Normen
AVG §62 Abs1;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §56 Abs2;
BauRallg;
LBauO Vlbg 1924 §3 Z2;
LBauO Vlbg 1924 §43 Z9;
LBauO Vlbg 1962 §3 Abs2;
LBauO Vlbg 1962 §46 Abs9;
LBauO Vlbg 1962;
VwRallg;
AVG §62 Abs1;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §56 Abs2;
BauRallg;
LBauO Vlbg 1924 §3 Z2;
LBauO Vlbg 1924 §43 Z9;
LBauO Vlbg 1962 §3 Abs2;
LBauO Vlbg 1962 §46 Abs9;
LBauO Vlbg 1962;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als er sich auf das zugrundeliegende Baubewilligungsverfahren (Spruchpunkte 1., 2. und 4. des Berufungsbescheides vom 3. September 1997) bezieht. Im Übrigen (also, soweit sich der angefochtene Bescheid auf Spruchpunkt 3. des Berufungsbescheides bezieht) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Erstmitbeteiligte (in der Folge kurz: Bauwerber) ist Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde (kurz: Gemeinde), auf der sich ein landwirtschaftliches Anwesen befindet. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer nördlich angrenzenden Liegenschaft, auf welcher sich sein Wohnhaus befindet (zu weiteren Beschwerden des Beschwerdeführers betreffend dieses landwirtschaftliche Anwesen siehe die hg. Erkenntnisse vom 9. Juni 1992, Zl. 92/06/0231, vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0216, vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0167, und vom 27. Mai 1999, Zl. 98/06/0028 - siehe dort auch Näheres zur Flächenwidmung der Liegenschaft des Bauwerbers in "Baufläche/Mischgebiet mit Bauwerken für land- und forstwirtschaftliche Zwecke").
Das Bauverfahren, um welches es nunmehr geht, setzt im Jahr 1959 ein. Mit Eingabe vom 6. Mai 1959 (bei der Gemeinde eingelangt am 13. Mai 1959) brachte der Bauwerber vor, dass sich seit vielen Jahren vor seinem Haus ein Mistlager befinde. Nun sei beabsichtigt, dieses in Massivbauweise auszuführen und darunter eine Jauchegrube zu legen. Es bestehe jedoch keine Möglichkeit, das Mistlager an einen anderen Ort, beispielsweise hinter das Haus, legen zu können. Er ersuche daher um Bewilligung, das Mistlager am gleichen Ort wie bisher belassen, jedoch in Betonmauerwerk ausführen zu können. In einem dazugehörigen Lageplan ist dieses Mistlager zwischen einem auf der Liegenschaft des Bauwerbers befindlichen Gebäude und der vorbeiführenden Straße, unmittelbar an die Straße angrenzend, eingezeichnet.
Mit Bescheid vom 17. Juli 1959 erteilte der Bürgermeister die angestrebte Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen; unstrittig ist, dass dieser Bescheid dem Eigentümer der nördlich angrenzenden Liegenschaft nicht zugestellt wurde.
Mit Eingabe vom 5. Oktober 1990 verlangte der Beschwerdeführer als "übergangener Nachbar" die Zustellung des Bescheides.
Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 8. November 1990 wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer im Verfahren zur baurechtlichen Bewilligung der Mistlagerstätte Parteistellung zuerkannt und ihm eine Ausfertigung des Bescheides vom 17. Juli 1959 zugestellt werde.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1990 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid und zugleich verschiedene Einwendungen gegen das Vorhaben (unter anderem dahingehend, dass sich hieraus eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung ergäbe).
Mit Berufungsbescheid vom 13. Juni 1991 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit Vorstellungsbescheid vom 30. Dezember 1991 wurde der Vorstellung Folge gegeben und der Berufungsbescheid zur neuerlichen Entscheidung aufgehoben.
