VwGH 2000/10/0002

VwGH2000/10/00023.7.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der Naturschutzanwältin für Vorarlberg, vertreten durch Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, Goethestraße 5, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 6. Dezember 1999, Zl. IVe-151.50, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen einen naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheid (mitbeteiligte Parteien: 1. S Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Preslmayr & Partner, Rechtsanwälte in Wien I,

Dr. Karl-Lueger-Ring 12, und 2. R Gesellschaft m.b.H. in St. Pölten-Harland, vertreten durch Dr. Heimo Puschner, Mag. Martin Spernbauer und Mag. Nikolaus Rosenauer, Rechtsanwälte in Wien I, Schubertring 6-8), zu Recht erkannt:

Normen

BStG 1971 §2 Abs1;
BStG 1971 §2;
BStG 1971 §27;
BStG 1971 §3;
BStG 1971 §4 Abs1;
BStG 1971 §4;
B-VG Art131 Abs2;
NatSchG Vlbg 1997 §50 Abs4 litc;
NatSchG Vlbg 1997 §50 Abs4;
NatSchG Vlbg 1997 §50 Abs5;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
BStG 1971 §2 Abs1;
BStG 1971 §2;
BStG 1971 §27;
BStG 1971 §3;
BStG 1971 §4 Abs1;
BStG 1971 §4;
B-VG Art131 Abs2;
NatSchG Vlbg 1997 §50 Abs4 litc;
NatSchG Vlbg 1997 §50 Abs4;
NatSchG Vlbg 1997 §50 Abs5;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Das Land Vorarlberg hat den mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen Aufwendungen für Schriftsatzaufwand in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- und der erstmitbeteiligten Partei weitere Aufwendungen in der Höhe von S 360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren beider mitbeteiligter Parteien wird abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Spruchabschnitt II des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (BH) vom 12. November 1999 wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 35 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 lit. a, d, g, m und n sowie den §§ 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 des Vorarlberger Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997 (NatSchG) die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung der Autobahnraststätte Hohenems auf Grundstück Nr. 2342/3 der KG Hohenems samt den dafür erforderlichen Erschließungs- und sonstigen Maßnahmen auf den Grundstücken Nr. 2342/1, 8688 und 8690, alle KG Hohenems (Versickerung und Einleitung der anfallenden Oberflächenwässer inklusive der Errichtung von Versickerungsbecken, Veränderungen im Uferschutzbereich des Koblacher Kanales, Änderung der Autobahn durch die Errichtung der Verkehrsanbindung, Rodung eines Auwaldbereiches) nach Maßgabe der Plan- und Beschreibungsunterlagen sowie des in der Einleitung zu diesem Bescheid festgestellten Sachverhaltes unter Auflagen erteilt.

In der in der Einleitung zu diesem Bescheid enthaltenen Sachverhaltsdarstellung heißt es bezüglich des naturschutzrechtlichen Verfahrens, das Vorhaben liege außerhalb bebauter Bereiche im Sinne des NatSchG und sehe im Einzelnen folgende bewilligungspflichtige Maßnahmen vor:

Errichtung eines Gebäudekomplexes (Raststätte + Tankstelle) mit einer überbauten Fläche von mehr als 800 m2, Errichtung eines Parkplatzes mit einer Grundfläche von mehr als 800 m2, Änderungen/Erweiterungen der Straße durch die Verkehrsanbindung an die Rheintalautobahn (eine Verschiebung der Straßenachse im Sinne des § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG sei allerdings nicht vorgesehen), Anbringung von Ankündigungen und Werbeanlagen, Errichtung einer Tankstelle, Veränderungen im Uferschutzbereich des Koblacher Kanales und im Zusammenhang mit der Verkehrsanbindung die Rodung eines Auwaldteiles. Die Genehmigungspflicht des Projektes ergebe sich aus den Bestimmungen des § 33 Abs. 1 lit. a, d, g, m und n sowie aus den §§ 24 Abs. 1 und 25 Abs. 1 NatSchG. Insgesamt würden für die Verkehrsanbindung, die Gebäude und die Fahrzeugstellplätze

