VwGH 2005/14/0117

VwGH2005/14/011719.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn, und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Ing. P L in G, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 6. Oktober 2005, RV/0475-L/04, betreffend Einkommensteuer 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1 Z10 idF 1999/I/106;
EStG 1988 §16 Abs1 Z9;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16 Abs1 Z10 idF 1999/I/106;
EStG 1988 §16 Abs1 Z9;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 1998 machte der im Jahr 1943 geborene Beschwerdeführer unter dem Titel "Fortbildungskosten Russisch-Intensivkurs 12.7. - 8.8.98 in Russland" Werbungskosten in Höhe von 10.000 S geltend. Aus einer Beilage ist ersichtlich, dass etwas mehr als die Hälfte dieses Betrages auf die Fahrtkosten entfällt.

Im Einkommensteuerbescheid anerkannte das Finanzamt die in Rede stehenden Ausgaben nicht als Werbungskosten. Aufwendungen für einen Sprachkurs wären nur dann als Werbungskosten absetzbar, wenn im Wesentlichen auf den Beruf des Steuerpflichtigen abgestellte Sprachkenntnisse vermittelt würden. Die Erwerbung von Sprachkenntnissen, die allgemein von Interesse seien, sei der privaten Lebensführung zuzurechnen.

Die Beschwerdeführerin brachte Berufung ein und führte aus, er sei seinerzeit bei der ÖWK, einem Unternehmen, das Frachtschifftransporte auf der Donau durchführe, beschäftigt gewesen. Aus diesem Grunde wären Kenntnisse der russischen Sprache von Vorteil und von der Geschäftsleitung als wichtig beurteilt gewesen. Er habe seit Oktober 1997 die Lehrveranstaltung "Russisch" an der Universität Linz besucht. Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung habe er sodann in der Zeit vom 12. Juli bis zum 9. August 1998 an einem Intensiv-Kursprogramm in Russland an der Universität Nishny Novgorod teilgenommen. Der von der Universität Linz veranstaltete Sprachkurs habe seinen Abschluss in Form eines Sprachtrainings in Russland gefunden. Der Antrag auf Berücksichtigung von Werbungskosten beziehe sich auf dieses Sprachentraining in Russland.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Im Streitjahr 1998 sei der Beschwerdeführer nur mehr bis zum 15. Mai bei der ÖWK beschäftigt gewesen; für den Rest des Jahres habe er Arbeitslosenunterstützung bezogen. Der Russisch-Intensivkurs habe in Russland, Nishny Novgorod, vom 12. Juli bis zum 9. August stattgefunden. Er könne nicht in Zusammenhang mit dem bereits beendeten Dienstverhältnis zur ÖWK stehen. Nach längerer Arbeitslosigkeit habe der Beschwerdeführer ein Dienstverhältnis zur Donauschifffahrt A (2000), zum S. Presseverein (2001) und zur Seeschifffahrt E (2002) aufgenommen. Auch hinsichtlich dieser Dienstverhältnisse könne keiner Notwendigkeit für den Besuch eines Russisch-Intensiv-Kurses gesehen werden.

Im Vorlageantrag verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er den Russisch-Kurs schon im Oktober 1997 im Rahmen einer Lehrveranstaltung an der Universität Linz begonnen habe. Er habe diesen Kurs also noch in der Zeit seiner unselbständigen Beschäftigung bei ÖWK begonnen und dann nach Beendigung des Dienstverhältnisses fortgesetzt. Die Ausbildung an der Universität sei im Hinblick auf die Verbesserung der beruflichen Qualifikationen erfolgt. Sie sei im Hinblick auf den Wiedereinstieg in ein Arbeitsverhältnis erfolgt, wie dies der Verwaltungsgerichtshof auch in dem die Arbeitslosenunterstützung des nunmehrigen Beschwerdeführers betreffenden Erkenntnis vom 4. April 2002, 99/08/0001, ausgesprochen habe.

Auf Vorhalt gab der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Mai 2004 dem Finanzamt bekannt, dass die ÖWK Containerschifftransporte auf der Strecke Rhein-Main-Donau abwickle. Die Kurskosten für den Intensivkurs in Russland hätten 610 USD betragen.

Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung der Universität Nishny Novogorod vor, aus der sich ergibt, dass er die Fächer "Sprachpraxis", "Übersetzung von Elementen der Kultur und Sprachwissenschaft", "Sprach- und Länderkunde" sowie "wissenschaftliche Terminologie (Transport- und Lagerwesen)" absolviert habe. Der Russischkurs habe insgesamt 80 Stunden umfasst.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 gab der Beschwerdeführer der belangten Behörde bekannt, dass er bei der ÖWK für die Akquisition von Kunden im Logistikbereich und die damit verbundene Befrachtung eines Container-Liniendienstes zuständig gewesen sei. Die Vertragspartner seien aus den Donauanrainerstaaten gekommen. Bei den Lehrveranstaltungen an der Universität Linz habe es sich um die Vorkurse I und II am Institut für internationale Managementstudien, Abteilung Fachsprachen, gehandelt. Der Intensivkurs an der Universität Nishny Novogorod habe jeweils aus dem Unterricht am Vormittag sowie Exkursionen und kulturellen Veranstaltungen am Nachmittag bestanden. Die in der Berufungsvorentscheidung erwähnten nachfolgenden Dienstverhältnisse hätten Tätigkeiten als Schiffsführer im Liniendienst betroffen, nur die Tätigkeit beim S. Presseverein habe sich auf administrative Tätigkeiten bezogen.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, während seines Russland-Aufenthaltes habe er unterrichtsfreie Zeit für die Erstellung von Hausaufgaben und für das vorgegebene Vokabelprogramm verwendet. Außerdem habe er die Zeit für Gespräche mit Transport- und Schifffahrtsunternehmern und mit Referenten der örtlichen Wirtschaftskammer genutzt. Ab Herbst 1989 habe er den Sprachkurs nicht weiter an einer Universität fortgesetzt, sondern die Sprachausbildung im Selbststudium fachspezifisch weitergeführt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe mehrere Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Studienreisen aufgestellt. Eine der Voraussetzungen sei, dass die Reise nach Planung und Durchführung dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit bieten müsse, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung in seinem Beruf zuließen. Diese Voraussetzung sei nur eingeschränkt erfüllt. Der Beschwerdeführer sei bei ÖWK für die Akquisition von Kunden und die Befrachtung von Container-Liniendiensten auf dem Rhein-Main-Donau-Wasserweg zuständig gewesen. Der Intensivsprachkurs in Russland habe 80 Unterrichtsstunden umfasst, wobei vier Gegenstände unterrichtet worden seien. Einer dieser Gegenstände sei "Wissenschaftliche Terminologie -Transport und Lagerwesen". Werde eine zeitlich ausgeglichene Gewichtung der vier Fächer unterstellt, so wären lediglich 20 Stunden auf die Vermittlung von konkret im Beruf verwendbaren Kenntnissen entfallen. Im Beschwerdefall komme es allerdings nicht mehr darauf an, ob diese Voraussetzung erfüllt sei. Es seien nämlich zwei weitere Kriterien jedenfalls nicht erfüllt: Der Sprachkurs habe - ohne Einschränkung auf eine spezielle berufliche Ausrichtung - ganz allgemein von Studenten besucht werden können. Es habe also - berufsspezifisch betrachtet - ein offener Teilnehmerkreis bestanden. Das Reiseprogramm sei damit nicht nahezu ausschließlich auf Teilnehmer der Berufsgruppe des Beschwerdeführers abgestellt gewesen. Zudem sei auf der Reise den allgemein interessierenden Programmpunkten ein zu großer zeitlicher Rahmen eingeräumt worden. Die Sprachreise habe 29 Tage gedauert. Von diesen 29 Tagen habe an 20 Tagen (jeweils Montag bis Freitag) von 9.30 Uhr bis 12.45 Uhr Sprachunterricht stattgefunden. Der Nachmittag sei für den Besuch von Museen und Galerien bzw Exkursionen verwendet worden. Selbst unter Berücksichtigung des täglichen Zeitaufwandes für Hausarbeiten und Vokabellernen errechne sich somit keine "Normalarbeitszeit" von täglich acht Stunden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, 99/14/0131), stellen Aufwendungen für eine Studienreise grundsätzlich nur dann nicht Aufwendungen für die Lebensführung iSd § 20 Abs 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 (sondern Werbungskosten bzw Betriebsausgaben) dar, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

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