VwGH 92/06/0117

VwGH92/06/011728.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde

1. des HS und 2. der IS, beide in X, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tir LReg vom 7. Mai 1992, Zl. Ve1-550-1756/6, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides sowie eines Devolutionsantrages (mP: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BauO Tir 1989 §40 Abs3;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
BauO Tir 1989 §40 Abs3;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Juli 1989 wurde den Beschwerdeführern die baubehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses mit Garage auf der Gp. 1471/4, KG X, erteilt.

Eine baubehördliche Überprüfung der Bauführung vom 8. Mai 1990 ergab einen Abstand der nördlichen Hauswand bis zur Grundgrenze von nur 4,10 m anstatt des plangemäßen Seitenabstandes von 5,50 m.

Am 11. Juni 1990 richtete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde an die Beschwerdeführer folgendes

Schreiben:

"Betreff: Ihr Bauvorhaben - bewilligt mit Bescheid

Zl. 007/7/1989 vom 25.7.1989

Bezug: Unser Schreiben vom 24. April 1990

Sehr geehrte (Beschwerdeführer)

Die Baubehörde macht Sie darauf aufmerksam, daß ihr o.a. Bau auf Grund der Situation und der Aktenlage weiterhin als eingestellt gilt. Bis zur Klärung dieser Angelegenheit ist die Fortsetzung jeglicher Arbeiten an ihrem Gebäude untersagt.

Mit freundlichen Grüßen

der Bürgermeister"

Mit Bescheid vom 17. Juli 1990 untersagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern die weitere Fortsetzung der Arbeiten am gegenständlichen Bauvorhaben "gemäß § 40 Abs. 3 und § 50 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, Landesgesetzblatt Nr. 33/89, mit sofortiger Wirkung". Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, welche mit Bescheid des Gemeindevorstandes "zurück"-(der Sache nach jedoch ab-)gewiesen wurde. Aufgrund der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. November 1990 den Bescheid des Gemeindevorstandes infolge Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß das (oben wiedergegebene) Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Juni 1990 ein Bescheid und in Rechtskraft erwachsen sei. Aus diesem Grund erweise sich die nunmehr bekämpfte Baueinstellung als rechtswidrig, da ihr die Rechtskraft des Einstellungsbescheides vom 11. Juni 1990 entgegenstehe.

Der aufgrund dieses Bescheides von den Beschwerdeführern hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid vom 11. Juni 1990 gestellte Wiedereinsetzungsantrag (verbunden mit Berufung) wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 7. Februar 1991 "wegen Versäumung der Berufungsfrist" (gemeint offenbar: der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages) ab- (richtig: zurück-)gewiesen. Der gegen diesen Bescheid seitens der Beschwerdeführer beschrittene Rechtsweg blieb erfolglos (vgl. das in dieser Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1991, Zl. 91/06/0078).

Am 7. Februar 1991 stellten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde folgende Anträge:

"1. festzustellen, welche Angelegenheiten im Zusammenhang

mit dem Bauvorhaben, bewilligt mit Bescheid ... vom 25.7.1989,

noch zu klären sind,

2. festzustellen, daß alle Angelegenheiten im Zusammenhang

mit dem Bauvorhaben, bewilligt mit Bescheid ... vom 25.7.1989,

geklärt sind und die Fortsetzung der Arbeit an diesem Bau daher erlaubt sind".

Mit Schreiben vom 12. September 1991 (bei der mitbeteiligten Gemeinde eingegangen am 13. September 1991), gerichtet an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag vom 7. Februar 1991 an den Gemeindevorstand.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1992 trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern den Abbruch des Wohnhauses mit Garage auf Gp. 1471/4 "innerhalb einer Frist von sieben Monaten (1. Okt. 1992)" auf. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 26. Februar 1992 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung.

Ferner hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 17. Februar 1992 den "Antrag vom 4.2.1991 ... und den Antrag vom 12.9.1992, genannt Devolutionsantrag, ... auf Übergang der Zuständigkeit der Entscheidungen im Gemeindevorstand ... zurück"-gewiesen. Die gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobene Vorstellung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1992 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde - in Übereinstimmung mit der Berufungsbehörde - aus, daß ein Feststellungsbescheid, wie ihn die Beschwerdeführer anstrebten, nicht zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Partei die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte (nicht von Tatsachen) begehren, wenn ein solcher Bescheid - obgleich er im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist - im Einzelfall notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9461/A, ferner vom 14. Dezember 1987, Slg. Nr. 12586/A, u.a.; vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rdz 406 f).

Im Beschwerdefall kann unerörtert bleiben, ob der offenkundig auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides abzielende - oben wiedergegebene - Antrag der Beschwerdeführer vom 7. Februar 1991 diesen Voraussetzungen entspricht, weil die Frage, welche die Beschwerdeführer damit ihrem gesamten Vorbringen zufolge geklärt wissen wollten, nämlich, ob die Bauführung dem seinerzeitigen Bewilligungsbescheid entsprach oder ob dies nicht der Fall gewesen ist, jedenfalls in dem mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Februar 1992 eingeleiteten Verfahren zum Abbruch des Bauwerkes der Beschwerdeführer zu prüfen ist. Spätestens mit Erlassung des Abbruchbescheides vom 10. Februar 1992 wäre daher auch ein bis zu diesem Zeitpunkt allenfalls anzunehmendes rechtliches Interesse der Beschwerdeführer an der Erlassung eines Feststellungsbescheides jedenfalls weggefallen, weil die Bekämpfung dieses Abbruchbescheides und die damit verbundene Prüfung der Frage, ob die Bauführung der Beschwerdeführer konsensgemäß ist, diesem rechtlichen Interesse in ausreichendem Maße Rechnung trägt.

Der Abbruchbescheid vom 10. Februar 1992 wurde dem Beschwerdevertreter nach Ausweis des bei den Verwaltungsakten befindlichen Rückscheins am 17. Februar 1992 zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt ist daher das rechtliche Interesse der Beschwerdeführer an der Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne ihres Antrages vom 7. Februar 1991 jedenfalls zu verneinen.

Aus diesem Grund hat der im Devolutionsweg zuständig gewordene Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 17. Februar 1992 (dem Beschwerdevertreter zugestellt am 20. Februar 1992) den Antrag vom 7. Februar 1991 im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die belangte Behörde hat aber auch zutreffend erkannt, daß im Ausspruch des Gemeindevorstandes, den Devolutionsantrag der Beschwerdeführer zurückzuweisen, nur ein Vergreifen im Ausdruck liegt: in Wahrheit hat der Gemeindevorstand den Devolutionsantrag der Beschwerdeführer stattgegeben und über den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides auch tatsächlich (wenn auch in Form einer Zurückweisung dieses Antrages) entschieden. Dadurch, daß der Gemeindevorstand seine - richtige - Vorgangsweise rechtlich unzutreffend bezeichnet und begründet hat, hat er die Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt; in diesem Punkt ist der angefochtene Bescheid daher ebenfalls nicht zu beanstanden.

Dadurch, daß die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen hat, hat sie daher die Beschwerdeführer, auch wenn entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides der ursprüngliche Antrag zulässig gewesen sein sollte, im Ergebnis nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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