VwGH 2003/10/0080

VwGH2003/10/008026.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerden

1. der Stadt Dornbirn und der Gemeinde Wolfurt, beide vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7 (zur Zl. 2003/10/0080), und 2. der Naturschutzanwaltschaft für Vorarlberg, vertreten durch Mag. Martin Künz, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5 (zur Zl. 2003/10/0082), gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Februar 2003, Zl. IVe-151.095/03, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Republik Österreich, vertreten durch die ASFINAG, diese vertreten durch die Vorarlberger Landesregierung in 6901 Bregenz, Landhaus), zu Recht erkannt:

Normen

31979L0409 Vogelschutz-RL Art4;
31992L0043 FFH-RL Art6;
62004CJ0209 Kommission / Österreich;
BStG 1971 §4 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs5;
B-VG Art139;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art89 Abs2;
NatSchG Vlbg 1997 §35 Abs2;
Straßenverlauf S 18 Bodensee 1997/II/096 Z1;
Straßenverlauf S 18 Bodensee 1997/II/096;
Straßenverlauf S 18 Bodensee 2006/II/278;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
31979L0409 Vogelschutz-RL Art4;
31992L0043 FFH-RL Art6;
62004CJ0209 Kommission / Österreich;
BStG 1971 §4 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs5;
B-VG Art139;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art89 Abs2;
NatSchG Vlbg 1997 §35 Abs2;
Straßenverlauf S 18 Bodensee 1997/II/096 Z1;
Straßenverlauf S 18 Bodensee 1997/II/096;
Straßenverlauf S 18 Bodensee 2006/II/278;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die erstbeschwerdeführenden Parteien haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz gegenüber der zweitbeschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Februar 2003 wurde - in Abweisung der u.a. von den beschwerdeführenden Parteien erhobenen Berufungen - der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 35 Abs. 2 und 37 Abs. 1, 2 und 3 iVm den §§ 33 Abs. 1 lit. g, 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997 (in der Folge: NatSchG), iVm Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) und Art. 12 Abs. 1 lit. d und Art. 16 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer näher beschriebenen Bundesstraße (S 18 Bodensee Schnellstraße) in den Gemeinden Höchst, Fußach, Lustenau, Dornbirn, Lauterach und Wolfurt unter im Einzelnen genannten Auflagen und Bedingungen erteilt.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften (auf das Wesentliche zusammengefasst) ausgeführt, es stehe auf sachverständiger Grundlage fest, dass eine Verwirklichung des zur Bewilligung beantragten Straßenprojektes die Interessen von Natur und Landschaft - in näher dargestellter Art und Weise - verletze. Diese Verletzung könne durch Auflagen nicht bzw. nur zum Teil ausgeglichen werden. Eine Bewilligung sei daher nur auf Grund einer Interessenabwägung im Sinne des § 35 Abs. 2 NatSchG statthaft. Für das Vorhaben sprechende Interessen ergäben sich aus den Unterlagen, die Grundlage für die Erlassung der Trassenverordnung (Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1997, BGBl. II Nr. 96/1997) gewesen seien. Die Trassenverordnung dokumentiere einen festen Grundbestand der öffentlichen Interessen, die an der Realisierung des Vorhabens bestünden. Demnach habe das Straßenprojekt - wie näher dargelegt - die Funktion einer Umfahrungsstraße, die durch Begleitmaßnahmen eine nachhaltige Entlastung des bestehenden Straßennetzes, insbesondere der Ortsdurchfahrten, die bereits die Kapazitätsgrenze erreicht hätten, herbeiführen solle. Weiters werde eine Bündelungsfunktion zur Entlastung der im Siedlungsgebiet bestehenden Grenzübergänge entfaltet. Als - sachverständig belegte - Folgewirkungen seien u. a. eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, eine Verkürzung von Fahrzeiten sowie eine Reduktion der Schadstoff- und Lärmimmissionen zu erwarten. Das beantragte Projekt diene somit dem Gemeinwohl, indem es die derzeit überlasteten Wohngebiete vom übermäßigen Verkehr spürbar entlaste. Dem Ziel einer Förderung von Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung werde Rechnung getragen. Die Entlastungswirkung der S 18 sei großräumig angelegt. Sie werde ca. 68.000 Personen zu Gute kommen. Insbesondere in den Ortsdurchfahrten werde die Bevölkerung von derzeit bereits als kritisch zu beurteilenden Lärm- und Schadstoffbelastungen entlastet. Neben dem Gesundheits- und Sicherheitsaspekt sei das mit der S 18 verfolgte volkswirtschaftliche Ziel einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung von Bedeutung (u.a. Einsparungen von Reise- und Verlustzeiten, Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs, Senkung der Unfallkosten, Reduktion der Schadstoffemissionen und Verringerung des Treibstoffverbrauchs).

