Normen
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringens zufolge hat der Beschwerdeführer, ein im Zeitpunkt seiner Einreise in das Bundesgebiet Staatsangehöriger der UdSSR und Angehöriger der koreanischen Minderheit, den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 21. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, beim Beschwerdeführer lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 11. September 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und verweigerte die Gewährung von Asyl.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, den Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergänzend einzuvernehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid hat der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 27. September 1991 seinen Asylantrag damit begründet, daß er in seinem Heimatland wegen seines durch seine koreanische Abstammung bedingten Aussehens "Probleme" gehabt habe. So habe er zwei Jahre auf die Ausstellung eines Personalausweises warten müssen und sich deshalb nicht frei bewegen können. Zum Studium sei der Beschwerdeführer erst drei Jahre nach Abschluß der Schule zugelassen worden. Nachdem eine vom Beschwerdeführer 1971 herausgebrachte Zeitung vom KGB "gesperrt" worden sei, habe der Beschwerdeführer "drei Jahre Bewährung bekommen". Der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer 1974 für die Rechte der Koreaner eingesetzt habe, habe dazu geführt, daß er für drei Monate in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Sverdlovsk eingewiesen worden sei. Nach Beendigung seines Studiums habe der Beschwerdeführer als Kampftrainer gearbeitet, sei aber mit seiner Bewerbung um die Stellung eines leitenden Trainers unter Hinweis auf seine Abstammung und Parteizugehörigkeit abgewiesen worden und anschließend wieder drei Wochen in psychiatrischer Behandlung gewesen. Der Beschwerdeführer habe bis 1988 als Trainer gearbeitet und sodann eine Kooperative für Bauwesen gegründet. Letztere Tätigkeit sei ihm durch Kontrollen und Schmiergeldforderungen erschwert worden. Er habe auch Drohanrufe erhalten und sein Sohn habe nicht studieren dürfen. Als sein Sohn zur Armee hätte gehen sollen, sei der Beschwerdeführer ausgereist. Bereits im Jahre 1990 sei der Beschwerdeführer in Frankreich gewesen. In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, die Ausbildungsmethoden bei der Sowjetarmee seien speziell nichtrussischen Staatsangehörigen gegenüber besonders hart und "würden zuweilen tödlich enden". Visa für die Schweiz, Frankreich und Österreich habe der Beschwerdeführer nur gegen Bestechung erlangen können. Angesichts der völlig undurchschaubaren und unsicheren Lage in seinem Heimatland habe der Beschwerdeführer Furcht, dorthin zurückzukehren, weil er keinerlei Schutz vor Verfolgung durch nationale Parlamente oder die Regierung erwarten könne und weil er befürchte, daß er und sein Sohn "verschwinden" würden.
Dieses Vorbringen hat die belangte Behörde dahin gewürdigt, daß im Hinblick auf die "in geradezu spektakulärer und dramatischer Weise" geänderte Lage im Heimatland des Beschwerdeführers und insbesondere auf den Augustputsch 1991, durch den im Ergebnis die alten Machthaber des kommunistischen Regimes entmachtet und Bestrebungen zur Angleichung des rechtsstaatlichen Standards an den westlicher Demokratien in Gang gesetzt worden seien, die vom Beschwerdeführer angeführten, in der Vergangenheit gelegenen Ereignisse eine in Zukunft zu befürchtende Verfolgung des Beschwerdeführers nicht zu rechtfertigen vermöchten. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer mit seiner Ausreise bis zur Lockerung der Ausreisebestimmungen gewartet habe, deute nicht darauf hin, daß er Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei, weil er sonst auch ohne Reisedokument sein Heimatland verlassen hätte. Insbesondere spreche aber die Rückkehr in sein Heimatland nach einer Frankreichreise im Jahre 1990 dagegen, daß er tatsächlich Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei, weil er diesfalls unter keinen Umständen in sein Heimatland zurückgekehrt wäre. Soweit der Beschwerdeführer befürchte, im Fall seiner Rückkehr keinen staatlichen Schutz vor Verfolgung zu finden bzw. zu verschwinden, handle es sich lediglich um Vermutungen, die nicht zur Asylgewährung führen könnten.
