Normen
ABGB §140;
FamLAG 1967 §2;
SHG Wr 1973 §13 Abs3;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;
ABGB §140;
FamLAG 1967 §2;
SHG Wr 1973 §13 Abs3;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 2003, Zl. 2003/10/0037, verwiesen.
Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. November 2002 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat dabei im Wesentlichen die Auffassung, dass der vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. März 2002 beantragte Bedarf für seinen am 13. Juni 2001 geborenen Sohn Marcel (Schnuller, Silikon-Sauger, Wickelschutzunterlage, Lauflern-/Babysesselgurt, Warmhaltetasse, Bettnässeschutzeinlage, Kette für Schnuller, Wärmeflasche, Bettwärmer, Breifläschchen, Babyfläschchen, Baby-CD) zum "Hausrat" im Sinne des § 13 Abs. 6 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 (WSHG), zu zählen sei. Aufwendungen für diesen Bedarf seien durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen abzudecken. Da nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes auf die "Erfordernisse des einzelnen Falles" abzustellen sei, könnten in diesem Zusammenhang allerdings auch die an den Sozialhilfeempfänger ausbezahlten Transferleistungen (wie z.B. Familienbeihilfe) berücksichtigt werden, unterscheide das Wiener Sozialhilfegesetz im Rahmen der Richtsatzregelung bei den Richtsätzen für Mitunterstützte doch zwischen einem Richtsatz mit Anspruch auf Familienbeihilfe und einem Richtsatz ohne einen solchen Anspruch.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen (Ersatz-)Bescheid vom 4. Dezember 2003 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers (neuerlich) nicht stattgegeben. Nach der Begründung sei für den minderjährigen Marcel zum Zeitpunkt der Antragstellung am 28. März 2002 doppelt Sozialhilfe (jeweils erhöhter Richtsatz gemäß § 13 Abs. 4 WSHG) bezogen worden. Im Zeitraum vom 7. Februar 2002 bis 7. April 2002 habe seine Mutter Agnes R. (nach dem Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. Juni 2002) für ihn Sozialhilfe bezogen. Im Zeitraum vom 24. März 2002 bis 22. Mai 2002 sei er auch bei seinem Vater (Beschwerdeführer) mitunterstützt worden (Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. September 2002). Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer im März 2002 für Marcel Familienbeihilfe in Höhe von EUR 130,90 zuzüglich des Kinderabsetzbetrages in Höhe von EUR 50,90 erhalten. Nach Auffassung der belangten Behörde sei daher der vom Beschwerdeführer beantragte Sonderbedarf in Höhe von EUR 57,77 nicht noch durch zusätzliche Sozialhilfeleistungen abzudecken.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den in der Beschwerde erhobenen Vorwurf, die belangte Behörde habe nicht geprüft, wie hoch das Einkommen des Beschwerdeführers sei, ist zu erwidern, dass der Beschwerdeführer nach der Begründung des in erster Instanz ergangenen Bescheides vom 22. Mai 2002 eine monatliche Unterstützung zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe des Richtsatzes gemäß § 1 der Richtsatzverordnung für einen Erwachsenen und drei Kinder erhielt, wobei auch der minderjährige Marcel berücksichtigt wurde. Da der Beschwerdeführer diese Feststellungen in seiner Berufung nicht in Abrede gestellt hat, konnte die belangte Behörde diese auch ihrer Entscheidung zu Grunde legen. Für weitere Erhebungen bestand daher keine Veranlassung.
Die Beschwerde ist daher auch nicht im Recht, wenn sie behauptet, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer noch für seine zwei weiteren Kinder Wilhelm und Manuel aufkommen müsse, welche ebenfalls in seinem Haushalt lebten.
Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass für den minderjährigen Marcel in der Zeit zwischen 24. März 2002 und 7. April 2002 sowohl von der Kindesmutter als auch vom Beschwerdeführer Sozialhilfe bezogen worden ist. Sie führt dagegen allerdings ins Treffen, bis 7. April 2002 habe die Kindesmutter, bei welcher Marcel bis Mitte März 2002 gelebt habe, die Sozialhilfe (gemeint: Richtsatz für einen Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe) bezogen. Dieses Geld sei somit nicht dem Beschwerdeführer zu Gute gekommen und nicht zu dessen Einkommen zu zählen. Die belangte Behörde hätte daher prüfen müssen, ob der beantragte Sonderbedarf in der dem Beschwerdeführer zuerkannten Sozialhilfe Deckung finde.