Diese an der geplanten Straße bestehenden öffentlichen Interessen würden die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes am Unterbleiben der mit einer Verwirklichung des Projektes verbundenen Beeinträchtigungen der Naturwerte überwiegen. Die mit der Errichtung der S 18 zu verwirklichenden Ziele des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der Bevölkerung besäßen höchste Priorität. Die berührten Naturinteressen könnten daher wohl gleichen, nicht aber einen höheren Stellenwert aufweisen als das Interesse an den verbesserten Lebensverhältnissen in den betroffenen Siedlungsgebieten. Eine Gegenüberstellung der Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes mit den sich in der Trassenverordnung manifestierenden sonstigen öffentlichen Interessen führe daher zum Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen an der Realisierung des zur Bewilligung beantragten Projekts jene des Natur- und Landschaftsschutzes, die durch die Projektrealisierung verletzt würden, überwiegen.

Eine Alternativprüfung im Sinne des § 35 Abs. 2 NatSchG könne in Ansehung der vom Bund verordneten Trasse im Naturschutzverfahren nicht erfolgen. Diese Prüfung sei vielmehr nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 vom Bundesminister vor Erlassung der Verordnung vorzunehmen. Betreffend das Straßenstück "Rampe 100" sei allerdings festzustellen, dass dieses von der Trassenverordnung nicht erfasst sei, eine - näher dargestellte - Beurteilung führe jedoch zum Ergebnis, dass der mitbeteiligten Partei auch insoweit keine zumutbare, die Natur oder Landschaft weniger beeinträchtigende Alternative zum geplanten Straßenstück zur Verfügung stehe.

Durch die Umsetzung der vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen werde (auch) den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie, Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie) entsprochen.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen beantragt wird, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Auch die mitbeteiligte Partei hat jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Mit Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 23. März 2006 in der Rechtssache C-209/04 (Sammlung der Rechtsprechung 2006, Seite I-02755) wurde die Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Republik Österreich, diese habe bei der Bewilligung des Straßenbauvorhabens Bundesschnellstraße Bodensee S 18 die Erfordernisse, die gemäß § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie für den Fall der Vorhabensdurchführung bei Vorliegen eines negativen Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung des Vorhabens gelten, nicht korrekt und vollständig eingehalten, abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Grundsatz, wonach Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei, einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen, dann nicht gelte, wenn das Datum der förmlichen Stellung des Antrages auf Genehmigung eines Vorhabens vor dem Datum liege, an dem die Frist für die Umsetzung einer Richtlinie ablaufe (Rn 56). Nur dieses formale Kriterium entspreche nämlich dem Grundsatz der Rechtssicherheit und sei geeignet, die praktische Wirksamkeit einer Richtlinie zu erhalten. Der Grund hiefür sei, dass eine Richtlinie wie die Habitatrichtlinie überwiegend Projekte größeren Umfangs betreffe, deren Durchführung sehr häufig viel Zeit erfordere. Es wäre nicht angebracht, dass Verfahren, die bereits auf nationaler Ebene komplex seien und die vor Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie förmlich eingeleitet wurden, durch die spezifischen Anforderungen der Richtlinie noch zusätzlich belastet und verzögert und bereits entstandene Rechtspositionen beeinträchtigen würden (Rn 57). Der Umstand, dass das Trassenfestlegungsverfahren für das Straßenbauvorhaben S 18 im Jahre 1993 förmlich eingeleitet worden sei und die Verpflichtung aus der Vogelschutz- und Habitatrichtlinie für die Republik Österreich seit dem 1. Jänner 1995 gelte, habe gemäß der zitierten Rechtsprechung zur Folge, dass "die Verpflichtung einer aus der Habitatrichtlinie im vorliegenden Fall für die Republik Österreich nicht galten und das Straßenbauvorhaben S 18 nicht den Vorgaben dieser Richtlinie unterlag".

