VwGH 99/12/0152

VwGH99/12/015229.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des AS in M, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwältin in Wien I, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 26. März 1999, Zl. P 95894, betreffend Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
PensionsO Wr 1995 §4 Abs3 idF 1996/048;
PensionsO Wr 1995 §4 Abs4 Z3 idF 1998/023;
AVG §56;
PensionsO Wr 1995 §4 Abs3 idF 1996/048;
PensionsO Wr 1995 §4 Abs4 Z3 idF 1998/023;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erlernte der 1943 geborene Beschwerdeführer, der als Beamter des Ruhestandes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien steht, nach Absolvierung der Pflichtschule den Beruf eines Maurers und war in diesem Lehrberuf bis 1968 tätig; vor seiner 1978 bei den Wiener Verkehrsbetrieben erfolgten Aufnahme als Straßenbahnfahrer arbeitete der Beschwerdeführer als Kraftwagenlenker.

Mit Beschluss der Gemeinderätlichen Personalkommission vom 15. Mai 1998 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 2 Z. 1 der Wiener Dienstordnung 1994 mit Ablauf des 31. Mai 1998 in den Ruhestand versetzt. Eine nähere Begründung hiefür ist weder dem Beschluss noch den vorgelegten Akten zu entnehmen. Eine Bemessung des Ruhegenusses erfolgte nicht.

In weiterer Folge wurde jedoch ein amtsärztliches Gutachten zur Frage, ob der Beschwerdeführer im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 der Pensionsordnung 1995 zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dauernd unfähig war, einem regelmäßig Erwerb nachzugehen, eingeholt.

Diesem Gutachten vom 27. Juli 1998 ist folgende Diagnose zu entnehmen:

"Halswirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenvorwölbung

Tennisellbogen rechts

Streckdefizit linker Ellbogen

Wiederkehrender Kreuzschmerz

Speiseröhrenentzündung durch Magensaftrückfluss

(Refluxösophagitis)

chronische Prostataentzündung

wiederholt Nasennebenhöhlenentzündungen."

Die körperliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers sei vorwiegend durch Abnützungen des Stütz- und Bewegungsapparates eingeschränkt. Eine wesentliche Besserung dieser Beschwerden sei nicht mehr zu erwarten. Die Beschwerden seitens der refluxbedingten Speiseröhrenentzündung seien einer entsprechenden Medikation und Diät zugänglich. Auf Grund der chronischen Prostataentzündung und der wiederkehrenden Nasen-Nebenhöhlenentzündungen seien Tätigkeiten in Kälte und Nässe im Leistungskalkül nicht enthalten. Die psychische Leistungsfähigkeit sei altersentsprechend unauffällig. Zusammenfassend sei zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung eine Einsetzbarkeit entsprechend dem nachfolgenden Leistungskalkül gegeben.

Es folgt eine formularmäßige Beurteilung, zu welchen Arten von Tätigkeiten unter welchen Voraussetzungen der Beschwerdeführer noch herangezogen werden kann und die Feststellung, dass eine Besserung seines Gesundheitszustandes unwahrscheinlich ist.

Hiezu wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom 30. Juli 1998 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, wovon der Beschwerdeführer aber keinen Gebrauch machte.

Es erging daraufhin folgender erstinstanzlicher Bescheid vom 19. August 1998:

"Die Direktion der Wiener Stadtwerke - Verkehrsbetriebe stellt fest, dass die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 der Pensionsordnung 1995 nicht vorliegen."

In der Begründung dieses Bescheides wird im Wesentlichen lediglich ausgeführt, ausgehend vom Gutachten der Magistratsabteilung 15 vom 27. Juli 1998 ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung noch zu kontinuierlichen Tätigkeiten unter allgemein üblichem Zeitdruck und mit durchschnittlicher psychischer sowie leichter körperlicher Beanspruchung in der Lage sei. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 seien somit nicht gegeben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, er sei auf Grund seines "multimorbiden Krankheitsleidens und anderer Gebrechen oder Schwächen" nicht mehr in der Lage, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Er bekämpft das amtsärztliche Gutachten wegen Unrichtigkeit und Unvollständigkeit (wird näher ausgeführt), vertritt weiters die Auffassung, dass er auf Grund seines "multimorbiden Leidensbildes" eine regelmäßige Tätigkeit einen gesamten Arbeitstag hindurch auch bei Annahme nur leichter Arbeiten wegen ständiger Schmerzen nicht verrichten könne. Im Übrigen hätte auch ein berufskundliches Gutachten eingeholt werden und auf die zu erwartenden Krankenstände Bedacht genommen werden müssen. Weiters wird der Begriff der Erwerbsunfähigkeit des § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit § 9 PO 1995 bzw. der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zumutbarkeit gebracht.