Der belangten Behörde kann weder darin beigepflichtet werden, daß das Zuwarten des Beschwerdeführers mit seiner Ausreise bis zur Lockerung der Ausreisebestimmungen als gegen das Vorliegen von Verfolgung sprechendes Indiz anzusehen sei, weil in keiner Weise dargelegt wurde, ob und welche Ausreisemöglichkeiten dem Beschwerdeführer vor der Lockerung dieser Bestimmungen für das Verlassen seines Heimatlandes offengestanden wären, noch kann ihr gefolgt werden, wenn sie die Bestrebungen Rußlands, den rechtsstaatlichen Standard westlicher Demokratien zu erreichen, als Umstand erachtet, der eine Verfolgung des Beschwerdeführers als unwahrscheinlich erscheinen ließe. So kann gerade in einer Übergangszeit von einer Staatsform auf eine andere es nicht von vornherein als sichergestellt erscheinen, daß der Schutz von Minderheiten in ausreichendem Maß gewährleistet ist.
Der belangten Behörde ist aber zu folgen, wenn sie die Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland im Jahre 1990 - nachdem er sich bereits in einem demokratischen Land befunden hatte - als gegen die Glaubwürdigkeit seiner Behauptung, verfolgt worden zu sein, entsprechend gewertet hat. Denn nach ständiger hg. Rechtsprechung ist aus der Rückkehr eines Asylwerbers in seinen Heimatstaat zu schließen, daß keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention besteht (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1992, Zl. 91/01/0192).
Der Beschwerdeführer hat auch im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens, dessen Ergebnis gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde zu legen ist, lediglich solche Vorkommnisse geltend gemacht, die entweder schon zeitlich zu weit zurückliegen, um daraus noch begründete Furcht vor Verfolgung ableiten zu können (dreijährige Wartefrist bis zum Studienbeginn, Folgen des Herausgebens einer Zeitung 1971, Einweisung in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Sverdlovsk 1974, abermalige dreiwöchige psychiatrische Behandlung vor 1988), oder die nicht als Verfolgung bzw. als Grund für die Befürchtung verfolgt zu werden, gewertet werden können. So kommt weder der behauptetermaßen auch den Beschwerdeführer treffenden, allgemeinen Benachteiligung der koreanischen Minderheit in seinem Heimatland bzw. der Abweisung des Gesuches um die Erlangung der Position eines Cheftrainers noch der Erschwerung des Betriebes einer Kooperative für Bauwesen durch Kontrollen und Schmiergeldforderungen der Charakter von Eingriffen zu, die ihrer Intensität nach als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu qualifizieren sind. Derartige Nachteile können nur dann als Fluchtgrund in Betracht kommen, wenn sie die Lebensgrundlage des Asylwerbers massiv bedrohen. Soweit der Beschwerdeführer die Nichtzulassung seines Sohnes zum Studium und dessen bevorstehende Einberufung zur Armee ins Treffen geführt hat, macht er - abgesehen davon, daß diese seinen Sohn betreffenden Umstände nicht einmal geeignet wären, dessen Verfolgung darzutun - keine gegen ihn selbst gerichtete Verfolgung bzw. Gründe für Furcht vor einer solchen geltend.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer keine Argumente ins Treffen geführt, die geeignet wären, eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 - die übrigen in dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe für die Anordnung einer Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens kommen beim gegebenen Sachverhalt nicht in Betracht - aufzuzeigen. Die belangte Behörde war daher entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht nicht gehalten, mit einer Wiederholung oder Ergänzung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens vorzugehen.
Das Vorbringen im Verwaltungsverfahren enthielt - wie aufgezeigt - keine Angaben, aus denen Hinweise auf das Vorliegen wohlbegründeter Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention abgeleitet werden konnten. Angesichts dieser Sachlage war aber die belangte Behörde nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde gefordert - gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergänzend zu befragen. Denn nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Betracht kommt, hat die Behörde in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben zu dringen. Die in der angeführten Gesetzesstelle normierte Pflicht der Behörde geht nicht so weit, daß sie Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht (auch nicht andeutungsweise) behauptet hat, ermitteln müßte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800 - 0803).
Soweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde geltend macht, sein Haus sei im März 1989 "Opfer eines Brandanschlages" gewesen und seine Tochter sei zum Jahreswechsel 1990 - 1991 entführt worden, unterliegt er mit diesem Vorbringen - abgesehen davon, daß diesen Angaben nicht entnehmbar ist, ob die dargestellten Ereignisse überhaupt staatlichen Behörden zuzurechnen sind bzw. ob der Beschwerdeführer vergeblich versucht hat, deren Schutz in Anspruch zu nehmen - dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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