26.220 m2 Bodenfläche versiegelt. Das Projekt beinhalte insgesamt 250 PKW-Stellplätze, 15 Bus- und 29 LKW-Stellplätze, die zum Großteil östlich des Rathauses gelegen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Zur Zulässigkeit der Berufung führte sie aus, gemäß § 33 Abs. 1 lit. g NatSchG bedürfe die Errichtung und wesentliche Änderung von Straßen mit einer Breite von mehr als 2,4 m und einer Länge von mehr als 200 m außerhalb bebauter Bereiche einer Bewilligung. Dem Naturschutzanwalt sei in diesem Verfahren nach § 50 Abs. 2 NatSchG Gelegenheit zu geben, bei der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken sowie zur Sache und zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Nach § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG könne der Naturschutzanwalt gegen Bescheide über die "Errichtung und Änderung von Bundes- und Landesstraßen" Berufung erheben, "ausgenommen solche Änderungen, bei denen die Verschiebung der Straßenachse weniger als 50 m beträgt". Im vorliegenden Fall stelle die A 14 Rheintalautobahn zweifellos eine Bundesstraße dar. Die Errichtung der geplanten Raststätte inklusive Parkflächen, Randflächen sowie Zu- und Abfahrten bedeute eine wesentliche Änderung dieser Straße, wobei ein erheblicher Teil dieser Anlagen weiter als 50 m von der Straßenachse der A 14 entfernt liege. Dabei seien, auch nach § 3 des Bundesstraßengesetzes, die Zu- und Abfahrten sowie die Parkflächen als Bestandteil der Bundesstraße zu sehen. Auch im erstinstanzlichen Bescheid werde ausdrücklich festgehalten, dass die "für die Verkehrsanbindung der Raststätte erforderlichen Verbindungsstraßen als Teil der Autobahn im Sinne des § 3 des Bundesstraßengesetzes gelten." Ebenso sei nach dieser Regelung die Errichtung der Zu- und Abfahrtsstraßen als Neuerrichtung einer Bundesstraße anzusehen, da diese Teile einer Bundesstraße seien und mehrere zusammenhängende Teilstücke mit einer Länge von jeweils mehr als 200 m darstellten. Auch daher komme der Naturschutzanwaltschaft ein Berufungs- und Beschwerderecht zu. Die gegenständliche Bestimmung (gemeint wohl: § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG) beziehe sich nicht nur auf die Verschiebung der Hauptachse der Bundesstraße, sondern auch auf die Errichtung von zusätzlichen Straßenstücken mit eigenen Achsen. Auch bei einer kürzlich eingebrachten Beschwerde bezüglich des Halbanschlusses Lauterach, wo sich diese Frage ebenfalls gestellt habe, habe der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdelegitimation der Naturschutzanwaltschaft ausdrücklich anerkannt (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999, 98/10/0347). Ebenso sei im Hinblick auf den Regelungszweck des NatSchG unerheblich, ob für diese Anschlussstücke eine Verordnung nach § 4 des Bundesstraßengesetzes bestehe.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 6. Dezember 1999 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurück.

In der Begründung heißt es, das Berufungsrecht der beschwerdeführenden Partei sei im § 50 Abs. 4 NatSchG umschrieben. Ihr stehe ein Berufungsrecht nur in den in dieser Bestimmung taxativ aufgezählten Angelegenheiten zu. Die verfahrensgegenständliche Errichtung einer Autobahnraststätte samt den hiefür erforderlichen Erschießungs- und sonstigen Maßnahmen löse aus folgenden Gründen kein Berufungsrecht der beschwerdeführenden Partei aus:

