VwGH 91/05/0195

VwGH91/05/019521.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde

1. der M in W, 2. der E in N, und 3. der F in T, alle vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. August 1991, Zl. R/1-V-8988/1, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
VwRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von S 10.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem nur unvollständig vorgelegten Verwaltungsakt ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die Beschwerdeführerinnen (in Ansehung der Erstbeschwerdeführerin deren Rechtsvorgängerin Dipl.Ing. AW) haben am 21. Juli 1988 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag auf Bewilligung der Errichtung einer 20 x 60 m großen Reithalle auf der ihnen gehörigen Parzelle Nr. 22/1, EZ 6, KG B, eingebracht. Sie haben diesen Antrag damit begründet, daß sie beabsichtigten, dem Verband Niederösterreichischer Pferdezüchter beizutreten und unter Verwendung der auf ihrer Liegenschaft vorhandenen Stallungen auf der S-Straße eine Pferdezucht für hochwertige Dressurpferde aufzubauen, wobei die Reithalle nicht nur zur Abrichtung der Dressurpferde, sondern auch zur Lagerung von Futtermitteln dienen sollte. In dem Antrag wurde weiters ausgeführt, die Pferdezucht sei als Alternative zu der im Überfluß erfolgten Produktion von Getreide zur Erhaltung des seit 1870 bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführerinnen sinnvoll und erforderlich. Mit Schreiben vom 9. Februar 1989 haben die Beschwerdeführerinnen, vertreten durch Dr. BW, berichtigte Pläne vorgelegt und um die baldige Ausschreibung einer Bauverhandlung ersucht. Nach den eingereichten Plänen war die Errichtung einer 61,80 x 22 m großen Wirtschafts- und Reithalle geplant, in der außer einer Longier-, Bewegungs- und Vormusterungshalle im Ausmaß von 629 m2 die Unterbringung von neun Stutenboxen sowie sechs Fohlenboxen, eines Solar- und Beschlagplatzes, eines Deckplatzes sowie von drei Vorratsräumen beabsichtigt war.

Die von der mitbeteiligten Marktgemeinde beauftragte Sachverständige für Agrartechnik D.I.E. hat in ihrem Gutachten vom 6. März 1989 ausgeführt, die C-Gutsverwaltung sei im Bereich B Eigentümerin von rund 52 ha Eigenflächen, wovon ca. 8 ha verpachtet seien und die übrigen Flächen vor allem in Form einer Wiesennutzung bewirtschaftet würden, ca. 10 ha würden als Acker bewirtschaftet. Am 22. August 1988 sei zwischen der C-Gutsverwaltung und Herrn A.S. sowie dessen Tochter J.S. ein Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Sitz in B abgeschlossen worden. Unternehmensgegenstand dieser Gesellschaft sei der Betrieb einer Pferdezucht für hochwertige Dressurpferde, die Ausbildung dieser Pferde und die Zurverfügungstellung einer Reithalle zwecks Ausbildung von Reitern und Pferden sowie der Abhaltung von nationalen und internationalen Turnieren. Weiters werde im Vertrag festgehalten, daß die Gutsverwaltung das für die Errichtung einer Reithalle erforderliche Areal sowie das umliegende Gelände zum Gebrauch einbringe, während die Reitstallbesitzer auf eigene Kosten eine Reithalle samt Nebeneinrichtungen errichten und der Gesellschaft auf Gesellschaftsdauer zur Verfügung stellen würden. Beide Vertragsteilnehmer würden Zuchtstuten erwerben und für die Ausbildung dieser Pferde zu hochwertigen Dressurpferden sorgen. Im Gutshof B, der ca. 100 m südöstlich der projektierten Wirtschaftshalle situiert sei, sei bereits der bestehende Stalltrakt in der Form umgebaut worden, daß insgesamt 18 Pferdeboxen eingebaut wurden. Der derzeitige Tierbestand setze sich aus acht Eigenpferden und aus zwei Einstellpferden zusammen. Im Dachboden sei Platz für Heu-, Stroh- und Futtervorräte gegeben, die zur Bewirtschaftung der Flächen notwendigen Maschinen und Geräte stünden im Eigenbesitz der C-Gutsverwaltung. Laut Auskunft der Gutsverwaltung und des A.S. sei beabsichtigt, den Hengst im Gutshof einzustellen und Zuchtstuten über den Pferdezuchtverband von Niederösterreich bzw. aus Deutschland anzukaufen. Die Betreuung der Tiere werde A.S. mit seiner Tochter, die hauptberuflich Dressurreiterin sei, übernehmen. Um bessere Preise erzielen zu können, sollten die Jungpferde nicht als Fohlen, sondern in einem Lebensalter von ca. drei bis vier Jahren (bereits angeritten) verkauft werden. Die projektierte Halle werde vor allem zur Bewegung der Fohlen und zur Ausbildung benötigt.

