VwGH 95/09/0090

VwGH95/09/009027.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Dipl.Ing. Dr. L in W, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schwarzenbergplatz (Eingang Gußhausstraße 2), gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Rechnungshof vom 11. November 1994, Zl. 61/11-Dis/94, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §118 Abs2;
BDG 1979 §123 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs2;
BDG 1979 §123 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand als Beamter des Rechnungshofes bis zur Erlassung des Bescheides der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport (DOK) vom 13. Juni 2000, Zl. 9/11-DOK/00, mit dem über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Der Beschwerdeführer war bereits zuvor mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 19. Dezember 1994, Zl. 116/5-DOK/94, gemäß § 112 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) vom Dienst suspendiert worden. Die Suspendierung gründete sich im Wesentlichen auf die dem Beschwerdeführer im Verdachtsbereich vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen, die Gegenstand des nachstehenden, nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Einleitungsbeschlusses der belangten Behörde (Disziplinarkommission beim Rechnungshof) vom 11. November 1994 waren. Der Suspendierungsbescheid der DOK ist Gegenstand des unter hg. Zl. 95/09/0039 anhängigen Verfahrens. Damit im Zusammenhang stehen einige weitere beim Verwaltungsgerichthof anhängige Beschwerden, die Bescheide der DOK betreffend Anträge des Beschwerdeführers auf Aufhebung der (mit der Suspendierung verbundenen) Bezugskürzung (hg. Zl. 95/09/0288), auf Aufhebung der Suspendierung (hg. Zl. 96/09/0175) sowie auf Wiederaufnahme des Suspendierungs- und des mit dem Einleitungsbeschluss vom 11. November 1994 betreffenden Verfahrens (hg. Zl. 97/09/0327) zum Gegenstand haben. Ferner ist noch eine Beschwerde gegen die Untersagung einer Nebenbeschäftigung (die Gegenstand von Disziplinarverfahren bzw. auch zur Begründung der Suspendierung herangezogen worden war) anhängig (hg. Zl. 2000/12/0265).

Mit dem im Beschwerdefall angefochtenen Bescheid vom 11. November 1994 leitete die belangte Behörde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren ein.

Er stehe im Verdacht,

(1) als Alleineigentümer der Firma E Bauprojektentwicklungsgesellschaft mbH wiederholt und zuletzt noch im August 1994 mit Vertretern von Einrichtungen, die der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes unterlägen (Österreichische Bundesbahnen, Amt der Kärntner und der Oberösterreichischen Landesregierung, Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich) und sonstigen Unternehmungen (Firma X in N.) als Repräsentant der E persönlich wesentliche geschäftliche Verhandlungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geführt, im August 1994 bei Abgeordneten des Nationalrates persönlich und schriftlich für ein Produkt der E interveniert, seine geschäftlichen Aktivitäten nicht nur in der Freizeit, sondern auch während der Dienststunden und im Krankenstand unter Verwendung dienstlicher Einrichtungen (Telefon, Amtsbibliothek) gesetzt zu haben (Verstoß gegen Art. 126 2. Satz B-VG sowie gegen die §§ 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1, 48 Abs. 1 und 56 Abs. 2 BDG 1979),

(2) sich im Juli und August 1994 ungerechtfertigt im Krankenstand befunden, Befunde im Zusammenhang mit einer amtsärztlichen Untersuchung am 10. August 1994 nicht rechtzeitig beigebracht, am 16. August 1994 nach einem Krankenstand weder den Dienst angetreten noch den Grund für seine Abwesenheit bekanntgegeben zu haben und erst nachträglich eine Aufenthaltsbestätigung einer Privatklinik vorgelegt zu haben (Verstoß gegen die §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1, 48 Abs. 1, 51 und 56 Abs. 2 BDG 1979),

(3) im Jahre 1994 wiederholt und ungeachtet zweier Ermahnungen durch seinen Vorgesetzten die Dienstzeit nicht eingehalten sowie der dienstlichen Weisung, an der Überprüfung der Gebarung des aö. Krankenhauses Wr. Neustadt teilzunehmen, nicht entsprochen zu haben (Verstoß gegen die §§ 43 Abs. 1, 44 und 48 Abs. 1 BDG 1979) und

(4) im August 1994 eine Rechnung des Rechnungshofes für private Kopien trotz Aufforderung nicht beglichen und im September 1994 der Aufforderung, aus der Amtsbibliothek des Rechnungshofes entlehnte Bücher zurückzustellen bzw. eine Verlustmeldung zu erstatten, nicht Folge geleistet zu haben (Verstoß gegen die §§ 44, 53 Abs. 2 Z. 5 und 60 Abs. 4 BDG 1979).

In der Begründung wurde im Wesentlichen auf die in den Disziplinaranzeigen erhobenen Vorwürfe, die durch Geschäftstücke, Schriftkopien, Pressemeldungen, Niederschriften und Telefonabrechnungen belegt seien, hingewiesen und im Einzelnen auf deren rechtliche Zuordnung näher eingegangen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 6. März 1995, B 2814/94, die Behandlung der gegen diesen Einleitungsbeschluss erhobenen Verfassungsgerichtshof-Beschwerde ab, trat jedoch gleichzeitig die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung darüber ab, ob der Beschwerdeführer in einem sonstigen Recht verletzt worden sei.

