VwGH 2005/05/0345

VwGH2005/05/034516.5.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. des Karl Weingartner und 2. der Hildegard Weingartner, beide in Amstetten, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marine Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Oktober 2005, Zl. RU1-BR-434/001-2005, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Amstetten, 2. Andrea Maier, 3300 Amstetten, Josef-Gruber-Straße 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §42 Abs1;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die zweitmitbeteiligte Partei beantragte unter Vorlage des am 11. Jänner 2005 bei der Baubehörde eingelangten Einreichplanes vom 2. Dezember 2004 die Errichtung einer Wohneinheit im Obergeschoss sowie eines Wintergartens im Erdgeschoss auf dem im Bauland Wohngebiet liegenden Grundstück Nr. 1175/38, KG Amstetten. Dieses Grundstück liegt an der öffentlichen Verkehrsfläche Josef-Gruber-Straße. Auf dem über 18 m breiten Grundstück ist in offener Bauweise ein Wohnhaus errichtet, welches dem Einreichplan entsprechend 2,47 m von der nördlichen Grundgrenze zum benachbarten Grundstück Nr. 1175/37 der Beschwerdeführer entfernt ist. Laut Lageplan ist das über 13 m lange und 9 m breite Gebäude an der Westseite zum Grundstück der Beschwerdeführer hin 2,96 m entfernt. An das Hauptgebäude ist jedoch an der Nordwestseite eine 6,91 m lange Garage angebaut, die an die Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführer heranreicht und ca. 2,50 m hoch ist.

Auf Grund des Einreichplanes soll über dem bestehenden Erdgeschoss ein 3,25 m hohes Obergeschoss errichtet werden. Als Abschluss ist ein 25gradiges Satteldach vorgesehen. Als Wärmedämmung ist an der Außenfassade ein 12 cm dicker Vollwärmeschutz geplant.

Die Beschwerdeführer wurden mit Schreiben der Baubehörde erster Instanz vom 19. Jänner 2005 gemäß § 22 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 (BO) von dem Bauansuchen der zweitmitbeteiligten Partei verständigt. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass bei der Vorprüfung nach § 20 BO festgestellt worden sei, dass das geplante Vorhaben keine Nachbarrechte nach § 6 BO berühre.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2005 führten die Beschwerdeführer aus:

"1. Der Plan im Bereich der Liegenschaft Josef-Gruber-Straße 3 entspricht nicht den Tatsachen. Dargestellt wurde die Situation vor 1987.

2. Der Abstand zwischen den Objekten verringert sich von etwa 5 m auf 3,5 m bei gleichzeitiger Verdoppelung der derzeitigen Höhe.

3. Durch diese Vorgangsweise ergibt sich eine wesentliche Verschlechterung des optischen Gesamteindrucks und des Ortsbildes und führt letztlich zu einer materiellen Entwertung beider Objekte.

4. Vor Jahren wurde von der einreichenden Baufirma eine schuhschachtelähnliche Garage an unsere Grundgrenze gesetzt, wobei die maximal zulässige Höhe erheblich überschritten wurde.

Die Einfahrtsbreite wird durch das Bauvorhaben beschnitten.

...

7. Und wenn Sie dieses Vorhaben in dieser Art genehmigen, was wir befürchten, so protestiere ich gegen einen eingezeichneten Autoabstellplatz in Nachbarschaft zu einem unserer vorderen Fenster.

..."

In einem Aktenvermerk der Baubehörde vom 11. Februar 2005 ist festgehalten, dass die Zweitbeschwerdeführerin in einem Telefongespräch erwähnt habe, dass die Belichtung ihres Grundstückes beeinträchtigt werde und eine Besonnung des Wintergartens nicht mehr möglich sei.

Mit Schreiben vom 26. Jänner 2005 wurden den Beschwerdeführern von der Baubehörde die Einreichpläne sowie die Baubeschreibung aus dem Bauansuchen der zweitmitbeteiligten Partei übermittelt.

In der mündlichen Bauverhandlung vom 9. März 2005, zu welcher die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen nach § 42 AVG persönlich geladen wurden, wurde von deren Vertreter auf die schriftliche Stellungnahme vom 3. Februar 2005 verwiesen. Diese Stellungnahme wurde von der Baubehörde zum Akt genommen.

Der von der Baubehörde beigezogene Bausachverständige führte aus, dass das auf dem Grundstück der Beschwerdeführer errichtete Gebäude im Einreichplan Schnitt A-A zwar nicht gemäß dem Naturzustand dargestellt worden sei, dies jedoch für die Beurteilung der Baubewilligung nicht relevant sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 31. März 2005 wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung erteilt.