Die Regelung des § 50 Abs. 4 NatSchG verweise nach Auffassung der belangten Behörde durch die Verwendung der Ausdrücke "Bundes- und Landesstraßen" auf die Rechtsgebiete des Bundes- bzw. des Landesstraßenrechtes. Da die geplante Autobahnraststätte in Hohenems den Verkehrsteilnehmern auf der Bundesstraße A 14 Rheintalautobahn dienen solle, sei im vorliegenden Fall nur der Verweis auf das Bundesstraßenrecht, also auf das Bundesstraßengesetz 1971, von Bedeutung. Im vorliegenden Zusammenhang seien dessen § 2, 3, 4 und 27 von Bedeutung. Aus der Systematik des Bundesstraßengesetzes 1971 und vor allem aus den Regelungen der §§ 2, 3 und 27 desselben ergebe sich, dass die der geplanten Autobahnraststätte Hohenems zuzuordnenden Verkehrsflächen einschließlich der Zu- und Abfahrten zur bzw. von der Rheintalautobahn keine eigenen Bundesstraßen, sondern vielmehr Bestandteile der Rheintalautobahn seien. Es sei daher folgerichtig, dass das Bundesstraßengesetz 1971 für den Bau dieser Verkehrsflächen keine Verordnung über den Straßenverlauf verlange (Hinweis auf § 4 Abs. 1 und § 27 letzter Satz des Bundesstraßengesetzes 1971). Bei der baulichen Herstellung der in Rede stehenden Verkehrsflächen handle es sich also nicht um die Errichtung neuer, von der Rheintalautobahn verschiedener Straßen, sondern um eine Änderung der bestehenden Autobahn.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei lasse sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999, 98/10/0347, nichts Gegenteiliges ableiten. In diesem Verfahren sei es nämlich nicht um die Errichtung einer Autobahnraststätte samt Zu- und Abfahrten, sondern um die Errichtung einer neuen Bundesstraße, genauer um die Errichtung der Autobahnanschlussstelle für diese Bundesstraße gegangen. Diese Autobahnanschlussstelle stelle einen Teilabschnitt der Gesamttrasse einer geplanten Bundesstraße dar (Hinweis auf die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 96/1997), sodass der beschwerdeführenden Partei auf Grund des Anwendungsfalls "Errichtung von Bundes- und Landesstraßen" des § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG das Berufungsrecht zugestanden sei. Die im Beschwerdefall geplante Autobahnraststätte sei jedoch nicht Teil einer neuen Bundesstraße, sondern Teil der bestehenden Rheintalautobahn, weshalb dieser Anwendungsfall des § 50 Abs. 4 lit. c leg. cit. nicht in Betracht komme. Eine am Regelungsziel des § 50 Abs. 4 NatSchG orientierte Auslegung (Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 50 in der Regierungsvorlage, Beilage 68/1996 des XXVI. Vorarlberger Landtages) führe daher zum Ergebnis, dass der Anwendungsfall "Errichtung von Bundes- und Landesstraßen" nicht in Betracht komme und auch der Anwendungsfall "Änderung von Bundes- oder Landesstraßen" nicht gegeben sei, weil die für diesen Anwendungsfall nötige Verschiebung der Straßenachse um 50 m oder mehr nicht vorliege. Im vorliegenden Fall werde nämlich die Achse der Rheintalautobahn überhaupt nicht verschoben. Der in der Berufung enthaltene Hinweis, dass ein erheblicher Teil der zur Autobahnraststätte gehörenden Verkehrsflächen "weiter als 50 m von der Straßenachse der A 14 entfernt" liege, sei rechtlich unerheblich. Der beschwerdeführenden Partei stehe daher ein Berufungsrecht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher als Beschwerdepunkt ausgeführt wird, der bekämpfte Bescheid sei objektiv rechtswidrig.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, es sei unbestritten, dass die Rheintalautobahn A 14 eine Bundesstraße darstelle. Die Errichtung von Zu- und Abfahrtsstraßen zur Raststätte sei schon deshalb als Neuerrichtung einer Bundesstraße anzusehen, weil diese Teile einer Bundesstraße seien und mehrere zusammenhängende Teilstücke mit einer Länge von jeweils mehr als 200 m darstellten. Die Errichtung dieser zusätzlichen Straßenstücke gehe über den Begriff der "Änderung" hinaus, da die ursprünglich vorhandene Straßentrasse bzw. Trassenachse (Autobahn) als solche unverändert bestehen bleibe. Neben dieser würden neue (Bundes-)Straßenstücke mit eigener Achse errichtet. Eine Änderung bedinge begrifflich jedoch die Aufgabe einer früheren Eigenart im Sinne der Annahme einer neuen Gestalt. Dies sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein bereits bestehendes Objekt in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibe, diesem nur etwas neu hinzugefügt werde. Die anzuwendende Bestimmung beziehe sich nicht nur auf eine Verschiebung der Hauptachse, sondern auch auf die Errichtung eigener zusätzlicher Bundesstraßenstücke mit eigenen Achsen. Im Beschwerdeverfahren "Autobahnhalbanschluss Wolfurt" (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999) sei die Beschwerdelegitimation des Naturschutzanwaltes zu Recht niemals in Frage gestellt worden.

