Normen
AVG §37;
AVG §52;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §18 Abs10;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §3 Z5;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §52;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §18 Abs10;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §3 Z5;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 8. Mai 2001 suchte der erstmitbeteiligte Verein um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Bildungs-, Jugend-, Kultur- und Musikhauses auf dem Grundstück Nr. 397/2, EZ 5, KG Loipersbach, an. Das an der Berggasse zu errichtende, einschließlich eines überdachten Einganges 34,9 m breite und 8,4 m tiefe Gebäude weist ein Kellergeschoß, ein Erdgeschoß und ein Dachgeschoß auf. An der südlichen Schmalseite des Gebäudes sollen oberhalb des überdachten Eingangs im Giebel zwei Fenster zur Ausführung gelangen. Nach dem Lageplan grenzt der überdachte Eingangsbereich an der Südseite unmittelbar an das Grundstück der Beschwerdeführer Nr. 303 (Berggasse 1) an.
Noch vor der Verhandlung erhoben die Beschwerdeführer schriftlich Einwendungen, in denen sie, soweit hier noch gegenständlich, Lärmbelästigungen geltend machten. Bei der Verhandlung vom 12. Juni 2001 wiederholten sie dies; die bautechnische Amtssachverständige forderte die Auflage, Schall sei so zu dämmen, dass eine örtlich unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft vermieden wird. Vor Benützung des Gebäudes sei eine Schallschutzmessung vorzunehmen.
Darauf legte der Bauwerber ein Gutachten des Dipl. Ing. L., staatlich befugter und beeideter Ingenieurkonsulent für Bauwesen, vom 6. August 2001 vor.
In diesem Privatgutachten werden, wie aus der Einleitung hervorgeht, Schallimmissionenpegel "bei den angrenzenden Nachbarn" ermittelt; die Situierung des Gebäudes und die Lage der angrenzenden Nachbargrundstücke werden in einer Beilage dargestellt, in der zwei Nachbargrundstücke (neben den Beschwerdeführern hatte auch der Nachbar B. Einwendungen erhoben) durch einen mit seinen Koordinaten bezeichneten Punkt dargestellt werden. Als "Nachbar 1" wird B. bezeichnet, als "Nachbar 2" der Erstbeschwerdeführer, wobei die ihn betreffende Punktdarstellung westlich des Bauvorhabens situiert ist, die B. betreffende Eintragung südwestlich des Bauvorhabens, was, wenn man dem vorgelegten Lageplan folgt, eine offenbare Verwechslung bedeutet.
Der Sachverständige hat errechnet, dass bezüglich des Nachbarn 2 bei Musikbetrieb ein Schallpegel LA,P von 34 dB bei geschlossenen Fenstern und Türen zu erwarten sei. Der Richtwert für den Grundgeräuschpegel La,G betrage bezüglich des Wohngebietes tags 40 dB, nachts 30 dB. Die zulässigen Grenzwerte würden daher laut ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1 tags 45 dB, nachts 35 dB betragen. Daraus folge, dass bei Musikbetrieb unter Beachtung der vom Sachverständigen angeführten "Hinweise" keine unzumutbare Lärmbelästigung zu erwarten sei. Als Hinweise nannte der Gutachter:
"In der oben angeführten Berechnung wurde angenommen, dass die Dachkonstruktion raumseitig mit 2 GKF-Platten auf Federschienen montiert wird, sodass ein bewertetes Schalldämmmaß von Rw= 53 dB erreicht wird.
Für die Fenster und die Eingangstüren wurde ein bewertetes Schalldämmmaß von RW= 38 dB angenommen. Dieser Wert ist von der Gesamtkonstruktion (Verglasung und Rahmen) zu erfüllen. Weiters ist auf einen schalldichten Einbau besonders zu achten (siehe Beilage 4).
Auch alle anderen Bauteilanschlüsse und Rohr- bzw. Leitungsdurchführungen sind schalldicht zu verschließen.
Fenster und Türen sind bei Musikbetrieb geschlossen zu halten. Daraus folgt, dass eine mechanische Be- und Entlüftung der Räume erforderlich ist. Die Zu- und Abluftöffnungen sollten daher möglichst auf der den Nachbarn abgewendeten Seite zu liegen kommen. Der A-bewertete Schalldruckpegel in 1 m Entfernung von der Einmündung sollte LA,P<= 30 dB betragen.
