VwGH 2003/06/0016

VwGH2003/06/001618.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des F K in A, vertreten durch Krall & Kühnl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anton-Melzer-Straße 9, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. November 2002, Zl. Ve1-550-3059/2- 1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: 1. Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister, 2. T Ges.m.b.H., I), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Tir 1998 §25 Abs3 idF 2000/079;
BauO Tir 1998 §25 Abs3 litb idF 2000/079;
BauO Tir 1998 §25 idF 2000/079;
BauO Tir 1998 §26;
BauO Tir 1998 §50 Abs3;
BauO Tir 1998 §8 Abs1;
BauO Tir 1998 §8 Abs3;
BauO Tir 1998 §8 Abs4;
BauO Tir 1998 §8 Abs5;
BauO Tir 1998 §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litb;
BauO Tir 2001 §8 Abs4;
BauRallg;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Tir 1998 §25 Abs3 idF 2000/079;
BauO Tir 1998 §25 Abs3 litb idF 2000/079;
BauO Tir 1998 §25 idF 2000/079;
BauO Tir 1998 §26;
BauO Tir 1998 §50 Abs3;
BauO Tir 1998 §8 Abs1;
BauO Tir 1998 §8 Abs3;
BauO Tir 1998 §8 Abs4;
BauO Tir 1998 §8 Abs5;
BauO Tir 1998 §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litb;
BauO Tir 2001 §8 Abs4;
BauRallg;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Zunächst ist auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0126, das den "H Teil" des Bauvorhabens der zweitmitbeteiligten Partei zum Gegenstand hatte, hinzuweisen. Der (auch in diesem Verfahren) Beschwerdeführer hatte die Einräumung der Parteistellung im Bauverfahren betreffend die Errichtung einer Wohnanlage mit 46 Wohnungen auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG H, das zur Gänze im Gemeindegebiet der Stadtgemeinde H in T liegt, beantragt und u.a. geltend gemacht, es liege in Wahrheit ein - auf zwei Bauabschnitte aufgeteiltes - Gesamtprojekt sowohl auf H als auch auf A Gemeindegebiet vor. Für das abzuführende Bauverfahren sei gemäß § 50 Abs. 3 TBO die Bezirkshauptmannschaft I zuständig. Die Gemeindebehörden und die Vorstellungsbehörde wiesen den Antrag des Beschwerdeführers ab. Der Verwaltungsgerichtshof wies mit dem angeführten Erkenntnis die Beschwerde als unbegründet ab und führte zum Vorbringen, bei dem gegenständlichen Projekt handle es sich um ein grenzüberschreitendes Bauvorhaben iSd § 50 Abs. 3 TBO Folgendes aus:

"Im Beschwerdefall bezieht sich der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung (vorerst) nur auf eine Wohnanlage bestehend aus 46 Wohnungen auf dem im Gemeindegebiet von H liegenden Grundstück Nr. 216/2. Nur dieses Ansuchen war daher Gegenstand der behördlichen Entscheidung. Ein Antrag auf baubehördliche Bewilligung der Errichtung einer Wohnhausanlage von weiteren 6 Wohnungen und 4 Dienstleistungseinheiten auf dem Grundstück Nr. .9 der KG A wurde hingegen (noch) nicht gestellt, wobei eine solche Antragstellung zwar der Absicht des Bauträgers bzw. künftigen Bauwerbers entsprechen mag, die tatsächliche Verwirklichung dieser Absicht jedoch derzeit noch in der Zukunft liegt. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht ist es für die Beurteilung des Beschwerdefalles irrelevant, ob sich das projektierte Bauvorhaben und das in Zukunft geplante im Falle dessen Errichtung als Gesamtwohnhausanlage darstellt. Wie der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde zugesteht, handelt es sich nämlich zumindest insoweit um zwei von einander trennbare Bauabschnitte, als der gegenständliche (erste) Bauabschnitt die Baubewilligung des Erweiterungsteiles nicht bedingt. Andererseits mag es zutreffen, dass das zukünftige Erweiterungsprojekt ohne die bereits erfolgte Errichtung des ersten Bauabschnittes nicht bewilligungsfähig wäre, diese Frage stellt sich jedoch angesichts der Eigenständigkeit und der damit gegebenen Bewilligungsfähigkeit des ersten (und im Beschwerdeverfahren ausschließlich zu beurteilenden) Bauabschnitts nicht.

Ein die Gemeindegrenzen überschreitendes Bauvorhaben liegt den Bescheiden der Gemeindebehörden sohin im vorliegenden Verfahren nicht zugrunde, weshalb die Zuständigkeit des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Baubehörde erster Instanz gegeben war."