Begründend heißt es unter anderem, die Berufungsbehörde habe zutreffend erkannt, dass diesem Bauverfahren nicht die nunmehr geltenden Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes 1972 (BauG.), LGBl. Nr. 39/1972, sondern gemäß § 56 Abs. 2 BauG. die im Jahre 1959 geltenden baurechtlichen Vorschriften, demnach die Landesbauordnung, LGBl. Nr. 9/1924, in der Fassung LGBl. Nr. 6/1947, zugrunde zu legen seien.
Der Beschwerdeführer rüge (unter anderem), dass entgegen den Bestimmungen der §§ 22 Z 3 und 45 Z 3 der Landesbauordnung keine medizinische Stellungnahme zur Beurteilung der geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Mistlagerstätte samt Jauchegrube erfolgt sei. Damit sei er im Recht. § 43 Z 9 der Landesbauordnung bestimme unter anderem, dass Kehricht-, Jauche- und Düngergruben in der Regel an der Rückseite der Wirtschaftsgebäude, abseits von Wohnstätten und Brunnen und wenigstens 3,8 m von Verkehrsflächen entfernt hergestellt werden sollten. Abweichungen von jenen Bauvorschriften, welche an die Bestimmung "in der Regel" geknüpft seien, könnten gemäß § 3 Z 2 leg. cit. nur mit Genehmigung der Gemeindevertretung bzw. der Baubehörde zweiter Instanz, und zwar nach allfälliger Anhörung von Sachverständigen, bewilligt werden.
Die Aufsichtsbehörde gehe davon aus, dass die Beiziehung eines im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arztes zumindest zu einem anderen Spruch der Baubehörde hätte führen können. Die Unterlassung dieser Beiziehung stelle daher einen wesentlichen Verfahrensmangel zum Nachteil des Beschwerdeführers dar. Es sei daher bereits deshalb der bekämpfte Berufungsbescheid zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückzuverweisen gewesen.
In dem neuerlich durchzuführenden Verfahren werde überdies insbesondere zu klären sein, ob, wie der Beschwerdeführer behaupte, die Mistlagerstätte samt Jauchegrube nach Maßgabe der seinerzeit genehmigten Plan- und Beschreibungsunterlagen ausgeführt worden sei. Für den Fall, dass der Bestand nicht den genehmigten Plänen entsprechen sollte und wesentliche Änderungen (Hinweise auf die §§ 27 Z 2 und 12 Z 2 der Landesbauordnung) vorgenommen worden seien, müssten die Änderungen durch ein nachträgliches Bauverfahren nach den derzeit geltenden baurechtlichen Normen saniert werden. (In einem abschließenden Hinweis heißt es, ob es sinnvoll und zweckentsprechend sei, angesichts der zahlreichen Einwendungen des Beschwerdeführers neuerlich auf eine kommissionelle Verhandlung zu verzichten, möge dahingestellt bleiben.)
Hierauf wurde mit Berufungsbescheid vom 2. März 1992 der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG (zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung) aufgehoben.
Am 15. Oktober 1992 fand - auf Grundlage neuer (präziserer) Pläne - eine mündliche Bauverhandlung statt. Dabei wurde unter anderem festgehalten, dass das (bereits errichtete) Bauwerk um etwa 25 cm in den angrenzenden Straßengrund rage. Zum Grundstück des Beschwerdeführers betrage der geringste Abstand 5,91 m. Der Beschwerdeführer hielt seine bisherigen Einwendungen aufrecht und erstattete ein ergänzendes (ablehnendes) Vorbringen. Insbesondere brachte er vor, dass die Situierung dieser Mistlagerstätte nicht den Vorgaben des § 43 Z 9 der Landesbauordnung entspreche. Sie sei nicht abseits von Wohngebäuden (worunter auch sein Wohngebäude zu verstehen sei) gelegen, und auch der Abstand von 3,80 m zur Straße werde nicht eingehalten. Werde diesen Abstandsvorschriften nicht Rechnung getragen, so werde er gesundheitlich massiv beeinträchtigt (Hinweis auf Geruchsbelästigung, Ungezieferbelästigung, Infektionsgefahr "usw."). Auf Grund des Nichteinhaltens der Mindestabstände müsse die Mistlagerstätte auf der Straße entleert werden bzw. unmittelbar bei seiner Grundgrenze.
