OGH 5Ob458/97g

OGH5Ob458/97g16.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei, Dkfm. Elisabeth S*****, vertreten durch Dr. Helfried Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wider den Beklagten Franz H*****, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 12. Juni 1997, 40 R 313/97v‑16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 7. Februar 1997, 6 C 1745/96m‑10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1997:0050OB00458.97G.1216.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Berufungsurteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

 

 

Begründung:

 

Die klagende Partei ist mit 2447/4829 Anteilen (50,673 %) Mehrheitseigentümerin des Hauses *****; der Beklagte ist Mieter des in diesem Haus gelegenen Geschäftslokals top 7 samt den Kellerabteilen 21, 22, 23 und 24.

Der Beklagte ist dadurch in die Mieterstellung gelangt, daß er 1992 vom Erben der Vormieterin, Pauline M*****, das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen erwarb. Das Mietverhältnis der Vormieterin war 1945 bzw 1952 begründet worden.

Nach 1992 wurde am gesamten Haus Wohnungseigentum begründet.

Die Vormieterin, Frau M*****, hatte im Mietobjekt eine Parfumerie betrieben und ihre Auslage nicht nur mit verschiedenen Drogerieartikeln, sondern auch mit Haushaltswaren und Plastikspielzeug dekoriert. Gemäß § 1, P.2 des Mietvertrages vom 30.6.1945 bestand die Verpflichtung, den Mietgegenstand nur als "Geschäftslokal" zu benützen.

Der Beklagte entfernte nach Übernahme des Unternehmens den Namensschriftzug seiner Vorgängerin über dem Portal und veränderte auch die Auslagengestaltung. Er versuchte des öfteren vergeblich die Zustimmung der klagenden Partei für einen Umbau des Geschäftslokales zu erreichen. Das Lokal war voller Gerümpel und entsprach auch nicht dem heutigen Standard einer Parfumerie.

Nachdem der Beklagte das im Nachbarhaus *****, gelegene Geschäftslokal dazu erworben und dieses bis 1993 renoviert hatte, führte er beide Objekte als "Feinparfumerie" weiter. Er präsentiert auch Produkte der Firmen Estee Lauder und Clinique in der Auslage des gegenständlichen Geschäftslokales, die er im unmittelbar anschließenden Nebengeschäft (*****) verkauft. Der Beklagte beleuchtet die Auslage und variiert sie des öfteren, das Geschäft macht insgesamt einen gepflegten Eindruck.

Derzeit betreibt der Beklagte ausschließlich selbst das gegenständliche Geschäftslokal in der Zeit von Montag‑Freitag von 6.00 ‑ 7.30 Uhr. In der übrigen Zeit ab 10 Uhr wird durch ein Hinweisschild in der Auslage ("Frühverkauf von 6.00 - 7.30 Uhr; ab 10 Uhr nebenan" mit einem nach rechts weisenden Pfeil) auf das Nachbargeschäft (*****) verwiesen.

Der Beklagte verzeichnet bei Haus Nr. 87 jährlich nur einen Umsatz von zirka S 10.000,‑, bei einer Kundenfrequenz von 3‑4 Kunden monatlich.

Mit der Behauptung, der Beklagte verwende das streitgegenständliche Geschäftslokal top 7 nicht regelmäßig zur Ausübung seines Gewerbes, hat die Klägerin unter Heranziehung der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 und Z 7 MRG den Mietvertrag zum 31.3.1997 gerichtlich gekündigt, was zunächst auch bewilligt wurde. Über Einwendung der Beklagten (die sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin als auch das Vorliegen der geltend gemachten Kündigungsgründe bestritt) hob jedoch das Erstgericht nach mündlicher Verhandlung die Kündigung auf und wies das Räumungsbegehren der Klägerin ab. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Klägerin auch als Mehrheitseigentümerin zur Aufkündigung des vor Begründung von Wohnungseigentum geschlossenen Mietvertrages nicht allein aktiv legitimiert sei. Legitimiert wäre ausschließlich die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG. Da die Klägerin nach einer diesbezüglichen Erörterung die Parteienbezeichnung ausdrücklich unverändert gelassen habe, komme deren Berichtigung nicht in Betracht. Es seien aber auch die geltend gemachten Kündigungsgründe nicht verwirklicht. Es liege keine Weitergabe vor, und auch der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG sei nicht erfüllt. Der Beklagte habe zwar seine Verkaufstätigkeit im Objekt eingeschränkt, die Art seiner Geschäftstätigkeit sei der früher betriebenen aber gleichwertig. Immerhin sei das Geschäftslokal regelmäßig von 6.00 bis 7.30 Uhr geöffnet.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Unstrittig sei, daß das Mietverhältnis an dem verfahrensgegenständlichen Bestandobjekt 1945 bzw. 1952 von Pauline M***** begründet wurde und daß der Beklagte infolge eines Unternehmenserwerbes in dieses Mietverhältnis 1992 eintrat. Nach 1992 wurde Wohnungseigentum am Haus begründet, wobei die Klägerin Mehrheits (Wohnungs) eigentümerin ist.

