VwGH 2002/06/0068

VwGH2002/06/006818.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. des J H und 2. der M H, beide in B, vertreten durch Dr. Horst Lumper, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Weiherstraße 3/III, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 28. März 2002, Zl. I-2-3/2002, betreffend Nachbareinwendungen in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. H. GmbH in L, vertreten durch Dr. Roland Jäger, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Marktstraße 53, 2. Marktgemeinde L, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauRallg;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben je zur Hälfte der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Gesellschaft sowie der mitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. Juni 1985 war einer Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Doppelwohnhauses mit zwei Garagen und einem Parkplatz auf den Grundparzellen Nr. 370/6 und 370/4 (alt), KG L, bewilligt worden.

Mit dem auf den Teilungsurkunden angebrachten Vermerk des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. August 1985, durch den Gemeindevorstand genehmigt mit Beschluss vom 16. September 1985, war die Teilung der Grundstücke Nr. 370/6 und 370/3 jeweils KG L dergestalt genehmigt worden, dass daraus die Grundstücke Nr. 370/6, 370/7, 370/8, 370/9, und 370/3 (neu) KG L entstanden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Jänner 1986 war der damaligen Bauwerberin und Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer die Benützungsbewilligung für die in weiterer Folge an die Beschwerdeführer veräußerte, auf dem Grundstück Nr. 370/8 (neu) KG L situierte Wohneinheit des Doppelwohnhauses erteilt worden. Bereits im Zeitpunkt der (rechtskräftig) erfolgten Teilung der Grundstücke ergab sich, dass die westseitige Gebäudefront dieser Wohneinheit, welche in der Folge von den Beschwerdeführern erworben wurde, einen Grenzabstand zu dem (dem nunmehrigen Bauwerber gehörenden) Grundstück Nr. 370/9 (neu) ) KG L von lediglich 2,30 m (und nicht den gesetzlich vorgesehenen Mindestabstand von 3 m) einhält.

Mit Antrag vom 11. Januar 2001 begehrte die erstmitbeteiligte Gesellschaft die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit drei Wohneinheiten auf dem Grundstück Nr. 370/9 KG L. Bereits auf Grund der erfolgten Kundmachung sowie in Vorbereitung der durchzuführenden Bauverhandlung erstatteten die Beschwerdeführer, die je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes Nr. 370/8 KG L sind, Einwendungen gegen das Bauvorhaben wie folgt:

"1. Die in der Niederschrift Nr. 5 über die Gemeindevorstandsitzung vom 16.9.1985 in Punkt II.12. festgehaltene Erteilung der Grundtrennungsbewilligung ist entgegen § 34 Abs. 2 lit. d RPG in der damaligen Fassung erfolgt, da sie der Bestimmung des § 6 Abs. 7 des Vorarlberger Baugesetzes in der damaligen (wie geltenden) Fassung widerspricht.

Gemäß § 34 Abs. 2 lit. d RPG (damalige Fassung) ist die Bewilligung zur Grundstücksteilung zu versagen, wenn die Teilung für bestehende Gebäude einen den baurechtlichen und raumplanungsrechtlichen Vorschriften widersprechenden Zustand herbeiführt. § 6 Abs. 7 Baugesetz fordert bei oberirdischen Gebäuden einen Mindestabstand von der Nachbargrenze von 3 m. Der Abstand der Doppelwohnhaushälfte H bis zur Grundstücksgrenze beträgt auf Grund der vorgenommenen Teilung nur mehr 2,30 m. Die in der oben genannten Gesetzesstelle geforderten Abstände sind sohin nicht gegeben.

Bei gesetzeskonformer Vorgangsweise im Jahre 1985 hätte in einfacher Weise der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Eigentümer der Grundstücke Nr. 370/8 vorgebeugt werden können.

Somit fühlen sich J und M H als Eigentümer des Grundstückes Nr. 370/8 durch die geplante Bebauung des Grundstückes Nr. 370/9, GB L, in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten auf Einhaltung der gesetzlich geforderten Mindestabstände beeinträchtigt. Der gesetzlich vorgesehene Schutz der Nachbarn auf Grundstück Nr. 370/8 betreffend Gesundheit, Brandschutz, aber auch Belichtung, bleibt unberücksichtigt. Die Grundtrennung hätte allenfalls nach einem Umlegungsverfahren bewilligt werden dürfen, welches die gesetzmäßige Bebauung und Bebaubarkeit der jeweiligen Grundstücke gewährleistet hätte.