Der Berechnung liegt weiters die Annahme zu Grunde, dass bei Musikbetrieb ein Rauminnenpegel von 95 dB nicht überschritten wird. Bei anderen Veranstaltungen z.B. Jugendfest ist darauf zu achten, dass dieser Schallpegel ebenfalls eingehalten wird."
Dr. K., Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, führte in seiner Stellungnahme vom 10. September 2001 aus, auf Grund des von Dipl. Ing. L. erstatteten Gutachtens zur Ermittlung der zu erwartenden Schallimmission seien für den Erstbeschwerdeführer keinerlei gesundheitlichen Folgeschäden zu erwarten.
Mit Bescheid vom 26. September 2001 erteilte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Gemeinde nach Maßgabe der Baubeschreibung, der mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Plan- und Berechnungsunterlagen sowie unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen die begehrte Baubewilligung. Punkt 6 dieser Auflagen lautet:
"Das Bauvorhaben ist so schalldicht auszuführen, dass die Grenzwerte für den Geräuschpegel nach ÖNORM S 5021 nicht überschritten werden. Das bedeutet, dass alle erforderlichen Baumaßnahmen so zu tätigen sind, dass sie jenen Anforderungen entsprechen, welche das vom Bauwerber vorgelegte und dem Akt beiliegende Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. L. vom 6. August 2001 unter Position 6 (Hinweise samt Beilagen 1 bis 4) vorschreibt."
In der Begründung wurde unter Wiedergabe des Gutachtens des Dipl. Ing. L. ausgeführt, dass bei Musikbetrieb unter Beachtung der vom Sachverständigen geforderten Hinweise keine unzumutbare Lärmbelastung zu erwarten sei. Weiters wurde die Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen wiedergegeben; auf Grund all dieser Umstände sei unter Vorschreibung der notwendigen Auflagen und Bedingungen die Bewilligung zu erteilen gewesen.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung vom 9. Oktober 2001 wandten sich die Beschwerdeführer insbesondere gegen die durch Blasmusik zu erwartende Lärmbelästigung. Dieser Musiklärm und die darauf folgenden Feiern würden nicht um 22.00 Uhr enden. Insbesondere würden im Sommer die Fenster geöffnet sein, sodass eine unzumutbare Schallbelästigung eintreten werde. Der Grundgeräuschpegel liege unter den vom Sachverständigen behaupteten Werten, schon eine angeregte Gästeunterhaltung mit Lachen würde laut ÖNORM S 5012 mit 95 dB bewertet werden, während die Werte für Blechblasinstrumente über 100 dB lägen. Damit würden die zulässigen Grenzwerte überschritten werden. Bezüglich des Jugendzentrums gebe es keine Kontrolle, weshalb die Nachtruhe nicht eingehalten werde. Räume würden als Diskothek benützt werden, eine Diskothek werde laut ÖNORM mit 110 dB bewertet.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 übermittelte die Baubehörde den Beschwerdeführern (erstmals) das Gutachten des Dipl. Ing. L. .
Mit Bescheid vom 16. Jänner 2002 gab der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Gemeinde der Berufung keine Folge. Zur Frage der Lärmbelästigung verwies die Berufungsbehörde darauf, dass der Bauwerber entsprechende Gutachten von einschlägigen Sachverständigen vorgelegt habe. Die Baubehörde erster Instanz habe diese Gutachten augenscheinlich als schlüssig und ausreichend angesehen und jene Bedingungen und Auflagen vorgeschrieben, die erforderlich seien, damit die von den Nachbarn befürchteten Immissionen nicht eintreten können. Dem gegenüber vermögen allgemein in den Raum gestellte Behauptungen nicht darzulegen, warum die angezweifelten Werte überschritten würden und die Lärmbelästigung über das ortsübliche Maß hinausgehen würde. Den Beschwerdeführern wäre es freigestanden, den eingeholten und der Baubehörde vorgelegten Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu begegnen.