Zutreffend habe das Erstgericht, ausgehend von diesem Sachverhalt, den vom Beklagten ausdrücklich erhobenen Einwand der mangelnden Aktivlegitimation für berechtigt erachtet: Wurden - wie hier - noch vor der Begründung von Wohnungseigentum von den Eigentümern Mietverträge geschlossen, träten die Wohnungseigentümer als Miteigentümer nach §§ 825 ff, 1120 ABGB, § 2 Abs 1 MRG in diese Bestandverhältnisse ein (LGZ Wien MietSlg 46.165 mit Hinweis auf RdW 1993, 109; 5 Ob 44/97z). Daraus folge zunächst, daß Vertragspartner des vor Begründung von Wohnungseigentum geschlossenen Mietverhältnisses auf Vermieterseite die Miteigentumsgemeinschaft des Hauses, somit sämtliche Wohnungseigentümer, seien. Wurde nun hinsichtlich einzelner Miteigentümer oder wie hier hinsichtlich der gesamten Liegenschaft, Wohnungseigentum begründet, sei Partei des Kündigungsstreites auf Aktivseite materiellrechtlich die Wohnungseigentümergemeinschaft [§ 13c WEG, in der auf die gegenständliche, nach 1.1.1994 eingebrachte Kündigung anzuwendende Fassung des 3. WÄG (6 Ob 52/97h mwN)]. Die Auffassung der Klägerin, § 13c WEG sei auf die Aufkündigung eines Mietverhältnisses nicht anzuwenden, treffe somit nicht zu. Auch der Verweis auf § 14 Abs 1 Z 7 und Z 8 WEG sei nicht zielführend. § 14 Abs 1 Z 7 und 8 WEG sei nämlich nur zu entnehmen, daß die Vermietung allgemeiner Teile der Liegenschaft, die nicht im Wohnungseigentum stehen, an Dritte ebenso wie die Aufkündigung solcher Mietverhältnisse Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung darstellen, in denen die Mehrheit entscheidungsbefugt ist. Daß aber gerade in Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft aktiv legitimiert ist, ergebe sich nicht nur aus § 13c Abs 1 WEG, sondern auch aus § 14 Abs 2 WEG, der ausdrücklich besagt, daß Mietverträge über nicht im Wohnungseigentum stehende Abstellplätze für Kraftfahrzeuge mit einem Dritten die Wohnungseigentümergemeinschaft kündigen kann. Auch aus der Wendung in § 13c Abs 1 WEG ... "kann in Angelegenheiten der Verwaltung ... klagen und ... geklagt werden" sei nicht abzuleiten, daß es im Ermessen der Wohnungseigentümer bzw Miteigentümer der Liegenschaft steht, ob als Partei die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die Mehrheit bzw. alle Wohnungs- und Miteigentümer auftreten. Hinsichtlich der Passivlegitimation ergebe sich das auch aus dem Ausschußbericht zu Art III (abgedruckt bei Würth/Zingher WohnR 94, 272), wonach in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Wohnungseigentümer nur mehr als Wohnungseigentümergemeinschaft geklagt werden sollen.