In seiner über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Nach einer unangefochten gebliebenen Ergänzung des Einleitungsbeschlusses (Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 1995) fasste die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Mai 1997 gemäß § 124 Abs. 1 BDG 1979 zu den in den beiden Einleitungsbeschlüssen im Verdachtsbereich erhobenen Anschuldigungen mit Bescheid vom 20. Mai 1997 den Verhandlungsbeschluss. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wurde (nach Ablehnung der zunächst eingebrachten Verfassungsgerichtshof-Beschwerde und der Abtretung nach Art. 144 Abs. 3 B-VG) unter Zl. 98/09/0007 protokolliert.

Dieses - erste - Disziplinarverfahren endete nicht mit einem das Verfahren abschließenden Bescheid.

Vielmehr leitete die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. Februar 1999 wegen des Verdachtes bestimmter Dienstpflichtverletzungen ein weiteres Disziplinarverfahren nach § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein, das sich vor allem auf den Vorwurf der fahrlässigen Krida (§§ 159 Abs. 1 Z. 1 und 161 Abs. 1 StGB) bezog und bis zum rechtskräftigen Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens zum sachgleichen Vorwurf unterbrochen wurde. Die gegen diesen Einleitungsbeschluss erhobene Berufung an die Berufungskommission nach § 41a BDG 1979 blieb erfolglos (vgl. deren Bescheid vom 8. Juni 1999).

Nach Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens, das mit einer Verurteilung des Beschwerdeführers endete (Urteil des OLG Wien vom 6. Juli 1999, 20 Bs X), verhängte die Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport mit Bescheid vom 13. Juni 2000 im Instanzenzug über den Beschwerdeführer (im Wesentlichen gestützt auf das obzitierte Urteil) die bereits eingangs erwähnte Disziplinarstrafe der Entlassung. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, Zl. 2000/09/0144, als unbegründet ab. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 43 Abs. 2 und 8 VwGG auf den Inhalt dieses Erkenntnisses verwiesen.

Unter Hinweis auf dieses Erkenntnis vom 31. Jänner 2001 wurde dem Beschwerdeführer mit Berichterverfügung vom 4. April 2001, Zl. 95/09/0090-28, Gelegenheit gegeben, sich zur vorläufigen Rechtsauffassung zu äußern, dass das vorliegende Beschwerdeverfahren gegen den Einleitungsbeschluss vom 11. November 1994 einzustellen sein werde.

In der Folge nahm der Beschwerdeführer mehrfach Akteneinsicht und erstattete am 8. Mai und am 20. Juni 2001 umfangreiche Stellungnahmen. Der Beschwerdeführer wandte sich in diesen Stellungnahmen, soweit sie sich auf den hier bekämpften Einleitungsbeschluss beziehen, gegen die Einstellung des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Im Wesentlichen brachte er vor, es müsse wegen des Zusammenhanges der verschiedenen gegen ihn geführten Verfahren (Disziplinar- bzw. Dienstrechtsverfahren) eine Gesamtschau erfolgen, die auch den hier bekämpften Einleitungsbeschluss miteinbeziehe. In diesem Zusammenhang stellte er unter anderem auch den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Entscheidung über den hier angefochtenen Einleitungsbeschluss.

Dieses Vorbringen stellt keinen Anlass dafür dar, das Verfahren über den Einleitungsbeschluss vom 11. November 1994 fortzusetzen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu den Beschluss vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/09/0204, und die dort angeführte Vorjudikatur) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich also im Verfahren über eine derartige Beschwerde, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, und auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung des verletzten subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers keine Veränderung bewirken würde, führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Das ist hier der Fall: Auf Grund des obzitierten Bescheides der Disziplinaroberkommission vom 13. Juni 2000 wurde mit der Zustellung dieser die Entlassung des Beschwerdeführers bestätigenden Entscheidung das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers beendet. Dies führt aber gemäß § 118 Abs. 2 BDG 1979 dazu, dass das mit dem hier angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 1994 eingeleitete (und in der Folge zu den im Verdachtsbereich zur Last gelegten Taten formell nicht mit einem Disziplinarerkenntnis abgeschlossene) Disziplinarverfahren als eingestellt gilt (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0323, zu einer vergleichbaren Fallkonstellation. In jenem Verfahren wurde ein verwaltungsgerichtliches Verfahren, das einen Einleitungsbeschluss nach § 123 Abs. 1 BDG 1979 betraf, eingestellt, nachdem das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des damaligen Beschwerdeführers nach der dritten negativen Leistungsfeststellung in Folge während der Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kraft Gesetzes beendet wurde). Damit könnte aber selbst eine stattgebende Beschwerdeerledigung in Bezug auf die allein den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Einleitung des Disziplinarverfahrens keine rechtliche Besserstellung des Beschwerdeführers bewirken.

Diese Einstellung war in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zu beschließen.

Im Hinblick darauf, dass eine im Rahmen der Entscheidung über die Kosten erforderliche Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde - weder die Auffassung des Beschwerdeführers noch der belangten Behörde kann ohne nähere Prüfung als zutreffend oder unzutreffend angesehen werden - hat der Verwaltungsgerichthof nach freier Überzeugung entscheiden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Satz VwGG). Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abzusehen.

Wien, am 27. Juni 2001

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