dem Beschwerdeführer als Chefarzt in seiner Position sowohl für die Allgemeinheit als auch innerhalb des geriatrischen Krankenhauses Vorbildcharakter zukomme. Die belangte Behörde schließe sich daher der von der Disziplinarkommission vertretenen Meinung an, wonach als erschwerend das Zusammentreffen der Dienstpflichtverletzungen sowie hinsichtlich der Nichtmeldung der Nebenbeschäftigung deren lange Dauer zu werten sei. Mildernd sei das umfassende Geständnis sowie die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. Die ausgesprochene Geldstrafe entspreche den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, dass das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen sei, wenn die Schuld des Beschuldigten gering sei, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen habe und überdies eine Bestrafung nicht geboten sei, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken, "in eventu" dass über ihn "nach der Art und Höhe nur eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Disziplinarstrafe verhängt" werde.
In Ausführung seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer hinsichtlich des Faktums Alkoholkonsum im Dienst im Wesentlichen vor, in der Station A des geriatrischen Krankenhauses würden Patienten ihren Lebensgewohnheiten entsprechend und aus Therapiegründen regelmäßig mit Alkoholika von Amts wegen versorgt, wobei der durchschnittliche Rotweinbedarf für die Patienten dieser Station mit wöchentlich vier Litern angegeben worden sei. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit den Patienten und deren Angehörigen geringe Mengen Rotwein (bis zu einem Viertelliter an einem Tag) gelegentlich während der Dienstzeit getrunken, wie dies aus therapeutischen Gründen und zur Förderung zwischenmenschlicher Kontakte mit seinen Patienten und deren Angehörigen erforderlich gewesen sei. Diese geringen Mengen, die auch der Wirkungsverbesserung vom Beschwerdeführer eingenommener Medikamente gedient hätten, hätten keine Alkoholisierung des Beschwerdeführers mit Auswirkungen auf seine dienstlichen Verrichtungen hervorgerufen. Den aus Beständen des Krankenhauses konsumierten Wein habe er im Übrigen refundiert. Auch sei die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Subsumtion unrichtig. Bei dem gegebenen Sachverhalt komme lediglich eine Verletzung des § 19 Abs. 4 der Dienstordnung, wonach der Beamte die Weisungen seines Vorgesetzten zu befolgen habe, in Betracht. Nach der unwidersprochen gebliebenen Verantwortung des Beschwerdeführers sei dem gelegentlichen Trinken eines Glases Rotweines ein gesundheitlicher Effekt für ihn selbst (nämlich bessere Wirkung eingenommener Medikamente) und ein therapeutischer Effekt in seiner Beziehung zu seinen Patienten zugrunde gelegen. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in einer geselligen Runde eine hinzukommende Autoritätsperson auf ein Achterl eingeladen werde und diesem Wunsch auch gerne nachkomme. Umso mehr müsse dies für einen behandelnden Arzt gelten, dessen Behandlungserfolg wesentlich von seiner Beziehung zu seinen Patienten, insbesondere seinem Vertrauensverhältnis zu diesen, abhänge. Dieser sittlichen Norm könne sich ein behandelnder Arzt nicht entziehen, ohne seine Patienten zu brüskieren. Die Schuld des Beschwerdeführers sei demnach gering gewesen und sein Verhalten habe, abgesehen vom vermehrten Aufwand für Weineinkäufe, den er sofort ersetzt habe, keine Folgen nach sich gezogen; vielmehr habe ein Mitarbeitergespräch bereits zur Verhaltenskorrektur ausgereicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer auf der Übertretung dieser Dienstpflicht beharrt hätte, sei dem zugrunde gelegten Sachverhalt nicht zu entnehmen gewesen.