Es sei auch nur diese Auffassung dogmatisch vertretbar, da als Partei des Kündigungsstreites alle Miteigenümer als Bestandgeber anzusehen seien (vgl auch dazu 6 Ob 52/97h). Das ergebe sich daraus, daß sich die rechtsgestaltende Wirkung der Aufkündigung auf alle Miteigentümer als Bestandgeber als einheitliche Streitpartei (ebenso 6 Ob 52/97h) erstrecke. In diesem Sinne sei wohl auch die ständige Rechtsprechung zu verstehen, wonach der Mehrheitseigentümer als Verwalter bzw auch der Minderheitseigentümer, soweit er nutzungsberechtigt ist, allein zur Aufkündigung legitimiert ist. Nur weil der Minderheitseigentümer als Nutzungsberechtigter bzw der Mehrheitseigentümer als Verwalter der Liegenschaft aufgrund der erteilten Benützungsregelung bzw aufgrund der Stellung als verwaltender Mehrheitseigentümer allein über die Aufkündigung eines Mietverhältnisses entscheiden könne, könne er auch ohne ausdrückliche Zustimmung der übrigen Miteigentümer die Aufkündigung eines Mietverhältnisses erklären, was aber nichts daran ändere, daß Vermieter und damit Partei des Kündigungsverfahrens alle Miteigentümer seien (vgl ebenso 6 Ob 52/96h). Daß im vorliegenden Fall (zum Unterschied von dem in 6 Ob 52/97h beurteilten Sachverhalt) die Klägerin Mehrheitseigentümerin der Liegenschaft ist, könne daran nichts ändern, weil - wie dargelegt ‑ die Bestimmung des § 13c Abs 1 WEG nicht fakultativ sei, somit die Wohnungseigentümergemeinschaft zwingend als Partei im Aufkündigungsverfahren aufzutreten habe, sofern es um die Aufkündigung eines Mietverhältnisses geht, das vor Begründung von Wohnungseigentum an dem aufzukündigenden Objekt geschlossen wurde.

Dem Argument, bei schlichtem Miteigentum genüge die Mehrheit der Liegenschaftsanteile zur Aufkündigung, es wäre daher eine Schlechterstellung, wolle man ausschließlich die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Aufkündigung von Mietverhältnissen, die vor Begründung von Wohnungseigentum geschlossen wurden, für legitimiert erachten, sei entgegenzuhalten, daß auch die mit Quasirechtspersönlichkeit ausgestattete Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vom Willen sämtlicher Wohnungseigentümer getragen sein müsse. Zwar bilden sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft die Wohnungseigentümergemeinschaft zur ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft; daß aber dennoch in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung wie bisher die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer entscheidet, ergebe sich aus § 14 Abs 1 WEG.

Daß die Klägerin die verfahrensgegenständliche Aufkündigung allein einbrachte - wobei nach den Behauptungen der Klägerin auch die Zustimmung der weiteren Mit- und Wohnungseigentümerin vorlag, wäre grundsätzlich einer Richtigstellung der Bezeichnung der Klägerin auf "Wohnungseigentümergemeinschaft", vertreten durch die Mehrheitseigentümerin, zugänglich. Allerdings habe bereits das Erstgericht mit den Parteien ausdrücklich die Frage der Aktivlegitimation erörtert, wobei die Klägerin nach Erörterung erklärte, daß die Parteienbezeichnung unverändert bleibe und nicht berichtigt werde, weil die Mehrheit der Anteile zur Aufkündigung eines Mietverhältnisses ausreichend sei. Auch noch im Berufungsverfahren beharre die Klägerin ausdrücklich darauf, zur Aufkündigung im eigenen Namen (und nicht als Vertreterin der weiteren Mit- bzw Wohnungseigentümer) berechtigt zu sein. Damit komme eine Richtigstellung nicht in Betracht (vgl auch dazu 6 Ob 52/97h mit Hinweis auf 5 Ob 44/97z).

Das führe zu einer Bestätigung des erstgerichtlichen Urteils, ohne daß es eines Eingehens auf die geltend gemachten Kündigungsgründe bedürfte.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheide sich von den Vorentscheidungen dadurch, daß die Klägerin Mehrheitseigentümerin der Liegenschaft ist. Wäre man entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes der Meinung, daß § 13c Abs 1 WEG als Fakultativbestimmung aufzufassen ist, somit neben der Wohnungseigentümergemeinschaft in Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung auch die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer (entgegen der in 6 Ob 52/97h vertretenen einheitlichen Streitpartei und damit aufzunehmenden auch notwendigen Streitgenossenschaft) persönlich auftreten kann, wäre im konkreten Anlaßfall die Aktivlegitimation zu bejahen. Wegen dieser als erheblich anzusehenden Rechtsfrage sei der Rechtszug an das Höchstgericht zu eröffnen.