Stattgegeben wurde der Klage der Kommission jedoch insofern, als diese die Feststellung begehrt hatte, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) in der durch die Richtlinie 97/49/EG der Kommission vom 29. Juli 1997 geänderten Fassung verstoßen habe, indem sie mit den Gebieten "Soren" und "Gleggen-Köblern" Teilgebiete, die nach wissenschaftlichen Kriterien zusammen mit dem besonderen Schutzgebiet des nationalen Landschaftsschutzgebietes "Lauteracher Ried" zu den zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebieten nach den genannten Bestimmungen dieser Richtlinie zählen, nicht in dieses besondere Schutzgebiet aufgenommen habe.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2006, V 89/02 u.a., wurde die Wortfolge "verläuft sodann durch das Schweizer Ried" in der Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufs der S 18 Bodensee Schnellstraße und der A 14 Rheintal Autobahn - Anschlussstelle Wolfurt/Lauterach im Bereich der Gemeinden Wolfurt, Lauterach, Dornbirn, Lustenau, Fußach und Höchst, BGBl. II Nr. 96/1997, als gesetzwidrig aufgehoben. Nach den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses beruhe die Verordnung auf § 4 des Bundesstraßengesetzes 1971 in der Fassung BGBl. I Nr. 31/1997. Danach bildeten die Verkehrserfordernisse, die Wirtschaftlichkeit des Straßenbauvorhabens und dessen Umweltverträglichkeit die Planungsziele. Für jeden der drei Entscheidungsparameter müssten ausreichende Entscheidungsgrundlagen erarbeitet werden, weil ohne hinreichend erhobene Entscheidungsgrundlagen die vom Gesetz geforderte nationale, auf einem gehörigen Abwägungsvorgang beruhende Trassenplanung unmöglich und die Trassenverordnung daher rechtswidrig sei. Im vorliegenden Fall berücksichtige die Dokumentation der Umweltverhältnisse einschließlich der zu erwartenden Wechselwirkungen im Falle des Baus der S 18 Bodensee Schnellstraße jedoch nicht, dass die an das bestehende Landschaftsschutzgebiet "Lauteracher Ried" angrenzenden Gebiete "Soren" und "Gleggen-Köblern" - was das Schutzbedürfnis anlange - mit jenem eine Einheit bildeten. Bei Berücksichtigung dieser einheitlichen Landschaftsstruktur würden von der verordneten Trasse allerdings nicht nur Randgebiete berührt, sondern der schutzbedürftige Bereich schlechthin durchschnitten. Es sei evident und bedürfe keiner näheren Begründung, dass die unter dem Titel der Umweltverträglichkeit einer Trasse erhobenen und untersuchten Entscheidungsgrundlagen anders beschaffen seien, je nachdem ob eine Trasse lediglich in einer gewissen Distanz zu einem bestehenden Landschaftsschutzgebiet verlaufe oder dieses durchschneide. Die Überlegungen des Bundesministers, dass bei der Trassenwahl darauf Bedacht genommen worden sei, dass lediglich Randbereiche des Rieds berührt würden, sei angesichts des tatsächlichen Umfangs des Schutzgebietes hinfällig. Vielmehr bedürften die unter dem Titel der "Umweltverträglichkeit" für die Interessenabwägung erforderlichen Entscheidungsgrundlagen für die Führung der Trasse der S 18 einer neuerlichen sorgfältigen Erhebung und Analyse. Es könne im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die verordnete Trasse von Anfang an mangels Erarbeitung gehöriger Entscheidungsgrundlagen betreffend ihre Umweltverträglichkeit gesetzwidrig gewesen sei oder ob sie dadurch invalidierte, dass auf Grund weiterer ornithologischer Studien und jüngerer Überwachungsergebnisse die Unzulänglichkeit der Abgrenzung des Lauteracher Rieds als besonderes Schutzgebiet manifest geworden sei, sodass sich die seinerzeitigen Überlegungen zur "Umweltverträglichkeit" der dann verordneten Trasse für die gehörige Entscheidungsfindung als unzureichend erwiesen hätten. Die Verordnung sei daher im zulässigen Umfang der Anfechtung als gesetzwidrig aufzuheben gewesen, wiewohl die Rechtswidrigkeit die gesamte Trasse betreffe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorliegenden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht unbestritten fest, dass das in Rede stehende Straßenprojekt gemäß den §§ 33 Abs. 1 lit. g, 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 und 2 NatSchG bewilligungsbedürftig ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 NatSchG ist eine Bewilligung zu erteilen, wenn, allenfalls durch die Erteilung von Auflagen und Bedingungen oder Befristungen gewährleistet ist, dass eine Verletzung der Interessen der Natur oder Landschaft, vor allem im Hinblick auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung, nicht erfolgen wird.

