Normen
AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §37 idF 1998/I158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §37 idF 1998/I158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde der Gertrude Miklauschina wird als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der Beschwerden des Harald Miklauschina und der Hermenegild Schneeweiß werden die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Gertrude Miklauschina hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- und den Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Land Niederösterreich hat Harald Miklauschina und Hermenegild Schneeweiß jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nachdem die Erstmitbeteiligten ihr Baugesuch vom 8. November 1996 zurückgezogen hatten, beantragten sie mit Eingaben vom 25. Juni 1997 einerseits die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Änderung des bestehenden Stallgebäudes und für den Neubau einer Güllegrube und einer Traktorgarage auf den Grundstücken Nr. 236/1, .32 und .36, sowie andererseits für den Einbau eines Schweinestalles beim bestehenden Wirtschaftsgebäude auf den Grundstücken Nr. 236/1 und .32, je KG Pyhra. Die Erstbeschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes .84, KG Pyhra, das von dem zu bebauenden Grundstück durch das im Eigentum der Bauwerber stehende Grundstück Nr. 216/1 getrennt ist. Das Grundstück Nr. 216/1 weist die Widmung "Grünland-landwirtschaftliches Gebiet" auf und ist an der schmälsten, der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer gegenüberliegenden Stelle ca. 12 m breit.
Das Grundstück Nr. 249 der Zweitbeschwerdeführerin ist vom zu bebauenden Grundstück ca. 10 m entfernt, dazwischen liegt ein als Sackgasse ausgebildeter Teil der Straße mit der Grundstücksnummer 748/4.
Zu den Bauverhandlungen über die eingereichten Projekte der Erstmitbeteiligten wurden die Beschwerdeführer nicht geladen. In der Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Erstmitbeteiligten mit Bescheid vom 31. Jänner 1998 die beantragten Baubewilligungen.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 beantragte Harald Miklauschina die Zuerkennung der Parteistellung in diesen Bauverfahren sowie die Bescheidzustellung. Die Zweitbeschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 27. August 1997 die Zuerkennung der Parteistellung und die Zustellung des Baubewilligungsbescheides.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 1997 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag des Harald Miklauschina abgewiesen. Dagegen erhoben die Erstbeschwerdeführer Berufung. Mit Bescheiden des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Februar 1998 wurde die Berufung der Gertrude Miklauschina als unzulässig zurückgewiesen, weil an sie kein erstinstanzlicher Bescheid ergangen sei, die Berufung des Harald Miklauschina wurde abgewiesen, weil ihm Parteistellung nicht zukomme.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Erstbeschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. September 1998 abgewiesen, wobei zur Begründung darauf hingewiesen wurde, dass das Grundstück der Eheleute Miklauschina mit dem zu bebauenden Grundstück keine gemeinsame Grundstücksgrenze aufweise und von diesem auch nicht durch eine öffentliche Verkehrsfläche, ein Gewässer oder einen Grüngürtel, sondern durch eine private Grundfläche getrennt sei.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Dezember 1999, B 1913/98-11, B 1914/98-11, B 1915/98-11, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Gegen den Bescheid vom 1. September 1998 richtet sich die zur hg. Zl. 2000/05/0015 protokollierte Beschwerde der Erstbeschwerdeführer, die über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzt und in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde.
Den Antrag der Hermenegild Schneeweiß hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 29. Oktober 1997 abgewiesen; die zum Straßengrundstück Nr. 748/4 gehörende, an das Grundstück der Beschwerdeführerin grenzende Teilfläche sei im Flächenwidmungsplan als Grünland-Landwirtschaft gewidmet, somit sei Hermenegild Schneeweiß nicht als Nachbarin im Sinne des Gesetzes zu betrachten. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung dieser Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 18. Februar 1998 als unbegründet abgewiesen, der dagegen erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. September 1998 keine Folge gegeben.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit dem genannten Beschluss vom 15. Dezember 1999 abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Zusammengefasst führte der Verfassungsgerichtshof aus, soweit die Beschwerden verfassungsrechtliche Fragen tatsächlich berührten, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Einräumung der Parteistellung und Ausgestaltung der Parteirechte im Verwaltungsverfahren (vgl. VfSlg. 8279/1998, 10844/1986) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.
Gegen den Bescheid vom 1. September 1998 richtet sich die zur hg. Zl. 2000/05/0017 protokollierte Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird ebenfalls Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in je einer Gegenschrift, ebenso wie die erstmitbeteiligten Parteien, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des sachlichen Zusammenhanges beschlossen, beide Beschwerden zu gemeinsamer Beratung und Beschlussfassung zu verbinden.
In der Sache selbst hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gegenstand der angefochtenen Bescheide ist ausschließlich die Frage der Parteistellung der Beschwerdeführer in jenen Baubewilligungsverfahren der Erstmitbeteiligten, die mit den Eingaben vom 25. Juni 1997 eingeleitet wurden. Frühere Ansuchen sind nicht verfahrensgegenständlich.