Hiezu wurde von der belangten Behörde zum Gutachten der Mag. Abt. 15 vom 27. Juli 1998 nachträglich eine weitere Stellungnahme des amtsärztlichen Dienstes eingeholt, die ausgehend von Zusatzbefunden die beim Beschwerdeführer gegebenen Beschwerden bei Beachtung der empfohlenen Verhaltensmaßregeln bzw. Einhaltung der medikamentösen Therapie für beherrschbar erklärt.

Im dazu eingeräumten Parteiengehör bekämpfte der Beschwerdeführer - aber ohne Vorlage eines ärztlichen Gegengutachtens - die medizinischen Aussagen, verwies auf seinen Leidenszustand und seine allgemeine Schwäche, die sogar zum Abbruch der durchgeführten Ergometrie gezwungen habe, sowie auf die zeitweilige Notwendigkeit, in Minutenabständen urinieren zu müssen. Neuerlich wurde die Zuziehung eines berufskundlichen Sachverständigen unter der Berücksichtigung der zu erwartenden Krankenstände verlangt.

Die belangte Behörde holte daraufhin ein "Berufskundiges Sachverständigengutachten" vom 9. Dezember 1998 ein. In diesem gelangte der Gutachter zu folgender Feststellung:

"Für eine Arbeitskraft mit den Leistungseinschränkungen und der Berufslaufbahn des Beschwerdeführers besteht die Möglichkeit, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in mehreren Hilfsberufen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen."

Ausgehend von der Annahme, dass der Beschwerdeführer als Straßenbahnfahrer in einem Hilfsberuf tätig gewesen sei, sei ihm unter Berücksichtigung seiner Leistungseinschränkungen beispielsweise die Ausübung folgender am allgemeinen Arbeitsmarkt vorhandener Berufe zumutbar:

Billeteur, Bürogehilfe, unqualifizierte Kontrollarbeiten in der Zwischen- und Endkontrolle, Portiere in Fabriken, Werkstätten, Werkshallen udgl., Tischmontage-Arbeiten.

Im Parteiengehör dazu brachte der Beschwerdeführer mit 30. Dezember 1998 vor, das berufskundliche Gutachten wäre nach Abklärung seiner Schmerzzustände auch in kardiologischer Hinsicht zu ergänzen. Weiters sei der Gutachter auch nicht auf die bisher medizinisch nicht abgeklärte Frage künftig zu erwartender Krankenstände und die dadurch nicht gegebene Vermittelbarkeit des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt eingegangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Die Direktion der Wiener Stadtwerke - Verkehrsbetriebe hat am 19. August 1998 zur Zahl P 95894/8b Sz/Pi an den Beschwerdeführer einen Bescheid gerichtet, in dem ausgesprochen wurde, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Z 3 der Pensionsordnung 1995 (PO 1995) nicht vorliegen.

Über die dagegen fristgerecht eingebrachte Berufung vom 9. September 1998 hat der Berufungssenat der Stadt Wien in seiner Sitzung vom 26. März 1999 entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG, BGBl. Nr. 51/1991) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt."