Den Akten ist zu entnehmen, dass der Bauwerber in der Folge von der Gemeinde die Fläche des Straßengrundes, die von seinem Bauwerk in Anspruch genommen wurde, käuflich erwarb. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 18. Mai 1993 wurde über Antrag der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 31 der Landesbauordnung im Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben ein Abstand zur Straße von 0,0 m zugelassen.
In der Sache selbst wurden ein verkehrstechnisches Gutachten (vom 12. Mai 1993) und ein lufthygienisches Gutachten (vom 22. Juli 1993 samt Ergänzung vom 13. Oktober 1993) eingeholt, zu welchen sich der Beschwerdeführer ablehnend äußerte und seinerseits eine Stellungnahme der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Regionalstelle für Tirol und Vorarlberg, vom 10. März 1994 vorlegte. Weiters holte die Baubehörde ein amtsärztliches Gutachten vom 5. September 1994 ein, welches in der Folge ergänzt wurde (Ergänzungsgutachten vom 19. September 1995). Der Beschwerdeführer äußerte sich jeweils ablehnend.
Mit Beschluss der Stadtvertretung vom 26. November 1996 wurde gemäß § 3 Z 2 iVm § 43 Z 9 der Landesbauordnung die geplante Situierung des Mistlagers mit Jauchegrube genehmigt "da auf Grund der vorliegenden Gutachten eine Gefährdung oder eine über das ortsübliche Maß hinausgehende Belästigung der Nachbarn nicht gegeben" sei (so der Wortlaut des genehmigten Antrages).
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 24. April 1997 wurde dem Bauwerber (erneut) die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung der Dungstätte mit Jauchengrube mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden teils als unbegründet abgewiesen und teils als unzulässig zurückgewiesen. Die erstinstanzliche Behörde kam auf Grundlage der eingeholten Gutachten insbesondere zur Beurteilung, dass das Vorhaben keine Gesundheitsbeeinträchtigung oder unzumutbare Geruchsbelästigung zur Folge habe.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die im Wesentlichen erfolglos blieb (eine Abweichung gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid ergab sich hinsichtlich der Erledigung der Einwendungen des Beschwerdeführers, die teils als unbegründet abgewiesen, teils als unzulässig zurückgewiesen und teils auf den Rechtsweg verwiesen wurden - Punkte 1., 2. und 4. des Berufungsbescheides); weiters wurde (Punkt 3.) ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, ob die gegenständliche Mistlagerstätte samt Jauchengrube tatsächlich nach Maßgabe der seinerzeit (1959) bewilligten Plan- und Beschreibungsunterlagen ausgeführt worden sei, als unzulässig zurückgewiesen. Hinsichtlich des eigentlichen Baubewilligungsverfahrens teilte die Berufungsbehörde die Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde, dass auf Grund der verschiedenen Gutachten hinreichend bewiesen sei, dass keinerlei Gesundheitsgefährdung zu erwarten sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.
Zusammenfassend kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die von der Baubehörde eingeholten Gutachten schlüssig seien, die vom Beschwerdeführer vorgelegte Stellungnahme der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik aber nicht ausreichend aussagekräftig sei.
Zutreffend sei, dass die bewilligte Situierung des Düngekastens mit Jauchegrube nicht der gemäß § 43 Z 9 der Landesbauordnung "in der Regel" vorzunehmenden Situierung entspreche. Die Stadtvertretung habe jedoch auf Grund der eingeholten Gutachten des lufthygienischen, des medizinischen und des verkehrstechnischen Amtssachverständigen mit Beschluss vom 26. November 1996 die Genehmigung für diese Abweichung erteilt und somit von einer im Gesetz (Hinweis auf § 3 Z 2 leg. cit.) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. § 9 Z 1 der Landesbauordnung sei nicht anzuwenden, weil es hier nicht um ein Gebäude gehe. Die im § 31 der Landesbauordnung vorgesehene Ausnahmebewilligung sei von der Bezirksbehörde erteilt und ausnahmsweise ein Abstand des Bauwerkes zur Straße von 0,0 m zugelassen worden.