Gemäß § 19 Abs. 4 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 seien Neu-, Zu- und Umbauten im Grünland zulässig, wenn sie für eine Grünlandnutzung nach Abs. 2 erforderlich sind. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe die Behörde bei der Frage der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 19 Abs. 2 und 4 leg. cit. zunächst zu prüfen, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbs rechtfertige. Erst bei Bejahung dieser Frage dem Grunde nach sei weiters zu erörtern, ob für eine solche mögliche landwirtschaftliche Nutzung eine Baulichkeit erforderlich sei bzw. sei das Größenverhältnis zwischen den landwirtschaftlich zu nutzenden Flächen und der geplanten Baulichkeit darzustellen.

Im Punkt III des Gesellschaftsvertrages werde vereinbart, daß die C-Gutsverwaltung, die durch die Bewirtschaftung von rund 44 ha in Form einer Wiesen- und Ackernutzung im Sinne des § 19 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 als Landwirtschaftsbetrieb anzusehen sei, Flächen in die Gesellschaft zum Gebrauch einbringe. Da jedoch weiters im Punkt IV des Vertrages festgehalten werde, daß die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit errichtet werde und die Vertragskündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr jeweils zum Ende des Kalenderjahres erfolgen könne, könne vom Pferdezuchtbetrieb S, der als Bauwerber auftrete, nicht als einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der zitierten Gesetzesstelle gesprochen werden, da durch die mögliche Kündigung eines Vertragsteiles am Ende jeden Jahres die Möglichkeit bestehe, daß die C-Gutsverwaltung jederzeit aus dem Gesellschaftsvertrag aussteige, woraus folge, daß der Pferdezuchtbetrieb ohne jegliche Eigentumsflächen, die die Voraussetzung jeden landwirtschaftlichen Betriebes seien, weiter wirtschaften müßte. Es könne daher der Pferdezuchtbetrieb S mangels Ausstattung mit Eigenflächen nicht als landwirtschaftlicher Betrieb, der Grundvoraussetzung für jede Bauführung im Grünland sei, angesehen werden. Es stehe daher aus fachlicher Sicht bereits aus diesem Grund die beabsichtigte Errichtung der Wirtschaftshalle auf dem Grundstück Nr. 22/1 durch den Pferdezuchtbetrieb S im Widerspruch zur ausgewiesenen Grünlandnutzung.

Doch auch bei Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes, der auf eine planvolle, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit im Rahmen der Landwirtschaft aufbaue, gebe es im (Sinne des Gesetzes) aus agrarfachlicher Sicht Gesichtspunkte, die gegen die Errichtung der eingereichten Wirtschaftshalle sprechen. Prinzipiell sei eine Pferdezucht, die im Rahmen eines Landwirtschaftsbetriebes durchgeführt werde, als landwirtschaftlicher Betriebszweig zur Grünlandnutzung anzusehen. Auch müsse einem Landwirt zugestanden werden, seine Produkte - in diesem Fall die erzeugten Fohlen - so zu veredeln, daß diese bei einer Spezialvermarktung höhere Preise erzielen. Es müsse jedoch bei einer Bauführung im Grünland der Zusammenhang mit der Grünlandnutzung als Urproduktion gegeben sein und diese sich auf das erforderliche Maß beschränken. Es sei daher das Bewegen und die anfängliche Ausbildung der selbstgezüchteten Pferde noch sehr wohl der landwirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen, jedoch nicht die Ausbildung zu Dressurpferden, Sprungpferden usw. und das Betreuen von Einstellpferden sowie das eigentliche Reiten, das eine rein sportliche Tätigkeit darstelle und nicht mehr der Landwirtschaft zuzuordnen sei. Die Erziehung des Fohlens beginne bereits in den ersten Lebenswochen und habe vor allem folgende Ziele: Fohlen müßten sich führen und pflegen bzw. bürsten lassen, an Halfter bzw. später als Jungpferd an den Sattel und an den Schmied gewöhnen und man müsse vor allem das Vertrauen des jungen Pferdes gewinnen. Auch die Erziehung zu Gehorsam müsse früh begonnen werden. Nach dem Absetzen des Fohlens von der Mutterstute (ca. ab dem fünften Lebensmonat) sei es, um Schwierigkeiten zu vermeiden, günstig, das Fohlen von der Stute zu trennen. Die weitere Ausbildung des Jungpferdes erfolge an der Longe (mindestens 7 m lang), wo zuerst die Gangarten Schritt und Trab und später der Galopp gelehrt werde. Erst bei kompletter Ausbildung von Knochen, Sehnen und Gelenken dürfe mit der Gewöhnung an den Reiter begonnen werden.

