Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 8. Februar 2000, Zl. 300-475-2000, wurde der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer eines näher bezeichneten Pkws gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen Auskunft darüber zu erteilen, wer diesen Pkw zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat.
Am 25. Februar 2000 begehrte der Beschwerdeführer Einsicht in die "Verwaltungsstrafangelegenheit" Zl. 300-475-2000. Dies wurde von der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf zunächst formlos verweigert, woraufhin der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Erledigung beantragte.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2000 gab die Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf dem Antrag des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht mit der Begründung keine Folge, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Antragstellung nicht Partei "im Verwaltungsstrafverfahren".
Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen ihn kein Rechtsmittel zulässig sei, jedoch innerhalb von sechs Wochen Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben werden könne.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Mai 2000, Zl. 2000/11/0100, zurück. In der Begründung dieses Beschlusses wurde ausgeführt, der aus § 17 Abs. 4 AVG sich ergebende Grundsatz, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei in einem anhängigen Verfahren nur eine Verfahrensanordnung darstelle, deren Rechtswidrigkeit erst bei der Anfechtung des in der Sache ergehenden Bescheides als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann, komme in solchen Verfahren nicht zum Tragen, in denen ein die Angelegenheit abschließend erledigender Bescheid im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG nicht in Betracht komme. In solchen Verfahren habe über die Verweigerung der Akteneinsicht ein im Instanzenzug anfechtbarer Bescheid zu ergehen. Eine solche Konstellation sei hier gegeben, weil das Verfahren, in dem die Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, ein Administrativverfahrern sei, in dem der Zulassungsbesitzer - im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer - Partei sei und kein die Angelegenheit abschließender Bescheid ergehe.
Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2000 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und erhob Berufung. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wurde Folge gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 25. Februar 2000 gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 AVG keine Folge. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Auffassung der Erstbehörde sei zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides zutreffend gewesen, weil eine Auskunft nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 ein Teil des Administrativverfahrens sei, nicht jedoch des allenfalls darauf folgenden Verwaltungsstrafverfahrens. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0074, habe sich der Zulassungsbesitzer den zur Beantwortung einer Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 erforderlichen Wissensstand so zu verschaffen, dass er nicht der Einsicht in die behördlichen Akten bedürfe. Bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sei der Beschwerdeführer noch nicht Partei des Strafverfahrens gewesen, da noch nicht festgestanden sei, dass er der Lenker gewesen sei, und gegen ihn auch noch keine Verfolgungshandlungen gesetzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Parteistellung des Zulassungsbesitzers in jenem Verwaltungsverfahren (Administrativverfahren), in dem die Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf den oben zitierten hg. Beschluss vom 23. Mai 2000 und die dort genannte hg. Rechtsprechung hinzuweisen. Der Beschwerdeführer war demnach in diesem Verwaltungsverfahren Partei und hatte das Recht auf Einsicht in die diese Sache betreffenden Akten.
Daran ändert auch die - von der belangten Behörde offenbar als entscheidend angesehene - Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag das Verfahren als "Verwaltungsstrafangelegenheit" bezeichnet hat, weil damit lediglich zum Ausdruck kommt, dass er nicht erkannt hat, dass das Verfahren, in dem die Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, ein Administrativverfahren ist. Aus der Nennung der Aktenzahl, unter der die Aufforderung ergangen ist, sowie aus dem Umstand, dass ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine bestimmte Person noch nicht geführt wurde, konnte es keinem Zweifel unterliegen, auf welches Verfahren sich das Akteneinsichtsbegehren des Beschwerdeführers bezogen hat. Für die Entscheidung über die Berufung gegen die Verweigerung der Akteneinsicht betreffend ein Verwaltungsstrafverfahren gäbe es im Übrigen keine Zuständigkeit der belangten Behörde als Berufungsbehörde.
Auch aus dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0074, ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, weil sich in diesem Erkenntnis keine Aussage über das Recht des Zulassungsbesitzers auf Akteneinsicht betreffend das Administrativverfahren, in dem die Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, findet. Die in jenem Erkenntnis enthaltenen Ausführungen über die Erfordernisse zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG sind für die hier zu treffende Entscheidung über das Recht auf Akteneinsicht ohne Belang.
Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Februar 2001
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