Wenn trotz Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen eine Verletzung der Interessen von Natur oder Landschaft im Sinne des Abs. 1 erfolgen wird, darf die Bewilligung gemäß § 35 Abs. 2 NatSchG nur dann erteilt werden, wenn eine Gegenüberstellung der sich aus der Durchführung des Vorhabens ergebenden Vorteile für das Gemeinwohl mit den entstehenden Nachteilen für die Natur oder Landschaft ergibt, dass die Vorteile für das Gemeinwohl, allenfalls unter Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen, überwiegen und dem Antragsteller keine zumutbaren, die Natur oder Landschaft weniger beeinträchtigenden Alternativen zur Verfügung stehen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, das Straßenprojekt der mitbeteiligten Partei bewirke zwar eine Verletzung der Interessen von Natur und Landschaft, die auch durch Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht ausgeschlossen werden könne. Allerdings ergäbe eine Gegenüberstellung dieser Interessen mit den unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls für das Straßenbauvorhaben sprechenden Interessen, die in der Trassenverordnung, BGBl. II Nr. 96/1997, bzw. in den Unterlagen, die Grundlage für die Erlassung dieser Verordnung gewesen seien, zum Ausdruck kämen, dass die mit dem Straßenprojekt verbundenen Vorteile überwiegen würden. Da der mitbeteiligten Partei für die Verwirklichung dieses Vorhabens auch keine zumutbaren, die Natur oder Landschaft weniger beeinträchtigenden Alternativen zur Verfügung stünden, sei die beantragte Bewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen zu erteilen gewesen.

Dagegen wendet die zweitbeschwerdeführende Partei zunächst ein, dass "Antragstellerin und Bescheidadressat nicht übereinstimmen". Während die Antragstellung durch das Land Vorarlberg namens der ASFINAG (mitbeteiligte Partei) erfolgt sei, sei der Bescheidadressat die Republik Österreich, vertreten durch die ASFINAG. Mit dem angefochtenen Bescheid sei somit über einen Antrag der Republik Österreich abgesprochen worden, der von dieser gar nicht gestellt worden sei.

In diesem Zusammenhang vertreten auch die erstbeschwerdeführenden Parteien die Auffassung, dass der angefochtene Bescheid gegenüber dem "Völkerrechtssubjekt Republik Österreich" erlassen worden sei, Rechtsträger allerdings nur der Bund sein könne.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan.

Gemäß § 11 des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes 1997 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 113/1997 vertritt die ASFINAG den Bund in allen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, die Bundesstraßenstrecken gemäß § 2 betreffen.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2000 vor den Behörden erster Instanz wurde von der Vertreterin der ASFINAG klar gestellt, dass die Antragstellerin des gegenständlichen Projektes die Republik Österreich sei, die durch die ASFINAG vertreten werde. Im Beschwerdefall ist somit die Antragstellung durch das Land namens der ASFINAG letztlich als solche des Bundes zu qualifizieren. Eine Divergenz zwischen Antragsteller und Bescheidadressat liegt daher in Wahrheit nicht vor.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht die zweitbeschwerdeführende Partei - mit näherer Begründung - unter dem Gesichtspunkt geltend, von der Trasse der S 18 erfasste Flächen seien nicht von der Unterschutzstellung durch die Streuewiesenverordnung, LGBl. Nr. 61/1995 (idF LGBl. Nr. 56/2000), ausgenommen; die daraus folgenden Beschränkungen habe die belangte Behörde nicht beachtet. Die Streuewiesenverordnung aus dem Jahre 1995 habe "auf einen bestimmt bezeichneten Plan Bezug genommen"; damit "sei der Wille des historischen Verordnungsgebers klar manifestiert. Es sei unzulässig, diesem eine weitere Bindung an einen, ihm schon aus Gründen der zeitlichen Logik nicht bekannten Plan, zu unterstellen." Auch eine "interpretative Bezugnahme auf die letztlich verordnete Trasse sei unzulässig".