Zusammenfassend könne zu diesem Punkt festgehalten werden, daß eine Halle für die Pferdezucht für den Auslauf nur bei extremsten Wetterbedingungen (auch bei Schnee sei ein Auslauf im Freien möglich) notwendig sei. Für die Grundausbildung des Fohlens bzw. Jungpferdes sei es nötig, witterungsunabhängig zu sein. Da jedoch im Grünland bei einem Bauvorhaben auf das Notwendigste zurückgegriffen werden müsse, könne für die Halle mit einem Ausmaß von rund 400 m2 (bei einer maximalen Longenlänge von 10 m) das Auslangen gefunden werden. Eine größere Halle wäre für die spezielle Ausbildung zu Dressur-, Reit- oder Springpferden notwendig, was jedoch in keinem Zusammenhang mehr mit einer Grünlandnutzung stehe, dies daher im Grünland aus fachlicher Sicht als unzulässig anzusehen sei. Der Deckplatz übersteige mit einem Ausmaß von ca. 68 m2 die erforderliche Flächenausdehnung. Hinsichtlich des eigentlichen "Stalltraktes" sei es bei einer Hallenhöhe von 4,5 m auch möglich, Heu und Stroh, das nicht im Gutshof gelagert werden könne, deckenlastig aufzubewahren. Für neun Stuten und sechs Fohlen wäre gemäß den Angaben im ÖKl-Baumerkblatt Nr. 29 über die Lagerung des täglichen Futter- und Streubedarfes ein Raum mit maximal 10 m2 als ausreichend anzusehen.

Da dem Projekt kein Landwirtschaftsbetrieb im Sinne des § 19 Abs. 2 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes zugrundeliege, stehe die Errichtung der Wirtschaftshalle bereits im Widerspruch zur gegebenen Grünlandnutzungsart. Aber auch bei Vorliegen eines solchen landwirtschaftlichen Betriebes sei das konkret eingereichte Vorhaben im Hinblick auf seine Größe, Ausgestaltung und Gliederung gemäß § 19 Abs. 4 leg. cit. aus agrarfachlicher Sicht nicht als erforderlich anzusehen.

Zu diesem Gutachten brachten die Beschwerdeführerinnen zusammengefaßt vor, wenn die Amtssachverständige aus dem Gesellschaftsvertrag Schlüsse ziehe, so sei sie nicht nur hiefür fachlich unzuständig, sondern es seien auch die von ihr gezogenen Schlüsse falsch. Daß ein Gesellschaftsvertrag ebenso wie das Gesetz die Möglichkeit der Kündigung vorsehe, sei geradezu eine Selbstverständlichkeit. Ob ein Vertrag gekündigt werde oder nicht, ergebe sich aus dem wirtschaftlichen Einsatz der Vertragsparteien, aus dem beabsichtigten und erwarteten Erfolg eines wirtschaftlichen Engagements oder der Rentabilität der Gesellschaft. Wie sich aus dem Text des Gesellschaftsvertrages ergebe, würden auch von der C-Gutsverwaltung beträchtliche Aufwendungen mit der Absicht, einen hochwertigen Pferdezuchtbetrieb für Dressurpferde zu schaffen, erbracht. Kein vernünftiger Wirtschafter, sei er Landwirt oder Kaufmann, würde derartige Investitionen vornehmen, ohne sie nicht auch langfristig zu planen und möglicherweise nach anfänglichen Verlustjahren gewinnbringend zu gestalten.