2. Mit dem am 21. Juni 2001 eingebrachten Ansuchen vom (offenkundig unrichtig) 22. Juni 2001 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung des Bauvorhabens "Wohn- und Geschäftshaus/Dienstleistungszentrum (als Teil einer Gesamtanlage auf den Liegenschaften der Stadtwerke H in T in der KG A und der KG H)" auf dem Grundstück BP .9, KG A. In der Baubeschreibung wurde zu den Stellplätzen Folgendes ausgeführt:

"Im Rahmen der Gesamtanlage werden

in H 90 Stellplätze in Tiefgarage

in A 23 oberirdische Stellplätze

realisiert.

Lt. Stellplatzverordnung der Stadtgemeinde H sind für den Bauteil H 84 Stellplätze nachzuweisen.

Lt. Stellplatzverordnung der Gemeinde A sind für den Bauteil A 29 Stellplätze nachzuweisen.

Nachweis:

Gesamtanzahl Stellplätze

113 Stk.

 

- Bauteil H

84 Stk.

   
 

Erforderl./gebaut für BT A

29 Stk.

Aus Gründen der Sinnhaftigkeit werden Teile der erforderlichen Pkw BT-H oberirdisch in A untergebracht, Teile der erforderlichen Pkw BT-A unterirdisch in H."

Nach den eingereichten Plänen sind zehn Stellplätze der Tiefgarage des Projektes, das Gegenstand des Verfahrens zur Zl. 2002/06/0126 war, für eine Nutzung durch Anrainer des verfahrensgegenständlichen Projektes vorgesehen.

Der Beschwerdeführer als Nachbar des gegenständlichen Bauvorhabens erhob mit Schriftsatz vom 8. April 2002 rechtzeitig Einwendungen. Darin wendete er u.a. die Unzuständigkeit des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Gemeinde, die Zugrundelegung eines gesetzwidrigen allgemeinen sowie ergänzenden Bebauungsplanes, die Nichteinhaltung der Brandschutzbestimmungen, die Verletzung des Ortsbildes, die fehlende Zustimmung des Grundeigentümers zum Bauvorhaben sowie die Nichteinräumung der Parteistellung im obzitierten Verfahren zur Zl. 2002/06/0126 ein.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Juni 2002 wurde der zweitmitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung diverser Auflagen erteilt. Zu den Stellplätzen wurde darin Folgendes ausgeführt:

"Laut gültiger Garagen- und Stellplatzverordnung 2000 der Gemeinde A sind für das gegenständliche Bauvorhaben insgesamt 28 PKW-Stellplätze erforderlich (5 WE x 2 = 10 Stk. + 1 Stk. Besucher, 698 m2 Gewerbe / je 40m2 = 17 Stk. somit GESAMT 28 Stk.).

Die erforderlichen Stellplätze wurden wie folgt nachgewiesen:

UG auf Gst.Nr. 216/2, GB. H:

10 Stk. Stellplatz Nr. 52 - 61

EG Innenhof auf Gst. Nr. .9, GB A:

12 Stk. Stellplatz Nr. 4 - 15

EG Zufahrtsbereich ... GB A:

2 Stk. Stellplatz Nr. 16 - 17

1.OG Vorplatzbereich ... GB A:

4 Stk. Stellplatz Nr. 18 - 22

..."