In der jetzt vorliegenden Revision macht die Klägerin im wesentlichen geltend, daß die Wohnungseigentumsgemeinschaft nur zur Verwaltung der Liegenschaft (als Ganzes) berufen sei und nicht in das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis eingreifen dürfe. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber in § 13c Abs 1 WEG eine "kann"‑Formulierung gewählt, die klarstelle, daß die Aufkündigung fakultativ entweder die Wohnungseigentumsgemeinschaft oder die Mehrheit der Miteigentümer einbringen könne. Bei der Geltendmachung eines von der Verschweigung bedrohten Kündigungsgrundes könne die Zwischenschaltung eines Genehmigungsverfahrens oft zu zeitaufwendig sein. Unabhängig vom Mehrheitseigentum der Klägerin hätte geprüft werden müssen, ob ihr hinsichtlich des streitgegenständlichen Mietobjektes nicht auch das alleinige Nutzungsrecht zusteht. Das Berufungsgericht selbst gehe ja davon aus, daß selbst der Minderheitseigentümer kündigen könne, wenn ihm die Nutzungsrechte am Mietobjekt allein zustehen.

Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder so abzuändern, daß die Aufkündigung für rechtswirksam erklärt wird, oder aber aufzuheben (allenfalls unter Einschluß des erstgerichtlichen Urteils) und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Der Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, und sie erweist sich auch (im Sinn ihres Aufhebungsbegehrens) als berechtigt.

 

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß zwei Rechtsfragen zu lösen sind, ehe über das Vorliegen der geltend gemachten Kündigungsgründe abgesprochen werden kann. Es ist einerseits zu klären, ob ein zwischen allen Mit- Wohnungseigentümern einer Liegenschaft und einem Dritten bestehendes Bestandverhältnis nur von der Wohnungseigentumsgemeinschaft gekündigt werden kann, andererrseits, ob die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer (falls man ihr allein oder neben der Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit der Kündigung zugesteht) bei der Kündigung eines solchen Mietverhältnisses zum Handeln im eigenen Namen oder nur in Vertretung auch der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer legitimiert ist.

Die Antwort auf die erste der beiden Fragen ergibt sich aus § 13c Abs 1 WEG, demzufolge alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer der Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentumsgemeinschaft bilden, die in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche nicht nur Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sondern auch klagen und geklagt werden kann. Rechtspersönlichkeit ist daher der Wohnungseigen- tumsgemeinschaft nur in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft gegeben (5 Ob 230/97b = Jus Z 2362).

Verwaltungshandlungen für die Gemeinschaft der Miteigentümer sind einerseits von den bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Teilhaber, andererseits von den Verfügungen über das Gemeinschaftsgut oder einzelne Anteile daran zu unterscheiden. Verwaltungshandlungen zeichnen sich dadurch aus, daß sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht. Von den bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Miteigentümer heben sie sich dadurch ab, daß mit ihnen Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden (vgl MietSlg 37/29 mwN), während die Abgrenzung zu den Verfügungen nach den Auswirkungen der Geschäftsführungsakte auf das gemeinschaftliche Gut bzw die Anteile der Miteigentümer vorzunehmen ist. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsgutes beeinträchtigen könnte; eine Verfügung greift in die Substanz der Gemeinschafts- oder Anteilsrechte ein.

Dementsprechend wird beispielsweise in der Vermietung oder Verpachtung von Teilen des Gemeinschaftsgutes eine Verwaltungsagende erblickt (vgl Gamerith in Rummelý, Rz 5 zu § 833 ABGB und Rz 1 zu § 834 ABGB mwN), weil dadurch nur die Art der Nutzung des Gemeinschaftsgutes bestimmt wird, ohne die daran bestehenden dinglichen Anteilsrechte zu verändern, in der Einräumung einer das ganze Gemeinschaftsgut belastenden Dienstbarkeit jedoch eine nur von allen Teilhabern gemeinsam zu treffende Verfügung (JBl 1960, 441; vgl Gschnitzer, SchR BTý, 325).

