VwGH 2001/05/1102

VwGH2001/05/110218.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. des Ing. Thomas Geyer und 2. der Herta Geyer, beide in Metnitz, beide vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 25. März 1999, Zl. 8 B-BRM-284/7/1999, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde Metnitz, 2. Peter Steger in Metnitz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 lita;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 liti;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauO Krnt 1996 §23 Abs7;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §2 Abs6;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs1;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs2;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs6;
ROG Tir 1994 §10;
ROG Tir 1994 §109;
VwRallg;
AVG §52;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 lita;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 liti;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauO Krnt 1996 §23 Abs7;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §2 Abs6;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs1;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs2;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs6;
ROG Tir 1994 §10;
ROG Tir 1994 §109;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 16. April 1998 beantragte der Zweitmitbeteiligte als Bauwerber die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Tischlerwerkstätte mit Büro auf dem Grundstück Nr. 9/5, KG Metnitz-Markt. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des dahinter liegenden Grundstückes Nr. 9/4 (Badstraße 3), das an das verfahrensgegenständliche Baugrundstück angrenzt.

Bei der Bauverhandlung wendeten die Beschwerdeführer ein, das Vorhaben würde unzumutbare Lärmbelästigung durch den Betrieb der Maschinen in der Tischlerei sowie Geruchsbelästigungen und Luftverunreinigungen durch Staub und die verwendeten Chemikalien herbeiführen. Das Projekt stimme mit dem Flächenwidmungsplan nicht überein. Es sei weiters nicht brandsicher. Die Abstände und die Höhe des zu errichtenden Gebäudes würden beanstandet. Weiters verwiesen die Beschwerdeführer darauf, dass durch eine geplante Aufschüttung Einflüsse auf die Bewässerungsverhältnisse ihres Grundstückes ausgeübt würden, dass ein Servitutsrecht bezüglich einer Stromleitung bestünde und dass die Beschwerdeführer durch das geplante Objekt der Zufahrt zu zwei Wohnparzellen verlustig würden.

Bei der Bauverhandlung wurde festgestellt, dass das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Gewerbegebiet festgelegt sei und dieses Grundstück schon bisher der Widmung entsprechend als Lagerplatz für einen Sägewerksbetrieb genutzt worden sei. Der Sachverständige erklärte zu den Einwendungen, dass der Abstand des Objektes zur Grundstücksgrenze den Bauvorschriften entspreche und der Betrieb auf Grund der gegebenen Widmung zulässig sei.

Der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz erteilte mit Bescheid vom 18. Juni 1998 die Baubewilligung unter Vorschreibung von mehreren Auflagen und Bedingungen. Das Baugrundstück weise die Widmung Gewerbegebiet aus, die zu erwartenden Immissionen seien geringer als der bisherige Betrieb des Sägewerkes bzw. des dazugehörigen Lagerplatzes. Im Übrigen würden auch die gewerberechtlichen Auflagen für die Vermeidung einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft sorgen.

Dagegen richtete sich die Berufung der Beschwerdeführer, in welcher sie sich auf die vom Bauvorhaben zu erwartende unzumutbare Immissionsbelastung und die Unvereinbarkeit des bewilligten Bauvorhabens mit der Widmungskategorie "Bauland-Gewerbegebiet" stützten, zumal erhebliche Umweltbelastungen zu erwarten seien und diesbezüglich geeignete Sachverständige nicht beigezogen worden wären.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab ein Amtssachverständiger für Umweltschutz eine Stellungnahme ab, wonach Schallschutzmaßnahmen für die Anrainer im gewerberechtlichen Verfahren festgehalten worden seien und diese auch im baupolizeilichen Verfahren angewendet werden könnten. Ein beigezogener brandschutztechnischer Amtssachverständiger führte aus, dass bei Einhaltung der von ihm vorgeschlagenen Vorschreibungen gegen die Erteilung der Baubewilligung keine Einwände bestünden.

