Normen
AVG §17 Abs2;
AVG §17 Abs3;
AVG §56;
AVG §63 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §17 Abs2;
AVG §17 Abs3;
AVG §56;
AVG §63 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 6. März 2002 forderte die Bundespolizeidirektion Linz den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 auf, der Behörde darüber Auskunft zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug am 9. Dezember 2001 zu einem näher bestimmten Zeitpunkt an einem näher bestimmten Ort in Linz gelenkt habe.
Mit Lenkerauskunft vom 19. März 2002 gab der Beschwerdeführer an, zum betreffenden Zeitpunkt das Fahrzeug selbst gelenkt zu haben.
Am selben Tag führte der Beschwerdeführer in einer Eingabe seines Rechtsvertreters an die Bundespolizeidirektion Linz aus, er habe am 15. März 2002 bei der Bundespolizeidirektion Linz versucht, in den "gegenständlichen Verwaltungsstrafakt" Einsicht zu nehmen um festzustellen, welches Delikt dem Auskunftsersuchen der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. März 2002 und welche Umstände überhaupt der Anfrage zu Grunde lägen. Die Akteneinsicht sei dem Beschwerdeführer mit der unzutreffenden Begründung formlos verweigert worden, er sei nicht Partei des Verfahrens. In der Eingabe lautet es sodann wörtlich wie folgt:
"Ich beantrage nunmehr mein Ansuchen auf Akteneinsicht, das ich wiederhole einer bescheidmäßigen Erledigung zuzuführen."
Im Verwaltungsakt erliegt weiters ein Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. März 2002. Darin wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei am 15. März 2002 mit der ihm zugesandten Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers erschienen. Entgegen seinen Angaben in der Eingabe sei es ihm nicht möglich gewesen bzw. sei er dazu nicht bereit gewesen, den Fahrzeuglenker zu dem fraglichen Zeitpunkt zu benennen. Dem Beschwerdeführer sei daher die Akteneinsicht nicht wie von ihm angeführt mit einer unzutreffenden Begründung bzw. einem ungesetzlichen Vorgang formlos verweigert worden. Hätte sich der Beschwerdeführer bereits am 15. März 2002 mit der nunmehr aus der schriftlichen Eingabe hervorgehenden erforderlichen Sicherheit als damaliger Fahrzeuglenker bekannt gegeben, wäre ihm selbstverständlich Akteneinsicht gewährt worden.
Mit Schreiben vom 19. September 2002 stellte der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Oberösterreich den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit, weil die Bundespolizeidirektion Linz über seinen Antrag vom 19. März 2002 nicht entschieden habe.
Der Landeshauptmann von Oberösterreich gab mit Bescheid vom 16. Oktober 2002 dem Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG statt (Spruchpunkt I), wies jedoch den Antrag vom 19. März 2002, bescheidmäßig zu erkennen, dass das Recht auf Akteneinsicht zustehe, gemäß § 17 AVG als unzulässig zurück (Spruchpunkt II). In der Begründung wurde ausgeführt, die Verweigerung der Akteneinsicht stelle immer eine Verfahrensanordnung, nicht jedoch einen Bescheid dar. Eine bescheidmäßige Erledigung sei im Gesetz nicht vorgesehen bzw. sei ein diesbezüglicher Antrag einer bescheidmäßigen Erledigung nicht zugänglich. Der Antrag des Beschwerdeführers bescheidmäßig zu erkennen, dass ihm das Recht auf Akteneinsicht zustehe, sei demnach als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Die gegen die Zurückweisung erhobene Berufung wies der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im Folgenden: UVS) mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 als unbegründet ab. Begründend führte der UVS nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, mit seinem schriftlichen Antrag vom 19. März 2002 habe der Beschwerdeführer begehrt, sein Ansuchen auf Akteneinsicht einer bescheidmäßigen Erledigung zuzuführen. Er habe also nicht etwa beantragt, ihm die Akteneinsicht zu gewähren, oder festzustellen, dass die Verweigerung der Akteneinsicht rechtswidrig gewesen wäre. Diese Anträge wären zielgerichtet gewesen. Der Antrag des Beschwerdeführers sei jedoch so unbestimmt gewesen, dass daraus nicht klar geworden sei, was von ihm begehrt worden sei. Es sei nämlich nicht möglich, mit einem Bescheid Akteneinsicht zu gewähren. Ein so unbestimmtes Ansuchen könne demnach nicht Gegenstand einer Sachentscheidung sein. Es sei daher der spruchgemäßen Entscheidung der Erstbehörde, die den Antrag als unzulässig zurückgewiesen habe, im Ergebnis zu folgen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. § 17 AVG lautet (auszugsweise):
"Akteneinsicht
§ 17. (1) Die Behörde hat, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; ... .
