Normen
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 lite;
BauO Wr §6 Abs6;
BauO Wr §6 Abs8;
BauONov Wr 1996 Art2 Abs1;
BauONov Wr 1996 Art2;
BauONov Wr 1996 Art3;
BauRallg;
Flächenwidmung Bebauungspläne Wien 7.Bezirk 1996;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 lite;
BauO Wr §6 Abs6;
BauO Wr §6 Abs8;
BauONov Wr 1996 Art2 Abs1;
BauONov Wr 1996 Art2;
BauONov Wr 1996 Art3;
BauRallg;
Flächenwidmung Bebauungspläne Wien 7.Bezirk 1996;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- je zu einem Viertel binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 9. September 1997 wurde der mitbeteiligten Partei (kurz: Bauwerberin) auf Grund ihres Antrages vom 21. April 1997 die angestrebte baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von Neubauten und Zubauten sowie für die Durchführung von Umbauten und baulichen Abänderungen auf der Liegenschaft in Wien VII, Museumsplatz 1, die der Errichtung des Museumsquartiers Wien dienen, erteilt. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn (die rechtzeitig vor und in der Bauverhandlung vom 30. Juni 1997 Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben hatten) Berufung an die belangte Behörde, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.
Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte die belangte Behörde aus, zu der Frage, welches Ausmaß an Immissionen (die Beschwerdeführer hatten unzulässige Lärmimmissionen geltend gemacht) bei Betrieb des geplanten Museumsquartiers zulässig sei und daher von den Nachbarn hingenommen werden müsse, sei auf die Bestimmung des § 6 der Bauordnung für Wien (kurz: BO) hinzuweisen, welche die zulässigen Nutzungen der einzelnen Widmungsgebiete behandle. In den Abs. 6 und 8 dieses Paragraphen seien Emissionsbestimmungen für Wohngebiete und gemischte Baugebiete enthalten. Nach den Erläuterungen zu diesen auf die Bauordnungsnovelle 1976 zurückzuführenden Bestimmungen seien die Grenzen für Wohngebiete enger gezogen als für gemischte Baugebiete. In gemischten Baugebieten sei der Maßstab der Unzumutbarkeit der Belästigung anzulegen, somit nach der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, die medizinische Zumutbarkeit von Störwirkungen, soweit sie ein objektiver Durchschnittsmensch ohne Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens und seiner Gesundheit hinzunehmen in der Lage sei, während in Wohngebieten die Störwirkungen darüber hinaus auch den Wohnzweck nicht beeinträchtigen dürften, was jedenfalls bedeute, dass sie nicht bis an die Grenze der medizinischen Zumutbarkeit reichen dürften.
Demnach dürften gemäß § 6 Abs. 6 BO in Wohngebieten nur Wohngebäude und Bauten, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienten, errichtet werden. Die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftshäusern sowie die Unterbringung von Lagerräumen und Werkstätten kleineren Umfanges und von Büros und Geschäftsräumen in Wohngebäuden sei dann zulässig, wenn sichergestellt sei, dass sie nicht durch Rauch, Russ, Staub, schädliche oder übliche Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet seien.
Gemäß § 6 Abs. 8 BO dürften in gemischten Baugebieten keine Gebäude oder Anlagen errichtet werden, die geeignet seien, durch Rauch, Russ, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen.
Daraus sei zu entnehmen, dass im Wohngebiet hinsichtlich der Zulässigkeit von Immissionen - die im Wohngebiet auch den Wohnzweck nicht beeinträchtigen dürften - ein strengerer Maßstab angelegt sei als im gemischten Baugebiet. Bei einer vergleichenden Betrachtung der zuvor genannten Bestimmungen sei einwandfrei zu entnehmen, dass die Regelung des § 6 Abs. 8 BO über die zulässigen Immissionen im gemischten Baugebiet nach ihrem Inhalt ausschließlich auf die im gemischten Baugebiet zulässige Errichtung von Betrieben abgestellt sei. Es sei daher davon auszugehen, dass Bauten, die nach der Bestimmung des § 6 Abs. 6 BO im Wohngebiet, in welchem nach der BO ein strengerer Maßstab hinsichtlich der Belästigung der Nachbarschaft durch Immissionen anzuwenden sei, zulässigerweise errichtet werden dürften, jedenfalls auch im Sinne des § 6 Abs. 8 BO im gemischten Baugebiet zulässig seien.
Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 6 BO dürften Bauten, die kulturellen Zwecken dienten, im Wohngebiet errichtet werden. Dass das projektierte Museumsquartier Wien kulturellen Zwecken diene, sei evident. Die Errichtung des projektierten Museumsquartiers Wien wäre daher in einem ausgewiesenen Wohngebiet zulässig. Hinsichtlich der Errichtung von Bauten im Wohngebiet, die kulturellen Zwecken dienten, seien im § 6 Abs. 6 BO keine Immissionsbeschränkungen vorgesehen. Dies bedeute, dass im Wohngebiet bei Bauten, die kulturellen Zwecken dienten - wie etwa bei einem Museumsquartier - die aus der widmungsgemäßen Benützung dieser Bauten einschließlich der durch den Besucherstrom zu den Museen sowie durch die typischerweise für den Betrieb von Museen erforderliche Haustechnik (insbesondere Lüftungs- und Kältetechnik) allenfalls zu erwartenden Lärmimmissionen nicht zu ermitteln und zu berücksichtigen seien. Mangels festgelegter Immissionsbeschränkungen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan selbst sowie in der Bestimmung des § 6 Abs. 6 BO wäre daher die geplante Errichtung des Museumsquartiers Wien im Wohngebiet ohne Bedachtnahme auf die allenfalls durch die widmungsgemäße Benützung dieser von kulturellen Zwecken dienenden Bauten verursachten Immissionen zulässig.
Nach dem zuvor Gesagten sei daher die geplante Errichtung des Museumsquartiers Wien umso mehr im ausgewiesenen gemischten Baugebiet schlechthin zulässig. Die Einwendungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der befürchteten unzumutbaren Lärmbelästigung durch das vorliegende Projekt gingen somit ins Leere und es seien demnach die beantragte Lärmpegelmessung sowie auch die Einholung von lärmtechnischen sowie von medizinischen Gutachten nicht erforderlich gewesen.
Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern befürchteten Lärmbelästigung sei noch anzumerken, dass Besucher einer kulturellen Einrichtung typischerweise keine Personen seien, die bei Besuch solcher kulturellen Institutionen besonderen Lärm erzeugten. Jedenfalls bedürften allfällige Veranstaltungen die im Bereich des Museumsquartiers (Veranstaltungshalle) stattfinden sollten, einer besonderen Bewilligung. Auch befänden sich die Anlagen der Kältetechnik für das gesamte Museumsquartier auf dem Dach des zu errichtenden Museums für Moderne Kunst, welches von der Liegenschaft der Beschwerdeführer mehr als 120 m entfernt sei. Im Hinblick auf den in der Baubeschreibung ausgewiesenen Schalldruckpegel dieser Anlage sei in Anbetracht der großen Entfernung der Anlage von der Liegenschaft der Beschwerdeführer mit einer Lärmbeeinträchtigung durch diese Anlage nicht zu rechnen.
Auch seien in unmittelbarer Nähe zu der Liegenschaft der Beschwerdeführer keine Teile der Lüftungsanlagen ausgewiesen, von denen Lärmimmissionen ausgehen könnten. Die Beheizung erfolge mittels Fernwärme.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 28. September 2000, B 100/98-12, aussprach, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt worden seien, die Beschwerde abwies, und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abtrat, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden seien.
Begründend wird darin unter anderem ausgeführt, die Beschwerdeführer rügten (unter anderem), dass die im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 25 vom 20. Juni 1996 kundgemachte Verordnung des Stadtsenates über die Überleitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, Plandokument 6365, keine Bestimmung über das Inkrafttreten enthalte und daher gesetzwidrig sei. Zudem sei nicht ersichtlich, wann der Stadtsenat die Verordnung erlassen habe. Die Beschwerdeführer vermengten diesbezüglich die Stadien des Verordnungsgebungsverfahrens, nämlich jene der Beschlussfassung und der Erlassung. Das Verordnungsgebungsverfahren sei erst mit der Kundmachung der Verordnung abgeschlossen, mit anderen Worten:
Die Verordnung sei erst mit Ablauf des Tages der Kundmachung erlassen. Der Tag der Beschlussfassung durch die kollegial zusammengesetzte Verwaltungsbehörde sei daher für den zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung nicht von Bedeutung. Fehle bei der Kundmachung der Verordnung die Angabe des Datums der Willensbildung des Kollegialorgans, so habe dies keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung zur Folge.
