Normen
ABGB §825;
ABGB §828;
AVG §38;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 2001/037;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WEG 1975 §14 Abs3;
WEG 2002 §16 Abs2;
WEG 2002 §17;
WEG 2002 §24 Abs6;
WEG 2002 §28 Abs1;
WEG 2002 §29 Abs1;
WEG 2002 §29;
WEG 2002 §52 Abs1 Z2;
WEG 2002 §52 Abs1 Z4;
ABGB §825;
ABGB §828;
AVG §38;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 2001/037;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WEG 1975 §14 Abs3;
WEG 2002 §16 Abs2;
WEG 2002 §17;
WEG 2002 §24 Abs6;
WEG 2002 §28 Abs1;
WEG 2002 §29 Abs1;
WEG 2002 §29;
WEG 2002 §52 Abs1 Z2;
WEG 2002 §52 Abs1 Z4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerinnen und die mitbeteiligte Partei sind Wohnungseigentümer des Hauses XIII, Trauttmannsdorfgasse 58/Gloriettegasse 12. Nach dem vorliegenden Grundbuchsauszug vom 17. Februar 2002 besteht bei zwei der insgesamt zwanzig Wohnungen, nämlich bei der Wohnung Stiege I, Top 4; Stiege III, Top 3, Eigentümerpartnerschaft von Ehegatten.
Der Wohnungseigentümer Ing. F. K. lud mit Schreiben vom 1. Oktober 2002 die übrigen Wohnungseigentümer zu einer Eigentümerversammlung für den 17. Oktober 2002 ein. Einer der Tagesordnungspunkte war die Errichtung eines Glaszubaues in der Wohnung der mitbeteiligten Partei, Stiege II, Top 9 (der andere Tagesordnungspunkt bildet den Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2004/05/0105).
Die Wohnungseigentümer A. P. und Dr. G. S. erteilten daraufhin mit der im Akt erliegenden Vollmacht, datiert mit 8. Oktober 2002 und 9. Oktober 2002, dem Wohnungseigentümer Ing. F. K. die Vollmacht, sie für diese Eigentümerversammlung in allen Belangen des Hauses zu vertreten.
Nach dem Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 17. Oktober 2002 haben die bei dieser Versammlung anwesenden Eigentümer 81, 99 % der Eigentumsanteile vertreten. Betreffend die Wohnungen Stiege I, Top 4 und Stiege III, Top 3 war jeweils nur ein Eigentümer der Eigentümerpartnerschaft anwesend; aus der in diesem Zusammenhang angefertigten Aufstellung über die Abstimmung ergibt sich, dass deren Anteil an Wohnungseigentum (1, 58 % und 2, 61 %) im Rahmen des Präsenzquorums und der Beschlussfassung berücksichtigt wurde. Die Abstimmung betreffend das oben genannte Projekt ergab, dass die Inhaber von 64, 7 % der Eigentumsanteile für das Bauvorhaben und jene von 17, 3 % der Eigentumsanteile (die Beschwerdeführerinnen und die Wohnungseigentümerin I. P.) dagegen gestimmt haben.
Mit Ansuchen vom 15. November 2002 beantragte die mitbeteiligte Partei unter Hinweis auf die obige Beschlussfassung der Wohnugseigentümergemeinschaft die Erteilung der Baubewilligung für die Herstellung eines Glasverbaues im Atrium ihrer Dachgeschosswohnung. Zusätzlich schloss sie diesem Bauansuchen schriftliche Zustimmungserklärungen von - mit Ausnahme der Beschwerdeführerinnen und der Wohnungseigentümerin I. P. - allen Wohnungseigentümern der projektgegenständlichen Liegenschaft an.
Mit Schreiben vom 4. März 2003 legte die mitbeteiligte Partei eine Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Hietzing vom 7. Februar 2003 vor. Darin wird bestätigt, dass betreffend das gegenständliche Projekt kein Beschlussanfechtungsverfahren gerichtsanhängig sei.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2003 erteilte der Magistrat der Stadt Wien (MA 37) der mitbeteiligten Partei die Bewilligung, nachstehend genannte Bauführung vorzunehmen:
"Ein Teil der Terrasse der im Dachgeschoss der Stiege 2 des bestehenden Wohnhauses gelegenen Wohnung Top 9 wird durch die Errichtung eines Zubaues in einer Glas-Stahlkonstruktion geschlossen und der Raum in den Wohnungsverband einbezogen."
