Normen
AsylG 1991 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben Staatsangehöriger von Liberia. Er reiste am 2. November 1996 illegal in das Bundesgebiet ein und beantragte am 4. November 1996 Asyl.
Bei seiner Anhörung durch das Bundesasylamt am 12. November 1996 gab der Beschwerdeführer auf die Frage, weshalb er Liberia verlassen habe, Folgendes an:
"Wegen des Krieges, jemand trachtete uns nach dem Leben. Mein Vater hatte Landbesitz und Wald. Es gab jemanden, der meinem Vater das Land wegnehmen wollte. Im Februar 1996 wurde dann mein Vater deshalb getötet. Der Täter, Mr. Robert ist sehr mächtig und benützt sogar die Soldaten, um alles was er will zu bekommen.
(...)
Nachdem mein Vater tot war, riet mir meine Mutter zur Flucht,
da ich zu jung zum Sterben sei.
(...)
Im ganzen Land herrscht Krieg und man kann nirgends sicher leben. Ich selbst kam erst 1989 wieder nach Liberia, nachdem ich zuvor immer in Mauretanien gelebt habe."
Mit dem Bescheid vom 12. November 1996 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers mit folgender Begründung ab:
"Sie vermochten nicht glaubhaft zu machen, dass Sie tatsächlich aus Liberia stammen. Bereits bei der Einvernahme in Oberpullendorf am 3.11.1996 vermochten Sie keinerlei Angaben zu Liberia zu machen, die auch nur annähernd den Tatsachen entsprochen hätten. Bei der Einvernahme in der Außenstelle Graz des Bundesasylamtes vermochten Sie dann auch zur politischen Situation keinerlei richtige Antworten zu geben. Sie konnten die Namen der Bürgerkriegspartei nicht korrekt wiedergeben, Ihnen war die Bezeichnung der früheren regulären Armee völlig fremd und Sie wussten auch nicht, welche Gruppe Monrovia vor den Unruhen im Sommer 1996 kontrolliert hat. Wenn Sie jedoch tatsächlich in der Nähe von Monrovia gelebt hätten, müssten Ihnen aber die tatsächlichen Verhältnisse und Namen wohl zwangsläufig im Laufe der Jahre zu Kenntnis gelangt sein. Der einzige Ihnen bekannte Begriff ECOMOG alleine lässt noch keinesfalls auf Ihre Herkunft aus Liberia schließen.
(...)
In Zusammenfassung der vorher erwähnten Umstände gelangte die erkennende Behörde zur Ansicht, dass Sie nicht aus Liberia stammen und dass auch Ihre Flucht nicht in Liberia begonnen hat. Somit kann auch Ihrer Aussage zum Fluchtgrund selbst kein Glauben geschenkt werden.
Abgesehen davon hätte der von Ihnen geltend gemachte Fluchtgrund auch im Falle der Wahrheit Ihrer Angaben nicht zur Gewährung von Asyl führen können. Sie beriefen sich ausschließlich auf den Bürgerkrieg und die Ermordung Ihres Vaters wegen dessen Landbesitz."
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung, er stamme nicht aus Liberia. Es treffe zwar zu, dass ihm die Abkürzungen der Bürgerkriegsparteien nicht bekannt seien, daraus könne jedoch nur auf seine Unwissenheit geschlossen werden, nicht aber, dass er nicht aus Liberia stamme. Auf Grund seiner ungenügenden Schulbildung könne er zwar nicht über die allgemeine politische Lage in Liberia Auskunft geben, sehr wohl jedoch über die Situation in seinem Heimatdorf.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit folgender Begründung ab:
"Die Berufungsbehörde folgt in der gegenständlichen Entscheidung den Angaben des Asylwerbers bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 12. November 1996, weswegen von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.
(...)
Der Asylwerber hat seine Furcht verfolgt zu werden - neben seinen Ausführungen, dass im Lande Krieg herrsche und man nirgends sicher leben könne - damit begründet, dass ein mächtiger Mann, namens Mr. Roberts, den Landbesitz seiner Familie haben wollte und den Vater des Asylwerbers deshalb getötet hätte.
Mit dieser weder in sachlicher noch in persönlicher Hinsicht konkretisierten Behauptung hat der Asylwerber aber ein politisches oder sonstiges auf Konventionsgründe bezogenes Motiv für ihn drohende Verfolgung nicht dargetan.