Gertrude Miklauschina hat keinen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung und Übermittlung des Baubewilligungsbescheides gestellt, ihre gegen den, das diesbezügliche Ansuchen ihres Ehemannes abweisenden Bescheid eingebrachte Berufung hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Recht als unzulässig zurückgewiesen, weil ihr gegenüber kein Bescheid ergangen ist. Durch die Abweisung ihrer Vorstellung konnte die Beschwerdeführerin in keinen Rechten verletzt sein, ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Ansuchen der Erstmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung sind bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 30. Juni 1997 eingelangt. Auf diese Verfahren ist daher die Niederösterreichische Bauordnung 1996 anzuwenden. Nach § 6 Abs. 1 Z. 3 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. 8200-0 können die Eigentümer der Grundstücke, die mit dem Baugrundstück eine gemeinsame Grenze haben oder von diesem durch eine öffentliche Verkehrsfläche, ein Gewässer oder einen Grüngürtel mit einer Breite bis zu 14 m getrennt sind (Nachbarn), Parteistellung erlangen.
Nachbarn werden nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Im Baubewilligungsverfahren werden sie nur dann Parteien, wenn sie diese Rechte spätestens in der Bauverhandlung geltend machen. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden. § 42 Abs. 1 und 3 AVG in der Fassung der Verfahrensgesetznovelle 1998 ist im Beschwerdefall noch nicht anzuwenden, da diese Novelle nur auf solche Tatbestände anzuwenden ist, die nach Inkrafttreten dieser Novelle, also nach dem 31. Dezember 1998 verwirklicht wurden. Auf Bauverhandlungen, die vor diesem Zeitpunkt abgehalten wurden, können diese Bestimmungen nicht angewendet werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2000, Zl. 2000/05/0046).
Die Grundstücke der Beschwerdeführer haben mit den zu bebauenden Grundstücken zwar keine gemeinsame Grundgrenze, die Entfernung zu den zu bebauenden Grundstücken beträgt aber weniger als 14 m, sodass zu untersuchen ist, ob die dazwischen liegenden Grundstücke als Grüngürtel, Gewässer oder öffentliche Verkehrsflächen anzusehen sind. Das Grundstück Nr. 216/1, das zwischen dem Grundstück des Erstbeschwerdeführers und einem der zu bebauenden Grundstücke liegt, ist als Grünland-Landwirtschaft ausgewiesen. Zwar normiert § 19 Abs. 2 Z. 2 NÖ ROG 1976 Grüngürtel als Flächen zur Trennung von sich gegenseitig beeinträchtigenden Nutzungen (einschließlich immissionsabschirmender Maßnahmen) sowie Flächen mit ökologischer Bedeutung; die Gemeinde hat die Funktion und erforderlichenfalls die Breite des Grüngürtels im Flächenwidmungsplan festzulegen. Bezogen auf die Intention des § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ BO 1996, der an das Naheverhältnis anknüpft, kann es aber in gleichheitskonformer Auslegung keinen Unterschied bedeuten, ob ein Grundstück als Grüngürtel oder als Grünland-Landwirtschaft ausgewiesen ist, weil es nicht auf die Ausweisung im Flächenwidmungsplan ankommt (zu verweisen ist, in diesem Zusammenhang auf die hier noch nicht anwendbare Novelle LGBl. 8200-3). Dasselbe gilt auch für das Grundstück der Hermenegild Schneeweiß, das von einem der zu bebauenden Grundstücke nur ca. 10 m entfernt ist. Die dazwischen liegende Liegenschaft liegt im öffentlichen Gut und ist in Form einer Sackgasse ausgebildet. Dieser Grundstücksteil ist eine öffentliche Verkehrsfläche, da es auch in dieser Hinsicht nicht auf die Ausweisung im Flächenwidmungsplan als Grünland-Landwirtschaft ankommt. In den Beschwerdefällen wären also sowohl die Eigentümer des Grundstückes Nr. .84 KG Pyhra (Miklauschina) als auch die Eigentümerin des Grundstückes Nr. 249 der mündlichen Bauverhandlung beizuziehen gewesen.
Gemäß § 21 Abs. 6 NÖ BO 1996 ist dann, wenn ein Nachbar der Baubehörde nachweist, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 6 Abs. 1, zweiter Satz, spätestens in der Bauverhandlung geltend zu machen, die Möglichkeit eröffnet, dass er seine Einwendungen nach § 6 Abs. 2 gegen die Bauführung bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn vorbringt.
Sowohl Harald Miklauschina als auch Hermenegild Schneeweiß haben anlässlich ihrer Berufung gegen die Bescheide des Bürgermeisters Einwendungen gegen die Bauführung vorgebracht; dem vorgelegten Verwaltungsakt kann nicht entnommen werden, wann der Baubeginn angezeigt wurde. Da aber die Baubewilligungen erst mit Bescheid vom 31. Jänner 1998 erteilt wurden, und unter dem Baubeginn im Sinne des § 26 Abs. 1 NÖ BO 1996 nicht eine Baubeginnsanzeige, die die Rechtsfolge des § 21 Abs. 6 BO auslöst, die vor Rechtskraft der Baubewilligung erfolgt sein sollte, verstanden werden kann, ist davon auszugehen, dass die Einwendungen rechtzeitig erhoben wurden.
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass den Beschwerdeführern auf Grund des Umstandes, dass die zwischen ihren Grundstücken und den zu bebauenden Grundstücken liegenden Flächen nicht als "Grüngürtel" bzw. "öffentliche Verkehrsfläche" anzusehen seien, keine Parteistellung zukomme, belastete sie ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. Juli 2000
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