Dagegen erhoben die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin mit getrennten Schriftsätzen vom 13. November 2003 und vom 19. November 2003 Berufung. Darin führten sie im Wesentlichen aus, es handle sich bei der Verbauung allgemeiner Teile des Hauses weder um eine Maßnahme der ordentlichen noch der außerordentlichen Verwaltung, sondern um eine Änderung der Nutzung an den im gemeinsamen Eigentum stehenden Teilen der Liegenschaft, für welche die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich sei. Die Baubehörde sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall ein Mehrheitsbeschluss ausreiche. Das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 17. Oktober 2002 und die Amtsbestätigung des Bezirkgerichtes Hietzing vom 7. Februar 2003 könnten die fehlende Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer des gegenständlichen Hauses nicht ersetzen. Auch die vorgelegte Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Hietzing bestätige lediglich, dass betreffend das gegenständliche Projekt kein Beschlussanfechtungsverfahren anhängig sei, sie enthalte aber keinen Hinweis, inwieweit ein solches Beschlussanfechtungsverfahren überhaupt notwendig sei. Der von der bloßen Mehrheit gefasste Beschluss sei absolut nichtig und eine formelle Anfechtung eines solchen Beschlusses nicht erforderlich. Das gegenständliche Bauansuchen wäre daher mangels Nachweises der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer zurückzuweisen gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerinnen abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0214, ausgesprochen, dass nach § 14 Abs. 3 WEG 1975 nicht die beschließende Mehrheit das Gericht zur Genehmigung anzurufen habe, sondern vielmehr die überstimmte Minderheit innerhalb einer dreimonatigen Frist, die sich bei nicht gehöriger Verständigung auf sechs Monate verlängere. Der Beschluss der Mehrheit der Wohnungseigentümer suppliere das baurechtliche Zustimmungserfordernis nach § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien, wenn der Bauwerber nachweise, dass die Minderheit insofern untätig geblieben sei und eine Bestätigung des Gerichtes vorliege, dass die Minderheit im Sinne des § 14 Abs. 3 WEG das Gericht nicht angerufen habe. Obwohl am 1. Juli 2002 das Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. Nr. 70/2002 in Kraft getreten und auf den gegenständlichen Fall anwendbar sei, sei die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiterhin anwendbar, weil die maßgebenden Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetz 1975, auf denen das oben genannte Erkenntnis beruhe, im Wesentlichen inhaltsgleich auch im Wohnungseigentumsgesetz 2002 enthalten seien.
Das Bauvorhaben, für welches die bekämpfte Baubewilligung erteilt würde, betreffe wohl Veränderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft. Es sei aber keine Benützungsregelung hinsichtlich verfügbarer allgemeiner Teile getroffen worden; die Nutzung der Wohnungseigentumsobjekte sei nicht Gegenstand der Baubewilligung. Im vorliegenden Fall habe die Mehrheit des gegenständlichen Hauses dem Bauvorhaben in der Eigentümervollversammlung am 17. Oktober 2002 zugestimmt. Dieses Protokoll sei sämtlichen Wohnungseigentümern am 31. Oktober 2002 persönlich bzw. mittels Anschlag an der Haustafel zugestellt worden. Eine Beschlussanfechtung sei, wie sich aus der Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Hietzing vom 7. Februar 2003 ergebe, nicht erfolgt. Die Vollmachten für die Vertretung der jeweiligen Wohnungseigentümer bei der Eigentümerversammlung vom 17. Oktober 2002 seien - wie der Aktenlage zu entnehmen sei - wenige Tage vor dieser Eigentümerversammlung ausgestellt worden. Betreffend die gegenständliche Liegenschaft bestünden lediglich zwei Eigentümerpartnerschaften an Wohnungseigentumsobjekten. Selbst wenn man die Stimme des jeweiligen einzelnen Eigentümerpartners außer Betracht lasse, hätten bei der Eigentumsvollversammlung dennoch weitaus mehr als die Mehrheit (über 60 %) der Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile der gegenständlichen Bauführung zugestimmt und liege ein Mehrheitsbeschluss im Sinne des § 24 und § 29 WEG 2002 vor. Im Sinne der obigen Rechtsprechung liege daher eine Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c der Wiener Bauordnung vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die (nunmehr gemeinsam erhobene) Beschwerde. Die Beschwerdeführerinnen bringen im Wesentlichen vor, die