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im Wesentlichen ausgeführt, den im amtsärztlichen Gutachten getroffenen Feststellungen habe der Beschwerdeführer nur seine persönliche Meinung entgegengehalten. Sämtliche im Berufungsvorbringen angeführten Beschwerden seien dem amtsärztlichen Sachverständigen bekannt gewesen und seien der Befundung zu Grunde gelegt worden. Dies habe zu dem Schluss geführt, dass der Beschwerdeführer gewisse Tätigkeiten aus ärztlicher Sicht noch ausüben könne. Einem schlüssigen Sachverständigengutachten könne man nicht mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher Ebene entgegentreten. Vielmehr sei es an der Partei gelegen, wenn sie grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten habe, diesem auf gleichem Niveau entgegenzutreten und unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar seien. Auch könne der Argumentation des Beschwerdeführers, dass zur richtigen Beurteilung seines Gesundheitszustandes ein kardiologisches Gutachten einzuholen gewesen wäre, im Hinblick darauf, dass im amtsärztlichen Ergänzungsgutachten vom 27. Juli 1998, gestützt auf eine Reihe von Befunden, sehr ausführlich zu den Herzbeschwerden des Beschwerdeführers Stellung genommen worden sei, nicht gefolgt werden. Ebenso wenig werde die Vollständigkeit des amtsärztlichen Sachverständigengutachtens durch die Behauptung des Beschwerdeführers widerlegt, dass in der internistischen Stellungnahme vom 21. Oktober 1998 auf die Tachykardien nicht eingegangen worden sei, weil sich der amtliche Sachverständige mit diesem Vorbringen ausdrücklich in seinem Ergänzungsgutachten vom 17. November 1998 befasst habe. Dass dem Einwand des Beschwerdeführers bezüglich der verminderten Knochendichte keine Bedeutung für die Frage, ob der Beschwerdeführer einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne, zukomme, ergebe sich schon aus dem vom Beschwerdeführer selbst angesprochenen Befund vom 16. März 1996, weil hier nur ein mäßiggradig erhöhtes Frakturrisiko bestehe. Abgesehen davon, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass auf die zu erwartenden Krankenstände in keinem medizinischen Gutachten eingegangen worden sei, nicht richtig sei, weil im amtsärztlichen Ergänzungsgutachten vom 17. November 1998 ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass unter Einhaltung des von der Mag. Abt. 15 erstellten medizinischen Leistungskalküls vermehrte Krankenstände aus ärztlicher Sicht nicht zu erwarten seien, sei dieser Umstand bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 kein Kriterium. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass im amtsärztlichen Gutachten nur solche Tätigkeiten angeführt seien, die der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes auch tatsächlich erledigen könne.

Auch der Argumentation des Beschwerdeführers, dass auf die soziale Zumutbarkeit in Anlehnung an die Judikatur zu § 9 PO 1995 auch bei § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 Bedacht genommen werden müsse, sei rechtlich nicht haltbar. Der Wortlaut des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 erwähne im Gegensatz zu § 9 PO 1995 nichts von einem zumutbaren Erwerb. Vielmehr müsse der Beamte im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dauernd außer Stande sein, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, damit der Tatbestand des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 erfüllt sei. § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 könne also nach dem klaren Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung nur so interpretiert werden, dass jede Tätigkeit für diesen regelmäßigen Erwerb in Frage komme. Eine Einschränkung bezüglich sozialer Zumutbarkeit eines Erwerbes werde von § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 nicht getroffen. Da der berufskundige Sachverständige in seinem Gutachten vom 9. Dezember 1998 zu dem Schluss gekommen sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Leistungseinschränkungen und seiner Berufslaufbahn noch auf einige Berufe verwiesen werden könne, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten insofern verletzt, als die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 zu Unrecht davon ausgehe, dass kein Entfall der Pensionsabschläge vorzunehmen sei. Weiters erachtet er sich durch die unrichtige Anwendung dieser Gesetzesbestimmung sowie die unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung und das Parteiengehör sowie die Bescheidbegründung in seinen Rechten verletzt.

Nach § 4 Abs. 3 der Pensionsordnung 1995 (PO 1995), LGBl. Nr. 67, idF der 2. Novelle zur PO 1995, LGBl. Nr. 48/1996, ist bei Beamten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Dienststand ausgeschieden sind, die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % für jedes Jahr, das zwischen dem Ausscheiden aus dem Dienststand und dem der Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Tag liegt, um zwei Prozentpunkte zu kürzen; hiebei werden Bruchteile eines Jahres, wenn sie mindestens sechs Monate betragen, als volles Jahr gerechnet, andere bleiben unberücksichtigt. Die Kürzung darf höchstens 18 Prozentpunkte betragen.