...
(4) Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist kein Rechtsmittel zulässig."
2. Aus § 17 Abs. 4 AVG ergibt sich, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei in einem anhängigen Verfahren nur eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG darstellt, deren Rechtswidrigkeit erst und nur mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gemacht werden kann. Ist hingegen über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukommt oder deren Parteistellung sich auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren bezogen hat, hat dies durch einen (verfahrensrechtlichen) Bescheid zu geschehen, der im Instanzenzug bekämpft werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Mai 2000, Zl. 2000/11/0100, mwN.).
Der oben dargestellte Grundsatz, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei in einem anhängigen Verfahren nur eine Verfahrensanordnung darstellt, deren Rechtswidrigkeit erst bei der Anfechtung des in der Sache ergehenden Bescheides als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann, kommt in solchen Verfahren nicht zum Tragen, in denen ein die Angelegenheit abschließend erledigender Bescheid im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG nicht in Betracht kommt. In solchen Verfahren hat über die Verweigerung der Akteneinsicht ein im Instanzenzug anfechtbarer Bescheid zu ergehen (vgl. auch hiezu den bereits erwähnten hg. Beschluss vom 23. Mai 2000, mwN.).
Eine solche Konstellation war, wie die belangte Behörde grundsätzlich zutreffend erkannte, im vorliegenden Fall gegeben, weil das Verfahren, in dem die Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, ein Administrativverfahren ist, in dem der Zulassungsbesitzer - im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer - Partei ist und kein die Angelegenheit abschließender Bescheid ergeht. Der Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Bescheidqualität zu (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 2. Juli 1991, Zl. 91/11/0073, mwN.).
Der Beschwerdeführer war demnach im Verwaltungsverfahren (Administrativverfahren) Partei und hatte das Recht auf Einsicht in die diese Sache betreffenden Akten. Daran ändert auch die - von der Erstbehörde offenbar als entscheidend angesehene - Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 19. März 2002 ausführte, er habe in den "gegenständlichen Verwaltungsstrafakt Einsicht" nehmen wollen, weil damit lediglich zum Ausdruck kommt, dass er nicht erkannt hat, dass das Verfahren, in dem die Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, ein Administrativverfahren ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0291).
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage konnte es auf Grund der Erwähnung der Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 sowie auf Grund des Umstandes, dass ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine bestimmte Person am 19. März 2002 noch nicht geführt wurde, bei verständiger Würdigung keinem Zweifel unterliegen, auf welches Verfahren sich das Akteneinsichtsbegehren des Beschwerdeführers bezogen hat. Gleiches gilt für den Inhalt des von ihm gestellten Antrages. Da der Beschwerdeführer seinem Antrag seine Sicht des Sachverhaltes voranstellte, nämlich die formlose Verweigerung der Akteneinsicht am 15. März 2002, war der von ihm gestellte - oben wörtlich wiedergegebene - Antrag ungeachtet seiner sprachlichen Unbeholfenheit eindeutig als solcher auf Abspruch über die Verweigerung der Akteneinsicht zu werten. Der Antrag erweist sich daher entgegen der Auffassung der belangten Behörde keineswegs als so unbestimmt, dass er einer bescheidmäßigen Erledigung nicht zugänglich gewesen wäre. Die von der belangten Behörde bestätigte Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers als unzulässig erweist sich folglich als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
Zu keinem anderen Ergebnis käme man im Übrigen, wenn man die Auffassung der belangten Behörde teilte, der Antrag des Beschwerdeführers sei auf Grund seiner sprachlichen Formulierung nicht eindeutig gewesen. Diesfalls hätte die Erstbehörde (bzw. im Instanzenzug die belangte Behörde) den Antrag nämlich keinesfalls als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern vielmehr den Beschwerdeführer aufzufordern gehabt, klar zu stellen, ob sein Antrag auf Bescheiderlassung über die Verweigerung der Akteneinsicht im Administrativverfahren gerichtet sei oder allenfalls auf Anderes abziele.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Das Mehrbegehren an Ersatz von Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz von Schriftsatzaufwand ein weiterer Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Wien, am 18. März 2003
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