Dabei wird übersehen, dass die belangte Behörde § 1 Abs. 2 der Streuewiesenverordnung idF LGBl. Nr. 56/2000 anzuwenden hatte; danach sind - wie schon durch § 1 Abs. 2 der Streuewiesenverordnung LGBl. Nr. 40/1990 bzw. LGBl. Nr. 61/1995 - die von der Trasse der S 18 in Anspruch genommenen Flächen von der Unterschutzstellung ausgenommen. Auch soweit die zweitbeschwerdeführende Partei darauf verweist, dass das Zollamt sowie die Rampe 100 nicht von der Trassenverordnung erfasst seien, ist ihr zu erwidern, dass darin keine konkrete Behauptung des Inhalts liegt, die in Rede stehenden Flächen seien nicht vom Schutz durch die Streuewiesenverordnung ausgenommen.

Was das Vorbringen anlangt, "§ 1 Abs. 2 Streuewiesenverordnung (widerspreche) auch dem EU-Recht (VSchRL bzw. FFH-RL)", so ist auch dieses - wie noch zu zeigen sein wird - nicht geeignet, eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darzulegen.

Soweit in den vorliegenden Beschwerden der belangten Behörde vorgeworfen wird, die Prüfung anderer Trassenvarianten unterlassen zu haben, ist darauf zu verweisen, dass es nicht der Naturschutzbehörde, sondern dem Bund in Wahrnehmung der Kompetenz "Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge" (Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG) - unter Bedachtnahme auf die Interessen gegenbeteiligter Kompetenzträger, u.a. den Naturschutz - obliegt, den Straßenverlauf einer Bundesstraße zu bestimmen. In diesem Rahmen ist somit auch die Prüfung von Alternativen sowie die Auswahlentscheidung vorzunehmen. Die Bedeutung der Trassenverordnung für das naturschutzbehördliche Verfahren erschöpft sich daher - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 24. September 1999, VwSlg. 15.237/A, dargelegt hat - nicht in der Funktion einer Manifestation der von der Naturschutzbehörde zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen aus dem Vollziehungsbereich des Bundes. Vielmehr ist eine Trassenverordnung für die den Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung des betreffenden Straßenprojektes stellende Partei, deren Aufgabe die Verwirklichung der in der Trassenverordnung festgelegten Bundesplanung ist, bindend. Eine rechtliche Möglichkeit, von dieser Planung abzuweichen, besteht für diese nicht. Das aber führt dazu, dass Alternativen zum Projekt, die eine Änderung der Trassenverordnung zur Voraussetzung hätten, nicht als zumutbare Alternativen im Sinne des § 35 Abs. 2 NatSchG in Betracht kommen (vgl. auch das Erkenntnis vom 16. April 2004, Zl. 2001/10/0156).

Eine Beurteilung der Trassenverordnung, inwieweit damit den Zielsetzungen des Bundesstraßengesetzes 1971 Rechnung getragen wird, steht der Naturschutzbehörde nicht zu. Eine Trassenverordnung ist weder von der Naturschutzbehörde noch vom Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsvorschrift im Sinne des Art. 89 Abs. 2 B-VG - anzuwenden. Eine Anfechtung der Trassenverordnung beim Verfassungsgerichtshof kommt daher für den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht (vgl. dazu das Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, Zl. 2003/10/0081, mit dem die Beschwerde einer weiteren vom Bau der S 18 betroffenen Gemeinde abgewiesen worden ist).

Die (teilweise) Aufhebung der Trassenverordnung durch den Verfassungsgerichtshof hat u.a. nicht zur Folge, dass der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund vom Verwaltungsgerichtshof als rechtswidrig aufzuheben wäre. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung berühren nämlich nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage die Rechtmäßigkeit eines (zuvor) erlassenen Bescheides nicht. Vielmehr ist (von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) die Rechtmäßigkeit eines Bescheides nach der im Zeitpunkt seiner Erlassung bestehenden Sach- und Rechtslage maßgeblich. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand aber die genannte Trassenverordnung, deren (teilweise) Aufhebung gemäß Art. 139 Abs. 5 B-VG (erst) mit Wirksamkeit vom 27. Juli 2006 in Kraft trat (vgl. die Kundmachung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 27. Juli 2006, BGBl. II Nr. 278/2006), unverändert in Geltung. Diese war daher von der belangten Behörde als Dokumentation der an einer Realisierung des beantragten Straßenprojekts bestehenden öffentlichen Interessen zu berücksichtigen. Das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, mit dem u.a. etwa die verkehrsplanerischen Gutachten kritisiert werden, eine fehlende Anbindung an das schweizerische Straßennetz behauptet und der "straßenrechtliche Status" der S 18 in Zweifel gezogen wird, geht daher ins Leere.