(...)
Eine Bedrohung, die - ohne Billigung durch staatliche Stellen - nur von Privatpersonen ausgeht, ist nicht geeignet, den Tatbestand des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu erfüllen.
So liegt im vorliegenden Fall der Schluss nahe, dass es sich bei seinem Vorbringen lediglich um die subjektive Furcht handelt, wegen des Landbesitzes seiner Familie von der namentlich genannten Person aus kriminellen Gründen verfolgt zu werden. Dass der Heimatstaat des Asylwerbers wegen des herrschenden Bürgerkrieges infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht in der Lage oder nicht gewillt war, die von anderen Seiten ausgehende Gefahr kriminellen Handelns hintanzuhalten, hat er weder behauptet noch bescheinigt.
Somit sind keine Anhaltspunkte entstanden, die eine über die in einem Bürgerkrieg allgemein herrschenden Gefahren hinausgehende individuelle Bedrohung des Asylwerbers indizieren würde."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, gegen die in § 28 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (AsylG 1997), BGBl. Nr. 76, festgelegten Manuduktions- und Ermittlungspflichten verstoßen zu haben. Die am 12. November 1996 in Graz aufgenommene Niederschrift sei zwar grundsätzlich korrekt, aber doch wesentlich verkürzt. Dies untermauert der Beschwerdeführer durch folgendes Vorbringen:
"Ich bin liberianischer Staatsangehöriger und gehöre in meinem Heimatstaat der wohlhabenden sozialen Gruppe der Großgrundbesitzer an. Mein Vater ist selbstständiger Landwirt und besitzt eine sehr große Plantage mit Bäumen, aus denen Gummi sowie auch Holz gewonnen wird. Meine Familie ist auch sonst sehr vermögend. Ich selbst habe bis 1989 in Mauretanien gelebt und bin erst danach nach Liberia gekommen.
Die Mehrheit der Einwohner von Liberia sind Moslems. Meine Familienangehörigen und ich sind Christen. Es gibt in meinem Heimatland verschiedene soziale Klassen, wobei meine Familie einer der obersten bzw. reichsten Gesellschaftsklassen angehört.
Bereits zu der Zeit, als ich von Mauretanien nach Liberia zurückkam, herrschte Bürgerkrieg. Die wirren Kriegsverhältnisse haben sich bis heute nicht verbessert. Insbesondere gibt es einen Herrn Roberts, der Kopf einer terroristischen, moslemischen Organisation ist. Er verfolgt und tötet systematisch Großgrundbesitzer und deren gesamten Familien - vor allem, wenn diese Christen sind - und nimmt deren Besitz in Beschlag. Von staatlicher Seite wird den Aktivitäten von Herrn Roberts keine Grenze gesetzt. Es hätte überhaupt keinen Sinn, sich bei staatlichen Stellen um Schutz vor Herrn Roberts zu bemühen, da die nicht willens und auch nicht in der Lage sind, die Aktivitäten von Roberts zu unterbinden. Vielmehr schafft der herrschende Bürgerkrieg und das staatliche Machtvakuum die Voraussetzungen für Mr. Roberts, seine Verfolgungshandlungen ungestraft zu begehen.
Im Februar 1996 wurde mein Vater, wie viele Landbesitzer zuvor, von Roberts getötet. Mein Vater war Christ. Ab diesem Zeitpunkt war es für meine Mutter, meine Brüder und mich klar, dass wir als Erben auch getötet werden, weil das in zahlreichen anderen Fällen auch so passiert ist. Erst wenn kein rechtmäßiger Eigentümer mehr da ist, nimmt Roberts die jeweiligen Landgüter in Besitz. Dies wurde seitens der Regierung niemals unterbunden."
Wäre die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen - so führt die Beschwerde weiter aus - , so hätte sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer und seine ganze Familie Christen seien. Die Religionszugehörigkeit sei neben der Tatsache, dass er einer bestimmten sozialen Gruppe im Sinne der Flüchtlingskonvention angehörte, mit ein Grund für die Tötung seines Vaters bzw. für die eigene Bedrohung gewesen.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Im Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0339, hat der Verwaltungsgerichtshof (unter Verweis auf die Begründung im hg. Vorerkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308) die rechtlichen Voraussetzungen für das Absehen von einer Verhandlung durch die belangte Behörde dargestellt und ausgeführt, die Begründung für ein solches Vorgehen treffe zu, wenn der Sachverhalt "nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt" und in der Berufung "kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässiger Weise - neu und in konkreter Weise behauptet" werde. Der Verwaltungsgerichtshof fügte in dem bezogenen Vorerkenntnis hinzu, dies ergebe sich nicht zuletzt aus der Wichtigkeit des persönlichen Eindruckes für die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers.