Ein beigezogener weiterer Amtssachverständiger für Umweltschutz beurteilte die emissionsrelevanten Teile Heizungsanlage, Staubabsauganlage und Lackieranlage. Er führte aus, dass es sich bei den eingesetzten Anlageteilen um derartige handle, welche dem Stand der Technik entsprächen. Es müssten Vorkehrungen zum Einbau einer Aktivkohlefilteranlage zur Spitzenkappung vorgesehen werden. Es sei auszuschließen, dass durch den Betrieb der Anlage die Nachbarschaft in einem derartigen Maß betroffen werden könne, dass merkbare bzw. messbare Erhöhungen des derzeit gegebenen Immissions-Istmaßes gegeben seien. Zur Luftreinhaltung schlug der Amtssachverständige bestimmte Auflagen vor. In einer weiters eingeholten umweltmedizinischen Stellungnahme wird ausgeführt, dass ein Überschreiten der Werte der zugelassenen Lärmbelästigung nicht anzunehmen sei. Aus umweltmedizinischer Sicht bestünden keine Bedenken. Schließlich wurde von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Regionalstelle für Kärnten, eine Abschätzung der Wind- und Durchlüftungsverhältnisse vorgenommen.

In der von den Beschwerdeführern erstatteten Stellungnahme zu den Gutachten wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorgeschlagenen Auflagen nicht ausreichend seien.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 1998 gab der Gemeindevorstand der Berufung keine Folge, trug allerdings die Einhaltung zusätzlicher Auflagen und Bedingungen auf. Aus den eingeholten Gutachten und Stellungnahmen ergebe sich, dass die zu beurteilende Betriebstype keine Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke erwarten lasse. Das Baugrundstück sei bereits bisher als Gewerbegebiet gewidmet gewesen und es sei aus Anlass der beabsichtigten Errichtung einer Tischlereiwerkstätte mit Büro keine Änderung der Widmung erfolgt. Der Berufungswerber selber habe bis vor ca. einem Jahr auf dem Baugrundstück einen dem Sägewerksbetrieb angeschlossenen Lagerplatz betrieben. Die von der geplanten Tischlereiwerkstätte ausgehenden Emissionen seien wesentlich geringer, als es durch den bisherigen Betrieb des Sägewerkes mit offenem Lagerplatz der Fall gewesen sei. Früher hätten sich umweltrelevante Einflüsse im Freien abgespielt, diese würden durch die Errichtung einer baulich geschlossenen Werkstätte mit Ausnahme der Zu- und Abfahrten in das Innere des geplanten Objekts verlagert werden, weshalb mit einer geringeren Beeinträchtigung der Nachbarschaft gerechnet werden müsse. Nach der Art der Anlagen und Einrichtungen, die im geplanten Betrieb üblicherweise nach dem Stand der Technik verwendet würden, sowie nach Art der Tätigkeit, die in diesem Betrieb herkömmlicherweise entfaltet werde, seien auf Grund der vorliegenden technischen Gutachten betreffend Art und Ausmaß der Emissionen und des umweltmedizinischen Gutachtens Beeinträchtigungen nicht zu erwarten. Abstände und Höhe würden den Bauvorschriften entsprechen. Die vom brandschutztechnischen Sachverständigen geforderten Auflagen seien erteilt worden. Bei den übrigen Einwendungen handle es sich um Einwendungen privatrechtlicher Natur.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung machten die Beschwerdeführer geltend, die Berufungsbehörde hätte keine geeigneten Sachverständigen beigezogen. Überprüfungen, ob das Projekt tatsächlich dem Flächenwidmungsplan entspreche, seien nicht durchgeführt worden. Auf die Einwände bezüglich der vorgeschriebenen Abstände der Gebäudehöhe und der Brandsicherheit sei nicht eingegangen worden.