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung, die sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung der Einwendungen im erstinstanzlichen Verfahren - mit der Ergänzung, die raumplanerischen Stellungnahmen seien nicht zugestellt worden - beschränkte, gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde keine Folge. Die Berufungsbehörde führte aus, eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde wäre nur dann gegeben, wenn ein nicht teilbares Bauvorhaben sich mindestens über zwei Gemeinden erstreckte, beispielsweise dann, wenn sich das Bauvorhaben als gemeindeüberschreitendes Projekt darstellte. Selbst wenn sich das gegenständliche Projekt auf dem Gemeindegebiet A einerseits und dem Gemeindegebiet H andererseits als Gesamtprojekt darstellen möge, seien die einzelnen Bauvorhaben dennoch als teilbar anzusehen und es sei somit mit jeweils eigenen Anträgen an die betroffenen Gemeinden um eine Baubewilligung anzusuchen. Im Hinblick auf die übrigen Einwendungen werde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die dagegen erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Begründend führte diese zunächst aus, der Beschwerdeführer sei als Partei "im Sinne des § 25 Tiroler Bauordnung 2001" anzusehen und demnach berechtigt, Einwendungen gemäß § 25 Abs. 3 leg. cit. zu erheben. Die (pauschal gefassten) Einwände im Hinblick auf den Brandschutz seien "grundsätzlich gerechtfertigt", könnten jedoch von der belangten Behörde nicht nachvollzogen werden, weil das Gutachten des brandschutztechnischen Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar und darin ausgesprochen worden sei, dass bei Einhaltung der geforderten Auflagen kein Einwand gegen die beantragte Genehmigung bestehe. Der allgemeine und ergänzende Bebauungsplan stelle eine Verordnung dar, deren Erlassung in formeller Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Des Weiteren habe die Gemeinde mehrere Stellungnahmen von Raumplanern eingeholt, denen der Beschwerdeführer außer vagen Behauptungen nichts entgegenzusetzen habe. Die Baubehörden hätten bei Bescheiderlassung ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen zu beachten. Im Übrigen könne der Beschwerdeführer auf Grund der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte die Rechtswidrigkeit eines Bebauungsplanes nicht im Rahmen der nachbarrechtlichen Einwendungen geltend machen. Zur behaupteten Unzuständigkeit des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde führte die belangte Behörde aus, diese wäre nur dann gegeben, wenn sich ein nicht teilbares Bauvorhaben - etwa bei einem gemeindeüberschreitenden Wohnblock - über mindestens zwei Gemeindegebiete erstrecke. Das sei im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht der Fall. Wenn sich auch die Bauvorhaben auf dem Gemeindegebiet der Gemeinde A einerseits und der Gemeinde H andererseits gemeinsam ohne weiteres als Gesamtprojekt darstellen mögen, seien die beiden Vorhaben jedenfalls als teilbar anzusehen, weshalb der jeweilige Bürgermeister zuständig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf das Einlangen des Antrages bei der erstinstanzlichen Behörde die Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 1998 (in der Folge: TBO 1998), LGBl. Nr. 15/1998, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 79/2000, anzuwenden.

§ 8 TBO 1998 lautet auszugsweise:

"§ 8

Abstellmöglichkeiten

(1) Beim Neubau von Gebäuden und bei der Errichtung sonstiger baulicher Anlagen sind für die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der ständigen Benützer und der Besucher der betreffenden baulichen Anlage außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen geeignete Abstellmöglichkeiten (Stellplätze oder Garagen) in ausreichender Anzahl und Größe einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten zu schaffen. ...

...

(3) Soweit die nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten nicht bereits bestehen oder Gegenstand eines Bauverfahrens sind, hat der Bauwerber glaubhaft zu machen, dass diese spätestens bis zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Vollendung der betreffenden baulichen Anlage geschaffen werden.

(4) Fällt eine nach Abs. 1 erforderliche Abstellmöglichkeit nachträglich weg, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage aufzutragen, innerhalb einer angemessenen Frist eine neue Abstellmöglichkeit zu schaffen oder - außer in den Fällen des Abs. 6 dritter Satz - um eine Befreiung nach Abs. 6 erster Satz anzusuchen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen oder die Befreiung rechtskräftig versagt, so hat die Behörde die weitere Benützung der baulichen Anlage zu untersagen.

(5) Die Gemeinde kann durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die örtlichen Erfordernisse für bestimmte Arten von baulichen Anlagen die Anzahl der nach Abs. 1 erster Satz erforderlichen Abstellmöglichkeiten festlegen. ..."

§ 25 TBO 1998, idF LGBl. 79/2000, lautet auszugsweise:

"§ 25

Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber und die Nachbarn.

...

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

    d) der Abstandsbestimmungen des § 6."

    Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, ist das Baugenehmigungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren, das sich nur auf das eingereichte, vom ausdrücklichen Antrag des Bauwerbers umfasste Projekt beziehen kann; nur dieses ist demnach Gegenstand der Baubewilligung. Für die Beurteilung von dessen Zulässigkeit sind der Bauantrag und die damit verbundenen eingereichten Baupläne maßgeblich (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0126).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein die Parteistellung genießender Nachbar jedenfalls berechtigt, die Unzuständigkeit der erkennenden Behörde geltend zu machen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1996, Zl. 96/05/0149). Die Nichtbeachtung von Zuständigkeitsnormen durch die Behörde erster Instanz stellt aus der Sicht der in zweiter Instanz sowie der im Vorstellungsverfahren entscheidenden Behörde, die über das Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden hat, formell eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes, materiell aber eine Zuständigkeitsfrage dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0352).