Mit ihrer dagegen erhobenen Vorstellung legten die Beschwerdeführer Stellungnahmen des Ing. N., Ingenieurbüro für Bauphysik, vom 19. Dezember 2001 und 1. Februar 2002 vor. In der erstgenannten Stellungnahme (also zu einem Zeitpunkt vor Übermittlung des Gutachtens des Dipl. Ing. L. an die Beschwerdeführer) führte Ing. N. aus, der angenommene Grundgeräuschpegel werde, da der Bauplatz am Ortsrand bzw. im Bereich des Waldrandes situiert sei, auf Grund der örtlichen Gegebenheiten möglicherweise unterschritten. Selbst wenn das Dach so wie vom Sachverständigen Dipl. Ing. L. gefordert, ausgeführt werde, sei das von diesem Sachverständigen angenommene Schalldämmmaß von RW = 53 dB zu hoch angesetzt, weil es auf die Ausführungsqualität, die Art der Konstruktion und materialspezifische Eigenschaften der zum Einsatz gelangenden Baustoffe ankomme und auf Grund dessen das Schalldämmmaß um 2 bis 4 dB abweichen könne. Ferner müsse die erheblich geringere Schalldämmung im tiefen Frequenzbereich berücksichtigt werden, da nutzungsbedingt bei instrumentaler Musikdarbietung die Bässe praktisch ungeregelt entfaltet werden könnten; insofern sei mit einer erhöhten Schallabstrahlung über die Dachfläche des Aufführungsraumes ins Freie zu rechnen. Gefordert wurden Schallimmissionsmessungen gemäß ÖNORM S 5004 zur Erhebung der tatsächlich an Ort und Stelle herrschenden Umgebungsschallpegelsituation für den Tag- und Nachtzeitraum und andererseits die Nachweisführung des hinreichenden Schallschutzes der Leichtdachkonstruktion unter Berücksichtigung der nutzungsbedingt zu erwartenden tieffrequenten Schallpegelanteile beim Betrieb des Musikhauses.
In seiner zweiten Stellungnahme, der nunmehr das Gutachten des Dipl. Ing. L. zu Grunde lag, führte Ing. N. unter Bezugnahme auf die ÖNORM S 5012, Anhang A, aus, dass im Proberaum unter Bedachtnahme einer üblichen Raumausstattung bei einem großen Blasmusikerensemble mit einem A-bewerteten Schalldruckpegel von 105 dB, bei halbem Ensemble von 102 dB zu rechnen sei. Der von Dipl. Ing. L. angesetzte Wert von 95 dB sei im Sinne der ÖNORM um 7 bis 10 dB zu niedrig angesetzt worden. Auf Grund langjähriger messtechnischer Erfahrung müsse bei einem Dachaufbau mit außenseitiger Holzschalung von einem Bauschalldämmmaß von im günstigsten Fall RW = 47 dB ausgegangen werden. Für den Immissionspunkt vor dem nächstgelegenen Fenster des Nachbarhauses der Beschwerdeführer errechne sich bei einem angenommenen Raumschallpegel im Proberaum von 100 dB (volle Besetzung des Ensembles) ein A-bewerteter Schallimmissionspegel von 44 dB, bei halber Besatzung von 41 dB. Damit werde der zulässige Planungsrichtwert von 35 dB nachts, der dem Baubescheid zu Grunde gelegt wurde, deutlich überschritten. Dabei seien aber noch keine allenfalls anzuwendenden Zuschläge für besondere Geräuschcharakteristik, z.B. Tonhaltigkeit und Informationshaltigkeit im Sinne der ÖNORM S 5004, berücksichtigt. Diese Zuschläge bewegten sich in einer Größenordnung von 3-6 dB.
In ihrer Vorstellung verwiesen die Beschwerdeführer auf das von ihnen vorgelegte Privatgutachten, wonach der zulässige Planungsrichtwert von 35 dB nachts deutlich überschritten werde. Außerdem rügten sie, dass Auflagen dahingehend, dass die Fenster und Türen bei den Proben und Veranstaltungen geschlossen zu halten seien, dass ab 22.00 Uhr die Nachruhe eingehalten werden müsse und dass Jugendräume nicht als "Disko" verwendet werden dürfen, in den Bescheid nicht aufgenommen worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Sie verwies auf den oben zitierten Auflagenpunkt 6 des erstinstanzlichen Bescheides und auf das Gutachten des HNO-Facharztes. Daher habe sich die Baubehörde in ausreichendem Maße mit der Frage des Lärmschutzes auseinander gesetzt und die Nachbarrechte durch die zitierte Auflage geschützt. Da für die Sachentscheidung der Vorstellungsbehörde jene Sach- und Rechtslage maßgeblich sei, die im Zeitpunkt des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides bestanden habe, sei die vorgelegte Stellungnahme des Ing. N. im Vorstellungsverfahren nicht zu berücksichtigen gewesen.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde beantragen die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer rügen zunächst, die Behörden hätten nicht geprüft, ob das Vorhaben im "reinen" Wohngebiet zulässig sei.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass das Burgenländische Raumplanungsgesetz eine Widmungskategorie "reines Wohngebiet" nicht kennt. § 14 Abs. 3 lit. a) Burgenländisches Raumplanungsgesetz LGBl. Nr. 18/1969, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 64/2000, lautet:
"(3) Im Bauland sind nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit gesondert auszuweisen: Wohngebiete, Dorfgebiete, Geschäftsgebiete, Industriegebiete, Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete, Baugebiete für Erholungs- oder Fremdenverkehrseinrichtungen.
a) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude samt den dazugehörigen Nebenanlagen (wie z.B. Garagen, Gartenhäuschen) bestimmt sind. Darüberhinaus ist die Errichtung von Einrichtungen und Betrieben zulässig, die der täglichen Versorgung und den wesentlichen sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienen (wie z. B. Bauten des Einzelhandels und Dienstleistungsgewerbes, Kindergärten, Kirchen, Schulen) und keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn oder übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen."
Nicht in Frage steht, dass die hier geplante Einrichtung wesentlichen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebiets dient, weshalb es darauf ankommt, ob das Projekt keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung der Nachbarn verursacht. Insofern kommt den Nachbarn ein Mitsprecherecht zu (siehe die Nachweise bei Hauer, Burgenländisches Baurecht, 351).
Die hier zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998, lauten auszugsweise:
"§ 3
Zulässigkeit von Bauvorhaben
(Baupolizeiliche Interessen)
Bauvorhaben sind nur auf die für die Bebauung geeigneten
Grundstücken zulässig, wenn sie
1. dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan/Teilbebauungsplan oder den Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen,
2. den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen,
3. nach Maßgabe des Verwendungszweckes dem Stand der Technik, insbesondere bezüglich
...
d) Schall- und Brandschutz
...
4. das Orts- oder Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigen,
5. durch ihre bestimmungsgemäße Benützung eine Gefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn nicht erwarten lassen sowie
6. ...
entsprechen,
...
§ 18
Baubewilligung und Bewilligungsverfahren
(1) Für Bauvorhaben, die nicht geringfügig sind (§ 16 Abs. 1), ist vor Baubeginn - sofern keine Bauanzeige gemäß § 17 erfolgt - bei der Baubehörde nach Maßgabe der folgenden Absätze um Baubewilligung anzusuchen.
...
(10) Ergibt die Prüfung des Bauvorhabens, dass die gemäß § 3 maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden, hat die Baubehörde die Baubewilligung - erforderlichenfalls unter Auflagen, Bedingungen oder Befristungen - mit Bescheid zu erteilen.
§ 21
Parteien
(1) Parteien im Bauverfahren sind
...
2. die Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke (Anrainer).
(2) Ein Anrainer kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.
(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), ...
(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (z.B. Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.
..."
Der Umstand, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. September 2003, G 222/01, die Abs. 1 bis 5 des § 21 BauG als verfassungswidrig aufgehoben hat, ist hier ohne Belang, weil diese Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Oktober 2004 in Kraft getreten ist.
Unabhängig von der Frage der Widmungskonformität, die bisher von den Behörden nicht geprüft wurde, hat die Baubehörde gemäß § 3 Z. 5 BauG als weitere baupolizeiliche Interessen zu beachten, dass das zu bewilligende Vorhaben durch seine bestimmungsgemäße Benützung eine Gefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn nicht erwarten lässt. Diesbezüglich ist auch, da § 3 Z. 2 BauG auf auf Grund dieses Gesetzes erlassene Verordnungen verweist, § 15 Abs. 1 BauVO maßgeblich, wonach Bauten so zu planen, zu errichten und zu benützen sind, dass keine Gefährdungen oder das örtlich zumutbare Maß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub und sonstige Einwirkungen verursacht werden.