Aber auch im agrartechnischen Bereich mangle der Sachverständigen offenbar jegliches Verständnis für einen modernen und marktgerechten Pferdezuchtbetrieb. Zur Verwirklichung des eingereichten Projektes sei es notwendig, hochwertige, möglichst preisgekrönte Pferde zu verwenden und auch die geborenen Fohlen, soweit sie sich für den Dressurreitbetrieb eignen, so zu Dressurpferden auszubilden, d. h. unter anderem "anzureiten", daß sie auf dem Markt entsprechende Preise erzielen. In Oberösterreich gebe es bereits solche Zuchtbetriebe, die alle auch Reithallen hätten. Sicher seien Auslauf, frische Luft und Kontakt mit der Außenwelt für ein Jungpferd wichtig, für den Pferdezüchter komme es aber auf die Qualifikation der gezüchteten und angerittenen Pferde für einen Dressurbetrieb an. Gerade hiezu werde nicht nur bei extremsten Witterungsbedingungen - wie die Sachverständige meine -, sondern jedenfalls eine Halle benötigt, die nicht nur das Pferd an die Bedingungen für Turniere, z.B. in der Stadthalle, gewöhne, sondern in der auch die entsprechenden witterungsunabhängigen Ausbildungsmaßnahmen ermöglicht werden. Letztlich hänge jede höherwertige Verwertung des im Grünland zu erntenden Futters, sei es durch Mast oder durch Fütterung von Dressurpferden, von den gegebenen Möglichkeiten ab. Je höhere Investitionen zur Verwertung des landwirtschaftlichen Produktes gemacht würden, desto höher sei in der Regel auch der wirtschaftliche Erfolg für den Landwirt. Die Schaffung entsprechender Stallungen und Wirtschaftsgebäude für diesen Zweck in unmittelbarer Nähe oder unter einem Dach sei auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen schon zur Verringerung der Lohnkosten unbedingt erforderlich. Der Lohnfaktor sei letztlich in der Landwirtschaft der wesentliche Kostenfaktor. Zusammenfassend sei daher zu sagen, daß entgegen der Annahme der Sachverständigen jedenfalls ein Landwirtschaftsbetrieb nicht nur beabsichtigt, sondern bei Durchführung des Projekts auch eindeutig gegeben sei.

Mit Bescheid vom 22. Mai 1990 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag der Beschwerdeführerinnen gemäß § 98 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung ohne Bauverhandlung abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das von der mitbeteiligten Marktgemeinde eingeholte Gutachten einer landwirtschaftlichen Amtssachverständigen habe ergeben, daß das eingereichte Projekt im Widerspruch zur Grünlandnutzungsart der Parzelle 22/1 stehe.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerinnen hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 28. November 1990 abgewiesen.

Der dagegen eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerinnen gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 19. August 1991 keine Folge.

Die belangte Behörde führte zur Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, Kernpunkt des Verfahrens sei die Frage der Abgrenzung zwischen landwirtschaftlicher Urproduktion und sportlicher Betätigung. Nach den Aktenunterlagen beabsichtigten die Bauwerberinnen, einen Betrieb einer Pferdezucht für hochwertige Dressurpferde zu errichten, diese Pferde auszubilden und die Reithalle zwecks Ausbildung der Pferde und der Reiter sowie zur Abhaltung von nationalen und internationalen Turnieren zur Verfügung zu stellen. Unbestritten sei, daß eine Pferdezucht als ein landwirtschaftlicher Betriebszweig zur Grünlandnutzung anzusehen sei, weiters, daß ein Landwirt zwecks Erzielung eines höheren Verkaufspreises die selbstgezüchteten Pferde einer anfänglichen Ausbildung im Sinne der Ausführungen im agrartechnischen Gutachten vom 6. März 1989 unterziehen könne. Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde stelle die Ausbildung zu Dressur- und Sprungpferden eine sportliche und somit keine landwirtschaftliche Tätigkeit dar. Überdies beabsichtigten die Bauwerberinnen, in der Halle nationale und internationale Turniere abzuhalten und die Reithalle zwecks Ausbildung der Pferde und der Reiter zur Verfügung zu stellen. Die Tätigkeiten stünden in keinem Zusammenhang mit einer Grünlandnutzung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß für das Grundstück, auf dem die Reithalle errichtet werden soll, im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde die Widmung "Grünland-Landwirtschaft" ausgewiesen ist.

Gemäß § 19 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) sind nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse für Flächen, die für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, für Grüngürtel, für Schutzhäuser, für im Grünland erhaltenswerte Bauten, für Materialgewinnungsstätten und dazugehörige Deponien, für Gärtnereien und Kleingärten, für Sportstätten, für Friedhöfe und Parkanlagen, für Campingplätze, für Müllablagerungsplätze und Lagerplätze aller Art bestimmt sind, die entsprechenden Grünlandnutzungsarten auszuweisen. Aus Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ergibt sich, daß im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur vorgesehen werden dürfen, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind.

Im Gutachten der Amtssachverständigen vom 6. März 1989 wird festgestellt, daß die Beschwerdeführerinnen Eigentümer von rund 52 ha Eigenflächen sind, wovon ca. 44 ha in Form einer Wiesennutzung bzw. als Acker bewirtschaftet werden. Weiters geht aus diesem Gutachten hervor, daß die Beschwerdeführerinnen Eigentümer eines Gutshofes sind, einschließlich der zur Bewirtschaftung der Flächen notwendigen Maschinen und Geräte.