Die belangte Behörde holte Stellungnahmen von zwei Amtssachverständigen ihrer Abteilung Umweltschutz und Technik ein. Dr. W. äußerte sich dahingehend, dass das Vorhaben jedenfalls einer dem Erfahrungsschatz entsprechenden Betriebsanlage des Typus Bau- und Möbeltischlerei gleichkomme. Die dem Antrag zu Grunde liegende Maschinenliste lasse erkennen, dass in Verbindung mit der sonstigen Ausstattung, wie Absauganlage, Schubfeuerungsanlage und Spritzlackierraum in entsprechender technischer Ausstattung, das Betriebsbild einer Bau- und Möbeltischlerei erfüllt werde. Derartige Anlagen seien der Widmungskategorie "Gewerbegebiet" zuzuordnen. Die emissionsrelevanten Anlagenteile Heizungsanlage, Staubabsaugung und Lackieranlage seien als für diese Betriebsanlagen typisch-spezifisch anzusehen und es entsprächen die erhobenen Auflagenvorschläge der Sicherung des für Anlagen dieses Typus gegebenen Standes der Technik, wie sie auch ohne Berücksichtigung der dem hier vorliegenden Einzelfall zu Grunde liegenden nachbarschaftlichen Umgebungssituation vorzuschreiben und dem zufolge einzuhalten wären. Projektsgemäß diene der Stand der Technik als Grundlage für die Planung der Anlage, weshalb die Auflagenvorschläge als Konkretisierung des Standes der Technik aufzufassen seien.

Der Sachverständige Ing. B äußerte sich dahingehend, dass die projektierte Anlage dem typischen Betriebsbild einer Bau- und Möbeltischlerei entspreche. Sie sei laut ÖAL-Richtlinie 36, Anhang 2 der Widmungskategorie "Gewerbegebiet" bzw. laut ÖNORM S 5021-1 dem Bauland der Kategorie 5 - "Gebiet für Betriebe mit geringer Schallemission" zuzuordnen, wobei die darin vorgesehenen Grenzwerte auf Grund der relativ geringen Betriebsgröße (Einschichtbetrieb) erfahrungsgemäß nicht erreicht werden.

In ihrer Stellungnahme verwiesen die Beschwerdeführer darauf, dass die Flächenwidmung nicht "Gewerbegebiet", sondern "gemischtes Baugebiet" laute.

Letzteres wurde durch Erhebungen bei der mitbeteiligten Gemeinde bestätigt; die beiden von der Vorstellungsbehörde herangezogenen Sachverständigen verwiesen nach Vorhalt darauf, dass ihre Aussagen hinsichtlich des Betriebes einer Tischlerei auch für die Widmungskategorie "gemischtes Baugebiet" Geltung hätten und dass diese Widmungskategorie nunmehr unter "Gewerbegebiet" einzuordnen wäre.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung als unbegründet ab. Die Gemeindebehörden hätten irrtümlicherweise die Widmung "Bauland-Gewerbegebiet" angeführt. Diese durch die Novelle LGBl. Nr. 105/1994 in das Gemeindeplanungsgesetz 1982 neu eingeführte Widmungskategorie sei an die Stelle der Widmungskategorie "gemischtes Baugebiet" getreten. Der Begriffsinhalt eines älteren Flächenwidmungsplanes sei aber nicht auf Grund des geltenden Gemeindeplanungsgesetzes, sondern auf Grund der im Zeitpunkt seiner Erlassung geltenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen, weshalb das Baugrundstück, wie sich aus dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan ergebe, die Widmung Bauland-gemischtes Baugebiet aufweise. Auf Grund der Gutachten der immissionstechnischen Amtssachverständigen ergebe sich, dass das durch den Bauwerber beantragte Bauvorhaben dem Betriebstyp "Bau- und Möbeltischlerei" zuzuordnen sei, der sowohl mit der Widmungskategorie "gemischtes Baugebiet" als auch mit der Widmungskategorie "Gewerbegebiet" vereinbar sei. Die Einreichung der Unterlagen würde dem Stand der Technik entsprechen, weshalb die getätigten Auflagenvorschläge als Konkretisierung dieses Standes der Technik anzusehen seien. Den eingeholten Gutachten sei weiters eindeutig zu entnehmen, dass durch den Betrieb der geplanten Anlage in Bezug auf den Geruch eine merkbare bzw. messbare Erhöhung des derzeit gegebenen Immissions-Istmaßes auszuschließen sei und auch das ortsübliche Ausmaß an Lärm nicht erhöht werde. Auch der medizinische Amtssachverständige sei zum Ergebnis gelangt, dass gegen den Tischlereibetrieb keine Bedenken bestünden. Da es nur auf den Betriebstyp ankomme, sei ein Abstellen auf die konkrete Lärm- und Geruchssituation an der Grundgrenze eines Nachbarn unzulässig. Im Übrigen hätten die Beschwerdeführer die mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehenden Gutachten nicht durch gleichwertige Gutachten bekämpft. Dies gelte auch zum Einwand bezüglich brandschutztechnischer Vorschriften.