In seinem Erkenntnis vom 29. Jänner 2007 hat der Verwaltungsgerichtshof auch näher begründend dargelegt, dass das Vorbringen einer mangelnden Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. Beteiligung der Öffentlichkeit nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Was die Behauptung der beschwerdeführenden Parteien anlangt, die belangte Behörde habe europarechtliche Vorgaben (Vogelschutzrichtlinie, FFH-Richtlinie) bei ihrer Entscheidung nur mangelhaft berücksichtigt, so genügt der Hinweis, dass diese Richtlinien auf das vorliegende Projekt nach dem oben zitierten Urteil des EuGH vom 23. März 2006 nicht anzuwenden sind (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Zum Vorwurf, die belangte Behörde habe die Beeinträchtigung des Grünraumes als Naherholungsgebiet für rund 160.000 Einwohner in ihre Beurteilung nicht einbezogen, ist zu sagen, dass die belangte Behörde im Rahmen des Berufungsverfahrens diesbezüglich eine Ergänzung des naturschutzfachlichen Gesamtgutachtens vom Mai 2000 veranlasst hat. Danach werde die Erholungseignung des Gebietes im Nahbereich der gegenständlichen Trasse vor allem durch die Lärmbelastung stark gemindert und die Erholungseignung bedingt durch die weiten Sichtbeziehungen beeinträchtigt (vgl. S. 96, 230 f und 282 des angefochtenen Bescheides). Diese Beeinträchtigungen wurden in der Folge auch im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt (vgl. S. 298 ff des angefochtenen Bescheides).

Auch der Einwand der Zweitbeschwerdeführerin, durch das beantragte Vorhaben komme es nicht nur zu einem Eingriff in Habitate geschützter Vögel, sondern auch zu einer Zerstörung des Lebensraumes des Hellen und des Dunklen Ameisenbläulings sowie der Gelbbauchunke, ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen, hat sich die belangte Behörde doch auch mit diesen Beeinträchtigungen im Rahmen ihrer Interessenabwägung auseinander gesetzt (vgl. etwa S. 296 f des angefochtenen Bescheides).

Nicht beizupflichten ist schließlich auch dem Vorbringen der erstbeschwerdeführenden Parteien, dass nur die Beeinträchtigungen der Lebensräume im "Lauteracher Ried", nicht jedoch die "Auswirkungen auf die pflichtwidrig nicht ausgewiesenen Schutzgebiete" berücksichtigt worden seien.

Es trifft zwar zu, dass die belangte Behörde bei Beurteilung des Straßenprojekts unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten darauf hingewiesen hat, die - auch vom Sachverständigen befürchteten - Auswirkungen auf den Lebensraum des Wachtelkönigs kämen nicht im Vogelschutzgebiet "Lauteracher Ried" zum Tragen und für die außerhalb dieses Gebietes liegenden Gebiete "Soren" und "Gleggen-Köblern" gelte nicht derselbe Schutzstatus wie für das "Lauteracher Ried". Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass die zu erwartenden Beeinträchtigungen für Natur und Landschaft in den außerhalb des "Lauteracher Rieds" gelegenen Gebieten der Interessenabwägung nicht zu Grunde gelegt worden wären, hat die belangte Behörde doch insbesondere auf die durch den Bau der S 18 befürchtete Barrierewirkung mit der Konsequenz einer Beeinträchtigung des Wachtelkönigbestandes insgesamt hingewiesen. Es seien allerdings die zum Schutz der Lebensräume außerhalb des "Lauteracher Rieds" vorgesehenen Maßnahmen (auch gemeinschaftsrechtlich) ausreichend, um eine Verschmutzung oder Beeinträchtigung dieser Lebensräume hintanzuhalten (vgl. dazu die Ausführungen auf den S. 304 ff des angefochtenen Bescheides). Der Vorwurf, dass die Beeinträchtigungen in den Gebieten "Soren" und "Gleggen-Köblern" nicht berücksichtigt worden seien, trifft daher nicht zu.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Da Rechtsträger der zweitbeschwerdeführenden Partei und der belangten Behörde das Land Vorarlberg ist, war der belangten Behörde in dem zur Zl. 2003/10/0082 protokollierten Verfahren kein Kostenersatz zuzusprechen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 3. Juli 2000, Zl. 2000/10/0002).

Das Kostenbegehren der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei war in sinngemäßer Anwendung des § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG abzuweisen (vgl. das Erkenntnis vom 23. September 2005, Zl. 2003/15/0104).

Wien, am 26. März 2007

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