In seinem Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0162, hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 3 Z. 5 BauG ausgeführt, dass bezüglich der dort genannten baupolizeilichen Interessen regelmäßig auf Grund von ausreichenden Sachverhaltsermittlungen und schlüssigen Sachverständigengutachten über zu erwartende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen eine Prognoseentscheidung getroffen werden muss. Schon an der Grundgrenze der Nachbarn dürfen keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn durch die bestimmungsgemäße Benützung des Bauvorhabens eintreten. In diesem Erkenntnis wurde auch darauf hingewiesen, dass das ortsübliche Ausmaß von den örtlichen Gegebenheiten abhängt und dass dieses Ausmaß der Beeinträchtigung der Nachbarn nicht erst dann überschritten wird, wenn diese Emissionen gerade noch nicht gesundheitsschädlich sind, sondern bereits dann, wenn die Belästigungen das Wohlempfinden von Menschen in einem örtlich nicht mehr zumutbaren Maße stören. Schließlich wurde unter Hinweis auf § 18 Abs. 10 BauG ausgesprochen, dass ein den maßgeblichen baupolizeilichen Interessen entgegenstehendes Vorhaben nicht durch Auflagen zulässig gemacht werden könne. Wenn feststeht, dass durch die bestimmungsgemäße Benutzung des zu beurteilenden Bauvorhabens das ortsübliche Ausmaß von Beeinträchtigungen der Nachbarn überschritten wird, ist das Bauvorhaben unzulässig.
Im Beschwerdefall war (auch) auf Grund der erhobenen Einwendungen die Übereinstimmung mit den im § 3 Z. 5 BauG normierten baupolizeilichen Interessen zu prüfen. Die Baubehörde erster Instanz ging, nachdem ihr ein Privatgutachten des Bauwerbers vorgelegt worden war, von einer Übereinstimmung mit diesen Interessen aus, soweit die vom Gutachten in seinen "Hinweisen" formulierten Anforderungen eingehalten würden. Dementsprechend verwies die Auflage 6 im erstinstanzlichen Bescheid auf diese in der Bescheidbegründung wiedergegebenen Hinweise.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob eine derartige, bloß einen Verweis enthaltende Auflage als bedingter Polizeibefehl Wirksamkeit entfalten kann (das Gutachten bildete weder einen Bescheidbestandteil noch wurde es anlässlich der Zustellung dem Bescheid angeschlossen; einen Bescheidbestandteil bildete vielmehr der Bauplan, der beispielsweise nicht die vom Privatgutachter geforderte Dachausführung vorsieht), weil der Bewilligungsvoraussetzung nach § 18 Z. 10 BauG nicht entsprochen wurde. Schon das Vorhaben selbst hätte den baupolizeilichen Interessen entsprechen müssen, es hätte also der Bauwerber sein Projekt durch Übernahme der Anforderungen des Gutachtens modifizieren müssen. Die Zulässigkeit konnte aber nicht, wie vom Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen, durch Auflagen herbei geführt werden.
Darüber hinaus war sowohl das Verfahren auf Gemeindeebene als auch das Vorstellungsverfahren mit wesentlichen Mängeln behaftet.
Nach § 52 Abs. 1 AVG ist, wenn die Aufnahme des Beweises durch Sachverständige notwendig ist, ein der Behörde zur Verfügung stehender amtlicher Sachverständiger beizuziehen; dass hier ein solcher Amtssachverständiger nicht zur Verfügung gestanden wäre (§ 52 Abs. 2 AVG), ist nicht hervorgekommen. Grundsätzlich sind aber Gutachten anderer Sachverständiger, die von einer Partei vorgelegt werden (Privatgutachten), einer Überprüfung durch Sachverständige im Sinne des § 52 AVG zu unterziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/05/0099). Von einer wie immer gearteten Überprüfung war aber hier keine Rede, sondern es hat die Baubehörde erster Instanz das Gutachten ohne weitere Würdigung in ihren Bescheid übernommen und hat die Baubehörde zweiter Instanz bloß ausgeführt, dass die erstinstanzliche Behörde dieses Gutachten im Rahmen des Bauverfahrens "augenscheinlich als schlüssig und ausreichend angesehen" habe.
Als weiterer Verfahrensmangel muss angesehen werden, dass die Baubehörde erster Instanz dieses Privatgutachten, ohne es den Beschwerdeführern vorzuhalten, also entgegen der Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG, ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat. Mit der Bescheidzustellung wurde dieses Gutachten nicht übermittelt, sodass es den Beschwerdeführern auch anlässlich ihrer Berufung nicht unmittelbar zur Verfügung stand. Im Berufungsverfahren wurde - rund 4 Wochen vor Ergehen der Berufungsentscheidung - das Gutachten zwar zugestellt, es wurde aber den Beschwerdeführern keine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
In weiterer Folge sind die Beschwerdeführer der vom Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen immer wieder formulierten Anforderung, dass einem Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten werden müsse, nachgekommen. Sie haben mit der Vorstellung das Privatgutachten des Ing. N., welches sich detailliert mit den örtlichen Verhältnissen, mit den auf Grund der bestimmungsgemäßen Benützung zu erwartenden Lärmemissionen und mit der Schalldämmwirkung der vom Privatgutachter Dipl. Ing. L. geforderten Maßnahmen auseinander setzte, vorgelegt.
Wenn die Vorstellungsbehörde auf dieses von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten mit dem Hinweis nicht einging, dass ihr Beurteilungsmaßstab die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides sei, verkennt sie, dass es hier nicht um eine Änderung der Sach- oder Rechtslage geht. Vielmehr lag ein neues Beweismittel vor, zu dessen Beibringung die Beschwerdeführer erst nach Erstattung ihrer Berufung - auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung hatten sie keinen Einfluss - in Stand gesetzt worden waren.
Was die Überprüfung der Tatfrage durch die Vorstellungsbehörde betrifft, sei auf die nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen bei Berchtold, Gemeindeaufsicht, in Fröhler-Oberndorfer, Das Österreichische Gemeinderecht, 45, verwiesen, denen sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt:
"Bei der Prüfung des gemeindebehördlichen Bescheides ist die Aufsichtsbehörde nicht an den von der Gemeindebehörde angenommenen Sachverhalt gebunden. Die Aufsichtsbehörde ist zwar im Vorstellungsverfahren nicht verpflichtet, durch eigene Ermittlungen die Voraussetzungen für die endgültige Lösung der Frage, ob eine Verletzung des Vorstellungswerbers in materiellen Rechten eingetreten ist, zu prüfen (VwGH 3. 3. 1969, Zl. 587/68). Die Aufsichtsbehörde ist aber berechtigt, selbständig ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, um sich darüber Gewissheit zu verschaffen, ob ein Vorstellungswerber infolge einer falschen oder unzureichenden Sachverhaltsermittlung durch den Bescheid des obersten Gemeindeorganes in einem Recht verletzt wurde (VfSlg. 6602/1973; VwGH 31. 3. 1969, Zl. 255/67). Die Aufsichtsbehörde darf aber auch nicht jegliche Kontrolle des von der Gemeindebehörde angenommenen Sachverhaltes ablehnen. Sie muss vielmehr, bevor sie in die Prüfung eintritt, ob eine Rechtsverletzung durch unrichtige Anwendung materiell-rechtlicher Bestimmung vorliegt, untersuchen, ob nicht etwa das Verfahren vor der Gemeinde mangelhaft geblieben ist. Ist das Verfahren vor der Gemeinde mit einem entscheidungswesentlichen Mangel behaftet und macht die Aufsichtsbehörde von ihrem Recht, den für die Frage der Rechtsverletzung maßgebenden Sachverhalt durch eigene Ermittlungen zu klären, keinen Gebrauch, dann muss sie den Bescheid der Gemeinde aufheben (VwGH 9. 10. 1967, Zl. 549/67), selbst wenn Verfahrensmängel in der Vorstellung nicht geltend gemacht wurden (VwGH 24. 2. 1969, Zl. 906/67; 7. 9. 1970, Zl. 1373/68; 27. 10. 1970, Zl. 651/70). Trifft die Aufsichtsbehörde aber eigene Sachverhaltsfeststellungen, dann muss sie dies in einem von wesentlichen Verfahrensmängeln freien Verfahren tun (VwGH 28. 9. 1970, Zl. 647/70)."
Hier hat die belangte Behörde weder die Verfahrensmängel auf Gemeindeebene wahrgenommen, noch durch eine Auseinandersetzung mit dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten den maßgeblichen Sachverhalt geklärt. Damit hat sie Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Da allerdings die Vorstellungsbehörde schon die aufgezeigte unrichtige Lösung der materiellen Bewilligungsvoraussetzungen durch die Gemeindebehörden nicht wahrnahm, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 31. März 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)