In der dagegen erhobenen Berufung rügten die Beschwerdeführer die Ansicht der Behörde, dass die unrichtige Wiedergabe der tatsächlichen Verhältnisse im Einreichplan nicht relevant sei, als unrichtig. Durch das Bauvorhaben würden Nachbarrechte im Sinne des § 6 BO betroffen, "nämlich verminderter Lichteinfall bei dieser Höhe und diesem Abstand". Die Beschwerdeführer begehrten "ein Zurückweichen des Bauvorhabens auf die alte Baulinie".

Mit Berufungsvorentscheidung vom 28. April 2005 wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer die Baubewilligung vom 31. März 2005 aufgehoben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. Juni 2005 wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin (neuerlich) die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Wohneinheit im Obergeschoss und eines Wintergartens im Erdgeschoss auf dem Grundstück Nr. 1175/38, KG Amstetten, nach Maßgabe der vorgelegenen mit der Bezugsklausel auf diesen Bescheid versehenen Projektsunterlagen gemäß § 14 Z. 1 iVm § 23 Abs. 1 BO erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden abgewiesen.

In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass der Einreichplan nicht den Tatsachen entspreche und ihre Nachbarrechte auf Grund des verminderten Lichteinfalles betroffen seien. Ein Autoabstellplatz knapp 2 m neben einem Fenster werde von ihnen nicht akzeptiert; im Übrigen seien zwei Garagen vorhanden. Eine eventuell beabsichtigte gewerbliche Nutzung werde nicht geduldet. Die Beschwerdeführer forderten ein "Zurückgehen auf die alte Baulinie".

In dem von der Berufungsbehörde eingeholten Gutachten vom 27. Juli 2005 führte die Bausachverständige aus, dass für das Siedlungsgebiet, in welchem sich das Baugrundstück befinde, kein Bebauungsplan bestehe. Das Wohnhaus der zweitmitbeteiligten Partei soll auf Grund des Einreichplanes mit einem Wintergarten im Erdgeschoss nach Westen erweitert werden. Die gesamte Dachkonstruktion soll abgetragen und ein erstes Obergeschoss errichtet werden, in welchem eine zweite Wohneinheit untergebracht werden soll. Darüber sei eine Satteldachkonstruktion mit einer Neigung von 25 Grad vorgesehen. Die Firstrichtung verlaufe senkrecht zur Josef-Gruber-Straße. Durch die Herstellung von Stahlbetonsäulen im Erdgeschoss werde das Obergeschoss nach Norden um 1,50 m und nach Osten um 1,45 m vergrößert. Der Abstand von der Garage zur Grundgrenze des Grundstückes der Beschwerdeführer betrage 6,5 cm. Den oberen Abschluss dieser Garage bilde eine Pultdachkonstruktion. Die nordseitige Gebäudefront weise bis zur Garage hin eine Gebäudehöhe von 7,56 m auf. Der Abstand zur Grundstücksgrenze betrage 2,78 m und der Abstand des Wohnhauses der Beschwerdeführer im südöstlichen Bereich ihres Grundstückes zur gleichen Grundgrenze betrage 5,55 m. In dieser Außenwand befinde sich ein Fenster in einer Höhe von 2 m über dem Terrain. Im anschließenden Gebäudeteil, welcher sich in einem Abstand von 0,75 m bzw. 0,45 m zur Grundgrenze befinde, sei kein Fenster vorhanden. In der Beurteilung des Gutachtens führte die Bausachverständige aus, dass für Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich ein Neu- oder Zubau dann unzulässig sei, wenn der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf dem Nachbargrundstück beeinträchtigt werde. Dies beziehe sich nicht nur auf Hauptfenster bestehender Gebäude; es sei vielmehr auch auf die Zulässigkeit eines Neu- oder Zubaus auf dem jeweiligen Nachbargrundstück Bedacht zu nehmen. Der Lichteinfall unter 45 Grad , gemessen vom Verschnitt der Dachhaut mit der Außenwand, auf das bestehende Fenster sei gewährleistet, da der Abstand vom Wohnhaus der zweitmitbeteiligten Bauwerberin bis zum Wohnhaus der Beschwerdeführer insgesamt 8,33 m bei einer Gebäudehöhe von 7,55 m betrage. Ebenso sei der Lichteinfall auf ein Hauptfenster eines zukünftig bewilligungsfähigen Gebäudes des Nachbarn gesichert, da die Summe der Abstände (2,78 m + 2,78 m für ein zukünftiges Gebäude) und der Parapethöhe (2 m) die Gebäudehöhe von 7,56 m nicht überschreite. In der fensterlosen Außenwand des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei auf Grund des geringen Abstandes von 0,75 m bzw. 0,45 m eine Fensteröffnung nicht zulässig. Ein Nachweis des Lichteinfalls könne somit entfallen.

Die Beschwerdeführer gaben hiezu eine Stellungnahme ab.

Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. September 2005 wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde als unzulässig zurückgewiesen. Sofern durch ein Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn im Sinne des § 6 Abs. 2 BO theoretisch berührt würden, müssten die Nachbarn diese Rechte auch entsprechend geltend machen, um ihr von vornherein zugestandenes Mitspracherecht im Baubewilligungsverfahren auch zu behalten. Die Beschwerdeführer seien unter Hinweis auf die rechtlichen Folgen des Nichterhebens von Einwendungen zur Bauverhandlung geladen worden. In der Bauverhandlung habe der Vertreter der Beschwerdeführer auf sein Schreiben vom 3. Februar 2005 verwiesen. Von der Präklusionswirkung seien auch rechtzeitig erhobene Einwendungen betroffen, wenn diese nicht erkennen ließen, in welchem subjektiv-öffentlichen Rechten sich die Nachbarn durch das Bauvorhaben für verletzt erachten. Entscheidend seien daher einzig und allein jene Einwendungen, die die Beschwerdeführer auf Grund der Ladung für die für den 5. März 2005 festgesetzte mündliche Bauverhandlung rechtzeitig erhoben hätten. Einwendungen müssten so weit konkretisiert werden, dass erkennbar sei, welche Verletzung welchen konkreten subjektivöffentlichen Rechtes behauptet werde. Im Schreiben vom 3. Februar 2005 seien keine Einwendungen im Sinne des § 6 Abs. 2 BO vorgebracht worden. Zu dem Vorbringen, dass sich der Abstand zwischen den Objekten bei gleichzeitiger Verdoppelung der Höhe verringere und sich durch diese Vorgangsweise eine Verschlechterung des optischen Gesamteindruckes und des Ortsbildes ergebe, sei festzuhalten, dass die Ortsbildgestaltung in § 56 BO geregelt sei; hierbei handle es sich um eine von Amts wegen wahrzunehmende Bestimmung, bezüglich deren Einhaltung die Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht beanspruchen könnten. Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 3 BO sei bis zur Bauverhandlung von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht worden. Der Einwand, die Einreichunterlagen würden nicht dem tatsächlichen Bestand entsprechen, könne nicht als die Geltendmachung eines konkreten subjektiv-öffentlichen Rechtes angesehen werden. Bezüglich des Autoabstellplatzes sei darauf hinzuweisen, dass Immissionen durch Abstellanlagen im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ausdrücklich von den Nachbarrechten ausgenommen seien. Der Abstellplatz sei im Übrigen nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens; die Beschwerdeführer hätten eine Beeinträchtigung durch Immissionen nicht einmal behauptet. Aus verfahrensrechtlicher Sicht hätten die Beschwerdeführer mit dem Schreiben vom 3. Februar 2005 den Verlust der Parteistellung nicht verhindert; sie hätten vielmehr gleichzeitig auch Gründe angeben müssen, inwiefern sie sich durch das Bauvorhaben in subjektivöffentlichen Rechten beeinträchtigt fühlten. Der Nachbar besitze kein subjektiv-öffentliches Recht und somit auch kein Mitspracherecht hinsichtlich der Sonneneinstrahlung. Dass die Beschwerdeführer auch in der ausreichenden Belichtung ihrer Hauptfenster durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben verletzt würden, sei weder vor noch während der Bauverhandlung behauptet worden. Die Beschwerdeführer hätten daher mangels zeitgerechter Erhebung geeigneter qualifizierter Einwendungen im Sinne der BO die Parteistellung im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren verloren. Selbst die nachträgliche Zusendung der Verhandlungsschrift zwecks allfälliger Stellungnahme hätte am bereits eingetretenen Verlust der Parteistellung nichts mehr zu ändern vermocht. Die Zustellung des Baubewilligungsbescheides habe nur der Information der Beschwerdeführer gedient. Da es den Beschwerdeführern an der Parteistellung mangle, damit aber auch das Recht untrennbar verbunden sei, Berufungen bzw. Vorstellungen gegen Bescheide in einem Verfahren einbringen zu dürfen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen einen im gemeindebehördlichen Instanzenzug ergangenen Baubewilligungsbescheid mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass die Beschwerdeführer ihre im Baubewilligungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 bestehende Parteistellung mangels Erhebung von Einwendungen gemäß § 42 AVG verloren hätten.

Gemäß § 61 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen von der Zustellung des Bescheides an gerechnet, dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben.

Gemäß § 61 Abs. 2 lit. b NÖ Gemeindeordnung 1973 sind unzulässige oder verspätete Vorstellungen von der Aufsichtsbehörde zurückzuweisen.