Gemäß § 9 lit. b Z 3 seien auf öffentlichen Verkehrsflächen Einfriedungen aus Vollmauern tunlichst zu vermeiden. Bei anderen Einfriedungen dürfe der Sockel die Höhe von 1 m nicht übersteigen. Der Wortlaut dieser Norm schließe nicht aus, dass im Einzelfall eine Baubewilligung für eine Einfriedung mittels Vollmauer an einer öffentlichen Verkehrsfläche erteilt werde. Im Übrigen komme dem Beschwerdeführer diesbezüglich kein Mitspracherecht zu.
Dagegen erhob der - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher er unter anderem die Verfassungswidrigkeit des § 43 Z 9 iVm § 3 Z 2, des § 31, sowie des § 9 lit. b Z 3 der Landesbauordnung (LGBl. Nr. 9/1924) geltend machte.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 26. Februar 2001, B 1987/98-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Begründend heißt es insbesondere, soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 6 EMRK (Hinweis auf VfSlg. 11500/1987) und der hinreichenden Bestimmtheit der als bedenklich erachteten Rechtsvorschriften die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, aber auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Die mitbeteiligte Gemeinde hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Beschwerdeführer hat ein ergänzendes Vorbringen erstattet, die mitbeteiligte Gemeinde hat hierauf repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Zeitraum des "ersten" erstinstanzlichen Verfahrens im Jahre 1959 galt die Vorarlberger Landesbauordnung, LGBl. Nr. 9/1924, in der Fassung der Novelle Nr. 6/1947. Dazu ist anzumerken, dass deren Paragraphen, wie sich aus der Diktion der Novellen LGBl. Nr 36/1936, LGBl. Nr. 6/1947 und LGBl. Nr. 40/1962 ergibt, nicht in Absätze, sondern in Ziffern (Punkte) gegliedert waren.
Nach § 3 Z 2 leg. cit. konnten Abweichungen von jenen Bauvorschriften, welche an die Bestimmung "in der Regel" geknüpft waren, nur mit Genehmigung der Gemeindevertretung, bzw. der Baubehörde zweiter Instanz, und zwar nach allfälliger Anhörung von Sachverständigen, bewilligt werden (siehe dazu auch § 82 lit. o leg. cit.).
§ 43 leg. cit. traf nähere Bestimmungen betreffend die Sammlung und Abfuhr der Abfallstoffe und des Niederschlagswassers. Nach Z 9 dieses Paragraphen sollten Kehricht-, Jauche- und Düngergruben in der Regel an der Rückseite der Wirtschaftsgebäude, abseits von Wohnstätten und Brunnen und wenigstens 3,80 m von Verkehrsflächen entfernt hergestellt werden. Sie mussten wasserdichte Wände und Böden haben und mit gut schließenden Deckeln zu sichern sein. Die Wände der Düngergruben mussten 0,50 m über den anstoßenden Grund reichen.
§ 31 leg. cit. traf nähere Bestimmungen zu Bauten an öffentlichen Straßen. Danach durfte an öffentlichen Straßen innerhalb einer Entfernung von 3,80 m - Städte und Stadtteile in geschlossener Bauweise ausgenommen - von der Straßenfluchtlinie kein neuer Bau oder Zubau aufgeführt werden. Ausnahmen hievon konnten nur in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen von der zuständigen politischen Bezirksbehörde mit Zustimmung der mit der Straßenverwaltung betrauten und bei derlei Bauten zur Bauverhandlung (§ 22 leg. cit.) beizuziehenden Organe bewilligt werden.
