Normen
AEV Gerichtsgebühren 1989 §13 Abs1;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §13 Abs2 idF 1999/II/2666;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §5;
GGG 1984 §31 Abs1 idF 1989/343;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §13 Abs1;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §13 Abs2 idF 1999/II/2666;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §5;
GGG 1984 §31 Abs1 idF 1989/343;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 363,36 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 1. Juni 1999 brachte der Beschwerdeführer namens seiner jeweiligen Mandanten beim Bezirksgericht Wiener Neustadt zu 2 C 854/99 p (darauf bezieht sich der erstangefochtene Bescheid) und 18 C 758/99 p (darauf bezieht sich der zweitangefochtene Bescheid) zwei Klagen elektronisch ein. In den Ausdrucken dieser Klagen, datierend mit 2. Juni 1999, die jeweils in Urschrift auch den erlassenen Zahlungsbefehl enthalten, findet sich folgende
Eintragung:
"Entr. Gerichtsgebühren S 0,-- Einziehungsauftrag
Einziehung über PSK-Nr.: 01.844557
Klagebegehren
PSK-Nr.: 04.880.628 Girokonto Nr.: 421011420" Handschriftlich wurde in diesem Bereich die PSK-Nr.: 01.844557 durchgestrichen und folgender Text aufgenommen (2 C 854/99 p):
"AV vom 11. Juni 1999 PSK 04880628 Giro 042111404 lt. Hr. Z" bzw. (18 C 758/99 p):
"04.880.628 042111404 AV vom 11. 6. 1999 lt. Z"
Mit den beiden Schreiben der Buchhaltung des Oberlandesgerichtes Wien vom 17. Juni 1999 erging an das Bezirksgericht jeweils die Mitteilung über die Undurchführbarkeit des Einziehungsauftrages gemäß § 13 Abs. 1 Abbuchungs- und Einziehungsverordnung; angeschlossen war jeweils ein Beleg, wonach die Einziehung vorgelegt und am 15. Juni 1999 nicht eingelöst worden sei, weil die Kontonummer (4880628 00042111404) falsch gewesen sei.
Mit den beiden Zahlungsaufträgen vom 25. Juli 1999 schrieb der Kostenbeamte die Pauschalgebühr gemäß TP 1, die Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG und den Mehrbetrag (offenbar: gemäß § 31 Abs. 1 GGG) vor. In seinen "Einsprüchen" gegen die Zahlungsaufträge machte der Beschwerdeführer geltend, er hätte unter der Position A Gebühreneinzug in der Mahnklage als Anschriftencode des Vertreters die PSK-Nr. für AEV 01844557 angeführt. Aus nicht ersichtlichen Gründen sei die Einziehung der Gerichtsgebühren zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt. Die Unterlassung der Einziehung beruhe nicht auf einem Verschulden oder einer Fahrlässigkeit des Klagevertreters. Er habe das Konto richtig angegeben und die Gebühren seien aus einem von ihm nicht zu vertretenden Umstand nicht abgebucht worden. Er legte dazu ein Schreiben an die Rechtsanwaltskammer Burgenland vom 26. April 1999 vor, in dem er ersuchte zu verfügen, dass in Hinkunft die gerichtliche Pauschalgebühr von seinem PSK-Konto Nr. 018445578 abgebucht werde.
Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berichtigungsanträgen keine Folge. Folgender Sachverhalt wurde festgestellt:
"Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, konnte der Gebühreneinzug bei der elektronisch eingebrachten Klage in der Höhe von S .... nicht durchgeführt werden (von PSK-Nr. 04.880.628- Girokonto 421011420). Auf Grund einer Anfrage des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt beim Klagevertreter wurde um Abbuchung von PSK-Nr. 04.880.628 Girokonto 043111404 ersucht. Dieser Gebühreneinzug blieb erfolglos. Nach Rücksprache mit der Kanzlei des Klagevertreters (Herr Z) und Überprüfung der Buchhaltung des Klagevertreters auf eine mögliche Abbuchung oder Einzahlung wurde wegen Nichtentrichtung der Betrag von S ... (Pauschalgebühr TP 1) zur Einzahlung gebracht."
Es habe sich aus dem Akteninhalt ganz eindeutig ergeben, dass im Zuge der elektronischen Klage der Gebühreneinzug nicht durchgeführt werden konnte, ebenso nicht von dem Konto, welches im Zuge einer Rücksprache mit der Kanzlei des Klagevertreters bekannt gegeben worden sei. Da der Beschwerdeführer auf der von ihm verfassten Klageschrift nicht sein im Zeitpunkt der Klagseinbringung bestehendes Konto angegeben habe, von dem die Gebühren hätten eingezogen werden sollen, sei zur Hereinbringung die Erlassung eines Zahlungsauftrages und die Vorschreibung eines Mehrbetrages zulässig gewesen.
Mit seinen dagegen erhobenen Beschwerden beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte in beiden Fällen die Verwaltungsakten vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 1 GGG (in der Fassung BGBl. Nr. 343/1989) ist, wenn der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet ist und die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden ist oder die Einziehung erfolglos geblieben ist, von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50 % des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag durfte jedoch S 3.000,-- nicht übersteigen. § 6 GEG in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 sah für den Fall der Erlassung eines Zahlungsauftrages eine Einhebungsgebühr von S 100,-- vor.