Zum Faktum Nichteinhaltung der Dienstzeit führte der Beschwerdeführer aus, er habe während des Überprüfungszeitraumes vom 15. Jänner 1997 bis 15. April 1997 in einigen Fällen die Blockzeit nicht eingehalten, und zwar wegen verkehrsbedingter Verzögerungen geringfügig einmal um zwei, um vier, ein anderes Mal um fünf Minuten, mit Zustimmung des ärztlichen Leiters an drei Tagen um 43, um 37 bzw. 26 Minuten jeweils wegen Behördenwegen oder Erkrankung der Mutter unter zeitgerechter Verständigung seines Vorgesetzten bzw. dessen Vertretung und an zwei Tagen um einmal 25 Minuten, ein anderes Mal um 12 Minuten wegen Vorliegens eines Grippalinfektes mit Kreislaufbeschwerden, am 7. Februar 1997 zwar eingehalten, aber versehentlich die Eingabe in das Zeiterfassungsgerät unterlassen. Auch hier werde ihm eine Häufung von Delikten vorgeworfen; tatsächlich liege jedoch nur ein einziger Deliktstatbestand, nämlich der des § 24 DO vor. Der gegen ihn erhobene Vorwurf reduziere sich infolge der mit Zustimmung seiner Vorgesetzten bzw. bei rechtzeitiger Verständigung derselben auf jene drei Fälle, die auf verkehrsbedingte Verspätungen zurückzuführen gewesen seien und bei denen es sich lediglich um geringfügige Verspätungen gehandelt habe. Auch hier sei die Schuld gering, die Tat habe keine Folge nach sich gezogen. Es hätte ein Mitarbeitergespräch zur Verhaltenskorrektur ausgereicht, sofern das vereinzelte Auftreten solch minimaler Verspätungen nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit zumutbaren Mitteln überhaupt ausgeschlossen werden könne.
Bezüglich des Faktums der Nichtmeldung der Nebenbeschäftigung führt der Beschwerdeführer aus, er habe seit 1992 diese Nebenbeschäftigung beim Ärztenotdienst ausgeübt, die ihn aber an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben in keiner Weise behindert hätten, weder seine Befangenheit hervorgerufen noch sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet hätte. Versehentlich habe er diese Nebenbeschäftigung erst am 1. Juli 1997 seiner vorgesetzten Dienststelle gemeldet. In der Begründung des angefochtenen Bescheides, insbesondere der Strafbemessung, sei davon ausgegangen worden, dass hinsichtlich der Nichtmeldung der Nebenbeschäftigungen im Ärztenotdienst die lange Dauer als Erschwerungsgrund angesehen worden sei. Dem sei entgegen zu halten, dass die Dienstpflichtverletzung sich in der bloßen Nichtmeldung der Nebenbeschäftigung erschöpfe. Da die Meldung ein einmaliger, einer Wiederholung nicht zugänglicher Vorgang sei, könne auch kein Erschwerungsgrund der langen Dauer des Aktes der Nichtmeldung vorliegen. Auch hier sei die Schuld des Beschwerdeführers gering, die Tat habe keine Folgen nach sich gezogen, auch hier hätte ein Mitarbeitergespräch zur Verhaltenskorrektur ausgereicht.
Alle drei Deliktsfälle seien demnach so gering, dass die Voraussetzungen für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens erfüllt gewesen wären. Aber auch in dem Falle, in dem einer gänzlichen oder teilweisen Einstellung nicht hätte gefolgt werden können, sei das Verschulden und demnach die Schwere der Dienstpflichtverletzung infolge der Befolgung einer sittlichen Norm (Fürsorgepflicht des behandelnden Arztes), Vermeidung einer Brüskierung von Patienten, die ihren Arzt auf ein Achterl einladen und des durch die verbesserte Kommunikation zu erwartenden therapeutischen Effektes auf die ihm anvertrauten Senioren im geriatrischen Krankenhaus) nur gering. Die Geldstrafe in der Höhe eines Monatsbezuges sei nicht erforderlich gewesen, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Gründe der Generalprävention seien bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen. Von den behaupteten Erschwerungsgründen des Zusammentreffens mehrer Dienstpflichtverletzungen verblieben demnach das verkehrsbedingte Nichteinhalten der Dienstzeit in drei Fällen um zwei, vier und fünf Minuten in einem Zeitraum von drei Monaten und das Nichtmelden einer das Dienstverhältnis im Sinn des § 23 DO nicht berührenden Nebenbeschäftigung im Ärztenotdienst. Nach Auffassung des Beschwerdeführers wäre daher in eventu ein Schuldspruch unter Absehen von der Strafe nach § 107 DO zu verhängen gewesen, in eventu das Ausmaß der Geldstrafe zu mildern gewesen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO; LGBl. Nr. 30/1957 in der Fassung LGBl. Nr. 16/1984) findet dieses Gesetz auf die Beamten der Landeshauptstadt Graz, das sind die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt (Hoheitsverwaltung und Unternehmungen) stehenden Bediensteten, Anwendung.