§ 9 lit. b leg. cit. traf nähere Bestimmungen zu Einfriedungen; in Z 3 dieser lit. heißt es, dass an öffentlichen Verkehrsflächen Einfriedungen aus Vollmauern tunlichst zu vermeiden seien. Bei anderen Einfriedungen dürfe der Sockel die Höhe von 1 m nicht übersteigen. Im Übrigen könne die Gemeinde besondere Bestimmungen für die Ausgestaltung der Vorgarteneinfriedungen erlassen.
In der Folge wurde die Landesbauordnung mit der vierten Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 40/1962, geändert. Danach hat im § 3 die Z 2 wie folgt zu lauten:
"Abweichungen von jenen Bauvorschriften, welche an die Bestimmung 'in der Regel' geknüpft sind, dürfen, wenn Baubehörde der Bürgermeister ist, nur mit Genehmigung der Gemeindevertretung, wenn Baubehörde die Bezirkshauptmannschaft ist, nur nach Anhörung der Gemeindevertretung bewilligt werden."
§ 9 lit. b blieb unverändert, ebenso § 31.
Im § 43 Z 9 wurden im ersten Satz nach dem Wort "Verkehrsflächen" die Worte "und 2 m von der Nachbargrenze" eingefügt.
Besondere Übergangsbestimmungen für anhängige (bzw. nicht rechtskräftig abgeschlossene) Verfahren enthält diese Novelle nicht.
Sodann wurde die Landesbauordnung in der Fassung dieser
4. Bauordnungsnovelle mit der Verordnung LGBl. Nr. 49/1962
wiederverlautbart, wobei auch die Bezeichnung der Paragraphen,
Absätze und Ziffern geändert wurde. § 3 Z 2 (alt) ist nun
§ 3 Abs. 2 (neu), § 9 lit. b Z 3 (alt) ist nun § 11 Abs. 3 (neu),
§ 31 (alt) ist nun § 34 (neu), § 43 Z 9 (alt) ist nun § 46 Abs. 9
(neu).
Am 1. Juli 1969 trat das Vorarlberger Straßengesetz, LGBl. Nr. 8/1969, in Kraft; zugleich trat (gemäß dessen § 56 lit. n) § 34 der Landesbauordnung, LGBl. Nr. 49/1962, außer Kraft.
Das Vorarlberger Baugesetz (BauG.), LGBl. Nr. 39/1972, trat am 1. Oktober 1972 in Kraft. Dessen § 56 Abs. 2 lautet (Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Auf Verfahren in Angelegenheiten dieses Gesetzes, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits in erster Instanz abgeschlossen sind, sind noch die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften anzuwenden. Die Vorschriften der §§ 50 und 51 gelten aber auch in diesen Fällen."
§ 50 BauG. trifft nähere Bestimmungen zu den Behörden (des Bauverfahrens), § 51 BauG. zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.
Im Beschwerdefall ist zunächst zu klären, welche Rechtslage maßgeblich ist. Richtig ist die Auffassung, dass - jedenfalls im hier relevanten Zusammenhang - ein Verfahren in erster Instanz im Sinne des § 56 Abs. 2 BauG. mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides "abgeschlossen" ist. Im Mehrparteienverfahren ist das dann der Fall, wenn der Bescheid gegenüber einer der mehreren Parteien erlassen wurde und damit die (hier:) erstinstanzliche Behörde an ihre Entscheidung gebunden ist. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens haben diese Bestimmung weiters dahin ausgelegt, dass es auch hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ankomme. Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beitreten; vielmehr ist die maßgebliche Wortfolge "bis zu diesem Zeitpunkt" im § 56 Abs. 2 BauG. (wie zuvor in der Wiedergabe dieser Bestimmung unterstrichen) auf das Inkrafttreten des Baugesetzes zu beziehen. Es ist demnach die Landesbauordnung LGBl. Nr. 49/1962 in der zuletzt, also zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Baugesetzes geltenden Fassung, anzuwenden (in der Folge wird die Landesbauordnung in der 1959 geltenden Fassung als "LBO (alt)", die Landesbauordnung in der Fassung LGBl. Nr. 49/1962 hingegen als "LBO (neu)" bezeichnet). Bei der im Beschwerdefall zentralen Bestimmung des § 43 Z 9 LBO (alt) bzw. § 46 Abs. 9 LBO (neu) besteht allerdings kein im Beschwerdefall relevanter inhaltlicher Unterschied (der durch die 4. Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 40/1962, eingeführte Mindestabstand ist im Beschwerdefall ohne Belang, weil er unbestritten eingehalten ist).