Nach § 3 des Bundesstraßengesetzes 1971 seien auch Parkplätze Teile der Bundesstraße. Größe und Fläche sowie der untrennbare Zusammenhang von Rampen, Parkplätzen und Rasthaus bedingten, dass das Gesamtprojekt als Bestandteil der Bundesstraße zu qualifizieren sei, weshalb ein dem § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG 1997 zu unterstellendes Erweiterungsvorhaben vorliege. Dazu komme, dass die Aufzählung des § 2 des Bundesstraßengesetzes 1971 nur demonstrativ sei und daher auch Zu- und Abfahrten sowie das Rasthaus als Bestandteile anzusehen seien. Auch aus dem Gesetzeszweck sei ein Berufungsrecht des Naturschutzanwaltes abzuleiten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Parteien haben ebenfalls Gegenschriften erstattet und darin die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 33 Abs. 1 lit. g NatSchG 1997 bedarf die Errichtung und die im Hinblick auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung wesentliche Änderung von Straßen mit einer Breite von mehr als 2,40 m und einer Länge von mehr als 200 m außerhalb bebauter Bereiche einer Bewilligung der Behörde; davon ausgenommen sind Erweiterungen bestehender Anlagen durch Verlängerungen, Stichwege, oder dgl., wenn die nicht bewilligten Straßenstrecken insgesamt nicht länger als 200 m sind, wobei einzelne Straßenstücke, wenn sie miteinander in engem räumlichen Zusammenhang stehen, zusammenzurechnen sind.

Nach § 50 Abs. 4 NatSchG 1997 kann der Naturschutzanwalt gegen Bescheide der Behörde, mit denen in folgenden Angelegenheiten Bewilligungen erteilt wurden, zur Wahrung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung Berufung erheben, wenn seiner Stellungnahme nicht entsprochen wurde:

c) Errichtung oder Änderung von Bundes- und Landesstraßen, ausgenommen solche Änderungen, bei denen die Verschiebung der Straßenachse weniger als 50 m beträgt.

Nach § 50 Abs. 5 NatSchG 1997 kann der Naturschutzanwalt gegen Bescheide der Landesregierung in den Angelegenheiten des Abs. 4 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erheben.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien vertreten die Auffassung, die Beschwerde sei zurückzuweisen, weil keine Angelegenheit des § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG 1997 vorliege.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine Berufung der beschwerdeführenden Partei mangels Berufungslegitimation zurückgewiesen. Im Streit um die Berufungslegitimation besteht aber jedenfalls das Recht, Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu erheben. Der zurückweisende Bescheid betraf eine Angelegenheit des § 50 Abs. 4 NatSchG 1997, da zu den "Angelegenheiten des Abs. 4" auch verfahrensrechtliche Entscheidungen gehören.

Die erstmitbeteiligte Partei vertritt außerdem die Auffassung, die beschwerdeführende Partei habe der Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG nicht entsprochen, weil sie das Recht, in dem sie verletzt zu sein behaupte, nicht bestimmt anführe.

Die beschwerdeführende Partei ist nicht Trägerin subjektiver Rechte, sondern Organpartei. Für sie gilt daher die Verpflichtung zur Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht.

Die Beschwerde erweist sich als zulässig.

§ 50 Abs. 4 lit. c NatSchG 1997 räumt dem Naturschutzanwalt in Angelegenheiten der Errichtung oder Änderung von Bundes- und Landesstraßen, ausgenommen solche Änderungen, bei denen die Verschiebung der Straßenachse weniger als 50 m beträgt, ein Berufungsrecht ein.