Die Unterschiede zwischen Verwaltungshandlungen und Verfügungen von Teilhabern einer Miteigentumsgemeinschaft verschwimmen in der Praxis oft, weil auch bei wichtigen Veränderungen, die zur Erhaltung oder besseren Benützung des Hauptstamms vorgeschlagen werden, also in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung, Minderheitsrechte gewahrt werden müssen (§§ 834, 835 ABGB). Hier sind die Unterschiede jedoch von Bedeutung.

Unstreitig war die Begründung jenes Mietverhältnisses, das jetzt zwischen den Streitteilen besteht, eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, weil die Mieterin offenbar nicht der Gemeinschaft der vermietenden Miteigentümer angehörte, also eine außenstehende Dritte war (Gamerith aaO). Der Mietvertrag konnte daher gemäß § 833 ABGB von der Mehrheit der Miteigentümer abgeschlossen werden und wäre jetzt - falls man eine Neuvermietung unterstellt, bei der am fraglichen Geschäftslokal noch kein Wohnungseigentum begründet ist - gemäß § 13c Abs 1 WEG von der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuschließen (ob fakultativ oder zwingend, wie aus dem ersten Satz leg cit herausgelesen werden könnte, ist hier nicht zu entscheiden), weil die Vermietung - wie erwähnt - eine Angelegenheit der Verwaltung der Liegenschaft betrifft. Der einzige Unterschied bestünde darin, daß die Vermieterstellung einmal allen Miteigentümern der Liegenschaft zukäme (wie dies auch auf den gegenständlichen Fall zutrifft), das andere Mal der Wohnungseigentümergemeinschaft, weil diese gemäß § 13c Abs 1 zweiter Satz WEG selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, also über beschränkte Rechtspersönlichkeit verfügt.

Im konkreten Fall geht es jedoch nicht um die Ausübung von Verwaltungsbefugnissen, die sich aus dem Miteigentum an einer Liegenschaft ergeben, sondern um die Aufkündigung eines obligatorischen Mietverhältnisses. Da sich das Recht der Kündigung aus dem Vertrag ergibt (auch § 1120 ABGB knüpft das Kündigungsrecht des neuen Eigentümers der Bestandsache an den gesetzlichen Vertragseintritt), steht es nur den jeweiligen Vertragsparteien, auf Vermieterseite also dem jeweiligen Vermieter zu (vgl Klang Vý, 107; Würth in Rummelý, Rz 15 zu § 1116 ABGB; WoBl 1997, 182/55 mwN). Mehrere Vermieter bilden in Ansehung ihrer Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eine Rechtsgemeinschaft, auf welche die für Eigentumsgemeinschaften geltenden Bestimmungen der §§ 825 ff ABGB sinngemäß anzuwenden sind, sodaß sich auch die Kündigungslegitimation nach diesen Regeln bestimmt (MietSlg 18.348 ua; vgl Gamerith aaO, Rz 9 zu § 825 ABGB). Das Kündigungsrecht selbst ist ein Gestaltungsrecht (MietSlg 43/30 ua), weil es das Mietverhältnis beendet, seine Ausübung daher eine Verfügung iSd § 828 ABGB (vgl Gamerith aaO, Rz 4a zu § 828 ABGB). Es ist daher prinzipiell davon auszugehen, daß bei einer Personenmehrheit auf Vermieterseite (hier liegt genau diese Konstellation vor) das Kündigungsrecht von allen Vermietern gemeinsam auszuüben ist. Es bedürfte einer besonderen Begründung, warum die nach Abschluß des Mietvertrages erfolgte Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft dazu geführt haben sollte, auch oder sogar nur der nunmehrigen Wohnungseigentümergemeinschaft das Kündigungsrecht zuzubilligen.