Das Projekt halte einen Abstand von 5 m zur Nachbargrenze ein, die sonstigen Behauptungen der Beschwerdeführer seien privatrechtlicher Natur. Die Beschwerdeführer seien daher nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; in ihrer Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof gab die belangte Behörde an, dass mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. September 1966 der vorliegende Flächenwidmungsplan erlassen worden sei, wobei für den durch Verkehrsflächen der Gemeinde im Westen, Norden und Osten sowie durch die Landesstraße im Süden abgegrenzten Bereich, in dem u.a. sowohl die Grundstücke der Beschwerdeführer als auch das Baugrundstück gelegen seien, als "Bauland-gemischtes Baugebiet" mit einer zusammenhängenden Fläche von ca. 8.000 m2 festgelegt worden sei. Südlich der Landesstraße (an der das vorliegende Projekt errichtet werden soll) setze sich das gemischte Baugebiet großflächig fort, wogegen im Nordwesten, Norden und Osten, getrennt durch Verkehrsflächen, Wohngebiet anschließe. Das Grundstück der Beschwerdeführer Nr. 9/4 sei mit dem Wohnhaus der Beschwerdeführer bebaut, das Baugrundstück sei bisher bereits gewerblich genutzt worden, und zwar im Rahmen eines Sägewerksbetriebes des Erstbeschwerdeführers. Nach den Aktenunterlagen sei davon auszugehen, dass durch diese Bebauung die gesetzliche Bedingung für die Beibehaltung der Widmungskategorie "gemischtes Baugebiet" im Sinne des Art. II Abs. 6 des Gesetzes LGBl. Nr. 105/1994 erfüllt sei, sodass das Baugrundstück nach wie vor als Bauland-gemischtes Baugebiet gewidmet sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 24. September 2001, Zl. B 798/99 die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Er verwies auf seine ständige Rechtsprechung zur Widmung "gemischtes Baugebiet".

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer insbesondere in ihrem Recht auf Parteiengehör und den gemäß § 23 Kärntner BauO normierten Nachbarrechten auf Einhaltung der Bebauungsrichtlinien, Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und der Einhaltung der Abstandsvorschriften verletzt, da sie als Nachbarn durch das gegenständliche Bauvorhaben gesundheitsbeeinträchtigenden bzw. gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt seien. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid zu "beheben".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf das gegenständliche Baubewilligungsverfahren sind die Bestimmungen der Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 (K-BO 1996), anzuwenden. § 23 Abs. 3 leg. cit. lautet wie folgt:

"(3) Anrainer im Sinn des Abs. 2 dürfen gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

  1. a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;
  2. b) die Bebauungsweise;
  3. c) die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes;
  4. d) die Lage des Vorhabens;
  5. e) die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken;
  6. f) die Bebauungshöhe;
  7. g) die Brandsicherheit;
  8. h) den Schutz der Gesundheit der Anrainer;
  9. i) den Immissionsschutz der Anrainer. "

    Da die Kärntner Bauordnung 1996 einen allgemeinen Immissionsschutz nicht kennt, kommen hinsichtlich der Frage, inwieweit den Anrainern ein Immissionsschutz gemäß § 23 Abs. 3 lit. i BO zusteht, verschiedene spezielle Bauvorschriften der BO, der Kärntner Bauvorschriften und allenfalls des Gemeindekanalisationsgesetzes in Betracht (hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0093). Die Nichteinhaltung solcher spezieller Vorschriften durch das vorliegende Projekt ist hier aber nicht hervorgekommen.