In beiden Beschwerdefällen ist zunächst davon auszugehen, dass die mit der Überreichung der Klage entstandene Gebührenpflicht (§ 2 Abs. 1 lit. a GGG) letztlich durch Entrichtung der Pauschalgebühr nach TP 1 erfüllt wurde; es ist zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Mehrgebühr nach § 31 Abs. 1 GGG bzw. der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG vorlagen. Nach § 4 Abs. 4 GGG (hier in der Fassung BGBl. Nr. 343/1989) waren, wenn die Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht wurde, die Gebühren durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten; Abs. 5 dieser Bestimmung enthielt die Ermächtigung an den Justizminister, die näheren Umstände des Abbuchungs- und Einziehungsverfahrens zu regeln. Dazu erging die Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 4. Dezember 1989, hier in Bezug auf das Bescheiddatum bereits in der am 11. August 1999 in Kraft getretenen Fassung BGBl. II Nr. 266/1999 (AEV), deren § 13 lautet:
"Einbringung von Gebühren
§ 13. (1) Wenn die Gerichtsgebühren nicht oder nicht vollständig abgebucht und eingezogen werden konnten, hat die Österreichische Postsparkasse hievon die Buchhaltung des Oberlandesgerichts Wien unter Rückbelastung des Justizkontos (§ 1) zu verständigen; die Buchhaltung des Oberlandesgerichts Wien hat dies dem Gericht mitzuteilen, bei dem die Gebührenpflicht begründet wurde.
(2) Liegt die Ursache der unterbliebenen oder unvollständigen Gebührenentrichtung durch Abbuchung und Einziehung im Bereich des Gerichts, etwa in einem Versehen des Kostenbeamten, so hat dieser nochmals einen Gebühreneinzug zu veranlassen. In den übrigen Fällen unterbliebener oder unvollständiger Gebührenentrichtung hat der Kostenbeamte des Gerichts unter Bedachtnahme auf § 31 GGG einen Zahlungsauftrag zu erlassen."
Die belangte Behörde war somit im Sinne des § 13 Abs. 2 erster Satz AEV gehalten, die Ursache der zunächst unterbliebenen Gebührenentrichtung festzustellen. Sie hat die Vorschreibung der Mehrgebühr darauf gestützt, dass weder eine Einziehung vom Girokonto 421011420 noch eine Einziehung vom Girokonto 043111404 erfolgreich gewesen sei.
Gemäß § 5 AEV hat der Gebührenentrichter in der Eingabe das Konto, von dem die Gerichtsgebühren einzuziehen sind, oder den Anschriftencode, unter dem ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren gespeichert ist, anzugeben. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer durch Angabe des PSK-Kontos 01.844.557 nachgekommen; obwohl er in seinem Berichtigungsantrag ausdrücklich auf dieses Konto verwiesen hat und ausgeführt hat, dass aus nicht ersichtlichen Gründen die Einziehung der Gerichtsgebühren zum Zeitpunkt der Klagserhebung nicht erfolgt sei, hat die belangte Behörde Feststellungen darüber unterlassen, aus welchem Grund es nicht zu einer Einziehung von diesem Konto gekommen ist. Im angefochtenen Bescheid wurde weder festgestellt, ob überhaupt ein Einziehungsversuch auf diesem Konto vorgenommen wurde, noch, aus welchem Grunde der Einziehungsversuch erfolglos gewesen wäre.
Der erstmals in den Gegenschriften aufgestellten Behauptung, hinsichtlich des in der Klage angegebenen PSK-Kontos sei keine Einziehungsermächtigung vorgelegen, muss entgegen gehalten werden, dass es der belangten Behörde verwehrt ist, in der Gegenschrift Sachverhaltselemente nachzutragen (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, Zl. 89/11/0226). Allerdings sei schon jetzt darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer nach § 4 Abs. 2 Z. 2 lit. a GGG, § 2 AEV verpflichtet war, einen Abbuchungsauftrag hinsichtlich dieses Kontos zu erteilen. Sollte der Beschwerdeführer tatsächlich ein Konto angegeben haben, für welches kein Abbuchungsauftrag vorlag, hätte er die unterbliebene Gebührenentrichtung zu vertreten, sodass im Sinne des § 13 Abs. 2 zweiter Satz AEV mit Zahlungsauftrag vorzugehen war; sowohl die Vorschreibung der Mehrgebühr nach § 31 Abs. 1 GGG als auch der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG wäre in diesem Fall zu Recht erfolgt (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 94/16/0137).
Da somit in einem wesentlichen Punkt der Sachverhalt einer Ergänzung bedarf, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenmehrbegehren betreffend den Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil ein solcher gemäß § 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 dann nicht in Betracht kommt, wenn ein Rechtsanwalt - wie im vorliegenden Beschwerdefall - in eigener Sache einschreitet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0214).
Wien, am 24. April 2002
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