VwGH 2006/06/0338

VwGH2006/06/033821.2.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde 1. der MJ, 2. des FJ,

3. des AB, 4. der MJ, 5. des EK und 6. der PK, alle in L, alle vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. März 2006, Zl. Ve1-8-1/82-9, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:

1. L GmbH in L, G-Weg x, 2. Gemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litb;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und des vorgelegten, angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) kam mit Eingabe vom 18. Oktober 2005 um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zum Neu-, Zu- und Umbau eines Hotels im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Grundstücken, die an die zu bebauende Liegenschaft teils unmittelbar angrenzen und teils weniger als 5 m entfernt sind.

Die Beschwerdeführer sprachen sich bei der Bauverhandlung vom 9. November 2005, zu der sie unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen worden waren, gegen das Vorhaben aus.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. November 2005 wurde der Bauwerberin die angestrebte Baubewilligung erteilt; die erstinstanzliche Behörde stellte in diesem Zusammenhang fest, dass von den Beschwerdeführern Einwendungen im Sinne des § 25 TBO 2001 nicht erhoben worden seien. Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung blieb erfolglos.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, begründete sie dies zusammengefasst damit, die Beschwerdeführer brächten vor, dass die Zufahrt über die Gemeindestraße nicht den brandschutztechnischen Bestimmungen entspreche, weil sie keine durchgehende Mindestbreite von 3,5 m aufweise und daher mit Löschfahrzeugen nicht befahren werden könne. Zwar stehe den Beschwerdeführern ein Mitspracherecht hinsichtlich der Bestimmungen über den Brandschutz zu, nicht aber zu den geltend gemachten Aspekten. Die Beschwerdeführer brächten weiters vor, dass infolge des Hotelneubaues mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen durch Lkw, Pkw und Busse gerechnet werden müsse. Die Gemeindestraße weise jedoch nicht die nach dem Tiroler Straßengesetz geforderte Mindestbreite von 4,5 m auf, weshalb das Bauvorhaben keine dem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechend rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche aufweise. Dem sei entgegenzuhalten, dass, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen habe, Bestimmungen über das Erfordernis einer rechtlich gesicherten Verbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche ausschließlich dem öffentlichen Interesse, nicht aber auch den Interessen des Nachbarn dienten. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Zufahrt zum Bauplatz über eine unmittelbar anschließende Gemeindestraße erfolge, womit die erforderliche Verbindung des zur Bebauung vorgesehenen Grundstückes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche als nachgewiesen gelte. Schließlich rügten die Beschwerdeführer die Lärm- bzw. Abgasimmissionen, die von den umgebenden öffentlichen Verkehrsflächen ausgingen, und die allenfalls dort durch vermehrten Verkehr als Folge des Bauvorhabens eintreten könnten. Aber auch hiezu stehe den Beschwerdeführern als Nachbarn kein Mitspracherecht zu.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 28. November 2006, B 837/06-10, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBL. Nr. 60/2005, anzuwenden.

§ 25 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

"(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
  3. d) der Abstandsbestimmungen des § 6;
  4. e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001."

    Die Beschwerdeführer machen zusammengefasst geltend, die als Zufahrt für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr ausgewiesene Gemeindestraße entspreche nicht den brandschutztechnischen Bestimmungen, weil sie zu schmal sei. Wegen der unzureichenden Breite der Gemeindestraße gebe es auch keine entsprechende verkehrsmäßige Erschließung des Bauplatzes; für das Manövrieren der Busse sei nämlich eine weit breitere Straße erforderlich als für den reinen Pkw-Verkehr. Überdies hätte die belangte Behörde im Hinblick auf den dem Nachbarn gemäß § 25 Abs. 3 TBO 2001 zukommenden Immissionsschutz berücksichtigen müssen, dass auf Grund der vermehrten Zufahrt von Bussen zum projektierten Hotelneubau für die Beschwerdeführer mit erhöhten Lärm- und Abgasimmissionen zu rechnen sei. Es sei nämlich damit zu rechnen, dass auf Grund der engen Zufahrtsstraße Busse unter Umständen nicht aneinander vorkämen und stecken blieben, wiederholt manövrieren müssten und es dadurch vermehrt zu Lärm- und Abgasimmissionen und somit zu Belästigungen der Nachbarschaft komme.

    Dem ist Folgendes zu entgegnen: Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, steht dem Nachbarn gemäß § 25 Abs. 3 lit. b TBO 2001 ein Mitspracherecht hinsichtlich der Bestimmungen über den Brandschutz zu. Dies ist aber nicht dahin zu verstehen, dass ihm ein Mitspracherecht hinsichtlich sämtlicher denkbarer Aspekte des Brandschutzes zustünde, sondern vielmehr nur hinsichtlich jener Gefährdungen, die von der geplanten baulichen Anlage bzw. deren Benützung selbst ausgehen. Ein Mitspracherecht dahingehend, dass die Zufahrt für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr gewährleistet sein müsste, ist ihm nicht eingeräumt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 30. März 2004, Zl. 2003/06/0055, mwN).

    § 25 Abs. 3 TBO 2001 räumt dem Nachbarn kein Mitspracherecht zur Frage ein, ob die öffentliche Verkehrsfläche breit genug ist, den zu erwartenden Verkehr problemlos zu bewältigen, er hat auch keinen Rechtsanspruch darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsfläche nicht ändern (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, S 316f; vgl. auch die beispielsweise in Hauer, Tiroler Baurecht2, zu § 4 TBO 1989 wiedergegebene hg. Judikatur, wonach dem Nachbarn kein Mitspracherecht dahin zukommt, ob das zur Bebauung vorgesehene Grundstück eine rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche hat). Ein gleichsam allumfassender Immissionsschutz, wie er den Beschwerdeführern möglicherweise vorschweben mag, ist weder

    § 25 Abs. 3 lit. a TBO 2001 (der vom Immissionsschutz handelt) noch sonst anderen Bestimmungen dieses Absatzes zu entnehmen.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 21. Februar 2007

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