2. Ungeachtet dessen kann verfahrensgegenständliches Bauprojekt nicht genehmigt werden, da die in der Niederschrift Nr. 5 über die Gemeindevorstandssitzung vom 16.9.1985 festgehaltene Erteilung der Grundteilungsbewilligung in rechts- und verfassungswidriger Weise eigenmächtig durch den Bürgermeister und nicht - wie im § 34 RPG in der damals geltenden Fassung gefordert - durch den Gemeindevorstand bewilligt wurde. Dass im gegenständlichen Fall ein Nachteil für die Sache oder die Gefahr eines Schadens für die Gemeinde iSd § 66 Abs. 4 Gemeindegesetz erfolgt wäre, ist jedenfalls nicht erkennbar.

Durch diesen rechtswidrigen und nichtigen Akt wird nunmehr in subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn auf Grundstück Nr. 370/8 eingegriffen. Hätte man die Grundteilung iSd Baugesetzes in der damals geltenden Fassung bewilligt, würde nunmehr keine Verletzung der Mindestabstände vorliegen."

In der am 1. März 2001 in Anwesenheit der Beschwerdeführer abgehaltenen Bauverhandlung wurde lediglich auf diese schriftlich erhobenen Einwendungen verwiesen und hinzugefügt, dass, sollte seitens der Baubehörde trotzdem eine Baubewilligung erteilt werden, vor Baubeginn eine Beweissicherung ihres Objektes beantragt werde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. April 2001 wurde der Erstmitbeteiligten und Bauwerberin gemäß § 6 Abs. 9 des Vorarlberger Baugesetzes eine Ausnahme von den vorgeschriebenen Fensterabstandflächen gegenüber dem Grundstück der Beschwerdeführer im projektbedingten Umfange genehmigt (Spruchpunkt I) und nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes sowie der als wesentliche Bestandteile des Bescheides zugrunde liegenden Plan- und Beschreibungsunterlagen unter Vorschreibung von Auflagen die Baubewilligung erteilt (Spruchpunkt II). Lediglich in der Begründung ging die Behörde erster Instanz auf die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen insoweit ein, als festgestellt wurde, dass das oben wörtlich wiedergegebene Vorbringen keine zulässige Einwendung gemäß § 30 Abs. 1 Baugesetz darstelle. Selbst wenn man den Standpunkt vertreten sollte, dass die seinerzeitige Grundteilungsbewilligung rechtswidrig gewesen sei, ändere dies nichts daran, dass diese Grundteilungsbewilligung inzwischen mehr als 15 Jahre zurück liege und längst rechtskräftig geworden sei. Selbst wenn eine Nichtigkeit vorliege, wäre diese nach § 68 Abs. 4 AVG nur innerhalb von drei Jahren aufzugreifen gewesen. Der Baubehörde sei es verwehrt, eine rechtskräftige Grundteilungsbewilligung aufzuheben, zumal auf deren Grundlage zwischenzeitlich grundbücherliche Maßnahmen gesetzt worden seien. Ein allfälliges Missstandsprüfungsverfahren des Landesvolksanwaltes und jedes dabei mögliche Ergebnis könne also an der Beurteilung nichts ändern, dass die Nachbarn keine zulässigen Einwendungen gegen das Bauprojekt vorgetragen hätten.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in welcher sie wiederum geltend machten, die Mindestabstandsfläche zur gemeinsamen Grundgrenze werde von ihrem Wohnhaus (Doppelwohnhaushälfte) nicht eingehalten.