Nichts zu gewinnen ist für die Frage des Berufungsrechtes der beschwerdeführenden Partei im vorliegenden Fall aus § 33 Abs. 1 lit. g NatSchG 1997, da der Bewilligungstatbestand und der die Berufungslegitimation des Naturschutzanwaltes begründende Tatbestand nicht ident sind.

Zutreffend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, dass der Begriff der Errichtung oder Änderung von Bundesstraßen unter Zugrundelegung des Bundesstraßengesetzes 1971 (BStG 1971) zu ermitteln ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber des NatSchG 1997 einen "autonomen", vom Bundesstraßengesetz 1971 völlig losgelösten Begriff der Errichtung bzw. Änderung von Bundesstraßen verwendet habe, fehlen.

Nach § 2 Abs. 1 BStG 1971 werden die Bundesstraßen in drei Kategorien eingeteilt, nämlich Bundesstraßen A (Bundesautobahnen), Bundesstraßen S?(Bundesschnellstraßen) und Bundesstraßen B.

Nach § 3 BStG 1971 gelten als Bestandteile der Bundesstraße neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen, wie Fahrbahnen, Gehsteige, Rad- und Gehwege, Parkflächen, Haltestellenbuchten, der Grenzabfertigung dienende Verkehrsflächen, auch bauliche Anlagen im Zuge einer Bundesstraße wie Tunnels, Brücken, Durchlässe, Stütz- und Futtermauern, Straßenböschungen, Straßengräben, ferner im Zuge einer Bundesstraße gelegene Mautanlagen sowie Anlagen zum Schutz vor Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Bundesstraße, insbesondere gegen Lärmeinwirkung, weiters im Zuge einer Bundesstraße gelegene, der Erhaltung und der Beaufsichtigung der Bundesstraßen dienende bebaute und unbebaute Grundstücke sowie der Grenzabfertigung und der Bemautung dienende Grundflächen.

Nach § 4 Abs. 1 BStG 1971 hat vor dem Bau einer neuen Bundesstraße und vor der Umlegung von Teilen einer bestehenden Bundesstraße auf eine neu zu errichtende Straße oder vor dem Ausbau einer bestehenden Bundesstraße von zwei auf vier oder mehr Fahrstreifen mit einer durchgehenden Länge von 10 km oder mehr der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Straßenverlauf im Rahmen der Verzeichnisse durch Festlegung der Straßenachse, im Falle eines Ausbaues durch Beschreibung, beides auf Grundlage eines konkreten Projektes, durch Verordnung zu bestimmen.

Nach § 4 Abs. 6 leg. cit. sind Änderungen der durch eine Verordnung nach Abs. 1 festgelegten Straßenachse um mehr als 5 m sowie Maßnahmen nach Abs. 7, die keine Zustimmung gefunden haben, zu verordnen.

Nach § 27 BStG 1971 dürfen Betriebe an Bundesautobahnen, an Bundesschnellstraßen, an Freilandstrecken von Bundesstraßen B, für die in einer Anmerkung im Verzeichnis 3 die Errichtung niveaufreier Anschlussstellen vorgesehen ist, und an Bundesstraßen B, die Mautstrecken gemäß § 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 sind, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer auf diesen dienen und einen unmittelbaren Zugang zu diesen Straßen haben (wie Tankstellen, Raststätten, Motels, Werkstätten und dgl.) nur mit Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) errichtet werden. Jede bauliche Änderung eines solchen Betriebes bedarf der Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung). Die gewerberechtlichen Vorschriften werden hiedurch nicht berührt. Fahrverbindungen von diesen Bundesstraßen zum übrigen Straßennetz im Bereich dieser Betriebe bedürfen einer Verordnung nach § 4 Abs. 1.

Unzutreffend ist die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, Raststätte, Parkplatz und Zufahrtsstraße stellten eine Einheit dar und unterlägen insgesamt dem Mitwirkungsrecht der beschwerdeführenden Partei.

Wie § 27 BStG 1971 zeigt, sind Betriebe an Bundesautobahnen, zu denen auch eine Raststätte zählt, keine Bestandteile der Bundesstraße.