    Sehr wohl steht den Nachbarn gemäß § 23 Abs. 3 lit. a BO hinsichtlich der widmungsgemäßen Verwendung des Baugrundstückes ein Mitspracherecht zu.

    In ihrer Stellungnahme vom 12. März 1999 an die belangte Behörde haben die Beschwerdeführer ausdrücklich behauptet, das Baugrundstück liege im gemischten Bauland. Diesbezüglich wurden von der belangten Behörde Erhebungen gepflogen und die Richtigkeit dieser Behauptung festgestellt. Unverständlich ist die nunmehrige Wortwahl der Beschwerdeführer, das Grundstück befinde sich "angeblich" im gemischten Baugebiet; der Verwaltungsgerichtshof geht von der von der belangten Behörde festgestellten Widmung aus.

    Die Beschwerdeführer bringen dazu vor, im GemeindeplanungsG 1995 finde sich keine Legaldefinition des "gemischten Baugebietes". Das zu bebauende Grundstück liege daher laut Flächenwidmungsplan in einem Gebiet, das gesetzlich nicht definiert ist. Aus diesen Gründen könne nicht beurteilt werden, ob das Ansuchen mit dem Flächenwidmungsplan übereinstimme oder nicht.

    Die Widmung "gemischtes Baugebiet" war im § 2 Abs 6 Kärntner GemeindeplanungsG 1982 (K-GemeindeplanungsG) wie folgt definiert:

"(6) Als gemischte Baugebiete sind jene Flächen festzulegen, die vornehmlich für Gebäude gewerblicher Klein- und Mittelbetriebe, im Übrigen aber für Wohngebäude bestimmt sind und die unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als gemischtes Baugebiet keine örtlich unzumutbare Umweltbelastung mit sich bringen."

Nunmehr sieht § 3 Abs. 7 K-GemeindeplanungsG 1995 vor:

"Als Gewerbegebiete sind jene Grundflächen festzulegen, die vornehmlich für Betriebsgebäude samt dazugehörigen sonstigen baulichen Anlagen von gewerblichen Klein- und Mittelbetrieben bestimmt sind, die keine erheblichen Umweltbelastungen (Abs. 3) verursachen, im Übrigen

  1. a) für solchen Betrieben zugeordnete Betriebswohngebäude sowie
  2. b) für Geschäfts- und Verwaltungsgebäude, Lagerplätze u. ä., und die unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als Gewerbegebiet die Voraussetzungen nach Abs.3 dritter Satz erfüllen."

    Die Novelle LGBl. für Kärnten Nr. 105/1994 zum K-GemeindeplanungsG 1982, mit der diese Änderung erfolgte, enthielt folgende Übergangsbestimmungen:

"(1) Dieses Gesetz tritt am 31. Dezember 1994 in Kraft.

(2) Festlegungen in bestehenden Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprechen, sind, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird, längstens bis zum 31. Dezember 1999 an die durch dieses Gesetz geänderte Rechtslage anzupassen.

...

(6) Gebiete, die in bestehenden Flächenwidmungsplänen als "gemischte Baugebiete" festgelegt sind, dürfen als solche bestehen bleiben, wenn sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes teilweise oder zur Gänze widmungsgemäß bebaut sind. Ist ihre Bebauung bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt, ist für solche Gebiete innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine der durch dieses Gesetz geänderten Rechtslage entsprechende Widmung festzulegen."