Unbestritten bleibt auch, dass der Beschwerdeführer im März 2002 für Marcel Familienbeihilfe in der Höhe von EUR 130,90 zuzüglich des Kinderabsetzbetrages in Höhe von EUR 50,90 (somit insgesamt EUR 181,80) bezogen hat.
Was die Familienbeihilfe anlangt, so ist es in Lehre und Rechtsprechung unstrittig, dass diese zwar dem Unterhaltspflichtigen ausbezahlt wird und Bestandteil von dessen Einkommen ist, dass sie aber für den Unterhalt bzw. die Pflege des Kindes verwendet werden muss (vgl. etwa Stabentheiner in Rummel3, Rz 12b zu § 140 ABGB). Die Familienbeihilfe ist ihrem Wesen nach Betreuungshilfe und soll deshalb als Zuschuss Pflege und Erziehung des Kindes erleichtern sowie die mit der Betreuung verbundenen Mehrbelastungen - zumindest zum Teil - ausgleichen. Sie ist als Sozialbeihilfe des öffentlichen Rechts eine besondere Form der Drittzuwendung. Der Staat verfolgt mit ihr einen doppelten Zweck: Den Mindestunterhalt des Kindes zu gewährleisten und gleichzeitig die Eltern von ihrer Unterhaltspflicht zu entlasten ("Familienlastenausgleich"). Die Familienbeihilfe wird demgemäß zwar dem Unterhaltspflichtigen ausbezahlt, ist aber ausschließlich für den Unterhaltsberechtigten zu verwenden (vgl. z.B. auch OGH 1 Ob 565/91, und 1 Ob 76/99d).
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass der Lebensbedarf des mj. Marcel, soweit die in § 13 Abs. 3 WSHG genannten Komponenten in Rede stehen, durch die laufende Zuwendung des gemäß § 13 Abs. 4 WSHG erhöhten Richtsatzes gedeckt ist. Aufwendungen für die Anschaffung von Gegenständen, wie sie im Antrag des Beschwerdeführers genannt sind, zählen - im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise - zu jenem Mehrbedarf, der mit Pflege und Erziehung eines Kindes im Allgemeinen verbunden ist und durch die Zuwendung der Familienbeihilfe (wenigstens zum Teil) gedeckt werden soll. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der im konkreten Fall in Rede stehende Aufwand - selbst unter Bedachtnahme auf die Kürzung des Richtsatzes im Hinblick auf den Bezug der Familienbeihilfe - jenen Rahmen überstiege, in dem die Familienbeihilfe nach ihrer Zweckwidmung die Mehrbelastung von Familien durch Pflege und Erziehung von Kindern abdecken soll. Es ist somit die Auffassung der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen begründeten keinen Bedarf, der durch zusätzliche Leistungen der Sozialhilfe zu decken sei, nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Zur Anregung des Beschwerdeführers, hinsichtlich des Wiener Sozialhilfegesetzes und der Richtsatzverordnung Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 22. November 2004, Zl. 2004/10/0013, verwiesen.
Der Beschwerdeführer hat auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier vollständig geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.
Auch Art. 6 EMRK steht dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Der EGMR hat z.B. in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung (vgl. insbesondere EGMR 24. Juni 1993, Schuler-Zgraggen/Schweiz, Series A no. 263, p.19, § 58; 25. April 2002, Zl. 64336/01, Varela Assalino/Portugal; 5. September 2002, Zl. 42057/98, Speil/Österreich) dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige. Hier liegt ein Fall vor, in dem das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich rechtliche Fragen betrifft; es ist auch nicht ersichtlich, dass von einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung des Falles erwartet werden könnte.
Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. das - ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende - Erkenntnis vom 22. November 2004, Zl. 2004/10/0013).
Wien, am 27. Februar 2006
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