Dieser vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde als unzulässig gewertete Berufungsschriftsatz wurde von diesem in der Absicht, die Rechtsschutzinteressen der Beschwerdeführer zu wahren, als Antrag auf Feststellung ihrer Parteistellung im gegenständlichen Bauverfahren gewertet und hierüber mit Bescheid vom 30. August 2001 dergestalt abgesprochen, dass gemäß §§ 30 und 31 Baugesetz in Verbindung mit § 41 Abs. 1 AVG festgestellt werde, dass die Beschwerdeführer in diesem Bauverfahren mangels Vortrages zulässiger Einwendungen keine Parteistellung erworben hätten. In der Begründung wurde auf die bereits in der Begründung des Baubewilligungsbescheides vertretene Rechtsauffassung verwiesen, die Beschwerdeführer hätten keine zulässigen Einwendungen vorgetragen und damit im erstinstanzlichen Verfahren nach § 42 Abs. 1 AVG keine Parteistellung erworben. Über unzulässige Einwendungen könne die Marktgemeinde im Rechtsmittelverfahren nicht entscheiden. Die bescheidmäßige Ausfertigung des Feststellungsbescheides stelle lediglich einen rechtsstaatlichen Kompromiss dar, den die Marktgemeinde im Interesse des Rechtsschutzes gesucht habe. Es werde aber für möglich gehalten, dass eine Rechtsmittelinstanz diesen Bescheid mangels bescheidmäßig zu erledigenden Verfahrensgegenstandes aufheben würde, falls dieser im Instanzenweg angefochten werden solle.

Auch gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung zusammengefasst mit der Begründung, sie seien bereits Partei, hätten diese Parteistellung aber entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz auch nicht verloren, da sie zweifelsfrei zulässige Einwendungen erhoben hätten.

Mit dem Bescheid vom 17. Dezember 2001 hob die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 66 Abs. 4 und § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 und 2 Baugesetz den "angefochtenen" Bescheid (gemeint vom 30. August 2001) ersatzlos auf (Spruchpunkt 1) und wies gemäß § 42 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 und 2 Baugesetz die Berufung (gemeint gegen den Baubewilligungsbescheid vom 19. April 2001) mangels Parteistellung als unzulässig zurück. Begründend verwies die Berufungskommission darauf, dass die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen keine im Bauverfahren zulässigen Einwendungen gewesen seien und somit nicht bescheidmäßig zu erledigen gewesen wären, weil der Verlust der Parteistellung kraft Gesetzes eintrete. Es gehe in einem Bauverfahren darum, ob die Bauwerberin die Bauabstände einhalte und nicht, ob in der Vergangenheit eine Grundteilung allenfalls rechtswidrig erfolgt sei. Nach ständiger Rechtsprechung könne die Berufungsbehörde auf die Begründungen der Vorbescheide verweisen, wenn diese inhaltlich zuträfen. Dies sei hier der Fall, wenngleich der Berufungseinwand zutreffe, dass die Parteistellung nicht zu erwerben sei, aber bei Fehlen zulässiger Einwendungen verloren werde. Diese sprachliche Unschärfe führe nämlich inhaltlich zu keinerlei anderen Ergebnissen. Da die Erstbehörde über die Eingabe vom 23. Mai 2001 (Anmerkung: gemeint ist die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid) nicht bescheidmäßig abzusprechen hatte, sei der Erstbescheid ersatzlos zu beheben und auszusprechen gewesen, dass das Verfahren eingestellt werde. Die Behebung eines Bescheides habe nämlich stets wiederum durch Bescheid zu erfolgen, auch wenn der zu behebende Bescheid ohne Grundlage ergangen sei. Demnach sei zwar dem ersten Antrag der Berufungsschrift, nicht jedoch dem zweiten Berufungsantrag stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte sie begründend aus, dem Nachbarn komme ein Mitspracherecht im Bauverfahren nur nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften und den darin normierten subjektiv-öffentlichen Rechten zu und andererseits nur in jenem Umfang, in dem er solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht habe. Der Nachbar besitze keinen Rechtsanspruch darauf, dass das Bauvorhaben sämtlichen baurechtlichen Bestimmungen entspreche. Der Nachbar habe im Sinne des § 30 Abs. 1 lit. b Baugesetz einen Anspruch auf Einhaltung der Abstände und Abstandsflächen. Der Nachbar können aber nur jene Abstandsvorschriften mit Erfolg geltend machen, die sich seiner Liegenschaft gegenüber auswirkten. Sein Anspruch auf Einhaltung der Abstände und Abstandsflächen nach dem Baugesetz könne sich daher nur auf das jeweils verfahrensgegenständliche Bauwerk, (d.h. also im vorliegenden Fall das Bauvorhaben der erstmitbeteiligten Gesellschaft) beziehen. Einwendungen, die sich auf die Rechtswidrigkeit eines früher erlassenen Teilungsbescheides nach dem Raumplanungsgesetz stützten, seien daher nach den Bestimmungen des § 30 Abs. 2 Baugesetz als unzulässig anzusehen. Gemäß § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung der Novelle 1998 ergebe sich, dass in einem Verwaltungsverfahren Personen (im Bauverfahren Nachbarn), die keine oder unzulässige Einwendungen erhoben hätten, nicht mehr Parteien des Verfahrens seien. Nicht nur verspätete, sondern auch unzulässige Einwendungen führten aus diesem Grunde zum Verlust der Parteistellung. Hätten aber Nachbarn ihre Parteistellung verloren, könne auch § 30 Abs. 2 Baugesetz, wonach Einwendungen von Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet werde, im Spruch eines Bescheides als unzulässig zurückzuweisen seien, nicht mehr greifen. Auf diese Einwendungen sei daher lediglich in der Begründung einzugehen, was im Baubewilligungsbescheid vom 19. April 2001 auch geschehen sei. Im Übrigen werde auf die "Miterledigungsfiktion" des § 59 Abs. 1 AVG verwiesen, welche zur Folge habe, dass die explizite Erledigung von Einwendungen im Spruch eines Bescheides nicht mehr erforderlich sei. Eine solche (gemeint: spruchgemäße Entscheidung) sei nach § 30 Abs. 2 Baugesetz und nach § 26 Abs. 2 des neuen Baugesetzes 2001 nur noch für unzulässige öffentlich-rechtliche Einwendungen vorgesehen, die Nachbarn erheben, die Parteien seien. Diese Bestimmung gelte jedoch nicht für jene Nachbarn, die ihre Parteistellung nach § 42 AVG verloren hätten. Eine Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Beschwerdeführer in der Begründung des Baubewilligungsbescheides vom 19. April 2001 sei daher ausreichend gewesen. Im Spruchpunkt 1 des Bescheides der Berufungskommission vom 17. Dezember 2001 sei der Feststellungsbescheid des Bürgermeisters vom 24. September 2001 ersatzlos behoben worden. Zu diesem Punkte sei daher dem Vorbringen der Beschwerdeführer zur Gänze entsprochen worden. Unter Spruchpunkt 2 sei die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen worden, dies unter Hinweis auf § 42 Abs. 1 AVG zu Recht. Eine Sachentscheidung hätte die Berufungsbehörde nur dann treffen dürfen, wenn die Präklusionswirkungen des § 42 Abs. 1 AVG mangels Vorliegens der übrigen Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle nicht hätten eintreten können. Die Beschwerdeführer seien jedoch zur Bauverhandlung ordnungsgemäß geladen gewesen; ein diesbezüglicher Verfahrensmangel sei im Übrigen auch nicht geltend gemacht worden.