belangte Behörde sei unrichtig davon ausgegangen, dass eine mangelnde Zustimmung eines Miteigentümers durch einen innerhalb der vom WEG eingeräumten Frist beim Bezirksgericht nicht angefochtenen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer ersetzt werden könne. Es handle sich nicht um eine Maßnahme der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung, welche durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer abgehandelt werden könne. Es handle sich vielmehr um eine Änderung eines Wohnungseigentumsobjektes unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft, sohin der Ausübung eines Individualrechtes eines Wohnungseigentümers im Sinne der Bestimmung des § 16 Abs. 2 WEG. In solch einem Fall genüge aber ein Mehrheitsbeschluss nicht, sondern bedürfe es vielmehr der Einstimmigkeit oder sei die Ersetzung der fehlenden Zustimmung durch den Außerstreitrichter erforderlich. Keinesfalls handle es sich im vorliegenden Fall aber um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung hinsichtlich der Veränderung an gemeinsamen Teilen der Liegenschaft gemäß § 29 Abs. 1 WEG 2002. Die Beschwerdeführerinnen beantragten, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift. Die Beschwerdeführerinnen replizierten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 63 Abs. 1 lit. c der Wiener Bauordnung in der Fassung LGBl. Nr. 2001/37 (WBO) lautet:
"Für das Baubewilligungsverfahren hat der Bauwerber folgende
Einreichunterlagen vorzulegen:
.....
c) die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist; sie kann auch durch Unterfertigung der Baupläne nachgewiesen werden;"
Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung hat der Bauwerber, der nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist, die Zustimmung des Eigentümers oder aller Miteigentümer der Baubehörde nachzuweisen. Dieser Bestimmung liegt u.a. der Gedanke zu Grunde, Verfahren, die zu Baubewilligungen führen, welche mangels Eigentümerzustimmung aus Gründen des Privatrechts nicht realisiert werden könnten, grundsätzlich zu vermeiden (siehe dazu die ausführlichen Darlegungen im hg Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0214; Moritz, BauO für Wien3, S. 173). Die Baubehörde hat im Falle des Miteigentums als Vorfrage zu prüfen, ob nach den anzuwendenden privatrechtlichen Vorschriften die Zustimmung der übrigen Miteigentümer erforderlich ist oder nicht (siehe das hg Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2004/06/0119 m.w.H.).
Im vorliegenden Fall ist an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft Wohnungseigentum begründet. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 70/2002 (WEG) lauten auszugsweise:
"Nutzung, Änderung und Erhaltung des Wohnungseigentumsobjekts
§ 16. (1) Die Nutzung des Wohnungseigentumsobjekts kommt dem Wohnungseigentümer zu.
(2) Der Wohnungseigentümer ist zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt; dabei gilt Folgendes:
1. Die Änderung darf weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.
2. Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen. Die Einbeziehung oder der Einbau einer Wasserentnahmestelle oder eines Klosetts in das Innere des Wohnungseigentumsobjekts, die Errichtung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernsprechleitungen, Beheizungsanlagen und ähnlichen Einrichtungen kann aus diesem Grund jedenfalls nicht untersagt werden; das Gleiche gilt für das Anbringen der nach dem Stand der Technik notwendigen Einrichtungen für den Hörfunk- und Fernsehempfang sowie für Multimediadienste, sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
3. Werden für eine solche Änderung auch Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekte anderer Wohnungseigentümer in Anspruch genommen, so muss überdies der betroffene Wohnungseigentümer die Änderung nur zulassen, wenn sie keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums zur Folge hat und sie ihm bei billiger Abwägung aller Interessen zumutbar ist. Der Wohnungseigentümer, der die Änderung durchführt, hat den beeinträchtigten Wohnungseigentümer angemessen zu entschädigen.
4. Ist eine behördliche Bewilligung für Änderungen erforderlich, die die anderen Wohnungseigentümer dulden müssen, so dürfen diese eine allenfalls erforderliche Zustimmung nicht verweigern.
5. Die Z 1 und 4 gelten sinngemäß auch für Änderungen im Bestand räumlich unmittelbar aneinander grenzender Wohnungseigentumsobjekte sowie für die Übertragung von Zubehörobjekten.
........
Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft
§ 24. (1) Zur Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft dient vornehmlich die Eigentümerversammlung, doch können Beschlüsse auch - allenfalls ergänzend zu den in einer Eigentümerversammlung abgegebenen Erklärungen - auf andere Weise, etwa auf schriftlichem Weg, zu Stande kommen. Ein Beschluss ist - mit der sich aus Abs. 6 ergebenden Einschränkung - erst wirksam, nachdem allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist; bis dahin ist ein Wohnungseigentümer an seine bereits abgegebene Erklärung nicht gebunden.
(2) Die Wohnungseigentümer können ihr Äußerungs- und Stimmrecht entweder persönlich oder durch einen Vertreter ausüben. Weist der für den Wohnungseigentümer Einschreitende seine Vertretungsbefugnis nicht durch eine darauf gerichtete, höchstens drei Jahre alte, schriftliche Vollmacht nach, so ist sein Handeln nur wirksam, wenn es vom Wohnungseigentümer nachträglich binnen 14 Tagen schriftlich genehmigt wird.
(3) Ist Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit einem Wohnungseigentümer oder mit einer Person, mit der dieser durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden ist, so steht diesem Wohnungseigentümer kein Stimmrecht zu.
(4) Die Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer richtet sich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile. Bei Stimmengleichheit kann jeder Wohnungseigentümer die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung des Gerichts beantragen.
(5) Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft sind jedem Wohnungseigentümer sowohl durch Anschlag an einer für alle Wohnungseigentümer deutlich sichtbaren Stelle des Hauses (bei mehreren Häusern oder mehreren Stiegenhäusern an einer entsprechenden Mehrzahl solcher Stellen) als auch durch Übersendung schriftlich zur Kenntnis zu bringen. Eine Übersendung an den Wohnungseigentümer einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit hat an die Anschrift seines Wohnungseigentumsobjekts oder an eine andere von ihm bekannt gegebene inländische Zustellanschrift zu erfolgen. Eine Übersendung an den Wohnungseigentümer eines Abstellplatzes für Kraftfahrzeuge hat an eine von ihm bekannt zu gebende inländische Zustellanschrift zu erfolgen. Dem übersendeten Beschluss ist ein Hinweis darauf beizufügen, dass für den Beginn der Frist zur Anfechtung des Beschlusses dessen Anschlag im Haus maßgeblich ist; zugleich ist der Tag des Anschlags und das sich daraus ergebende Ende der Frist bekannt zu geben.
(6) Jeder Wohnungseigentümer kann innerhalb eines Monats ab Anschlag eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft entsprechend Abs. 5 mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festgestellt wird. Beschlüsse in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung können überdies nach § 29 angefochten werden.
........
Ordentliche Verwaltung
§ 28. (1) In Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft entscheidet - unbeschadet der Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 30 - die Mehrheit der Wohnungseigentümer. Zu diesen Angelegenheiten gehören insbesondere:
1. die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt,
- 2. die Bildung einer angemessenen Rücklage (§ 31),
- 3. die Aufnahme eines Darlehens zur Deckung der durch die Rücklage nicht gedeckten Kosten einer in längeren als einjährigen Abständen wiederkehrenden Arbeit zur ordnungsgemäßen Erhaltung,
- 4. die angemessene Versicherung der Liegenschaft,
- 5. die Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltungsvertrags,
- 6. die Bestellung und Abberufung eines Eigentümervertreters,
- 7. die Erlassung und Änderung der Hausordnung,
- 8. die Vermietung der verfügbaren allgemeinen, aber einer abgesonderten Benützung zugänglichen Teile der Liegenschaft, an eine Person, die nicht Wohnungseigentümer ist, und
9. die Aufkündigung der nach Z 8 geschlossenen Mietverträge.
.........
Außerordentliche Verwaltung
§ 29. (1) Über Veränderungen an den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, die über die in § 28 genannten Angelegenheiten hinausgehen, wie etwa nützliche Verbesserungen oder sonstige über die Erhaltung hinausgehende bauliche Veränderungen, entscheidet die Mehrheit der Wohnungseigentümer, doch kann jeder der Überstimmten mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag die gerichtliche Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses verlangen. Die Antragsfrist beträgt drei Monate, bei unterbliebener Verständigung des Wohnungseigentümers von der beabsichtigten Beschlussfassung und von ihrem Gegenstand (§ 25 Abs. 2) hingegen sechs Monate und beginnt mit dem Anschlag des Beschlusses im Haus gemäß § 24 Abs. 5.
........