Abweichendes hinsichtlich der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Landesbauordnung ergibt sich auch nicht aus der kassatorischen Vorstellungsentscheidung vom 30. Dezember 1991, weil nur tragende Aufhebungsgründe Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren entfalten; tragender Aufhebungsgrund war aber (nicht etwa ein Aspekt, welcher sich aus dem Unterschied der Rechtslagen - LBO alt zu LBO neu - ergeben hätte, sondern) nur die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens auf Grund der unterbliebenen Einholung eines medizinischen Gutachtens. Demnach sind (entgegen der Auffassung der Beschwerde) die Ausführungen der belangten Behörde in der Vorstellungsentscheidung vom (richtig) 30. Dezember 1991 (das in diesem Zusammenhang in der Beschwerde genannte Datum 13. Juni 1991 bezieht sich auf die erste Berufungsentscheidung) als Hinweise für das fortgesetzte Verfahren zu verstehen, Bindungswirkung kommt ihnen - weil kein tragender Aufhebungsgrund - nicht zu. Auch ist dem Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass Gegenstand des Bauantrages das Projekt in der präzisierten Fassung ist, wie es auf Grund der ergänzenden Unterlagen der Bauverhandlung am 15. Oktober 1992 zugrundelag. Eine wesentliche Änderung dahin, dass dies als eine Änderung der "Sache" anzusehen wäre, ist darin nicht zu erblicken. Ob der tatsächliche Bestand diesem Projekt bzw. den hierüber im zweiten Rechtsgang ergangenen Baubewilligungsbescheiden entspricht, ist im Bauverfahren, das lediglich ein Projektgenehmigungsverfahren ist, nicht zu prüfen.
Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, und die seither ständige Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer macht weiterhin, wie schon im verfassungsgerichtlichen Verfahren, geltend, dass § 43 Z 9 bzw. § 3 Z 2 LBO (alt) verfassungswidrig seien, weil die Wendung "in der Regel" zu unbestimmt sei (Widerspruch zu Art. 18 B-VG). Gleiches gelte auch für die Voraussetzungen der Bewilligung von Ausnahmen nach § 31 leg. cit.; ebenso sei die Wendung im § 9 lit. b Z 3 leg. cit., wonach an öffentlichen Verkehrsflächen Einfriedungen aus Vollmauern" tunlichst" zu vermeiden seien, gleichermaßen unbestimmt.
Der Beschwerdeführer hat allerdings seine Bedenken bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen, der in seinem Ablehnungsbeschluss diese Normen als ausreichend bestimmt angesehen hat. Auch aus der weiteren Argumentation in seinem Schriftsatz vom 19. Februar 2002, der Verfassungsgerichtshof habe mit seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, G 57/95-9, G 1397/95-11 (VfSlg. 14936), ausgesprochen, dass die Wortfolge "in der Regel" im § 32 Abs. 4 WRG 1959 idF vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 verfassungswidrig gewesen sei, ist für ihn nichts zu gewinnen, weil es sich zwar um eine wortgleiche Wortfolge handelt, der Kontext aber unterschiedlich ist (von einer "identen Sach- und Rechtslage", wie im Schriftsatz vom 19. Februar 2002 behauptet, kann nicht die Rede sein). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher zu einer entsprechenden Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich dieser Normen (oder auch der korrespondierenden Bestimmungen der LBO (neu)) nicht veranlasst.