Gegen diesen Bescheid - inhaltlich jedoch nur gegen den die Zurückweisung ihrer Berufung aussprechenden Teil desselben - richtet sich die vorliegende Beschwerde, aus den Beschwerdegründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Bauabstände sowie in ihrem Recht auf Abweisung des gegenständlichen Bauantrages und in ihrem Recht auf Erledigung der von ihnen als Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren rechtzeitig vorgebrachten öffentlichrechtlichen Einwendungen im Spruch des Bewilligungsbescheides verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete - ebenso wie die erstmitbeteiligte Baugesellschaft und die mitbeteiligte Marktgemeinde - eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u.v.a.). Dies gilt auch für Parteien, die gemäß § 42 AVG ihre Parteistellung beibehalten haben.

§ 42 Abs 1 AVG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 158/1998 bestimmt, dass dann, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz abgehalten und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

Gemäß § 41 Abs. 1 AVG hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Verhandlung so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekannt zu geben.

Die Kundmachung zur Bauverhandlung am 3. März 2001 war jedoch - entgegen der Annahme der Verwaltungsbehörden - nicht unter Hinweis auf die in § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 vorgesehenen Rechtsfolgen des Verlustes der Parteistellung, wenn nicht bis zur oder in der Verhandlung Einwendungen erhoben werden, und daher nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Beschwerdeführer konnten daher unter Berufung auf diese Bestimmung ihre Parteistellung nicht verloren haben.