Diese Novelle trat am 31. Dezember 1994 in Kraft; die hier gegebene Widmung wurde nicht innerhalb der zuletzt genannten Frist neu festgelegt.

Der Regelungsinhalt von Flächenwidmungsplänen richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes (hier: Gemeindeplanungsgesetzes), das zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens in Geltung stand, und nicht nach später abgeänderten Bestimmungen, es sei denn die Übergangsbestimmungen sähen eine andere Regelung vor (hg. Erkenntnis vom 9. November 1999, Zl. 95/05/0268). Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1996, Zl. 95/06/0134, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 ausgesprochen, dass dessen § 109, wonach die in Flächenwidmungsplänen nach § 10 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 festgelegten Widmungen als Widmungen dieses Gesetzes gelten, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt sei, dahingehend zu verstehen sei, dass die Änderung des Inhaltes von Flächenwidmungsplänen, die vor Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 erlassen wurden, bewirkt wird. Eine mit dem § 109 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 vergleichbare Übergangsbestimmung kann jenen zur Novelle LGBl für Kärnten Nr. 105/1994 nicht entnommen werden, sodass grundsätzlich die Zulässigkeit von Bauvorhaben anhand der Bestimmung jenes Gemeindeplanungsgesetzes zu beurteilen ist, das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes durch den Gemeinderat in Geltung stand.

Diese (alte) Widmung kann aber nach Abs. 6 der genannten Übergangsbestimmung nur Anwendung finden, wenn das Gebiet, das im bestehenden Flächenwidmungsplan als gemischtes Baugebiet festgelegt wurde, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle teilweise oder zur Gänze widmungsgemäß bebaut war.

Dazu haben die Beschwerdeführer schon in ihren Einwendungen angegeben, dass ihr Wohnhaus von der projektierten Tischlerei ca. 32 m entfernt sei. Im Berufungsbescheid wurde festgestellt, dass auf dem Baugrundstück selbst ein Lagerplatz betrieben wurde, der zu einem auf dem Grundstück der Beschwerdeführer (offenbar früher) betriebenen Sägewerk gehörte.

Diesen Feststellungen sind die Beschwerdeführer nie entgegen getreten. Es ist der Auffassung der belangten Behörde in der Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof zu folgen, dass das gegenständliche, rund 8.000 m2 große Gebiet somit im Sinne des Abs. 6 der zitierten Übergangsbestimmung teilweise widmungsgemäß - "gemischtes Baugebiet" erlaubte ja auch Wohngebäude - bebaut war. Damit ist die Widmungskonformität anhand der Definition im § 2 Abs. 6 K-GemeindeplanungsG zu beurteilen.

Gemäß § 23 Abs. 3 lit. a Kärntner BauO 1996 steht dem Nachbarn, wie schon ausgeführt, hinsichtlich der widmungsgemäßen Verwendung des Baugrundstückes ein Mitspracherecht zu (hg Erkenntnis vom 12. November 2002, Zl. 2000/05/0247). In diesem Erkenntnis wurde auch betont, dass es nicht darauf ankommt, ob die Widmung einen Immissionsschutz einräumt, sodass es ohne Belang ist, ob die 1966 (Erlassung des Flächenwidmungsplanes) geltende Definition für "gemischtes Baugebiet" einen Immissionsschutz enthielt. Der Nachbar hat jedenfalls ein subjektives Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung (hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1999, Zl. 97/05/0269).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmter Betrieb in einer Widmungskategorie zulässig ist, geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung von einer typenbezogenen Betrachtungsweise aus. Maßstab für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes unter dem Blickwinkel der Flächenwidmung ist für die Baubehörde - anders als für die Gewerbebehörde - nicht ein in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins Einzelne fest umrissener Betrieb. Als dieser Maßstab hat vielmehr eine nach Art der in einem solchen Betrieb üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutz vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit auf das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Immissionen zu beurteilende Betriebstype zu dienen. Ob eine solche Immission in Betracht kommt, ist im Zweifelsfall durch entsprechende Messungen bei "Vergleichsbetrieben" festzustellen. Bei der anhand der Auswirkungen bestehender Vergleichsbetriebe vorzunehmenden Beurteilung, ob eine bestimmte Betriebstype wegen ihrer Emissionswirkungen als zulässig anzusehen ist, hat der technische Sachverständige - unter Verwendung der Hilfsmittel, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abgeben zu können - Ausmaß und Art der Immissionen, der medizinische Sachverständige aber deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus zu beurteilen (hg Erkenntnis vom 9. November 1999, Zl. 95/05/0268). Die Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, müssen von den Nachbarn hingenommen werden (siehe das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1999).