Gemäß § 46 Abs. 9 LBO (neu) sollen Kehricht-, Jauche- und Düngergruben in der Regel an der Rückseite der Wirtschaftsgebäude, abseits von Wohnstätten und Brunnen und wenigstens 3,80 m von Verkehrsflächen (...) hergestellt werden. Diese Norm vermittelt dem Nachbarn zwar kein Mitspracherecht zur Frage, ob solche Anlagen an der Rückseite der Wirtschaftsgebäude zu errichten sind oder nicht, und auch nicht hinsichtlich des Mindestabstandes von Verkehrsflächen, weil es insofern um schönheitliche Aspekte bzw. auch um Fragen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs geht, wohl aber hinsichtlich der Nähe zu Wohnstätten (zu letzterem Aspekt - "abseits von Wohnstätten" - siehe das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1952, Zl. 765/52).
Im Beschwerdefall wurde die Situierung des Vorhabens abweichend von der Regel des § 46 Abs. 9 LBO (neu) (bzw. des § 43 Z 9 LBO (alt)) bewilligt, wobei eine entsprechende Sondergenehmigung der Stadtvertretung (siehe § 3 Abs. 2 LBO (neu) bzw. § 3 Z 2 LBO (alt)) gegeben ist. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer aber, dass es an einer entsprechenden Begründung dafür mangelt, weshalb die Behörden meinen, das gegenständliche Objekt liege im Sinne des § 46 Abs. 3 LBO bezogen auf das Wohnhaus des Beschwerdeführers "abseits von Wohnstätten". Auch wurde weder in den Bescheiden der Gemeindebehörden, noch im angefochtenen Bescheid dargetan, weshalb das Kriterium "abseits von Wohnstätten" eingehalten oder allenfalls eine Abweichung hievon geboten ist; vielmehr wurde nur geltend gemacht, dass diese Abweichung nach Auffassung der Behörden für den Beschwerdeführer (bzw. für seine Liegenschaft) keine Gesundheitsgefährdung oder bzw. keine unzumutbaren Belästigungen mit sich bringe. Es wäre aber zunächst zu begründen gewesen, weshalb die Situierung an der vorgesehenen Stelle erforderlich ist (wofür die räumlichen Gegebenheiten, aber auch wirtschaftliche Momente maßgebend sein können - siehe dazu abermals das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1952, Zl. 765/52), was aber unterblieb. Das kann auch nicht als unstrittig angesehen werden.
Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er insofern (also, soweit es sich auf die Punkte 1., 2. und 4. des Berufungsbescheides vom 3. September 1997 bezieht) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Mit dem Berufungsbescheid vom 3. September 1997 wurde aber auch ein Feststellungsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen (Punkt 3. des Spruches). Der Beschwerdeführer hat mit seiner Vorstellung beantragt, den Berufungsbescheid "vollinhaltlich aufzuheben". Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung - ohne Einschränkung - als unbegründet abgewiesen. Mit der Beschwerde wird zwar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides - ohne Einschränkung - begehrt, der Beschwerdeführer sagt aber nicht, weshalb der angefochtene Bescheid in Bezug auf den Spruchteil 3. des Berufungsbescheides vom 3. September 1997 rechtswidrig sein soll. Für den Verwaltungsgerichtshof ist im Rahmen der amtswegigen Prüfung eine solche Rechtswidrigkeit nicht erkennbar. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer begehrten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil der diesbezügliche Antrag erst in dem über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes erstatteten Mängelbehebungsschriftsatz, somit außerhalb der im § 39 Abs. 1 Z 1 VwGG normierten Frist gestellt wurde (siehe dazu auch das eingangs genannte, dem Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/06/0028).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil der Zuspruch von Mehrwertsteuer zum Schriftsatzaufwand im Gesetz nicht vorgesehen ist (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697, wiedergegebene hg. Judikatur).
Wien, am 20. März 2003
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