§ 52. (1) Über die Anträge in den folgenden Angelegenheiten entscheidet das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist, im Verfahren außer Streitsachen:
1. Nutzwertfestsetzung (§ 9 Abs. 2) und Nutzwertneufestsetzung (§ 9 Abs. 3);
2. Duldung von Änderungen und Erhaltungsarbeiten einschließlich der Entschädigung eines dadurch beeinträchtigten Wohnungseigentümers (§ 16 Abs. 2 und 3);
3. Minderheitsrechte des einzelnen Wohnungseigentümers (§ 30 Abs. 1 und 2) einschließlich der sonstigen Angelegenheiten der Wohnungseigentümer der Liegenschaft, über die nach dem 16. Hauptstück des Zweiten Teils des ABGB im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist, wie etwa Benützungsregelungen (§ 17);
4. Rechtswirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft (§ 24 Abs. 6);
........"
Im konkreten Fall beabsichtigt die mitbeteiligte Partei einen Teil der Terrasse ihrer Wohnung durch Errichtung eines Zubaus in einer Glas-Stahlkonstruktion zu schließen und den entstehenden Raum in ihren Wohnungsverband einzubeziehen. Die belangte Behörde ging hiebei - ohne näher darauf einzugehen - vom Vorliegen einer außerordentlichen Verwaltungsmaßnahme im Sinne des § 29 WEG aus und bejahte das Vorliegen einer Zustimmung "aller" Wohnungseigentümer mit der Begründung, es liege ein von den Überstimmten nicht angefochtener Mehrheitsbeschluss im Sinne des § 29 WEG vor.
Dabei verkennt die belangte Behörde aber, dass im gegebenen Fall (anders als in jenem des hg Erkenntnisses vom 24. März 1998) nicht vom Vorliegen einer Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung ausgegangen werden kann.
Das WEG kennt keine Definition des Begriffes "Verwaltung". Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes versteht darunter Handlungen, die gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht (vgl. den Beschluss des OGH vom 16. Dezember 1997, GZ 5 Ob 458/97g), während Verfügungen ausschließlich dem Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers dienen (vgl. die Beschlüsse des OGH vom 23. November 1999, GZ 5 Ob 299/99b und vom 25. Jänner 2005, GZ 5 Ob 213/04s). In den beiden letztgenannten Entscheidungen hat der OGH in Beibehaltung seiner bisherigen Linie die Unterscheidungsmerkmale zwischen Verwaltung und Verfügung neuerlich hervorgehoben und ausgesprochen, dass die rein eigennützige Verbauung oder sonstige Veränderung allgemeiner Teile der Liegenschaft durch einen Miteigentümer keine Maßnahme der Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft ist;
Verwaltungshandlungen zeichnen sich vielmehr dadurch aus, dass Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden. Sie zielen darauf ab, gemeinschaftliche Pflichten zu erfüllen oder gemeinschaftliche Interessen wahrzunehmen.
Daraus ergibt sich aber für den vorliegenden Fall eindeutig, dass die von der mitbeteiligten Partei angestrebte Baumaßnahme als Verfügung im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG zu werten ist. Allein der Wortlaut ihres Bauansuchens "Herstellung eines Glasverbaues im Atrium der (ihrer) Dachgeschosswohnung" lässt keinen Zweifel daran bestehen, dass durch diese Baumaßnahme ein ausschließlich eigennütziges Interesse der mitbeteiligten Partei verfolgt und befriedigt werden soll.
Eine solche Verfügungsmaßname bedarf aber - da sie eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses zur Folge haben kann (vgl. den dem zitierten Beschluss des OGH vom 25. Jänner 2005 zu Grunde liegenden Fall) - der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder der Ersetzung der Zustimmung im Außerstreitverfahren (vgl. Würth/Zingher/Konvanyi, Miet- und Wohnrecht21, Rz 8 zu § 16 WEG; Vonkilch in Hausmann-Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, Rz 58 zu § 16 WEG). Die Zustimmung des einzelnen Wohnungseigentümers kann nicht durch eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft ersetzt werden (siehe abermals den Beschluss des OGH vom 25. Jänner 2005).
Im vorliegenden Fall kam aber - da die Wohnungseigentümer davon ausgingen, es liege eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung vor - bloß ein Mehrheitsbeschluss nach § 29 WEG zu Stande.