Wäre das Mietverhältnis von der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet worden, bestünde gar kein Zweifel an ihrem Kündigungsrecht, weil sie ja selbst Vermieterin geworden wäre. Von einem Eintritt der auf Verwaltungsagenden beschränkten Wohnungseigentümergemeinschaft in ein bereits bestehendes Mietverhältnis allein dadurch, daß an der Liegenschaft oder auch nur an Teilen davon Wohnungseigentum begründet wurde, kann jedoch keine Rede sein, da hiefür eine gesetzliche Grundlage nur in § 1120 ABGB zu finden wäre, der auf eine umfassendere Rechtsnachfolge (den Eigentums- oder zumindest Besitzwechsel in Ansehung des Bestandgegenstandes) abstellt. Wenn überhaupt, könnte nur aus der vom Gesetzgeber des 3. WÄG offensichtlich gewünschten Verfahrensvereinfachung, die sich etwa in der in § 13c Abs 1 Satz 2 WEG ausdrücklich erwähnten Klagsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft manifestiert, geschlossen werden, daß dieser neu geschaffenen (quasi) juristischen Person die Legitimation für die Aufkündigung von Mietverträgen über allgemeine Teile der Liegenschaft (wie sie etwa in § 13c Abs 1 Z 8 und Abs 2 WEG angeführt ist) generell - also auch für bereits vorher begründete Mietverhältnisse - eingeräumt werden sollte. Der Wortlaut des § 13c Abs 1 Z 8 MRG, der nur die nach Maßgabe der Z 7 leg cit (also von der Wohnungseigentümergemeinschaft) geschlossenen Miet- verträge nennt, spricht eher dagegen. Auch aus der Übergangsbestimmung des Art III Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG läßt sich nichts für eine Legitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Kündigung bereits länger bestehender Mietverhältnisse gewinnen, weil diese Gesetzesbestimmung die Anwendung neuen Rechts nicht generell, sondern nur für bereits im Wohnungseigentum stehende Wohnungen und sonstige Räumlichkeiten anordnet. Damit könnte aus § 13c Abs 1 WEG in Ansehung jener Mietverhältnisse, die, obwohl sie jetzt dem Tatbestand des § 13c Abs 1 Z 7 WEG zu unterstellen wären, noch nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern von den Miteigentümern der Liegenschaft eingegangen wurden, bestenfalls eine zusätzliche Kündigungslegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft herausgelesen werden, nicht aber, daß der Rechtsgemeinschaft der vermietenden Miteigentümer das Kündigungsrecht entzogen werden sollte. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, das Kündigungsrecht hinsichtlich des streitgegenständlichen Bestandverhältnisses könne nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeübt werden, ist daher nicht zu folgen.

Auch die zweite Frage, ob ein Mietvertrag, der im Rahmen der ordentlichen Verwaltung von der Mehrheit der Miteigentümer rechtswirksam geschlossen wurde, von der Mehrheit der Miteigentümer auch gekündigt werden kann, ist dem Rekursgericht nicht zu folgen.

