VwGH 2005/05/0008

VwGH2005/05/000827.2.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Franz Rudolf Grassl in St. Johann am Walde, vertreten durch Dr. Sylvia Bleierer und Dr. Johannes Wiener, Rechtsanwälte in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 28, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. November 2004, Zl. BauR-013421/1-2004-Ba/Ein, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde St. Johann im Walde, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, 2. Johann Hammerer, 3. Margareta Hammerer, beide in St. Johann, beide vertreten durch Mag. Robert Scheiblmaier, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 48, und 4. Rosemaria Urban, 5242 St. Johann, Peretsek 14), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §35 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art140;
B-VG Art7 Abs1;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
ROG OÖ 1994 §22 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauO OÖ 1994 §35 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art140;
B-VG Art7 Abs1;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
ROG OÖ 1994 §22 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer des Grundstückes Nr. 1688/4 der EZ 188 KG St. Johann am Walde.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Juni 2002 wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf diesem Grundstück erteilt; aus dem im Akt erliegenden Einreichplan geht hervor, dass ein Seitentrakt des Gebäudes als Pferdestall mit drei Einstellboxen ausgeführt werden sollte.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. September 2003 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, für ein auf der Parzelle 1688/4 errichtetes Nebengebäude, das von der Baubewilligung nicht umfasst sei, um Baubewilligung anzusuchen oder innerhalb einer Frist von 8 Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides dieses Objekt zu beseitigen und den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die gegenständliche Anlage stelle ein Gebäude aus Holz mit einer bebauten Fläche von mehr als 12 m2 dar und bedürfe daher einer Baubewilligung.

Mit Ansuchen vom 20. Oktober 2003 ersuchte der Beschwerdeführer unter Vorlage entsprechender Planunterlagen um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. 1688/4. Das eingereichte Projekt sieht nach dem Bauplan einen Ponystall mit zwei Boxen und einer bebauten Fläche von 44,20 m2 vor. Unter einem zeigte der Beschwerdeführer der Baubehörde erster Instanz die Änderung der Raumwidmung des Einfamilienhauses (Wohnküche statt Pferdestall) an.

Über dieses Ansuchen um Baubewilligung für das Nebengebäude wurde am 30. Jänner 2004 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Nach dem Inhalt des in dieser Verhandlung vorgetragenen Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen sprächen gegen die Erteilung der Baubewilligung bei Vorschreibung bestimmter Bedingungen und Auflagen keine Bedenken, zumal es auch nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes stehe. Die zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien erklärten, das Stallgebäude werde in unmittelbarer Nähe (12 m) zu ihrem Haus errichtet und sie hätten auf dieser Seite ihre Wohnräume, Balkon und Terrasse. Sie befürchteten erhebliche Geruchsbelästigungen und störendes Ungeziefer. Dem Bauvorhaben werde in der geplanten Form nicht zugestimmt.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde versagte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 30. März 2004 gemäß § 35 Abs. 1 der oberösterreichischen Bauordnung 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998 (Oö. BauO 1994), in Verbindung mit § 22 Abs. 2 des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (Oö. ROG 1994), die beantragte Baubewilligung. Zur Begründung berief sich der Bürgermeister auf eine eingeholte Rechtsauskunft der belangten Behörde, in der es wörtlich heiße, dass die Haltung von Freizeitpferden wie auch die sonstige Haltung von Nutztieren, Hunde-, Katzen- oder Kaninchenzucht, Volieren von Ziervögeln etc. auch in Form von Hobbybetrieben im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in einem Dorfgebiet von vornweg ausscheide. Auf Grund dieser Stellungnahme sei eine Widmungskonformität des Bauvorhabens klar zu verneinen und die beantragte Baubewilligung sei daher wegen Widerspruchs zum rechtskräftigen Flächenwidmungsplan zu versagen gewesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. August 2004 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und u.a. ausgeführt, dass es sich bei einem Pony - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - sehr wohl um ein Freizeitpferd handle. Somit seien die in der Stellungnahme der belangten Behörde vom 26. Februar 2004 enthaltenen Erläuterungen bezüglich der Haltung von Freizeitpferden in der Widmung Dorfgebiet anzuwenden und die Widmungskonformität des Bauvorhabens zu verneinen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde und begründete diese damit, dass die Haltung eines Ponys in jedem Falle keinen "Hobbybetrieb" darstelle, geschweige denn unter die Kategorie "Haltung von Freizeitpferden" falle. Es handle sich vielmehr um eine Tierhaltung, die auf Grund ihres geringen Umfanges und des geringen Grades einer zu erwartenden Belästigung sogar im Wohngebiet zulässig sei. Dies müsse umso mehr für die Widmung "Dorfgebiet" gelten. Die von der belangten Behörde in ihrer Rechtsauskunft angeführten höchstgerichtlichen Entscheidungen fänden auf den Fall des Beschwerdeführers keine Anwendung, weil ihnen ein anderer Sachverhalt zu Grunde liege.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. November 2004 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und festgestellt, dass dieser durch den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. August 2004 in seinen Rechten nicht verletzt werde. Dies wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Bestimmung des § 35 Oö. BauO 1994 bzw. des § 22 Oö. ROG 1994 damit begründet, dass das geplante Bauvorhaben im Dorfgebiet liege. Strittig sei dabei, ob die Errichtung eines Ponystalles mit zwei Boxen mit der Widmung "Dorfgebiet" vereinbar sei. Aus § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994 gehe klar hervor, dass Dorfgebiete nach den Intentionen des Gesetzgebers primär für land- und forstwirtschaftliche Gebäude bzw. für Betriebe bestimmt seien, lediglich sekundär auch für sonstige Bauten, insbesondere auch für Wohngebäude. Da sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten keinerlei Anhaltspunkte für eine landwirtschaftliche Tätigkeiten ergäben, scheide schon begrifflich die Zuordnung zu einem landwirtschaftlichen Betrieb aus.