Im Vorstellungsverfahren kommt neben der Gemeinde auch allen denjenigen Parteistellung zu, denen eine solche Stellung bereits im vorangegangenen gemeindebehördlichen Bauverfahren zugekommen ist (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 1. März 1979, VwSlg. 9785/A). Die Parteistellung im gemeindebehördlichen Verfahren ist zwar nicht Voraussetzung für die Legitimation zur Erhebung einer Vorstellung. Eine Vorstellung ist aber nur dann zulässig, wenn der Vorstellungswerber zu der Rechtssache, über die im bekämpften gemeindebehördlichen Bescheid abgesprochen wird, in einer solchen Beziehung steht, die die Verletzung seiner Rechte überhaupt als möglich erscheinen lässt. Die Vorstellungsbehörde hat einen allenfalls eingetretenen Verlust der Parteistellung nach § 42 AVG zu beachten (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 2000, Zl. 2000/05/0001, und vom 18. Dezember 2003, Zl. 2001/06/0032). Haben Nachbarn im Baubewilligungsverfahren keine Einwendungen im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 erhoben, ist dies mit einem Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG im Baubewilligungsverfahren verbunden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0026). In einem solchen Fall scheidet die Möglichkeit einer Rechtsverletzung aus und wäre die Vorstellung nicht zulässig. Die Rechtsfolge des § 42 Abs. 1 AVG ist nicht nur von den Behörden aller Instanzen, sondern auch von der Aufsichtsbehörde im Vorstellungsverfahren und von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2004, Zl. 2001/05/1083).

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren keine dem Gesetz entsprechenden Einwendungen erhoben haben.

Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 sind Nachbarn nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

Abs. 2 dieses Paragraphen hat folgenden Wortlaut:

"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

Die belangte Behörde hat in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Einwendung im Rechtssinne gemäß § 42 Abs. 1 AVG nur dann vorliegt, wenn das Vorbringen wenigstens die Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben erkennen lässt. Dies bedeutet, dass aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, Zl. 2004/05/0259). Wird keine solche Einwendung erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren.

Mit ihrem im Schriftsatz vom 3. Februar 2005 erstatteten Vorbringen, welches auch zum Gegenstand der mündlichen Bauverhandlung gemacht worden ist, durch das bewilligte Bauvorhaben verringere sich "der Abstand zwischen den Objekten" "bei gleichzeitiger Verdoppelung der derzeitigen Höhe", haben die Beschwerdeführer - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung - rechtzeitig eine Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erhoben. Diesem Vorbringen kann entnommen werden, dass sich die Beschwerdeführer durch das Bauvorhaben der zweitmitbeteiligten Bauwerberin jedenfalls in den ihnen gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechten auf Einhaltung der Abstände zwischen den auf den hier maßgeblichen benachbarten Grundstücken errichteten Bauwerken und auf Einhaltung der zulässigen Höhe als verletzt erachten.

Hinsichtlich der Bebauungsweise, der Bebauungshöhe, des Bauwichs, der Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässiger Höhe ist den Nachbarn gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 zwar nur insofern ein Mitspracherecht eingeräumt, als diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der bewilligten oder bewilligungsfähigen Gebäude der Nachbarn dienen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0120). Für die Erhebung von tauglichen Einwendungen nach dieser Gesetzesstelle reicht es jedoch, dass die Verletzung von Bestimmungen der NÖ Bauordnung, des NÖ Raumordnungsgesetzes, der NÖ Aufzugsverordnung sowie von Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen betreffend die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe behauptet wird. Dass das zu bewilligende Bauvorhaben tatsächlich gegen diese Bestimmungen verstößt und bezüglich des einwendenden Nachbarn diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der zulässigen (bestehenden bewilligten und zukünftig bewilligungsfähigen) Gebäude auf der Nachbarliegenschaft dienen, ist nicht Voraussetzung für eine Einwendung im Rechtssinne; die Beantwortung dieser Frage bleibt dem Verfahren über die Erteilung der Baubewilligung vorbehalten. Der Nachbar muss nämlich das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt; er muss seine Einwendung auch nicht begründen; es muss aus seinem Vorbringen nur erkennbar sein, welche Rechtsverletzung von ihm behauptet wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, Zl. 2004/05/0259).

Da die belangte Behörde - wie aufgezeigt - nicht erkannt hat, dass die Beschwerdeführer eine Einwendung im Rechtssinne erhoben haben und ihnen insoweit weiterhin Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zukommt, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil durch die erteilte Baubewilligung eine Verletzung derjenigen Rechte möglich erscheint, bezüglich deren nicht Präklusion eingetreten ist; insoweit ist die Vorstellung der Beschwerdeführer jedenfalls zulässig. Die belangte Behörde wird daher unter Abstandnahme des von ihr angenommenen Zurückweisungsgrundes über die Vorstellung der Beschwerdeführer zu entscheiden haben.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Mai 2006

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