Nach § 19 Abs. 1 DO (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 37/1989, deren Anführung im Weiteren - sofern nicht eine andere Fassung des Stammgesetzes anzuwenden ist - unterbleibt) ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Beamte in seinem ganzen Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Nach § 23 Abs. 1 DO darf der Beamte neben seinen dienstlichen oder sonst im Auftrag der Stadt zu besorgenden Aufgaben keine Beschäftigung ausüben und keine Stellung annehmen, die seiner dienstlichen Stellung widerstreiten, die ihn in der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindern, die die Vermutung seiner Befangenheit im Dienst hervorrufen können oder die sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährden oder bei denen die Vermutung von Kollisionen zwischen den Interessen der Stadt - insbesondere ihrer Interessen als Träger von Privatrechten - und den durch die Nebenbeschäftigung gegebenen Interessen des Bediensteten nicht ausgeschlossen ist.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist, soweit in Abs. 6 und 7 nichts anderes bestimmt ist eine ausdrückliche Bewilligung zur Ausübung einer Nebenbeschäftigung nicht erforderlich. Der Beamte ist jedoch verpflichtet, die in den Abs. 3 (erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung), 4 (Vorstand, Aufsichtsrat Verwaltungsrat oder sonstiges Organ einer juristischen Gesellschaft) und 8 (Sachverständiger bei Gericht) vorgeschriebene Meldung vor der Übernahme einer Nebenbeschäftigung zu erstatten. Unbeschadet der Abs. 3, 4 und 8 ist eine Nebenbeschäftigung vor ihrer Übernahme auch dann zu melden, wenn Zweifel bestehen, ob sie nach Abs. 1 zulässig ist. Nach Abs. 3 leg. cit. ist jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung dem Bürgermeister schriftlich zu melden. Als erwerbsmäßig gilt eine Nebenbeschäftigung dann, wenn die daraus zu erwartenden Einkünfte oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteile im Jahr das Monatsgehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V übersteigen.
Gemäß § 24 Abs. 1 DO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 126/1968 hat der Beamte die vorgeschriebene Arbeitszeit einzuhalten. Außer im Falle einer Krankheit oder eines anderen begründeten Hindernisses darf kein Beamter ohne Bewilligung seines unmittelbaren Vorgesetzten bzw. des zur Erteilung eines Urlaubes berufenen Organes dem Dienst fernbleiben (Abs. 2).
Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach § 78 DO nach den Bestimmungen dieses Abschnittes (gemeint: 5. Abschnitt betreffend Ahndung von Pflichtverletzungen) zur Verantwortung zu ziehen.
Gemäß § 79 Abs. 1 in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 13/1996 und Nr. 46/1996 sind Disziplinarstrafen:
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
Nach § 80 Abs. 1 DO über die Strafbemessung ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung das Maß für die Höhe der Strafe. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist, wenn der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
Gemäß § 107 DO kann im Falle eines Schuldspruchs von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, ihn von weiteren Verfehlungen abzuhalten.
§ 108 DO sieht "aus besonderen Gründen" eine Aufschiebung der Vollziehung der ausgesprochenen Disziplinarstrafe (analog einem bedingten Strafnachlass im Sinne des § 43 StGB) vor.
Nach § 111 DO ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn a) der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, b) die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt, c) Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder d) die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.
§ 119 Abs. 1 DO bestimmt, dass die Disziplinarkommission bei der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis nur auf das Rücksicht zu nehmen hat, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist. Nach Abs. 2 leg. cit. hat das Disziplinarerkenntnis auf Schuldspruch oder auf Freispruch zu lauten und im Falle des Schuldspruches, sofern nicht nach § 82 Abs. 3 oder § 107 von einem Strafausspruch abgesehen wird, die Strafe festzusetzen.
Gemäß § 123 DO entscheidet die Disziplinaroberkommission in mündlicher Verhandlung und, sofern nichts Gegenteiliges bestimmt ist, grundsätzlich in der Sache selbst. Nach Abs. 3 leg. cit. haben im Übrigen auf das Verfahren vor der Disziplinaroberkommission die Vorschriften über das Verfahren vor der Disziplinarkommission sinngemäß Anwendung zu finden.
1. Zum Faktum "Alkoholkonsum im Dienst":
Vom Beschwerdeführer ist nicht in Abrede gestellt worden, dass er durch die - aus seiner Sicht therapeutisch bedingte - gelegentliche Verletzung des in § 27 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Graz (GOM) normierte Alkoholverbot verletzt hat. Es ist ihm aber im Ergebnis darin beizupflichten, dass nicht jede Verletzung einer Dienstvorschrift bereits eine Dienstpflichtverletzung darstellt, ist doch im Sinne des § 78 DO lediglich die schuldhafte Verletzung der Dienstpflichten disziplinarrechtlich strafbar.