§ 50 Abs. 4 lit. c NatSchG 1997 verwendet die Begriffe "Errichtung" und "Änderung" und knüpft an sie, was das Berufungsrecht des Naturschutzanwaltes betrifft, jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen. Unter "Errichtung" einer Bundesstraße ist der Bau einer neuen Bundesstraße zu verstehen, während sich die "Änderung" auf Maßnahmen im Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Bundesstraße bezieht.

§ 2 BStG 1971 enthält eine taxative Aufzählung der Bundesstraßenkategorien. Nur der Neubau von Verkehrsflächen, die einer dieser Kategorien zugeordnet werden kann, ist als Errichtung einer Bundesstraße im Sinne des NatSchG 1997 anzusehen.

§ 4 Abs. 1 BStG 1971 sieht vor, dass dem Bau einer neuen Bundesstraße eine Bestimmung des Straßenverlaufes durch Verordnung voranzugehen hat. Der Gesetzgeber verknüpft also den Bau einer neuen Bundesstraße untrennbar mit der Erlassung der den Straßenverlauf bestimmenden Verordnung. Daraus ergibt sich, dass nur die Errichtung solcher Verkehrsflächen als Bau einer neuen Bundesstraße und damit als "Errichtung" einer Bundesstraße im Sinne des § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG 1997 anzusehen ist, für die die Erlassung einer Verordnung erforderlich ist.

§ 27 BStG 1971 unterscheidet im Zusammenhang mit Betrieben an Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen zwischen zwei Arten von unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen, nämlich jenen Verkehrsflächen, die dem unmittelbaren Zugang vom Betrieb zur Bundesautobahn oder Bundesschnellstraße dienen und Fahrverbindungen von der Bundesautobahn oder Bundesschnellstraße zum übrigen Straßennetz im Bereich dieser Betriebe. Nur die letztgenannten Fahrverbindungen bedürfen einer Verordnung nach § 4 Abs. 1 BStG 1971, nicht aber die Zu- und Abfahrten vom Betrieb zur Bundesautobahn oder Bundesschnellstraße. Der Gesetzgeber des BStG 1971 betrachtet demnach die Zu- und Abfahrten von und zu Betrieben im Sinne des § 27 BStG 1971 nicht als eigenständige Straßen, sondern als Bestandteile der jeweiligen Bundesstraße im Sinne des § 3 BStG 1971. Der Neubau eines bloßen Straßenbestandteiles ist aber keine Errichtung einer Bundesstraße im Sinne des § 50 Abs. 4 lit. c NatSchG 1997, sondern allenfalls eine Änderung derselben.

Bei der Bewilligung der Änderung einer Bundesstraße aber kommt dem Naturschutzanwalt ein Berufungsrecht nur dann zu, wenn die Verschiebung der Straßenachse mindestens 50 m beträgt.

Da die Zu- und Abfahrt zur geplanten Raststätte ein Bestandteil der bestehenden Bundesautobahn ist, ist deren Straßenachse maßgeblich. Diese aber wird nicht verändert. Somit gibt es auch kein Berufungsrecht des Naturschutzanwaltes.

Zu Unrecht beruft sich die beschwerdeführende Partei für ihren gegenteiligen Standpunkt auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999, 98/10/0347). In diesem Erkenntnis ging es um eine durch Verordnung bestimmte Autobahnanschlussstelle.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die belangte Behörde zu Recht die Berufung der beschwerdeführenden Partei zurückgewiesen hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Nach § 49 Abs. 6 VwGG gebührt mehreren mitbeteiligten Parteien der Schriftsatzaufwand nur einmal. Er ist an die mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen zu leisten.

Die Gegenschrift der erstmitbeteiligten Partei war lediglich in zweifacher Ausfertigung vorzulegen. Stempelgebühren für weitere Ausfertigungen konnten daher nicht zuerkannt werden.

Für die Äußerung zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung besteht kein Anspruch auf Schriftsatzaufwand. Das diesbezügliche Begehren der zweitmitbeteiligten Partei war daher abzuweisen.

Da Rechtsträger der beschwerdeführenden Partei und der belangten Behörde das Land Vorarlberg ist, war der belangten Behörde kein Kostenersatz zuzusprechen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999, 98/10/0347). Wien, am 3. Juli 2000

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