Im vorliegenden Fall folgte die belangte Behörde - anders als die Behörde erster Instanz - den Angaben des Beschwerdeführers bei dessen erstinstanzlicher Einvernahme, wobei die belangte Behörde aber die Auffassung vertrat, mit diesen Angaben habe der Beschwerdeführer keine Gefahr einer seinem Heimatstaat zurechenbaren Verfolgung aus einem der in der FlKonv genannten Gründe dargetan und das Vorbringen enthalte - auch bei Bedachtnahme auf den Inhalt der Berufung - keine Hinweise auf (weitere) Tatsachen, die für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor einer derartigen Verfolgung in Frage kämen. Traf diese Einschätzung zu, so war der Sachverhalt trotz des Abrückens der belangten Behörde vom Ergebnis der Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz insoweit, als es dessen für die Entscheidung bedurfte, geklärt und eine Verhandlung mit den Parteien des Berufungsverfahrens daher gemäß Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG nicht erforderlich.
Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, nicht darauf hingewirkt zu haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben vervollständigt werden (§ 28 Asylgesetz 1997), ist ihm entgegenzuhalten, dass sich aus seinen von der belangten Behörde für glaubwürdig erachteten Angaben im Verwaltungsverfahren keinerlei Anhaltspunkte für eine private Verfolgung aus asylrelevanten Motiven (wegen der christlichen Religionszugehörigkeit) bzw. für eine mittelbare staatliche Verfolgung entnehmen lassen, wie solche in der Beschwerde unter Verstoß gegen das in § 41 Abs. 1 VwGG statuierte Neuerungsverbot erstmals behauptet werden. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Betracht kommt, hat die Behörde in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben zu dringen, woraus sich im vorliegenden Fall auch das Erfordernis einer mündlichen Berufungsverhandlung ergeben hätte. Die in § 28 Asylgesetz 1997 normierte Pflicht der Behörde geht aber nicht so weit, dass sie Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, ermitteln müsste (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 1998, Zl. 98/01/0222, sowie - die frühere, insoweit aber vergleichbare Rechtslage betreffend - vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0950, und vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0800). Im Umstand, dass im Heimatland des Beschwerdeführers Bürgerkrieg herrschte oder dass er von Privaten aus nicht asylrelevanten (kriminellen) Motiven verfolgt wurde, liegt für sich allein - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nicht die Gefahr gezielter Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
Zu der Formulierung der Beschwerde, wonach die vor dem Bundesasylamt aufgenommene Niederschrift die Angaben des Beschwerdeführers "zwar grundsätzlich korrekt, aber doch wesentlich verkürzt" wiedergebe, ist abschließend darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer dies in seiner Berufung hätte geltend machen müssen, weil - wie bereits ausgeführt - im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Neuerungsverbot besteht. Auch der Beschwerde ist aber nicht zu entnehmen, was der Beschwerdeführer bei der erstinstanzlichen Einvernahme angegeben haben soll, ohne dass es in der Niederschrift festgehalten wurde. Die in der Beschwerde nun vorgebrachten Tatsachen sollen vielmehr solche sein, die der Beschwerdeführer "näher befragt" bzw. bei einer "anderen Art der Fragestellung" im Verwaltungsverfahren "hätte ausführen können". Die Neuerungen in der Beschwerde dienen somit der Ausführung des Standpunktes, die belangte Behörde hätte sich durch die vorliegenden Verfahrensergebnisse zu weiteren Ermittlungen, insbesondere einer ergänzenden Befragung des Beschwerdeführers, veranlasst sehen müssen. Dieser Standpunkt ist, wie schon dargelegt, mangels hinreichender Anhaltspunkte auf einen möglicherweise asylrelevanten Sachverhalt im Vorbringen des Beschwerdeführers nicht berechtigt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Soweit auf Entscheidungen verwiesen wurde, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes veröffentlicht wurden, wird auf Artikel 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Juni 1999
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