Die rechtliche Folgerung, jemand habe schuldhaft gehandelt, setzt aber ausnahmslos auch die subjektive Tatseite betreffende Feststellungen voraus, insbesondere eine Auseinandersetzung mit vom Beschuldigten zu seiner Entlastung vorgebrachten schuldausschließenden, rechtfertigenden oder entschuldbaren Umständen, was im Übrigen auch den damit korrespondierenden Tatbeständen des § 111 Abs. 1 lit. a bis d entspricht.
Zwar ist - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht - eine Einstellung im Sinne des § 111 DO nach rechtskräftiger Beschlussfassung über die Einleitung und Verhandlung bzw. Durchführung der Disziplinarverhandlung nicht mehr zulässig, weil das auf Grund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung auszusprechende Disziplinarerkenntnis im Sinn des § 119 Abs. 2 leg. cit. ausschließlich nur noch auf Schuld- oder Freispruch lauten kann.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers erweisen sich jedoch insoweit als beachtlich, als die Verwaltungsbehörden eine nachvollziehbare Begründung dafür vermissen ließen, warum bei bloßer Verletzung des § 27 GOM ( d. h. des Alkoholverbotes während der Dienstzeit) den speziellen, vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten und von den Disziplinarbehörden auch nicht angezweifelten Ausnahmesituationen (Sterbebegleitung) nicht der Charakter eines Rechtfertigungs-, zumindest aber eines disziplinarrechtlich relevanten Entschuldigungsgrundes zugemessen wurde. Dass die Geschäftsordnung selbst keine Ausnahmen vom Alkoholverbot im Dienst zulässt, ergibt sich aus der notwendigen Generalisierung einer solchen Norm, erweist sich aber nicht als Indiz dafür, dass in jedem Fall einer rechtlich relevanten Normverletzung das Verschulden im Einzelfall nicht zu prüfen wäre und dabei jene vom Beschuldigten eingewendeten, sein Verschulden in Frage stellenden Umstände, wie im Beschwerdefall jene spezifischen, sowohl für Patienten wie auch für deren Angehörige belastenden Situationen, wie sie gerade an der Dienststelle des Beschwerdeführers (dem Geriatrischen Krankenhaus) gehäuft auftreten, zu berücksichtigen gewesen wären. Dass ein grundsätzliches Verbot der Konsumation von Alkohol im Dienst zur Wahrung der in § 19 Abs. 1 DO allgemein formulierten Dienstpflichten eines Beamten und zur Hintanhaltung eines Ansehensverlustes in der Öffentlichkeit zweckmäßig ist, liegt auf der Hand, widerspricht aber nicht der Möglichkeit, im Rahmen der Verschuldensfrage gerade jene, nicht dem "Büroalltag" entsprechenden besonderen Verhältnisse im Rahmen der nach den §§ 107 und 111 DO genannten Kriterien einer anderen Wertung zu unterziehen.
Die belangte Behörde hätte daher zu begründen gehabt, warum sie der Argumentation des Beschwerdeführers, es seien rechtfertigende bzw. entschuldigende Gründe vorgelegen, die einen Schuldausspruch ohne Strafe im Sinn des § 107 oder allenfalls den Ausspruch einer der geringeren Disziplinarstrafen im Sinne des § 79 Abs. 1 Z. 1 oder 2 DO oder eine lediglich bedingt ausgesprochene Strafe gemäß § 108 DO gerechtfertigt hätten, nicht gefolgt ist.
2. Zum Faktum Nichteinhaltung der Blockzeit:
Der Beschwerdeführer weist auch hinsichtlich dieses Faktums im Wesentlichen zutreffend und insoweit mit der Aktenlage und den von den Verwaltungsbehörden herangezogenen Fakten übereinstimmend darauf hin, dass dieser - auf neun Fälle im Zeitraum 15. Jänner bis 15. April 1997 eingeschränkte - Vorwurf tatsächlich bloß in der Nichteinhaltung der Dienstzeit in drei Fällen im marginalen Bereich (bis zu fünf Minuten), in drei Fällen in erlaubten Abwesenheiten nach Rücksprache mit seinem ärztlichen Vorgesetzten bzw. dessen Stellvertreterin, in zwei weiteren Fällen in ebenfalls nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten erfolgtem frühzeitigen Verlassen der Dienststelle und einmal in einer unrichtigen Bedienung des Zeiterfassungsgerätes (bei eingehaltener Dienstzeit) bestehe.