Es stelle sich daher die weitere Frage, ob das beantragte Bauvorhaben unter jene Bauten und Anlagen subsumierbar sei, die auch im Wohngebiet (Abs. 1) errichtet werden dürften. In Wohngebieten dürften nicht nur Wohngebäude hergestellt werden, sondern, soweit die ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Bewohner mit sich bringe, auch andere Bauten, die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen dienten. Vor diesem Hintergrund sei somit für den hier vorliegenden Fall zunächst die Frage von Bedeutung, ob der beantragte Ponystall wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner diene.

Der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit Pferdeställen in Wohngebieten schon wiederholt auseinander gesetzt. Im Erkenntnis 88/06/0231 habe der Gerichtshof einen Pferdestall mit drei Einstellboxen im Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes für unzulässig gehalten. Auch nach dieser Bestimmung sei im Wohngebiet die Errichtung von Bauten für Betriebe und Einrichtungen zulässig, die u.a. den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebiets dienten und wenn durch die Benützung dieser Bauten u.a. keine unzumutbare Geruchsbelästigung zu befürchten sei. Im Erkenntnis 93/06/0096, das zum Vorarlberger Raumordnungsgesetz ergangen sei, habe der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung festgehalten, dass ein Pferdestall (die Pferdehaltung) nicht sozialen Bedürfnissen diene. Dabei handle es sich nämlich schon nach der Wortbedeutung um auf die menschliche Gemeinschaft bzw. Gesellschaft bezogenen Bedürfnisse, die in entsprechenden baulichen Einrichtungen befriedigt werden könnten, wie etwa Gastwirtschaften, Kindergärten oder andere Freizeiteinrichtungen, wie sie in Wohngebieten üblich seien. Die Pferdehaltung könne auch nicht als eine im Wohngebiet übliche Haustierhaltung angesehen werden. Sie diene vielmehr in der Regel sportlichen, allenfalls auch landwirtschaftlichen Zwecken.

Dass das gegenständliche Bauvorhaben nicht wirtschaftlichen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der dort angesiedelten Bewohner diene, sei offenkundig und liege auf der Hand. Gegenteiliges sei auch nicht behauptet worden, sodass sich eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Kriterien erübrige.

Da der Ponystall der vorliegenden Art schon vom Typus her - gemessen an der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - im Dorfgebiet nicht zulässig sei, habe der Gemeinderat die Berufung des Beschwerdeführers mit Recht abgewiesen und den Bescheid des Bürgermeisters bestätigt. Da die Gemeindeaufsichts- bzw. Vorstellungsbehörde keine Rechtsverletzung auf einfachgesetzlicher Grundlage feststellen habe können, erweise sich das Rechtsmittel als unbegründet, weshalb ihm keine Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung des Ponystalles als verletzt.

Im Wesentlichen bringt der Beschwerdeführer vor, es sei ihm bereits mit Bescheid vom 18. Juni 2002 eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden, wobei in dem damals bewilligten Gebäude ein Ponystall vorgesehen gewesen sei. Seitens der belangten Behörde sei dem Beschwerdeführer in der Folge aufgetragen worden, für den (an anderer Stelle) errichteten Ponystall nochmals um Erteilung der Baubewilligung anzusuchen. Sowohl im Alternativauftrag vom 24. September 2003 als auch in der Bauverhandlung vom 30. Jänner 2004 sei seitens der Baubehörde nicht der geringste Hinweis darauf erfolgt, dass die Meinung vertreten würde, dass auf Grund der vorliegenden Widmung eine Versagung des bereits errichteten Stalles erfolgen könne oder werde. Vielmehr seien die allgemeinen Bedingungen und Auflagen für die Baubewilligung entsprechend konkretisiert worden. Der Beschwerdeführer wiederholt, dass es sich bei der Haltung eines Ponys keinesfalls um die Haltung von Freizeitpferden handle, sondern um Tierhaltungen, die auf Grund ihres geringen Umfanges oder des geringen Grades einer zu erwartenden Belästigung sogar im Wohngebiet zulässig wären, sodass insoweit in der Widmung Dorfgebiet keine Einwände bestehen würden.

In weiterer Folge befasst sich die Beschwerde mit den im Verfahren zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes und führt näher aus, aus welchen Gründen eine mangelnde Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Sachverhalt vorläge.

Weiters weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass ihm mit einem weiteren Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 26. Juli 2004 gemäß § 44 Abs. 2 der Oö. BauO 1994 die Benützung der baulichen Anlage, sohin des Ponystalles auf der Parzelle 1688/4, untersagt worden sei. Sodann befasst sich die Beschwerde mit dem offenbar zum zitierten Bescheid vom 26. Juli 2004 führenden Verfahren und nennt insbesondere einen Lokalaugenschein vom 18. Mai 2004.

Der Beschwerdeführer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Gebäude seit der Errichtung benützt werde und dass ihm auch seitens der kompetenten Stellen der belangten Behörde vor Errichtung mitgeteilt worden sei, dass auf dem gegenständlichen Grundstück, unter Berücksichtigung der Flächenwidmung, in jedem Fall mehrere Ponys gehalten werden dürften. Darauf habe er sich verlassen können. Die belangte Behörde habe nicht nur seit dem 30. Jänner 2004 von der Haltung von Ponys im Nebengebäude (Ponystall), sondern bereits vor dem 24. September 2003 davon gewusst. Damals sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, fristgerecht um eine Baubewilligung anzusuchen, was auch geschehen sei. Eine Versagung sei auch dann nicht erfolgt, sondern aus unerfindlichen Gründen erst mit dem zweitinstanzlichen Gemeindebescheid.

Unter Bezugnahme auf die Einwendungen der 2.- bis 4.- mitbeteiligten Parteien meint der Beschwerdeführer, dass bei der Beurteilung, ob Emissionen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarschaft herbeiführten, von einem sich an der für das zu bebauende Grundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungskategorie orientierenden Durchschnittsmaßstab auszugehen sei. Die Ausführungen der belangten Behörde (gemeint: der Gemeindebehörden), sie seien gezwungen, den Einwendungen der Nachbarn stattzugeben, seien daher völlig verfehlt. Es müsse nochmals festgehalten werden, dass es sich bei der Haltung eines Ponys um keine Tierhaltung in Form von Hobbybetrieben handle, sondern um eine wegen seines geringen Umfanges zulässige Haltung eines Ponys (Haustier). Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis 93/06/0096 meint der Beschwerdeführer weiter, aus dieser Entscheidung könne abgeleitet werden, dass die Haltung von Haustieren sozialen Bedürfnissen diene, sofern sie im Rahmen einer Freizeitbetätigung ohne Gewinnabsicht erfolge. Die Haltung des einen Ponys sei unter diesem Aspekt und in jedem Fall im Rahmen einer Freitzeitbetätigung zu sehen. Bei der Größenordnung könne mit einer unzumutbaren Belästigung nicht ansatzweise zu rechnen sein. Wenn der Bescheid mit der "Emissionsfrage" begründet werde, hätte die Behörde ein entsprechendes Gutachten eines Sachverständigen einholen müssen. Den Nachbarn stünde kein unmittelbarer Anspruch auf Einhaltung der Flächenwidmung zu.

Der Beschwerdeführer befasst sich auch mit den weiteren, von der belangten Behörde zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes und legt jeweils dar, warum diese auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar seien. Er bekräftigt neuerlich, dass gerade durch die Haltung eines Ponys entgegen den Umständen bei der Haltung von Pferden soziale Bedürfnisse der Bewohner befriedigt werden, und meint, dass gerade die Ponyhaltung als eine übliche Haustierhaltung im gegenständlichen Dorfgebiet angesehen werden könne.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls Gegenschriften mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 1 Oö. BauO 1994 ist die beantragte Baubewilligung - sofern nicht bereits eine Abweisung nach § 30 erfolgt ist - u.a. zu versagen, wenn das Bauvorhaben nicht in all seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes entspricht.

Gegenstand des Bauvorhabens ist die Errichtung eines Nebengebäudes (Ponystall mit zwei Einstellboxen). Dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung wurde von der Baubehörde die baubehördliche Genehmigung deshalb versagt, weil das Bauvorhaben nicht der für das Baugrundstück vorgesehenen Flächenwidmung "Dorfgebiet" nach § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994 entspreche.

Diese Gesetzesstelle hat folgenden Wortlaut:

"(2) Als Dorfgebiete sind solche Flächen vorzusehen, die vorrangig für Gebäude land- und forstwirtschaftlicher sowie berufsgärtnerischer Betriebe, im Übrigen aber nur für Bauten und Anlagen bestimmt sind, die auch im Wohngebiet (Abs. 1) errichtet werden dürfen, wobei jedoch als Wohngebäude nur Kleinhausbauten und nur insoweit zulässig sind, als die dörfliche Struktur des Gebietes sichergestellt ist. Darüber hinaus dürfen in Dorfgebieten bestehende land- und forstwirtschaftliche Gebäude für Wohn-, Verwaltungs-, Schulungs-, Seminar- und Lagerzwecke sowie für Klein- und Mittelbetriebe, die die Umgebung nicht wesentlich stören, unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 6 verwendet werden; § 30 Abs. 7, 8 und 9 gelten sinngemäß."

§ 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 definiert das "Wohngebiet" folgendermaßen.

"(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken. ...".

Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass ihm bereits im Jahre 2002 eine rechtskräftige baubehördliche Bewilligung für ein Gebäude, bei welchem auch die Errichtung eines Ponystalles vorgesehen worden sei, erteilt worden sei (Bescheid vom 18. Juni 2002).

Dass gerade dieser Teil des rechtskräftig bewilligten Projektes vom Beschwerdeführer nicht ausgeführt wurde und dass sich die nunmehr begehrte Baubewilligung auf ein anderes Projekt - eben die Unterbringung des Ponystalles in einem Nebengebäude - bezieht, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Aus dem Umstand, dass ein rechtskräftiger, ebenfalls die Errichtung eines Pferdestalles genehmigender Baubescheid besteht, der sich aber auf eine gänzlich andere Situierung des Stalles bezieht, kann der Beschwerdeführer aber keinen Anspruch darauf ableiten, dass ihm auch für das nunmehr abgeänderte Bauprojekt eines solchen Stalles eine Baubewilligung erteilt wird.

Dies gilt sinngemäß für den vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Umstand, dass anlässlich der Bauverhandlung vom 30. Jänner 2004 und während des Verfahrens erster Instanz keine Andeutung seitens der Behörden erfolgt sei, dass wegen der Widmung eine Versagung der Bewilligung für den bereits errichteten Stall erfolgen werde, und für den Hinweis des Beschwerdeführers, dass für das gegenständliche Bauvorhaben mit Bescheid vom 27. Juli 2000 eine rechtskräftige Bauplatzbewilligung erteilt worden sei.

Weder das Unterbleiben von "Andeutungen" der Behörde im genannten Sinn noch die letztgenannte Bewilligung verschaffte dem Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch darauf, trotz eines Widerspruches zur Flächenwidmung eine Baubewilligung erteilt zu erhalten. Auch aus dem Umstand, dass ihn der rechtskräftige Auftrag der Baubehörde erster Instanz vom 24. September 2003 zur Antragstellung verpflichtete, woraus - so meint der Beschwerdeführer - auf Bewilligungsfähigkeit des Antrages geschlossen werden könne, ist für ihn nichts zu gewinnen. Mit diesem Auftrag wurde nämlich in keiner Weise über die Bewilligungsfähigkeit abgesprochen.

Unabhängig von diesen Umständen hatten sich die Baubehörden bei der Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit am Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Oö. BauO 1994 und damit u.a. an der Widmungskonformität des Bauvorhabens, zu orientieren.

Entscheidend für die Frage der Rechtsverletzung des Beschwerdeführers ist daher im vorliegenden Fall, ob die Widmung "Dorfgebiet" der Errichtung eines Pferdestalles mit zwei Einstellboxen für Ponys entgegensteht.

Aus der oben wiedergegebenen Gesetzesstelle des § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994 geht hervor, dass "Dorfgebiete" nach den Intentionen des Gesetzgebers primär für Gebäude land- und forstwirtschaftlicher sowie berufsgärtnerischer Betriebe bestimmt sind; außerdem ist die Errichtung sonstiger Bauten und Anlagen zulässig, die auch im Wohngebiet errichtet werden dürfen, wobei jedoch hinsichtlich der Wohngebäude eine Einschränkung auf Kleinhausbauten bei Sicherstellung der dörflichen Struktur getroffen wurde.

Hinsichtlich des übrigen Teils der zulässigen Bebauung verweist das Gesetz auf § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 (Wohngebiet). Dass dort die Errichtung einer Baulichkeit zur Haltung von Pferden (Ponys) nicht zulässig ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. März 2005, 2002/05/1109, ausgesprochen. Darin hat er sich seinen zur Pferdehaltung im Wohngebiet bereits früher ergangenen Erkenntnissen auch für den Bereich des Oö. ROG 1994 angeschlossen (vgl. u.a. das zum Vorarlberger Raumplanungsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 17. März 1994, 93/06/0096, das zum Tiroler Raumordnungsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, 88/06/0231, das zum oberösterreichischen ROG 1972 ergangene hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1988, 87/05/0151, und die zur Niederösterreichischen Bauordnung ergangenen hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1986, 86/05/0028, und vom 20. März 1984, 83/05/0202).

Aus den vorgenannten Erkenntnissen folgt, dass die Haltung von Pferden bzw. die Errichtung von Bauten, die diesem Zweck dienen, in Wohngebieten unzulässig ist. Dagegen, diese Einschränkung auch der Beantwortung der Frage der Zulässigkeit der Bebauung im Dorfgebiet zu Grunde zu legen, spricht aber folgende grundsätzliche Überlegung:

Die Widmung Wohngebiet unterscheidet sich von der Widmung Dorfgebiet dadurch, dass das Dorfgebiet durch den Vorrang land- und forstwirtschaftlicher und berufsgärtnerischer Bebauung gekennzeichnet ist; die so ausgewiesenen Flächen sind in erster Linie für Bauten, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, bestimmt. Dies betrifft sowohl den Bestand von Bauten bereits vorhandener land- und forstwirtschaftlicher bzw. erwerbsgärtnerischer Betriebe, als auch die Errichtung von Gebäuden im Rahmen der Erweiterung eines bestehenden oder überhaupt der Neugründung eines solchen Betriebes.

Im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes ist auch die Pferdezucht als landwirtschaftlicher Betriebszweig anzusehen; auch die Grundausbildung von Pferden zählt dazu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, 91/05/0195). Auch die Errichtung eines Schweinestalles und einer Jauchengrube (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 96/05/0051) zählt zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und wäre ebenso die Schlachtung von Tieren aus eigener Produktion (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, 92/05/0027) grundsätzlich mit der Widmung Dorfgebiet vereinbar.

Dem Bestand, aber auch der Erweiterung oder gar Neuerrichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes und der dafür notwendigen Gebäude, die einer Pferdezucht dienen, steht die Widmung Dorfgebiet demnach nicht entgegen.

Zwar hat der Beschwerdeführer keinen solchen Betrieb. Es würde aber einen Wertungswiderspruch bedeuten, wenn im Bauland-Dorfgebiet zwar Bauten für eine Pferdehaltung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes gestattet, hingegen Bauten für die nicht betriebsmäßige Haltung zweier Ponys unzulässig wären.

Um diesen Wertungswiderspruch und unsachliche Differenzierungen zu vermeiden, ist daher von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Pferdehaltung im begehrten Umfang (bzw. der Errichtung von Gebäuden, die einer solchen dienen) im Dorfgebiet auch außerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes auszugehen. Der Errichtung eines Gebäudes zur Haltung von zwei Ponys - wie im gegenständlichen Fall - steht daher die Widmung Dorfgebiet nicht entgegen.

Da die belangte Behörde, ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Auslegung der zulässigen Bebauung in der Widmungskategorie Dorfgebiet, die Vorstellung des Beschwerdeführers abwies, anstatt den letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheid aufzuheben, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Februar 2006

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