Die von der Amtssachverständigen aufgestellte These, es liege deshalb kein landwirtschaftlicher Betrieb vor, weil in einem Gesellschaftsvertrag, den die Beschwerdeführerinnen mit zwei weiteren Personen abgeschlossen haben, eine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen sei, wurde von der belangten Behörde nicht aufrechterhalten. Die belangte Behörde ist der Begründung ihres Bescheides zufolge vielmehr davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerinnen, die gleichzeitig als Bauwerberinnen aufgetreten sind, Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes sind, und daß grundsätzlich eine Pferdezucht als ein landwirtschaftlicher Betriebszweig zur Grünlandnutzung anzusehen ist; weiters, daß ein Landwirt zwecks Erzielung eines höheren Verkaufspreises die selbstgezüchteten Pferde einer anfänglichen Ausbildung im Sinne der Ausführungen des agrartechnischen Gutachtens vom 6. März 1989 unterziehen kann.

Nach Ansicht der belangten Behörde stellt die Ausbildung zu Dressur- und Sprungpferden eine sportliche und somit keine landwirtschaftliche Tätigkeit dar, wobei die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, daß die Abgrenzung zwischen der landwirtschaftlichen Urproduktion und der sportlichen Tätigkeit fließend und daher schwierig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, daß im Rahmen eines Landwirtschaftsbetriebes grundsätzlich auch die Pferdezucht als landwirtschaftlicher Betriebszweig anzusehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht jedoch davon aus, daß in einem landwirtschaftlichen Betrieb zwecks Erzielung eines höheren Verkaufspreises für die selbstgezüchteten Pferde eine Ausbildung dieser Pferde zur Verwirklichung des Betriebskonzeptes des Bauwerbers zulässig ist. Liegt ein landwirtschaftlicher Betrieb vor, so ist als Beurteilungsmaßstab, ob das eingereichte Gebäude in der geplanten Dimension erforderlich ist, auch das Betriebskonzept des Bauwerbers heranzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1990, Zl. 89/05/0184).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde, wonach die Abgrenzung zwischen landwirtschaftlicher Urproduktion und "sportlicher Tätigkeit" dort vorzunehmen ist, wo die "anfängliche Ausbildung", endet, nämlich in dem Zeitpunkt, in dem das Jungpferd durch Bewegung und Auslauf im Freien an den Kontakt mit der Außenwelt gewöhnt ist, ist eine solche Begrenzung als zu eng zu beurteilen, gehört doch die vom Landwirt im Rahmen seines Betriebes beabsichtigte Veredelung der selbstgezüchteten Pferde zum Betriebskonzept. Anders wird jener Fall zu beurteilen sein, in dem nicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern beispielsweise durch einen Sportverein die Ausbildung von Dressurpferden beabsichtigt ist. In einem solchen Fall wäre der Ansicht der belangten Behörde beizupflichten, daß dort nur eine sportliche und keine landwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt.

Da die belangte Behörde zu Unrecht eine landwirtschaftliche Tätigkeit verneint hat, belastete sie schon damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Zu den weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Bauwerberinnen beabsichtigten, in der Halle Turniere abzuhalten und die Reithalle zur Ausbildung der Pferde und der Reiter zur Verfügung zu stellen, ist festzustellen, daß das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist und dem Einreichplan nicht entnommen werden kann, daß die Wirtschafts- und Reithalle der Abhaltung nationaler und internationaler Turniere dienen soll. Insbesondere sind nach dem vorliegenden Plan in der Halle keine Tribünen oder sonstigen Einrichtungen vorgesehen, die dem Aufenthalt von Preisrichtern oder Zuschauern dienen könnten. Angesichts dieser Aktenlage hätte die belangte Behörde aber nicht davon ausgehen dürfen, daß die Beschwerdeführerinnen beabsichtigten, in DIESER Halle Turniere abzuhalten; ob in den dem ursprünglichen Ansuchen vom 21. Juli 1988 angeschlossen gewesenen Plänen für eine Reithalle mit den Ausmaßen von 20 x 60 m derartige Einrichtungen vorgesehen waren, kann mangels Vorlage dieser Pläne nicht festgestellt werden. In dem Plan, der der Versagung der Baubewilligung zugrundelag, waren solche Einrichtungen jedenfalls nicht ausgewiesen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Kostenbegehrens auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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