Ausgehend davon, dass für den Betriebstypenvergleich als Maßstab Anlagen und Einrichtungen nach dem Stand der Technik heranzuziehen sind, gelangten die Gutachter zum Ergebnis, dass eine örtlich unzumutbare Umweltbelastung nicht gegeben sein werde, sodass die Widmungskonformität zu bejahen ist.

Den weitwendig vorgetragenen Einwänden auf Sachverhaltsebene ist zu erwidern, dass ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des täglichen Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden kann (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 183 zu § 45 AVG).

Weiters machen die Beschwerdeführer geltend, dass beim gegenständlichen Projekt die gesetzlich vorgeschriebenen Gebäudeabstände und die zulässige Gebäudehöhe nicht eingehalten würden und auch die Brandsicherheit nicht gegeben sei. Durch die geplante Aufschüttung wäre die Entwässerung eines Brunnens nicht mehr möglich, die Beschwerdeführer verfügen über ein Servitutsrecht der Stromleitung und würden durch das geplante Objekt die Zufahrt zu zwei Wohnparzellen verlieren.

Die Beschwerdeführer führen nicht aus, wodurch die Gebäudeabstände nicht gegeben seien und die Gebäudehöhe nicht eingehalten würde. Die Gemeindebehörden sowie die belangte Behörde führen in ihren Entscheidungen aus, dass die Abstands- und Höhenvorschriften eingehalten wurden. Trotzdem haben es die Beschwerdeführer unterlassen, ihre diesbezüglichen Einwände zu konkretisieren.

Die Stellungnahme des brandschutztechnischen Amtssachverständigen der erstmitbeteiligten Partei ergab, dass bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung sowie bei Einhaltung bestimmter Vorschreibungen gegen die Erteilung der beantragten Baubewilligung keine Einwände bestehen. Die Berufungsbehörde stützte sich in ihrer Entscheidung auf diese Stellungnahme und schrieb dem Bauwerber die Einhaltung der darin genannten Auflagen vor. Auch dieser Stellungnahme, die den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht wurde, sind sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Einwendungen betreffend Sicherung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung haben keine im Bauverfahren zu berücksichtigenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu ihrem Gegenstand (Hauer/Pallitsch, Kärntner Baurecht4, 264). Die Einwendung eines Nachbarn, dass durch das Bauvorhaben die Zufahrtsmöglichkeit zu seiner Liegenschaft zumindest behindert wird, stellt eine privatrechtliche Einwendung dar (hg Erkenntnis zur Niederösterreichischen Bauordnung 1976 vom 16. November 1993, Zl. 93/05/0096). Ein Streit um die Frage, ob einem Nachbarn als Servitutsberechtigten ein Recht darauf zukommt, dass eine Bauliegenschaft nicht oder nicht in einer bestimmten Art verbaut werden darf, ist vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. Auf privatrechtliche Einwendungen dieser Art ist bei Erlassung der Baubewilligung gemäß § 23 Abs. 7 BO nicht Bedacht zu nehmen. Die belangte Behörde hat die von den Beschwerdeführern bezüglich der Entwässerung, der Zufahrtsmöglichkeit und ihres Servitutsrechtes erhobenen Einwendung zu Recht als solche des Privatrechts beurteilt. Die Beschwerdeführer konnten auch durch diese Umstände nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 18. März 2004

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