Die Beschwerdeführer haben in der Bauverhandlung aber nur ein Vorbringen erstattet, welches - wie im Folgenden darzulegen sein wird - keine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte darzustellen vermochte, indem sie lediglich die Rechtswidrigkeit einer bereits im Jahr 1985 erfolgten Grundteilung sowie eine dadurch bedingte Unterschreitung des gesetzlich zulässigen Mindestgrenzabstandes ihres Objektes zum Baugrundstück geltend gemacht haben.

Nach § 30 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG), LGBl. Nr. 39/1972, ist über Einwendungen der Nachbarn, die auf die im folgenden taxativ aufgezählten Vorschriften begründeten Rechte gestützt werden, in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:

a) § 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;

c) § 9 Abs. 1 hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;

d) § 12 Abs. 1, insoweit er sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;

e) § 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

f) § 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient.

Einwendungen von Nachbarn, die Rechte geltend machen, die sich auf die oben angeführten lit. a) bis f) dieser Bestimmungen stützen, sind nach dem Wortlaut des Gesetzes im Spruch des Baubescheides inhaltlich zu behandeln. Nur im Falle der Erhebung von Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind diese nach Abs. 2 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen; Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen.

Nach § 30 Abs. 2 BauG sind unzulässige Einwendungen der Parteien grundsätzlich im Spruch des Baubewilligungsbescheides zurückzuweisen. Diese Bestimmung betrifft unzulässige Einwendungen von Nachbarn, die ihre Parteistellung nach § 42 (neu) AVG nicht verloren haben.

Dem Nachbarn kommt im Hinblick auf § 30 Abs. 1 leg. cit. nur ein Mitspracherecht hinsichtlich der in dieser Bestimmung taxativ aufgezählten materiellen Rechte zu; die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen, die ausschließlich eine Rechtswidrigkeit der einst erfolgten Grundteilung und der damit im Zusammenhang stehenden Verletzung der Mindestabstandsregel durch ihr eigenes Objekt zum Gegenstand hatten, waren somit unzulässig. Die Behörden haben daher ohne Rechtswidrigkeit dargelegt, dass sich die Beschwerdeführer den von ihrem eigenen Objekt ausgehenden gesetzwidrigen Zustand entgegen halten lassen müssen, da im Bauverfahren die allenfalls vorliegende Rechtswidrigkeit der seinerzeit erfolgten Grundteilung nicht mehr aufgegriffen werden kann und überdies einer Partei auf Durchführung eines Verfahrens nach § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG gemäß Abs. 7 dieser Bestimmung kein Rechtsanspruch zusteht. Diese Einwendungen wären daher bereits von der Baubehörde erster Instanz im Sinne der Bestimmung des § 30 Abs. 2 BauG im Spruch des Bescheides zurückzuweisen gewesen. Die gegen die nicht spruchgemäße Erledigung der erhobenen Einwendungen in der Begründung des Bescheides erhobene - zulässige - Berufung der Beschwerdeführer wäre von der Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde daher richtigerweise ab- und nicht mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen. Dennoch wurden die Beschwerdeführer durch die oben dargelegte Verletzung der Vorschrift des § 30 Abs. 2 BauG durch die Behörde erster Instanz entgegen ihrem Vorbringen in der Berufung (und in der Beschwerde) in keinen Verfahrensrechten verletzt, weil Verfahrensrechte nicht weiter reichen als die von ihnen geltend gemachten materiellen Rechte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1995, Zl. 94/06/0081, und vom 27. Juni 1996, Zl. 93/06/0116). Die behauptete, aber nicht vorliegende Rechtsverletzung hätte sohin zu einer Abweisung der Berufung mit einer entsprechenden Abänderung des Spruches der ersten Instanz führen müssen. Dadurch, dass auch die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde die Einwendungen der Beschwerdeführer ab-, und nicht zurückgewiesen hat, sich jedoch in der Begründung ihres Bescheides inhaltlich mit den Einwendungen der Beschwerdeführer im Lichte des § 30 Abs. 1 BauG befasst hat, wurden die Beschwerdeführer in keinen subjektivöffentlichen Rechten verletzt. Die Abweisung der dagegen erhobenen Vorstellung verletzt die Beschwerdeführer daher in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde im Ergebnis gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte