Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Juni 1983 war den Beschwerdeführerinnen die Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf dem Grundstück Nr. 228/2 KG A unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden.
Mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. April 2001 wurde den Beschwerdeführerinnen bekannt gegeben, es sei aus dem Lageplan des Vermessers DI R. B vom 4. September 2000 anlässlich einer Bauüberprüfung auf der Nachbarliegenschaft zu entnehmen gewesen, dass an der nordwestlichen Gebäudeecke anstelle des vorgeschriebenen Abstandes von 5 m lediglich knapp 4 m eingehalten worden seien. Da dieser Abstand in Verbindung mit der geänderten Situierung des Gebäudes den Bestimmungen der TBO widerspräche, wurden die Beschwerdeführerinnen um Vorlage eines Baugesuchs samt Planunterlagen gemäß der Planunterlagenverordnung den tatsächlichen Bestand betreffend binnen einer bezeichneten Frist aufgefordert.
Mit Eingabe vom 27. März 2002 beantragten die Beschwerdeführerinnen die Erlassung eines Feststellungsbescheides des Inhaltes, dass das von ihnen errichtete Haus dem Baukonsens aus dem Jahre 1983 entspreche und die Bauausführung somit konsensgemäß erfolgt sei. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung begründeten die Beschwerdeführerinnen lediglich mit der hinter der an sie ergangenen Aufforderung, nochmals ein Bauansuchen einzubringen, stehenden Rechtsansicht der Behörde, es liege keine konsensgemäße Bauausführung vor.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Mai 2002 wurde dieser Feststellungsantrag unter Hinweis auf die subsidiäre Bedeutung von Feststellungsbescheiden als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Berufung, welche mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 2002 als unbegründet abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Vorstellung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, grundsätzlich seien Feststellungsbescheide nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zulässig. Erachte man aber die Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden auf Parteienantrag auch ohne gesetzliche Regelung für zulässig, so werde die Erlassung eines solchen doch an ein öffentliches Interesse oder an ein rechtliches Interesse der Partei geknüpft. Ein rechtliches Interesse sei etwa bejaht worden, wenn der Feststellungsbescheid eine Rechtsgefährdung beseitigen könne. Kein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides liege dort vor, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens entschieden werden könne. Im Beschwerdefall sei dafür eben das Verfahren nach § 37 TBO 2001 vorgesehen. Die anhand von Nachmessungen festgestellten Abweichungen des tatsächlich ausgeführten Bauvorhabens vom erteilten Baubescheid lösten gesetzessystematisch ein Vorgehen der Behörde nach § 37 TBO 2001 aus, in welchem der Partei die Möglichkeit eingeräumt werde, nachträglich um Baubewilligung anzusuchen und sich entsprechend zu äußern. Dementsprechend habe die Behörde mit Schreiben vom 2. April 2001 die Beschwerdeführerinnen um entsprechende Antragstellung ersucht. Im Übrigen würden mit dem begehrten Feststellungsbescheid nicht Rechte oder Rechtsverhältnisse, sondern Tatsachen, nämlich die Abweichung vom Baukonsens, festgestellt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach herrschender Lehre (vgl. insbesondere Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 908 ff, mwH auch auf die Judikatur) und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, auch außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Regelung im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn die bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist. Ein solches rechtliches Interesse ist gegeben, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung oder ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist. Ein rein wissenschaftliches, wirtschaftliches oder politisches Interesse kann hingegen die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht rechtfertigen.
Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist ferner nur zulässig, wenn die strittige Frage nicht im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahrens - etwa eines baupolizeilichen Verfahrens - entschieden werden kann (vgl. beispielsweise hg. Erkenntnis vom 21. März 2001, Zl. 2000/12/0118, mwH). Ist ein Leistungsbescheid möglich, ist für einen Feststellungsbescheid kein Raum. Insbesondere kann eine Frage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, nicht aus diesem Verfahren herausgegriffen und zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden (siehe dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, unter E. Nr. 37, 38, 48 und 49 zu § 56 AVG zitierte hg. Rechtsprechung).
Gegenstand eines Feststellungsbescheides kann weiters nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses, nicht aber die Feststellung von Tatsachen sein.
Im Beschwerdefall wurden die Beschwerdeführerinnen durch den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz aufgefordert, binnen einer bestimmten Frist ein dem tatsächlichen Bestand entsprechendes Baugesuch einzubringen, was - zumindest zum Teil - auch bereits erfolgt ist.
Gemäß § 33 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 94/2001 (TBO 2001), hat die Behörde dann, wenn ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt wird, dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen. Gemäß § 33 Abs. 5 TBO 2001 ist Abs. 3 anzuwenden, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wird und diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstellt, zu deren selbstständiger Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre. Dem Bauherrn kann jedoch auf sein begründetes Verlangen statt der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden.
Die Baubehörde hat - sofern kein entsprechender Bauantrag gestellt wurde - gemäß § 33 Abs. 5 TBO 2001 vorzugehen, in welchem Verfahren die Frage der Abweichung der Bauausführung von der ursprünglichen Bewilligung zu prüfen ist und in welchem den Beschwerdeführerinnen Parteistellung mit allen daraus erfließenden Rechten zukommt. In diesem Verfahren ist somit die von ihnen begehrte Feststellung als Vorfrage zu beantworten, weshalb ein Rechtschutzdefizit auch nicht erkannt werden kann.
Unter Berücksichtigung der oben wiedergegeben Rechtsprechung, von der abzugehen der Beschwerdefall keinen Grund bietet, haben die Behörden das Feststellungsinteresse der Beschwerdeführerinnen mit Recht verneint (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. Januar 1993, Zl. 92/06/0117).
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 30. März 2004
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