Anschließend befasste sich der Verfassungsgerichtshof in der Begründung dieses Erkenntnisses mit vorgetragenen (inhaltlichen) Bedenken gegen den maßgeblichen Flächenwidmungsplan und kam zusammenfassend zum Ergebnis, dass die gegen die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides vorgebrachten Bedenken nicht zuträfen. Die Beschwerdeführer seien daher durch den angefochtenen Bescheid nicht in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen verletzt worden.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer in ihrer ergänzten Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer machen geltend, sie seien berechtigt, auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Frage zu relevieren, ob die Verordnung des Stadtsenates, wonach das Plandokument 6365 (mit näher umschriebenen Maßgaben) als Flächenwidmungs- und Bebauungsplan im Sinne der Bauordnung für Wien gelte, als gehörig kundgemacht und damit dem Rechtsbestand angehörig gelte. Diese im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 25 vom 20. Juni 1996 (Anmerkung: Seite 29) kundgemachte Verordnung enthalte keine Bestimmung, wann sie in Kraft trete. Eine solche Bestimmung wäre auf Grund des Art. III Abs. 2 "der Übergangsbestimmungen" (des Gesetzes LGBl. Nr. 10/1996) jedenfalls notwendig gewesen. Dort heiße es nämlich, dass Verordnungen nach Art. II bereits vor dem 1. September 1996 erlassen werden könnten, diese jedoch frühestens mit diesem Tag in Kraft träten.
Dieser Einwand geht fehl. Es kann nicht fraglich sein, dass diese gemäß Art. II Abs. 1 des Gesetzes LGBl. Nr. 10/1996 erlassene Verordnung vor dem Hintergrund der Struktur und des Inhaltes der Art. II und III dieses Gesetzes - mangels anderer Bestimmung, wann sie in Kraft treten solle - mit 1. September 1996 in Kraft trat.
In der Sache selbst bringen die Beschwerdeführer vor, das Verwaltungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil es die Behörden abgelehnt hätten, Beweis hinsichtlich der vom Projekt zu erwartenden Lärmbelästigungen zu erheben. Wäre dies geschehen, hätte sich die Unzulässigkeit des Vorhabens ergeben (wird näher ausgeführt).
Auch dieser Einwand ist nicht berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich diesbezüglich der Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an. Das Museumsquartier ist fraglos eine kulturelle Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 6 erster Satz BO. Diese Bestimmung gewährt dem Nachbarn aber keinen Immissionsschutz im Sinne des § 134a lit. e BO (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1998, Zl. 97/05/0230, betreffend die geplante Errichtung eines Polizeikommissariates, und vom 22. Mai 2001, Zl. 2000/05/0281, BauSlg. 101/2001, betreffend einen Turnsaal zu einer Schule). Im Hinblick auf den inneren Zusammenhang der Widmungskategorien im § 6 BO trifft auch die Auffassung der belangten Behörde zu, dass ein Vorhaben, das im Wohngebiet (§ 6 Abs. 6 BO) zulässig ist, kraft Größenschlusses ebenfalls in einem gemischten Baugebiet (§ 6 Abs. 8 BO) zulässig sein muss, wobei es ein Wertungswiderspruch wäre, würde man den Nachbarn hinsichtlich der im § 6 Abs. 6 erster Satz BO genannten Vorhaben im Wohngebiet keinen Immissionsschutz zugestehen, wohl aber hinsichtlich solcher Vorhaben im gemischten Baugebiet gemäß § 6 Abs. 8 BO. Es kann nicht sein, dass ein Wohngebäude im Wohngebiet keiner Immissionsprüfung bedarf, wohl aber, wenn es (zulässigerweise) im gemischten Baugebiet errichtet wird. Durch die Anführung bestimmter Gebäudetypen im ersten Satz des § 6 Abs. 6 BO hat der Gesetzgeber eine klare Wertung dahingehend vorgenommen, dass er diese als nicht immissionsträchtig ansieht, sodass sie (sogar) im Wohngebiet jedenfalls errichtet werden dürfen. Bei diesen Gebäudetypen kann es sich daher ex lege gar nicht um Gebäude handeln, die die im § 6 Abs. 8 BO genannten Eignungen aufweisen. Zutreffend hat die belangte Behörde somit erkannt, dass den Beschwerdeführern hier kein Immissionsschutz zukommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 12. November 2002
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