    Die belangte Behörde hatte daher im Rahmen der ihr zukommenden Prüfungsbefugnis auf Grund der Vorstellung des Nachbarn im Genehmigungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf dessen Vorbringen, die Frage zu prüfen, ob die Zuständigkeit der einschreitenden erstinstanzlichen Behörde gegeben war.

    Die Nachbarstellung des Beschwerdeführers gemäß § 25 Abs. 3 TBO 1998 (inhaltlich gleich lautend mit der von der belangten Behörde zitierten Bestimmung der TBO 2001) wurde sowohl von den Gemeindebehörden als auch von der Vorstellungsbehörde als gegeben erachtet; der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Beurteilung nicht als rechtswidrig zu erkennen.

    Gemäß § 50 Abs. 3 TBO 1998 ist bei Bauvorhaben, die sich auf das Gebiet zweier oder mehrerer Gemeinden erstrecken, Behörde im Sinne der TBO 1998 die Bezirksverwaltungsbehörde.

    Im vorliegenden Fall liegt das geplante "Wohn- und Geschäftshaus/Dienstleistungszentrum" ausschließlich auf dem Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Um die Vorgaben des § 8 TBO 1998 sowie der geltenden - auf Grund der Ermächtigung in § 8 Abs. 5 TBO 1998 erlassenen - Stellplatzverordnung der Gemeinde A in Bezug auf die Anzahl der Stellplätze zu erfüllen, sollen jedoch zehn Stellplätze einer Tiefgarage in einem anderen Gemeindegebiet verwendet werden.

    Es ist daher zu prüfen, ob wegen der Heranziehung von Stellplätzen, die Gegenstand eines in einer anderen Gemeinde situierten Bauverfahrens - nämlich des zur Zl. 2002/06/0126 anhängig gewesenen - sind, ein sich auf zwei oder mehrere Gemeinden erstreckendes Bauvorhaben gemäß § 50 Abs. 3 TBO 1998 vorliegt und damit eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde gegeben ist.

    Gemäß § 8 Abs. 1 TBO 1998 ist beim Neubau von Gebäuden außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen eine ausreichende Anzahl von Abstellmöglichkeiten "zu schaffen". Der Sinn dieser Regelung liegt u.a. darin, für die Benutzer der projektierten Baulichkeiten ausreichend Parkmöglichkeiten zu schaffen und die öffentlichen Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr freizuhalten. Die Verpflichtung zum "Schaffen von Abstellmöglichkeiten" ist nicht mit deren "Errichtung" gleichzusetzen. Nach Absatz 3 kann der Bauwerber dieser Verpflichtung auch nachkommen, indem er bereits bestehende Abstellmöglichkeiten oder solche, die Gegenstand eines (anderen) Bauverfahrens sind, heranzieht. Wie dies sicherzustellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, allerdings ist laut Stellplatzverordnung der Gemeinde A die Erfüllung der Stellplatzverpflichtung nachzuweisen, sodass etwa auch eine grundsteuerliche Sicherstellung von Abstellmöglichkeiten auf einer anderen Liegenschaft als ausreichend anzusehen wäre.

    Im Beschwerdefall soll die projektierte Anlage laut Baugesuch ausschließlich auf dem Gebiet der Gemeinde A errichtet werden. Nur in dieser Errichtung ist das "Bauvorhaben" im Sinne des § 50 Abs. 3 TBO 1998 zu sehen. Der Umstand allein, dass - durch welche rechtliche Konstruktion auch immer - Abstellmöglichkeiten herangezogen werden, die bereits baubehördlich bewilligt sind und sich auf dem Gemeindegebiet der Stadtgemeinde H befinden, macht - sofern dadurch den Voraussetzungen des § 8 TBO 1998 und der Stellplatzverordnung der Gemeinde entsprochen wird - das Projekt noch nicht zu einem "Bauvorhaben, das sich auf das Gebiet zweier Gemeinden erstreckt". Sollten diese Abstellmöglichkeiten - beispielsweise durch Erlassung eines Abbruchbescheids - nachträglich wegfallen, hätte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 8 Abs. 4 TBO 1998 (mittlerweile nach der gleich lautenden Bestimmung in der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. 94/2001, idgF) vorzugehen.

    Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die Behörden des Verwaltungsverfahrens von einer Zuständigkeit des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei in erster Instanz ausgegangen sind. Anzumerken ist, dass auf die Stellplatzproblematik nur im Rahmen der Zuständigkeitsfrage eingegangen wurde, weil die Bestimmung über Stellplätze einem Nachbarn auch nach der TBO 1998 kein subjektiv-öffentliches Recht einräumt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, Zl. 97/06/0103, zur Tiroler Bauordnung 1989).

    Sofern der Beschwerdeführer einen wesentlichen Verfahrensmangel darin erblickt, dass ihm diverse, näher bezeichnete raumplanerische Stellungnahmen nicht zugestellt worden seien und ihm überdies zu Unrecht die Einsicht in das Protokoll der Sitzung des Gemeindevorstandes, in der der Berufungsbescheid angeblich beschlossen worden sei, verweigert worden sei, ist ihm zu entgegnen, dass diese Stellungnahmen auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht im gegenständlichen Bauverfahren, vielmehr im Verfahren zur Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes abgegeben wurden und die Akteneinsicht nach dem diesbezüglichen Vorbringen in der Vorstellung das Verfahren bei der Stadtgemeinde H betraf. Eine Verletzung des Parteiengehörs des Beschwerdeführers im gegenständlichen Bauverfahren wird damit jedoch nicht aufgezeigt.

    Im Hinblick auf eine möglicherweise fehlende Zustimmungserklärung des Grundeigentümers zum Bauvorhaben steht dem Nachbarn kein Mitspracherecht nach § 25 Abs. 3 TBO 1998 zu. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung des Ortsbildes.

    Ein Mitspracherecht in Bezug auf Bestimmungen, die den Brandschutz betreffen, kommt dem Nachbarn im Sinne des § 25 Abs. 3 (Einleitungssatz) TBO 1998 dann zu, wenn die brandschutzrechtliche Bestimmung auch seinem Schutz dient. Es kommt ihm in diesem Zusammenhang ein Mitspracherecht hinsichtlich jener Gefährdungen zu, die von der geplanten Anlage und deren Benützung ausgehen. Ein Mitspracherecht dahingehend, dass die Zufahrt für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr gewährleistet sein müsste, ist ihm nicht eingeräumt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2007, Zl. 2006/06/0338, zur gleich lautenden Bestimmung in der TBO 2001). Die Ausführungen des Beschwerdeführers beschäftigen sich jedoch vorwiegend mit der Zufahrt der Einsatzfahrzeuge, wenn er ausführt, eine brandschutztechnische Maßnahme könne "niemals ausreichend sein, wenn die Feuerwehr auf Grund Verkehrsüberlastung bis zum Brandherd nicht vordringen" könne, wobei er ein konkretes Vorbringen - etwa gegen das Gutachten des brandschutztechnischen Sachverständigen - vermissen lässt.

    Zu den breiten Raum einnehmenden Ausführungen des Beschwerdeführers, weshalb ihm auf Grund des "Gesamtprojektcharakters" der beiden Vorhaben auch im Bauverfahren auf dem Gemeindegebiet von H Parteistellung eingeräumt hätte werden müssen, genügt es, auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0126, zu verweisen.

    Der Beschwerdeführer macht weiters unter dem Gesichtspunkt einer viel zu dichten Verbauung, die das harmonische Gefüge zerstöre, wobei die straßenmäßige Infrastruktur nicht ausreichend sei und es daher zu einer Steigerung des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen kommen werde, diese Verkehrsflächen aber nicht ausreichend ausgestattet seien, eine Gesetzwidrigkeit des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes geltend. Dem Beschwerdeführer kommt aber hinsichtlich dieser generellen Aspekte kein Mitspracherecht im Bauverfahren zu. Er ist auch nicht berufen geltend zu machen, dass eine Grundeigentümerin von der Auflegung und Beschlussfassung des Bebauungsplanes rechtswidrig nicht verständigt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch - soweit dies hier mangels Präjudizialität nicht ohnehin ausgeschlossen ist - sachverhaltsbezogen nicht veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens zu stellen.

    Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

    Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

    Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2) und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

    In der vorliegenden Beschwerde werden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen: Beim Recht, dass die zuständige Behörde entscheidet, handelt es sich nicht um den Inhalt der baurechtlichen Entscheidung, daher nicht unmittelbar um die Entscheidung über ein ziviles Recht. Soweit der Beschwerdeführer Fragen des Brandschutzes, die Verletzung des Ortsbildes sowie die fehlende Zustimmung des Grundeigentümers zum Bauvorhaben geltend macht, handelt es sich - wie dargelegt - um Rechte, die ihm weder nach der TBO 2001 noch sonst einer Vorschrift im Bauverfahren eingeräumt sind. Zur Lösung der Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, im vorliegenden Fall dem einzigen Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK, angesichts des konkreten Inhaltes der vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Rechte sowie nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht geboten. Art. 6 EMRK steht dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 18. Dezember 2007

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