Es trifft zu, daß ein von der Mehrheit über einen Teil des Gemeinschaftsgutes wirksam abgeschlossener Mietvertrag alle Miteigentümer bindet, daß also alle Miteigentümer Vermieter sind. Dementsprechend steht ihnen auch gemeinsam das Gestaltungsrecht der Kündigung zu, die sie - als Akt der Verfügung - grundsätzlich als "eine Person" aussprechen müssen (§ 828 ABGB). Die Kündigung eines Mietverhältnisses, das zwischen Miteigentümern einer Liegenschaft und einem Dritten besteht, ist jedoch nach herrschender Lehre und nahezu einhelliger Rechtsprechung als Mehrheitsagende anerkannt (vgl Call in der Anm zu WoBl 1994, 27/2). Demnach genügt es, wenn die Mehrheit der Miteigentümer die Kündigung im eigenen Namen ausspricht bzw ‑ wenn erforderlich ‑ bei Gericht einbringt (MietSlg 13.284; MietSlg 13.287; MietSlg 8080; MietSlg 16.282; MietSlg 18.348; SZ 43/157; MietSlg 34.091; 3 Ob 507/893 Ob 545/91; 7 Ob 2029/96z; WoBl 1997, 182/55ua). Beim Versuch, diese Rechtsansicht dogmatisch zu belegen, wurden verschiedene Ansätze gewählt. So wurde die Meinung vertreten, daß dann, wenn mehrere Gläubiger kraft Vertrages zur gesamten Hand forderungsberechtigt sind, die Regelung des § 892 ABGB, wonach bei Gesamtforderungen der einzelne Gläubiger mit Rechtswirkung für alle handeln kann nicht nur für Ansprüche auf Erfüllung der vertraglichen Hauptpflichen, sondern für alle aus dem Vertag abgeleiteten Nebenansprüche und Folgeansprüche, insbesondere auch für Gestaltungsrechte gilt (MietSlg 34/19), doch ist dies nicht unwidersprochen geblieben (Gamerith aaO, Rz 3 zu § 889 ABGB und Rz 1 zu § 892 ABGB). Eine andere Ansicht geht dahin, daß die Kündigung so wie der Abschluß eines Mietvertrages (idR) eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft sei, doch wurde hier der Unterschied zwischen der Verfolgung von Interessen der Miteigentümergemeinschaft und von Interessen der obligatorischen Rechtsgemeinschaft der Mitvermieter nicht bedacht. Der richtige Lösungsansatz ist in der Abtretbarkeit von Gestaltungsrechten zu suchen (vgl JB1 1995, 525). Generell läßt man für die Geltendmachung einer Gesamtforderung durch einen der Gläubiger genügen, daß eine diesbezügliche Übereinkunft der Gläubiger besteht (Nw bei Gamerith aaO, Rz 3 zu § 890 ABGB). Von dieser Erwägung sind offenbar jene Entscheidungen getragen, die selbst dem Minderheitseigentümer die Kündigungslegitimation zugestehen, wenn er nur im Verfahren das (schon vor der Kündigung zustandegekommene) Einvernehmen der Mehrheit der Vermieter nachweist (SZ 43/157; SZ 57/156 ua; vgl Würth in Rummelý, Rz 16 zu § 1116 ABGB). Dabei genügt es, wenn ihm die Zustimmung schlüssig erteilt wurde (SZ 57/156 ua). Für die einer Rechtsgemeinschaft der Vermieter vertraglich zustehenden Gestaltungsrechte kann nichts anderes gelten. Die rechtliche Unmöglichkeit einer selbständigen Abtretung von Gestaltungsrechten (vgl SZ 23/195; Gamerith aaO, Rz 3 zu § 889 ABGB) bildet kein Hindernis, weil jeder einzelne Vermieter die unteilbaren Rechte und Pflichen aus dem Mietvertrag bereits hat. Es ist auch ständige Rechtsprechung, daß die interne Entscheidung, wer ermächtigt wird, die der Gemeinschaft ungeteilt zustehenden Gestaltungsrechte geltend zu machen, durch einen Beschluß der Mehrheit getroffen werden kann (vgl etwa die Rechtsprechung zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, die allgemeine Teile der Liegenschaft betreffen, jüngst 5 Ob 147/97x und 5 Ob 274/97y). Diese Entscheidung dient letzlich der leichteren Durchsetzung von Gemeinschaftsinteressen, ist oft notwendig, um sie überhaupt wahren zu können, und stellt sich daher als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung dar. Die Mehrheit der Vermieter könnte einen solchen Beschluß jederzeit herbeiführen. Er würde ihr auch die entsprechende Vertretungsmacht nach außen und damit die Einzelprozeßlegitimation verleihen (Gamerith aaO, Rz 5a zu § 848 ABGB).

Fraglich könnte daher nur noch sein, ob eine von der Mehrheit der Vermieter betriebene gerichtliche Kündigung den Nachweis einer formellen Beschlußfassung unter Beteiligung (zumindest Anhörung) der übrigen Vermieter voraussetzt. Bisher wurde ein solcher Nachweis nicht verlangt, weil als selbstverständlich vorausgesetzt wurde, daß derjenige, der ein Mietverhältnis für die Gesamtheit der Eigentümer des Bestandobjektes begründen kann, dies auch zu beenden imstande sein muß. Unter dem Gesichtspunkt, daß sogar jedem einzelnen Gemeinschaftsmitglied schlüssig die Befugnis zur Geltendmachung von Gemeinschaftsrechten eingeräumt werden könnte, und bei einer solchen Einigung prozeßökonomische Erwägungen erhebliches Gewicht hätten, erscheint dies auch durchaus vertretbar. Näher einzugehen ist auf dieses Problem im konkreten Fall nicht, weil der Mangel der Sachlegitimation nur über entsprechendes Vorbringen aufzugreifen wäre (vgl WBl 1996, 410 ua). Hier wurde die Kündigungslegitimation der Klägerin jedenfalls nicht mit dem Argument in Frage gestellt, es fehle ein formeller Beschluß der Vermietergemeinschaft, die Kündigung jener Miteigentümerin der Liegenschaft zu überlassen, die ohnehin über die Mehrheit der Anteile verfügt.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden. Das Rekursgericht wird die geltend gemachten Kündigungsgründe zu prüfen haben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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