Aus der bereits oben zitierten Bestimmung des § 24 Abs. 1 DO geht hervor, dass der Beamte im Falle der Krankheit oder des Vorliegens eines anderen "begründeten Hindernisses" - wie dies im Falle von Kreislaufbeschwerden infolge eines Grippalinfektes bzw. im Falle einer plötzlichen Erkrankung der Mutter anzunehmen gewesen wäre - vom Dienst abwesend sein darf, ohne dem Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung ausgesetzt zu sein. Ärztlicher bzw. medizinischer Vorgesetzter des Beschwerdeführers war zumindest im angenommenen Tatzeitraum (15. 1. bis 15. 4. 1997) Prim Dr. V., der die Angaben des Beschwerdeführers, er habe sich jeweils in diesen Fällen entschuldigt, zumindest teilweise bestätigt hat. Gegenläufige Beweisergebnisse gab es nicht. Daher hätte die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung darzulegen gehabt, warum sie offensichtlich dennoch von der Annahme ausgegangen ist, die zwei krankheitsbedingten Verspätungen bzw. jene früheren Weggänge von der Dienststelle seien jeweils ohne Genehmigung des Vorgesetzten bzw. "des zur Erteilung des Urlaubes berufenen Organes" und damit in Widerspruch zur Bestimmung des § 24 DO erfolgt.
Sollte die Behörde der Annahme gewesen sein, der Beschwerdeführer habe dem unzuständigen Organ jene Mitteilungen gemacht, kann im Rahmen der Verschuldensprüfung aber auch hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass an der betroffenen Dienststelle offenbar Kompetenzunklarheiten zwischen der Verwaltungsdirektorin und dem ärztlichen Leiter in Bezug auf die Dienstaufsicht über die dort zugeteilte Ärzteschaft herrschten, die auf den gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf, insbesondere die Vorwerfbarkeit, von Einfluss gewesen sein könnten.
Die unrichtige Bedienung des Zeiterfassungsgerätes trotz Einhaltung der Blockzeit stellt nicht jene Dienstpflichtverletzung dar, die dem Beschwerdeführer gegenüber inkriminiert worden ist.
Hinsichtlich des Vorwurfs der durch verkehrsbedingte Verzögerungen um bis zu fünf Minuten verursachten Verspätungen in drei Fällen ist zwar der belangten Behörde grundsätzlich darin beizupflichten, dass die Einhaltung der Dienstzeit keine Toleranzgrenzen vorsieht. Aber auch hier hätte zur Annahme einer disziplinarrechtlich zu bestrafenden Dienstpflichtverletzung noch die weitere Begründung gehört, warum nicht ein Vorgehen nach § 107 oder § 108 DO angezeigt gewesen wäre.
3. Zum Faktum der Nichtmeldung der Nebenbeschäftigung:
Auch hinsichtlich der verspäteten Meldung der Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers beim Ärztenotdienst erweisen sich die Entscheidungsgrundlagen als unzureichend, ist doch nach § 23 Abs. 3 DO nicht jede, sondern nur jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung meldepflichtig, wobei der Begriff der Erwerbsmäßigkeit in der Folge vom Gesetzgeber selbst definiert wird.
Inwieweit die vom Beschwerdeführer in den Jahren 1992 bis 1997 (teilweise nur aushilfsweise) ausgeübte Tätigkeit beim Ärztenotdienst in diesem Sinne überhaupt meldepflichtig war, geht aus den von den Disziplinarbehörden getroffenen Feststellungen aber nicht hervor, zumal auch aus dem Akteninhalt, insbesondere den (nachträglichen) Meldungen dieser Nebenbeschäftigung vom 30. Juni bzw. 7. Juli 1997 nicht ersichtlich ist, mit welchem Einkommen diese Nebenbeschäftigung verbunden war. Derartige Feststellungen wären aber notwendig gewesen, um das Vorliegen einer Erwerbsmäßigkeit überprüfbar annehmen zu können, zumal auch niemals in Zweifel stand, dass die vom Beschwerdeführer ausgeübte Nebenbeschäftigung nach Abs. 1 leg. cit. zulässig war.
Liegt aber keine Erwerbsmäßigkeit vor, so wäre die unterbliebene Meldung nicht als Verletzung einer Dienstpflicht im Sinne des § 23 Abs. 3 DO zu beurteilen, hinsichtlich dieses Faktums daher ein Freispruch zu fällen gewesen.
Da die belangte Behörde ihren Bescheid somit in wesentlichen Punkten nur mangelhaft begründet hat war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. September 2001
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