Unter Bedachtnahme auf das von der belangten Behörde herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0214, welches bei einem unwidersprochenen Mehrheitsbeschluss nach § 14 Abs. 3 WEG 1975 (jetzt: §29 Abs. 1 WEG), also im Falle der außerordentlichen Verwaltung, von einer Supplierung der fehlenden Eigentümerzustimmung für ein Bauvorhaben ausging, stellt sich bei derartigen Verfügungen nach § 16 Abs. 2 WEG die Frage, ob bei einer an sich unzulässigen Beschlussfassung über eine unter § 16 Abs. 2 WEG 2002 zu subsumierende Maßnahme gemäß § 29 WEG 2002 zumindest von einer Heilung dieses Beschlusses nach fruchtlosem Verstreichen der gesetzlichen Anfechtungsfristen ausgegangen werden kann (in diesem Sinne Vonkilch in seiner Glosse zum mehrfach zitierten Beschluss des OGH vom 25. Jänner 2005, immolex 2005/57). Nun hat allerdings der OGH zu der zu mit § 16 Abs. 2 WEG insofern, was das Erfordernis der Zustimmung aller Miteigentümer betrifft, vergleichbaren Bestimmung des § 17 WEG, ausgeführt (siehe den Beschluss des OGH vom 10. Mai 2005, 5 Ob 4/05g), dass ein diesbezüglich ergangener Merheitsbeschluss gesetzwidrig im Sinne des § 24 Abs. 6 WEG sei; die ihm anhaftende Nichtigkeit sei nicht heilbar, sodass der Beschluss fristungebunden bekämpft werden könne.
In seinem Beschluss vom 24. Mai 2005, 5 Ob 16/05x, hat der OGH zu einer Verfügung nach § 828 ABGB (die in die unmittelbare Kompetenz der Teilnehmer fällt und keinen Mehrheitsbeschluss zulässt; siehe das Urteil des OGH vom 21. April 1998, 5 Ob 98/98t) ausgesprochen, dass ein diesbezüglicher Mehrheitsbeschluss unzulässig ist. Unter Bedachtnahme auf die in den Gesetzesmaterialien zum WEG 2002 angesprochenen Heilungsmöglichkeiten wurde ausgeführt, dass eine Heilung von Beschlüssen nicht unter allen Umständen eintreten soll, insbesondere nicht, wenn sie gegen zwingende gesetzliche Abstimmungsvorschriften verstoßen. Liegt also formell ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vor, dem es aber an der erforderlichen Einstimmigkeit für die beschlossene Materie fehlt, so ist dieser Beschluss kein rechtliches Nichts, sondern ein unwirksamer Beschluss, der zur Klarstellung der Rechtslage im außerstreitigen Verfahren im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 4 WEG 2002 geprüft und aufgehoben werden kann.
Löcker (in Hausmann/Vonklich, Österreichisches Wohnrecht, Rz 56 zu § 24 WEG) hält fest, dass Anfechtungsgegenstand - sowohl nach § 24 Abs. 6 als auch nach § 29 - nur Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft, also solche über Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung sind, nicht aber "Beschlüsse" über Verfügungen oder sonst nicht der Liegenschaftsverwaltung zugehörige Maßnahmen oder Rechtsverhältnisse. Als "nichtig unbefristet bekämpfbar" nennt dieser Autor Mehrheitsbeschlüsse über nicht der Liegenschaftsverwaltung und damit der Eigentümergemeinschaft zurechenbare Angelegenheiten (aaO, Rz 85 zu § 24 WEG).
Da, wie oben ausgeführt, auch Verfügungen nach § 16 Abs. 2 WEG der Zustimmung aller Miteigentümer (bzw. der Erteilung der Zustimmung durch den Außerstreitrichter) bedürfen und eine Supplierung dieses Erfordernisses durch einen unbekämpft gebliebenen Mehrheitsbeschluss wegen dessen Unwirksamkeit nicht in Betracht kommt, kann, anders als in den Fällen der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung, ein solcher unbekämpfter Mehrheitsbeschluss die Anforderung des § 63 Abs. 1 lit. c BO, wonach dem Bauansuchen alle Miteigentümer zustimmen müssen (oder einen gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 WEG ergangenen Gerichtsbeschluss vorlegen müssen), nicht erfüllen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem steht Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, weil die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich Rechtsfragen betroffen hat (vgl. die Unzulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 2. September 2004, Alois Hofbauer ag. Austria, Application no. 68087/01; zuletzt hg Erkenntnis vom 5. Juli 2006, Zl. 2006/12/0002).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr.2003/333.
Wien, am 19. September 2006
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