Nach Abs. 4 leg. cit. idF LGBl. Nr. 23/1998 gilt Abs. 3 nicht,

wenn

....

3. der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand dauernd erwerbsunfähig ist. Dauernd erwerbsunfähig im Sinne dieser Bestimmung ist der Beamte nur dann, wenn er infolge von Krankheit, anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben oder aber die Feststellung im rechtlichen Interesse einer Partei erforderlich ist und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen; ein Feststellungsbescheid ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist, wobei insbesondere auch die Möglichkeit der Erlassung eines Leistungsbescheides der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides entgegensteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1994, Zl. 92/07/0102, vom 8. April 1992, Zl. 87/12/0136, oder vom 8. Juni 1994, Zl. 92/12/0243, oder die Ausführungen bei Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 406 und 407, mwH).

Aus der vorher wiedergegebenen Rechtslage folgt, dass die Frage der Erwerbsunfähigkeit nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 für die Anwendung der Abschlagsregelung des § 4 Abs. 3 PO 1995 im Ruhegenussbemessungsverfahren entscheidend ist. Ein eigenes Feststellungsverfahren über die Frage der Erwerbsunfähigkeit ist weder gesetzlich vorgesehen noch ist daran im Beschwerdefall ein öffentliches oder privates Interesse erkennbar. Es gilt daher der allgemeine Grundsatz, dass ein Feststellungsbescheid im Verwaltungsverfahren nur als "subsidiärer Rechtsbehelf" zulässig ist, für den jedenfalls dann kein Raum ist, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens, im Beschwerdefall nämlich der Ruhegenussbemessung, zu entscheiden ist.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Behörde erster Instanz über die Frage der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 eine im obigen Sinn unzulässige Feststellungsentscheidung getroffen. Dadurch, dass die belangte Behörde dies nicht erkannte, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Für das fortgesetzte Verfahren wird bemerkt, dass der erstinstanzliche Feststellungsbescheid ersatzlos aufzuheben und dann die Ruhegenussbemessung von der zuständigen Behörde unter Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995, vorzunehmen sein wird. Hiebei wird, bezogen auf die im vorliegenden Verwaltungsverfahren angeschnittenen Rechtsprobleme, die Auffassung der belangten Behörde, dass keine Identität der im § 4 Abs. 4 Z. 3 bzw. im § 9 PO 1995 verwendeten Begriffe der Erwerbsunfähigkeit besteht, vom Verwaltungsgerichtshof geteilt. Es erscheint aber bezogen auf § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995, der die Pensionierung des Beamten wegen Dienstunfähigkeit voraussetzt, unter sinngemäßer Heranziehung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Begriff der Erwerbsunfähigkeit

(vgl. beispielsweise das Urteil des OGH vom 6. Februar 1996, 10 Ob S 31/96, oder den Beschluss vom 25. November 1997, 10 Ob S 394/97g, sowie die diesbezüglichen Ausführungen von Teschner, in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes, Pkt. 2.4.2., mwH) auch eine eingehende Auseinandersetzung mit der Frage der Eingliederungsmöglichkeit des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt im Hinblick auf bei ihm aus medizinischen Gründen notwendigerweise zu erwartende leidensbedingte Krankenstände bzw. medizinisch-objektivierte Schmerzzustände sowie sonstige gesundheitliche Behinderungen angezeigt.

Weiters bemerkt der Verwaltungsgerichtshof, dass das zu beurteilende Verwaltungsverfahren auch daran leidet, dass weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde die angewendete Rechtslage entsprechend dargestellt und zitiert haben. Der Hinweis auf die Stammfassung eines Gesetzes als Fundstelle wird dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG zur Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung insbesondere dann nicht gerecht, wenn die Rechtslage vielfach geändert und eine solche geänderte Bestimmung angewendet worden ist, weil dadurch dem rechtsunkundigen Beschwerdeführer die Verfolgung seiner Rechte wesentlich erschwert wird (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1998, Zl. 96/12/0026).

Wien, am 29. März 2000

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